Landgericht Köln:
Urteil vom 27. November 2009
Aktenzeichen: 87 O 71/09

(LG Köln: Urteil v. 27.11.2009, Az.: 87 O 71/09)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der am 19.03.1947 geborene Kläger verlangt von der Beklagten wegen vermeintlicher Altersdiskriminierung Schadensersatz und Entschädigung im Hinblick auf die Nichtverlängerung seines Dienstvertrages und seine nicht erfolgte erneute Bestellung zum medizinischen Geschäftsführer.

Der Kläger war seit dem 01.10.2004 neben einem kaufmännischen Geschäftsführer als medizinischer Geschäftsführer der Beklagten, einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt Köln ist, tätig.

Die Beklagte betreibt die städtischen Krankenhäuser in A und B sowie das Kinderkrankenhaus C. Nach Maßgabe des vom Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Gesellschaftsvertrages ist bei ihr ein aus 13 Mitgliedern bestehender Aufsichtsrat eingerichtet. Gemäß § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages entscheidet dieser über den Abschluss, die Aufhebung und Änderung der mit den Mitgliedern der Geschäftsführung abzuschließenden Dienstverträge.

Der Tätigkeit des Klägers liegt der am 23.07.2004 zwischen den Parteien geschlossene, der Klageschrift beigefügte Dienstvertrag zugrunde. Danach war der Kläger befristet für die Dauer von fünf Jahren vom 01.10.2004 bis zum 30.09.2009 als medizinischer Geschäftsführer mit einem Jahresgehalt von 220.000,00 € bei der Beklagten angestellt. Nach § 1 Abs. 2 des Dienstvertrages hatten die Vertragsparteien dabei vereinbart, spätestens 12 Monate vor Vertragsablauf durch schriftliche Erklärung jeweils gegenüber der anderen Vertragspartei verbindlich mitzuteilen, ob sie zu einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses bereit seien.

Demgemäß teilte der Kläger dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates durch sein ebenfalls mit der Klageschrift vorgelegtes Schreiben vom 04.08.2008 mit, dass er zu einer Verlängerung des Dienstverhältnisses bereit sei. Bereits in den daran anschließenden Gesprächen erklärte der Vorsitzende des Aufsichtsrates dem Kläger jedoch, dass man im Aufsichtsrat seine erneute Bestellung und einen Neuabschluss seines Dienstvertrages nicht befürworte. In der entscheidenden Aufsichtsratssitzung vom 15.10.2008 wurde sodann beschlossen, das Anstellungsverhältnis mit dem Kläger nicht über den 30.09.2009 hinaus fortzuführen.

Der Kläger macht geltend, die Verlängerung seines Dienstvertrages sowie seine erneute Bestellung zum medizinischen Geschäftsführer seien aufgrund seines Alters abgelehnt worden: er sei somit wegen seines Alters benachteiligt worden. Im einzelnen behauptet er dazu, der Aufsichtsrat habe einer Vertragsverlängerung nur deshalb nicht zugestimmt, weil er - der Kläger - bei Auslaufen des gegenwärtigen Dienstvertrages 62 Jahre alt sei und somit nach den Vorstellungen des Aufsichtsrates für eine weitere fünfjährige Amtszeit nicht zur Verfügung stünde. Insoweit sei, ohne dass es diesbezüglich bei der Beklagten entsprechende Vorgaben gebe, davon ausgegangen worden, dass eine Beschäftigung über das 65. Lebensjahr hinaus nicht möglich sei. Zudem verweist der Kläger darauf, dass die Stelle des medizinischen Geschäftsführers nun auch mit einem erheblich jüngeren Geschäftsführer besetzt worden ist. Schon dies soll nach seiner Auffassung ein ausreichendes Indiz für eine diskriminierende Benachteiligung seiner Person darstellen, zumal er die Entscheidungsgründe des Aufsichtsrates lediglich aus Presseberichten habe in Erfahrung bringen können.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus der nicht erfolgten Anstellung und der nicht erfolgten Bestellung zum medizinischen Geschäftsführer der Beklagten zum 1. September 2009 entstanden sind oder künftig entstehen werden,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung, mindestens aber 110.000,00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 26.05.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Nichtverlängerung des Vertrages mit dem Kläger beruhe auf dessen unbefriedigenden Leistungen in der Vergangenheit. Der Kläger sei in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beklagten entscheidungs- und durchsetzungsschwach gewesen. Er habe im Schatten des kaufmännischen Geschäftsführers gestanden. Folglich sei auch der Sinn und Zweck der Doppelspitze, in der Klinikleitung, medizinischen Sachverstand in die Entscheidungsfindung einzubringen, mit dem Kläger nicht erreicht worden. Die kritisierte Amtsführung des Klägers sei auch immer wieder im Aufsichtsrat diskutiert worden. Zudem gelte auch für sie - die Beklagte - die Altersgrenze von 65 Jahren für Geschäftsführer städtischer Beteiligungsgesellschaften, wovon der Kläger durchaus Kenntnis gehabt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Beide Klageanträge sind zwar zulässig.

Die für den Feststellungsantrag erforderlichen Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Insbesondere ist die Feststellungsklage nicht subsidiär gegenüber der Leistungsklage, da sie die - weiterhin jedenfalls ganz überwiegend - erst zukünftig eintretenden materiellen Schäden des Klägers betrifft und der Anspruch der Höhe nach bisher nicht abschließend bezifferbar ist.

Ferner ist die Beklagte im Prozess durch den Geschäftsführer Herrn I ordnungsgemäß vertreten. Gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG wird die Gesellschaft grundsätzlich gerichtlich und außergerichtlich durch ihre Geschäftsführer vertreten. Die Voraussetzungen des § 112 AktG für eine Vertretungszuweisung an den Aufsichtsrat sind vorliegend nicht gegeben. § 112 AktG ist gemäß § 52 GmbHG nur dann entsprechend anzuwenden, wenn im Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes bestimmt ist. In § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten ist indes normiert, dass die Bestimmungen des Aktiengesetzes über den Aufsichtsrat keine Anwendung finden, so dass es bei der Vertretung der Beklagten durch die Geschäftsführung bleibt.

In der Sache selbst hat die Klage jedoch keinen Erfolg.

Die Kammer vermag der Argumentation des Klägers, die Beklagte sei ihm gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 AGG zum Schadensersatz verpflichtet, weil er bei der Entscheidung über die Neubesetzung der Stelle ihres medizinischen Geschäftsführers wegen seines Alters von 62 Jahren nicht mehr in Betracht gezogen worden sei, nicht zu folgen.

§ 15 Abs. 1 S. 1 AGG verpflichtet die Beklagte als Arbeitgeberin im Falle eines Verstoßes gegen das mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gewährleistete Benachteiligungsverbot, etwaigen hierdurch ihren Beschäftigten entstandenen Schaden zu ersetzen. Das Benachteiligungsverbot folgt dabei aus § 7 Abs. 1 AGG. Danach dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, also auch nicht wegen ihres Alters benachteiligt werden, was nach Maßgabe der Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 1 AGG bedeutet, dass eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nicht eine weniger günstige Behandlung erfahren darf, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, wobei das Diskriminierungsmerkmal für die Entscheidungsfindung bzw. Schlechterstellung nicht allein ausschlaggebend, jedoch mindestens mitbestimmend sein muss (vgl. Wendeling-Schröder/Stein, AGG, § 3 Rn. 7).

Der persönliche Anwendungsbereich des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist für den Kläger als (Wieder-) Bewerber um die Geschäftsführerposition gemäß § 6 Abs. 3 AGG allerdings nur insoweit eröffnet, als es um die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg geht. Nur mit dieser Maßgabe gilt der in Abschnitt 2 des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes geregelte Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung auch für Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer und Vorstände juristischer Personen entsprechend. Keine Geltung findet das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz für Organmitglieder mithin bei deren Abberufung, und zwar unabhängig davon, ob sie automatisch oder vorzeitig erfolgt. Der Anwendungsbereich des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist daher namentlich nicht für die Abberufung von Geschäftsführern und die Befristung ihrer Bestellung aus Altersgründen eröffnet. Auch in diesem Zusammenhang gilt das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nach seinem Wortlaut ausdrücklich nur für die (Wieder-) Bestellung von Geschäftsführern, wobei es die Kammer als überzeugend erachtet, den Widerspruch zwischen der frei möglichen Abberufung und der den Regeln des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes unterliegenden (Wieder-) Bestellung dahin aufzulösen, dass der Entlassungsgedanke Vorrang erhält, wenn sich das Alter des (Wiederzu-) Bestellenden dem allgemeinen Rentenalter nähert (so Lutter, BB 2007, 725 unter Befürwortung eines Scheitelpunktes im Alter von 58 Jahren). Mit dem Erreichen dieses Alters kann daher auch schon der Zugang zu einer Organtätigkeit verweigert werden, zumal der Gesetzgeber die Festlegung von Höchstaltersgrenzen in § 10 AGG als mögliche Beschränkungen ausdrücklich zulässt (vgl. zu allem Lutter, BB 2007, 725 m.w.N.).

Für den 62 Jahre alten Kläger bedeutet dies, dass seine Nichtberücksichtigung bei der Entscheidung über die Neubesetzung der Stelle als medizinischer Geschäftsführer der Beklagten alleine oder auch aus Altersgründen schon aus allgemeinen Erwägungen keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 AGG zu begründen vermag.

Aber auch soweit der persönliche Anwendungsbereich des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes uneingeschränkt als gegeben anzusehen sein sollte, weil der Kläger als (Fremd-) Geschäftsführer einer deutschen GmbH in europarechtskonformer Auslegung des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bereits als Beschäftigter i.S. des § 6 Abs. 1 AGG anzusehen sein sollte, für den demnach das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nicht nur bei Zugang und beruflichem Aufstieg, sondern auch für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gilt (vgl. MünchKommBGB/Thüsing, § 2 Rn. 8), könnte sich der Kläger nach der Beurteilung der Kammer nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er durch die Neueinstellung eines wesentlich jüngeren Nachfolgers an seiner Stelle insoweit benachteiligt worden ist, als dieser ihm lediglich aus Altersgründen vorgezogen worden sei.

Denn es ist bei der Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes weiterhin zu berücksichtigen, dass - ungeachtet der ohnehin gemäß § 8 AGG zulässigen unterschiedlichen Behandlung wegen beruflicher Anforderungen - eine unterschiedliche Behandlung aus Altersgründen gemäß § 10 S. 1 und 2 AGG ohne weiteres auch dann zulässig ist, wenn sie nur objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist, wobei die die Mittel zur Erreichung dieses Ziels ebenfalls lediglich angemessen und erforderlich sein müssen.

Von Letzterem ist hier aber auszugehen, da die Beklagte den vom Kläger vorgetragenen Indizien für eine Altersdiskriminierung sachliche Gründe entgegen halten kann, welche die Entscheidung ihres Aufsichtsrates gegen die Verlängerung des Dienstvertrages des Klägers als gerechtfertigt erscheinen lassen, ohne dass es insoweit weiterer Sachaufklärung bedürfte.

Der Kläger hat zwar unter Berücksichtigung der ihn gemäß § 22 AGG treffenden Darlegungslast nachvollziehbar ausgeführt, dass seine Nichtberücksichtigung bei der Neubesetzung der Stelle des medizinischen Geschäftsführers der Beklagten auch wegen seines Alters erfolgt ist. Für diese Argumentation sprechen als Indizien einerseits die von ihm verschiedentlich vorgetragenen Äußerungen von Aufsichtsratsmitgliedern und andererseits die von ihm mit der Klageschrift vorgelegten Presseberichte, die jeweils erkennen lassen, dass sowohl fachliche Differenzen als auch das Alter des Klägers bei der Besetzungsentscheidung des Aufsichtsrats eine Rolle gespielt haben.

Die Entscheidung des Aufsichtsrates der Beklagten gegen den Kläger ist jedoch gleichwohl nach Maßgabe der überzeugenden Darlegungen der Beklagten, die die Kammer sich zu eigen macht, als gemäß § 10 S. 1 und 2 AGG objektive und angemessene, legitime Personalentscheidung zu beurteilen, die auch mit Blick auf die Wahl der Mittel nicht zu beanstanden ist.

Im Ausgangspunkt ist dabei hervorzuheben, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung legitimer Ziele i.S.v. § 10 S. 1 AGG nicht nur die Verwirklichung staatlicher Gemeinwohlbelange, sondern - sogar vorrangig - die Situation des einzelnen Unternehmens im Blick hat (Wendeling-Schröder/Stein, AGG-Komm, § 10 Rn. 7). Daher ist die von der Beklagten mit Rücksicht auf den unbestreitbaren Umbruch des Gesundheitsmarktes bei der Besetzung der Stelle ihres medizinischen Geschäftsführers angestrebte langfristige personelle Kontinuität zweifelsfrei als ein im Interesse der Unternehmensführung liegendes legitimes Ziel i.S.v. § 10 S. 1 AGG anzuerkennen. Es unterliegt dem freien unternehmerischen Ermessen des Aufsichtsrates, die Beklagte in der Weise im Wettbewerb zu positionieren, das sie die Möglichkeit hat, sich mit unveränderter Geschäftsführung auch auf einen Zeitraum von über fünf Jahren ausrichten zu können.

Weiterhin ist es auch im Hinblick auf die gebotene Wahl angemessener und erforderlicher Mittel nicht zu beanstanden, dass die Beklagte zur Erreichung dieses gegenüber dem Einzelinteresse des Klägers vorzugswürdigen Ziels die Verlängerung des Dienstvertrages des Klägers abgelehnt hat.

Dabei will die Kammer nicht verkennen, dass sich die Beklagte während der Amtszeit des Klägers als Geschäftsführer zu einem der erfolgreichsten kommunalen Krankenhausunternehmen in Deutschland entwickelt hat und dass die von ihr betriebenen Krankenhäuser „schwarze Zahlen schreiben“, was auch Verdienst des Klägers sein mag.

Indes rechtfertigen selbst diese Erfolge keinen Anspruch des Klägers auf eine erneute Bestellung als medizinischer Geschäftsführer, zumal die von der Beklagten nachvollziehbar vorgetragenen Kritikpunkte hinsichtlich der Leistungen des Klägers zu beachten sind. Die Beklagte macht substantiiert geltend, dass dem Kläger Entscheidungs- und Durchsetzungskraft fehle. Sie legt diesbezüglich Protokolle von Aufsichtsratssitzungen und andere Unterlagen vor, in denen genau dieser Gesichtspunkt wiederholt thematisiert wurde bzw. wird und die jedenfalls erkennen lassen, dass es im Verantwortungsbereich des Klägers zu Reibungsverlusten gekommen ist. Es werden unterschiedliche Bereiche und Situationen aufgeführt, wie Probleme bei der Patientenversorgung und damit verbundene Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern, gescheiterte Einstellungsgespräche aufgrund mangelnder zukunftsweisender Ideen und Konzeptionen, zu hohe Kosten für den medizinischen Bedarf usw., in denen es dem Kläger offenbar nicht gelang, hinreichend akzeptable, konstruktive Ansätze bzw. Vorschläge zur Abhilfe der jeweiligen Problematik zu entwickeln. In diesem Zusammenhang ist zudem nicht unerwähnt zu lassen, dass dem Kläger am 06.06.2008 seitens des Aufsichtsrates eine Erhöhung seiner Festbezüge auf 230.000,00 € und der ihm zugesagten jährlichen, maximal möglichen Tantieme von 10.000,00 € auf 20.000,00 € versagt worden ist; auch dies belegt die kritische Haltung des Aufsichtsrates gegenüber dem Kläger. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die dem Schriftsatz der Beklagten vom 01.07.2009 beigefügten Anlagen verwiesen, die das Bestehen fachlicher Vorbehalte gegen den Kläger bei den Mitgliedern des Aufsichtsrates belegen, ohne dass der Kläger diese objektiv nachvollziehbar ausgeräumt hätte. Denn der Kläger beschränkt sich diesbezüglich namentlich in seinem Schriftsatz vom 13.07.2009 letztlich auf das Argument, die durch die Vertreter der CDU repräsentierte Minderheit im Aufsichtsrat habe moniert, dass man sich mit seinen Leistungen nicht befasst habe, um sodann im Wesentlichen unter Benennung nur dieser Personen als Zeugen seine eigene persönliche Verantwortung an den als solche offenbar unstreitigen Problemlagen bei medizinischen Bedarfen, Verhandlungen mit Chefärzten, bei der Patientenversorgung und bei der Umsatzsituation der Kardiologie zu relativieren und schließlich - in Verkennung des Umstands, dass die Entscheidungskompetenz bei der Gesamtheit des Aufsichtsrates liegt - die Behauptung aufzustellen, dies habe mit der Frage seiner Vertragsverlängerung nichts zu tun.

Alles in allem sind es damit jedenfalls keine sachfremden Erwägungen, welche die Aufsichtsratsmehrheit bewogen haben, unter zulässiger Berücksichtigung auch des Alters des Klägers von dessen erneuter Verpflichtung als medizinischem Geschäftsführer abzusehen.

Wer - wie der Kläger - eine leitende Position, hier die des Geschäftsführers mehrerer Kliniken innehat, muss in besonderem Maße durch seine Entscheidungs- und Durchsetzungskraft überzeugen sowie in der Lage sein, Problematiken im Klinikalltag zu meistern. Dass er diese Anforderungen in hinreichendem Maße oder gar besser als sein Mitbewerber zu erfüllen vermag, hat der Kläger gegenüber der Mehrzahl der Aufsichtsratsmitglieder ersichtlich nicht zu vermitteln vermocht. Dies allein genügt, eine Diskriminierung des Klägers im Sinne des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, zumal aus Altersgründen zu verneinen. Einer Verifizierung der fachlichen Vorbehalte bedarf es nicht.

Diese Beurteilung entspricht im Übrigen auch der eigenen Sichtweise des Klägers, die in seiner von der Beklagten mit Schriftsatz vom 01.07.2009 vorgelegten Erklärung vom 16.10.2008 zum Ausdruck kommt, indem er ausführt, dass der von Aufsichtsratsmitgliedern offenbar öffentlich im Zusammenhang mit seinem Alter geäußerte Wunsch nach Kontinuität und längerfristiger zeitlicher Bindung vorgeschoben erscheine. Denn daraus ist zu schließen, dass der Kläger selbst davon ausgegangen ist, dass nicht sein Alter Grund für die Nichtverlängerung seines Vertrages war.

In die gleiche Richtung weist die von der Beklagten ebenfalls mit Schriftsatz vom 01.07.2009 vorgelegte Ausschreibung für die Stelle des medizinischen Geschäftsführers, mit der als idealer Kandidat eine reife Führungspersönlichkeit gesucht worden ist, die in der Vergangenheit bereits anspruchsvolle Management-Aufgaben gemeistert hat.

Andererseits fällt nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass Höchstaltersgrenzen nach § 10 S. 3 Nr. AGG als zulässige Einstellungskriterien anerkannt sind, in Bezug auf eine nicht zu beanstandende Berücksichtigung auch des Alters des Klägers neben dem - bereits genannten - anerkennenswerten Interesse der Beklagten an einer langfristigen Personalentscheidung zusätzlich ins Gewicht, dass für Spitzenmanager von Eigengesellschaften der Stadt Köln nach Maßgabe des von der Beklagten mit Schriftsatz vom 01.07.2009 vorgelegten Schreibens des seinerzeitigen Stadtkämmerers Herrn T vom 02.02.2006 von Seiten der Stadt durchaus seit langem die Einhaltung einer Altersgrenze zum Ablauf des 65. Lebensjahres immerhin angestrebt wird. Ausdrücklich heißt es in diesem ausweislich des Eingangsstempels am 10.02.2006 auch der seinerzeitigen Geschäftsführung der Beklagten zugegangenen Schreiben, dass gebeten werde, bei künftigen Vertragsverhandlungen die Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit dem Monat vorzusehen, in dem der Geschäftsführer bzw. Vorstand sein 65. Lebensjahr vollende. Eine Verlängerung des Dienstvertrages des Klägers um weitere 5 Jahre wäre damit dem erklärten Willen der Gesellschafterin der Beklagten zuwidergelaufen. Dass dies - wie vom Kläger insbesondere mit Schriftsatz vom 30.10.2009 ausgeführt - gleichwohl rechtlich möglich bzw. wirksam gewesen wäre, steht dabei nicht entgegen, weshalb es auch keiner weiteren Aufklärung der insoweit Herrn T in seiner nunmehrigen Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied der Beklagten seitens der Parteien zugeschriebenen Äußerungen bedarf.

Fehlt es somit an den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 1 AGG, so hat der Kläger schließlich auch keinen Anspruch auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 2 AGG.

Nach § 15 Abs. 2 AGG kann ein Beschäftigter eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, wenn er einen Schaden erlitten hat, der nicht Vermögensschaden ist. Voraussetzung eines derartigen Anspruchs ist jedoch wiederum, dass der Beschäftigte von seinem ‚Arbeitgeber wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden ist. Eben davon ist vorliegend nicht auszugehen. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

Mangels eines Hauptanspruchs entfällt auch der gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.05.2009 geltend gemachte Zinsanspruch.

Streitwert: 638.000,00 € nach Maßgabe der Wertangaben in der Klageschrift.






LG Köln:
Urteil v. 27.11.2009
Az: 87 O 71/09


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