Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Oktober 2000
Aktenzeichen: 24 W (pat) 310/99

(BPatG: Beschluss v. 24.10.2000, Az.: 24 W (pat) 310/99)

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat die Löschung der am 30. April 1997 für die Waren

"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Nahrungsergänzungsmittel nicht für medizinische Zwecke, auf der Basis von Zitrusfrüchten"

eingetragenen Wortmarke 396 48 487 CITRUS PARADISI beantragt. Nach Ansicht der Antragstellerin ist die Eintragung dieser Marke nichtig. Sie sei entgegen § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG erfolgt. Die Wortfolge "CITRUS PARADISI" sei - wie die eingereichten Fundstellen belegten - die botanische Bezeichnung für Grapefruit und stelle für die Waren des Verzeichnisses lediglich einen Hinweis auf deren Hauptinhaltsstoff und somit auf die Beschaffenheit dar. Der botanische Begriff sei zur Bezeichnung derartiger Waren in den interessierten Verkehrskreisen üblich geworden.

Die Antragsgegnerin hat der Löschung widersprochen.

Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat die angegriffene Marke gelöscht. Sie hat dazu ausgeführt, die lateinische Wortfolge "CITRUS PARADISI" in der Bedeutung "Grapefruit" habe sich als beschreibende Angabe angeboten. Sie sei geeignet, die Beschaffenheit der für die Marke registrierten Waren anzuzeigen. Dies sei auch schon im Eintragungszeitpunkt der Fall gewesen. Namentlich an der lateinischen Bezeichnung habe ein Freihaltungsinteresse der Mitbewerber bestanden, was auch noch gegenwärtig der Fall sei.

Die Antragsgegnerin hat Beschwerde eingelegt.

Sie hält die angegriffene Marke weiterhin nicht für eine beschreibende Angabe, welche ihren Mitbewerbern, den Kosmetikherstellern und den Nahrungsergänzungsmittelproduzenten, freigehalten werden müsse. Im Kosmetikbereich stehe dem die Verordnung über kosmetische Mittel (KosmetikV) entgegen, nach deren § 5a die in den kosmetischen Mitteln enthaltenen Bestandteile zu kennzeichnen seien. Nach Abs 4 dieser Bestimmung seien die INCI-Bezeichnungen gemäß der von der Kommission der EG mit Beschluß 96/335/EG vom 8. Mai 1996 herausgegebenen Liste zu benützen. In dieser Liste sei für "Pampelmuse" die Bezeichnung "CITRUS GRANDIS" angegeben. Im übrigen werde die beschreibende Bedeutung des fremdsprachigen Ausdrucks "CITRUS PARADISI" von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen auch nicht ohne weiteres erkannt.

Die Antragsgegnerin beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Marke weiterhin für eine beschreibende, freihaltungsbedürftige Angabe, was für den Eintragungszeitpunkt ebenso gelte wie für die Gegenwart. Die Liste der INCI-Bezeichnungen sei insoweit nicht einschlägig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet.

Zutreffend hat die genannte Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts die angegriffene Wortmarke "CITRUS PARADISI" wegen Nichtigkeit gemäß § 50 Abs 1 Nr 3 MarkenG gelöscht. Die Marke war am 30. April 1997 entgegen § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG eingetragen worden. Dieses Schutzhindernis besteht auch noch gegenwärtig fort (§ 50 Abs 2 Satz 1 MarkenG).

Die angegriffene Marke erschöpft sich in der Wortfolge "CITRUS PARADISI". Diese Angabe kann im Verkehr zur Bezeichnung der von der Marke erfaßten "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Nahrungsergänzungsmittel nicht für medizinische Zwecke, auf der Basis von Zitrusfrüchten" dienen; wegen ihres beschreibenden Charakters ist sie den Mitbewerbern der Antragsgegnerin zum ungehinderten Gebrauch freizuhalten.

Die in § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG gewählte Formulierung "dienen können" stellt klar, daß das Freihaltungsbedürfnis an beschreibenden Angaben nicht nur Angaben betrifft, welche bereits beschreibend benutzt werden oder deren entsprechende Benutzung vorgeschrieben ist. Freihaltungsbedürftig sind auch Angaben, wenn sie für eine solche Verwendung geeignet sind; dies ist der Fall, wenn aufgrund einer möglichen entsprechenden wirtschaftlichen Entwicklung eine solche Verwendung vernünftigerweise erwartet werden kann (vgl EuGH GRUR 1999, 723, 726 "Chiemsee"; Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 76). In dieses Feld beschreibender Angaben gehört auch "CITRUS PARADISI".

Die betreffende lateinische Wortfolge bezeichnet - unstreitig - in der (Fach-)Sprache der Botanik die Grapefruit. Auszüge aus der Frucht dieser Pflanze können - ebenfalls unbestritten - als wesentlicher Inhaltsstoff in kosmetischen Artikeln enthalten sein oder die Grundlage zur innerlichen Anwendung bei Nahrungsergänzungsmitteln ausmachen. Diese Tatsachenlage bestand schon im Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke am 30. April 1997, und sie besteht auch heute noch. Dafür sprechen die von der Antragstellerin der Antragsbegründung beigefügten und spätestens aus dem Jahre 1997 stammenden Anlagen AS2 bis 5 und 7.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin unterliegt dem Freihaltungsgebot neben der umgangssprachlichen Bezeichnung "Grapefruit" auch der fachsprachliche Begriff "CITRUS PARADISI". Jedenfalls steht dem nicht die Kosmetik-Verordnung in Verbindung mit der Liste der INCI-Bezeichnungen gemäß § 5a Abs 4 Satz 1 KosmetikV entgegen, obgleich in dieser Liste "CITRUS PARADISI" nicht vorkommt. Wie sich aus den obigen Ausführungen zur Bedeutung der in § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG enthaltenen Formulierung "dienen können" ergibt, reicht das Freihaltungsbedürfnis an beschreibenden Angaben weiter als die Herstellerpflicht zur Kennzeichnung der Bestandteile. Freizuhalten sind alle Angaben, die zur Beschreibung benutzt werden können und nicht nur jene, welche benutzt werden müssen.

Davon abgesehen liegen die Ausführungen der Antragsgegnerin zu den Vorgaben der Kosmetik-Verordnung in Verbindung mit der INCI-Bezeichnung "CITRUS GRANDIS" neben der Sache. "CITRUS GRANDIS" bezeichnet nach dieser Liste die Pampelmuse (vgl auch Kranz, Das große Buch der Früchte, S 380). Grapefruit und Pampelmuse sind aber nicht zwei Bezeichnungen für dieselbe Pflanze bzw Frucht. Dies mag zwar umgangssprachlich nicht eindeutig auseinander gehalten zu werden, entspricht aber einer korrekten botanischen Differenzierung (vgl Brockhaus-Enzyklopädie, 20. Aufl, 9. Bd, S 58 "Grapefruit"; 16. Bd, S 503 "Pampelmuse"). Die Grapefruit ist entweder durch eine Mutation aus der Pampelmuse entstanden oder eine Zufallskreuzung aus Pampelmuse und Orange. Sie ist erheblich kleiner als die Pampelmuse; auch hat sie eine dünnere Schale und mehr Bitterstoffe (vgl Kranz aaO, S 381, 383). Die Grapefruit fällt somit nicht unter den Begriff "CITRUS GANDIS" in der Liste der INCI-Bezeichnungen. Das bedeutet, daß "CITRUS PARADISI" eine sonstige Bezeichnung im Sinne des § 5a Abs 4 Satz 2 KosmetikV darstellt, welche zur Identität der Auszüge aus der Grapefruit angegeben werden kann.

Schließlich kann sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, daß die beschreibende Bedeutung von "CITRUS PARADISI" von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen nicht ohne weiteres erkannt werde. Denn bei Berücksichtigung des Freihaltungsbedürfnisses geht es um die Belange der Mitbewerber und nicht um die Auffassung der von den fraglichen Waren und Dienstleistungen angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise (vgl Althammer/Ströbele, aaO, Rdn 69). Davon abgesehen ist die Verwendung fremdsprachlicher, insbesondere botanischer Begriffe auf dem Gebiet der Kosmetik wie der Nahrungsergänzungsmittel branchentypisch. Einerseits ergibt sich dies schon aus den mehrheitlich entsprechend gebildeten INCI-Bezeichnungen, deren Verwendung durch die Kosmetik-Verordnung sogar vorgeschrieben ist. Andererseits ist die Verwendung derartiger fremdsprachlicher Begriffe in den Listen mit den Inhaltsstoffen der Nahrungsergänzungsmittel üblich und in der benachbarten Naturmedizin gang und gäbe.

Die Beschwerde ist somit zurückzuweisen.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.

Dr. Ströbele Werner Dr. Schmittbr/Bb






BPatG:
Beschluss v. 24.10.2000
Az: 24 W (pat) 310/99


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