Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Juni 2010
Aktenzeichen: 28 W (pat) 506/09
(BPatG: Beschluss v. 23.06.2010, Az.: 28 W (pat) 506/09)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
Gründe
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort-Bildmarkeals Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 7,9 und 42
"Elektromotoren, ausgenommen für Landfahrzeuge; Motoren mit integriertem Frequenzumrichter, ausgenommen für Landfahrzeuge; Servomotoren; Linearmotoren; Getriebemotoren; Getriebe, ausgenommen für Landfahrzeuge; Drehmomentwandter, Übersetzungsgetriebe für Maschinen; Servogetriebe; mechanische Verstellgetriebe; drehmomentstarke Industriegetriebe; Kompaktantriebe, nämlich Antriebe bestehend aus Elektromotor, Reduktionsgetriebe und Frequenzwandler in einem Gehäuse; elektrische Antriebe für Elektrohängebahnen; elektrische Antriebe für fahrerlose Flurförderfahrzeuge; elektrische Antriebe für Regalbediengeräte; elektrische Antriebe für Lifte; elektrische Antriebe für Drehtische; elektrische Antriebe für Schubplattformen; elektrische Antriebe für Verschiebewagen; Elektrohängebahnen; fahrerlose Flurförderfahrzeuge; Regalbediengeräte; Lifte; Drehtische; Schubplattformen; Verschiebewagen; Drehzahlregler für Maschinen und Motoren; Steuergeräte für Maschinen und Motoren; Elektrogeneratoren; Linearaktoren; Kupplungen, ausgenommen für Landfahrzeuge; Bremsen; Magnetbremsen; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 7 enthalten [alle vorgenannten Waren nicht für Landfahrzeuge]; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Umrichter; Antriebsumrichter; Stromwandler; Frequenzwandler; elektronische Rückspeisegeräte; elektronische Steuerungen; Elektrokabel; Elektrostecker; Elektrodrähte; Verteiler für elektrische Energie und/oder Information; elektrische Anlagen für die Fernsteuerung industrieller Arbeitsvorgänge; elektrische Anschlussteile; elektronische Anzeigetafeln; LCD-Displays; LED-Displays-, Bedienterminals zur Steuerung von Maschinen; Fernsteuerungsgeräte; elektronische und elektrotechnische Messgeräte; Drehzahlmesser; Geber; Inkrementalgeber; integrierte Schaltkreise; Halbleiter; elektrische und elektronische Kontrollapparate; Ölsensoren; Temperatursensoren; Körperschallsensoren; elektronische Publikationen (herunterladbar); Positioniersteuerungen; Software zur Steuerung von Maschinen; Software zur Steuerung industrieller Abläufe; Software zur Überwachung industrieller Abläufe; Software zur Projektierung von Antrieben; Software zur Konfiguration von Antrieben; herunterladbare Computerprogramme zur Konfiguration von Antrieben; online bedienbare Computerprogramme zur Konfiguration von Antrieben; Software zur Projektierung industrieller Anlagen; Parameterboxen [maschinenlesbare Datensammlungen]; Feldbus-Kabel; Feldbus-Stecker; PCs; Laptops; Industrie-PCs; Funkvorrichtungen; Netzwerkgeräte; Netzwerkgeräte für drahtlose Netzwerke; Wireless-LAN-Modems; Transformatoren; Geräte und Vorrichtungen zur berührungslosen Übertragung von elektrischer Energie und/oder Information; Geräte zur induktiven Versorgung von elektrischen Antrieben mit elektrischer Energie; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 9 enthalten; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen von Ingenieuren; Konstruktionsplanung; Entwicklungsdienste bezüglich neuer Produkte für Dritte; Konvertieren von Daten (ausgenommen physische Veränderung); Planung und Projektierung von industriellen Anlagen; Applikationsprojektierung"
Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Zeichen setze sich ohne Weiteres erkennbar aus den Wörtern "Drive" in der Bedeutung "Antrieb, Getriebe" und "Configurator" als etwas oder jemand, das oder der eine Sache gestaltet, verändert, konfiguriert. Entsprechend werde der Begriff "Configurator" als Bezeichnung für Tools oder Programme bereits verwendet. Die Gesamtbezeichnung erschöpfe sich daher in einem beschreibenden Sachhinweis. Die beanspruchten Waren könnten zum Einsatz in der Antriebstechnik bestimmt sein und zur Konfiguration dienen. Der Verkehr entnehme der Bezeichnung im Bezug auf die Dienstleistungen ebenfalls lediglich einen inhaltsbeschreibenden Hinweis. Die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke liege völlig im Rahmen der üblichen, werbegraphischen Ausgestaltungsvarianten, die den Schutz der Marke nicht begründen könne, was die Markenstelle mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung des BPatG zu grafisch gestalteten Marken erläutert hat.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, die Eintragung der Wortkombination werde nicht in jedweder Form beantragt, sondern nur in der gegebenen grafischen Gestaltung. Sie bestimme und beschränke den Schutzbereich der beanspruchten Bezeichnung, da sie durch das rot geschriebene und auf der rechten Seite verlängerte "V" auf den Verkehr eigenartig und prägnant wirke. Dieses Gestaltungsmerkmal sei ungewöhnlich und springe sofort ins Auge, so dass es als Herkunftshinweis geeignet sei und der Marke insgesamt auch kein Freihaltungsbedürfnis entgegenstehe.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Hilfsweise beantragt sie, unter jeweils teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, die Eintragung der angemeldeten Marke für eine jeweils eingeschränkte Fassung des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses zuzulassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in sämtlichen Fassungen des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
Die absoluten Schutzhindernisse sind darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, und dabei vor allem auch die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung zu entsprechen, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden. Im Zusammenhang mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 soll sichergestellt werden, dass nur solche Zeichen der ungehinderten Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft entzogen werden, die tatsächlich die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen können (EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 -EUROHYPO; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 -Libertel). Die Herkunftsfunktion einer Marke besteht darin, die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennbar und dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen, und stellt nach ständiger Rechtsprechung neben weiteren Funktionen die Hauptfunktion der Marke dar (vgl. zuletzt EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 - L'Oreal).
Keine Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besitzen Zeichen oder Angaben mit einem unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt, der von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres erfasst werden kann. Die angemeldete Marke besteht aus zwei in unterschiedlicher Schriftgröße aneinander gefügten technischen Grundbegriffen der englischen Sprache, deren glatt beschreibende Bedeutung auf der Hand liegt. So umfassen die beanspruchten Waren der Klasse 7 nicht nur Motoren jeder Art, sondern auch Getriebe und Antriebe für Fahrzeuge im weitesten Sinn sowie deren Teile und Zubehör, für die das Wort "drive" die jeweilige englischsprachige Entsprechung darstellt. Dieser allgemeine technischen Begriff ist darüber hinaus dem deutschen Fachwort "Steuerung" gleichzusetzen und somit insbesondere für die der Klasse 9 zuzuordnenden Waren aus dem Bereich der (elektronischen) Steuerungsund Regeltechnik glatt beschreibend und somit nicht schutzfähig. Unter dem im Deutschen gebräuchlichen Begriff "Konfiguration" versteht nicht nur der technisch versierte Verkehr ganz allgemein die Zusammenfügung einzelner (technischer) Komponenten zu einer Vorrichtung oder einer Anlage. Sowohl beim einfachen häuslichen PC spricht man von Konfiguration, wenn er mit der erforderlichen Hardund Software ausgestattet wird, als auch dann, wenn komplexe Industrieanlagen nach Kundenanforderungen individuell zusammengestellt werden, so dass auch für die in diesem Bereich beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 sich der ausschließlich beschreibende Sinngehalt von "DRIVECONFIGURATOR" für den Verkehr ohne weiteres erschließt. Soweit die Anmelderin meint, es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern dieser Begriff für LED-Displays oder herunterladbare elektronische Publikationen einen Sachhinweis darstellen soll, kann es sich beispielsweise um ein Online-Manual für eine Antriebskonfiguration handeln; das Display kann Teil einer Antriebssteuerung sein.
Entgegen der Ansicht der Anmelderin bewirkt auch die grafische Gestaltung der Marke keinen schutzfähigen Gesamteindruck. Insoweit ist zunächst der markenrechtliche Grundsatz zu berücksichtigen, dass sich der Wortbestandteil eines Zeichens gegenüber seiner grafischen Gestaltung für die angesprochenen Verbraucher umso nachdrücklicher in den Vordergrund drängt, je unmittelbarer die durch ihn vermittelte Sachaussage hervortritt (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - anti KALK; BPatG). Angesichts des eindeutigen Warenund Dienstleistungsbezugs der Wortfolge "DRIVECONFIGURATOR" reichen einfache graphische Elemente und Verzierungen nicht aus, das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft zu überwinden (BGH GRUR 2010, 640 -hey!). Die gewählte Bildgestaltung ist vielmehr als völlig werbeübliche Gebrauchsgrafik zu werten, wie sie den Verbrauchern seit langem vertraut ist. Zwar ist das Wort "DRIVE" im Gegensatz zu "CONFIGURATOR" in einem kleineren Schriftgrad wiedergegeben, dafür wird es durch eine Art Fettdruck im Bildeindruck betont. Diese grafischen Gestaltungsmittel entsprechen sowohl für sich genommen als auch in ihrer Kombination mit dem von der Anmelderin als besonders charakteristisch herausgestellten auf der rechten Seite verlängerten Buchstaben "V" im Bestandteil "DRIVE" dem allgemein bekannten Werbestandard, der bestrebt ist, Werbebotschaften und Sachaussagen dem Verbraucher in möglichst ansprechender Form nahezubringen. Da sie die visuelle Kommunikation erleichtern, sind drucktechnisch gegliederte Wortteile als werbegrafisches Instrument ebenso gängig wie optisch hervorgehobene und/oder farblich gestaltete Einzelbuchstaben (BGH GRUR 2009, 954, Rdnr. 16 -Kinder III).
Das Zeichen verfügt somit nicht über die Eignung, die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen zu können und zwar unabhängig davon, welche Fassung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen der Prüfung zugrunde gelegt wird.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Stoppel Schell Martens Me
BPatG:
Beschluss v. 23.06.2010
Az: 28 W (pat) 506/09
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