Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 17. April 2007
Aktenzeichen: X ZB 41/03
(BGH: Beschluss v. 17.04.2007, Az.: X ZB 41/03)
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen die Beschlüsse des 8. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 11. April 2001 und vom 28. Oktober 2003 wird auf Kosten der Einsprechenden zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000,-- € festgesetzt.
Gründe
I. Die Einsprechende hat gegen das dem Anmelder W. (W.) erteilte deutsche Patent 34 23 774 (Streitpatent) Einspruch erhoben. Am 16. Januar 1997 ist das Streitpatent durch Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen auf Antrag der gegenwärtigen Patentinhaberin E. (E.) gepfändet worden. In einem Rechtsstreit zwischen E. und W. hat das Landgericht München I mit Beschluss vom 23. April 1998 im Wege der einstweiligen Verfügung die Sequestration des Streitpatents angeordnet und Patentanwalt K. zum Sequester bestellt, der seine Bestellung dem Deutschen Patent- und Markenamt angezeigt hat. Dieses hat mit Beschluss vom 29. Juli 1999 das Streitpatent wegen fehlender Patentfähigkeit widerrufen.
Gegen diesen Beschluss hat Patentanwalt K. "namens und im Auftrag" des ursprünglichen Patentinhabers W. Beschwerde eingelegt. Am 19. Oktober 1999 schlossen W. und E. vor dem Oberlandesgericht München zur Erledigung sämtlicher anhängiger Verfahren einen Vergleich, in dem W. sämtliche Rechte an dem Streitpatent auf E. übertrug und die Umschreibung bewilligte. Am 19. Juni 2000 ist das Streitpatent auf E. umgeschrieben worden.
E. hat die Auffassung vertreten, sie sei als Patentinhaberin nunmehr Beschwerdeführerin. Vorsorglich hat sie weiterhin erklärt, dem Einspruchsbeschwerdeverfahren als Streithelferin des vormaligen Sequesters, hilfsweise als Streithelferin des bisherigen Patentinhabers, beizutreten. Dem hat die Einsprechende widersprochen. Mit "Zwischenbeschluss" vom 11. April 2001 hat das Bundespatentgericht festgestellt, dass E. mit Wirkung ihrer Eintragung in die Rolle als Patentinhaberin Beschwerdeführerin an Stelle des bisherigen Patentinhabers W. geworden sei (BPatGE 44, 95 = GRUR 2002, 371).
Mit weiterem Beschluss vom 28. Oktober 2003 hat das Bundespatentgericht den Beschluss der Patentabteilung abgeändert und das Streitpatent beschränkt aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die vom Bundespatentgericht im Hinblick auf den Beschluss vom 11. April 2001 zugelassene Rechtsbeschwerde der Einsprechenden.
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Sie richtet sich in der Sache zulässigerweise nur gegen die Zwischenentscheidung vom 11. April 2001, mit dem das Bundespatentgericht festgestellt hat, dass E. als neue Patentinhaberin Beschwerdeführerin geworden sei, und in dem in den Gründen ausgeführt ist, dass Patentanwalt K. in seiner Eigenschaft als Sequester mit unmittelbarer Rechtswirkung für den damaligen Patentinhaber wirksam Beschwerde gegen den Beschluss der Patentabteilung eingelegt habe.
Bei dem Beschluss vom 11. April 2001 handelt es sich um die Entscheidung der Frage, ob ein Parteiwechsel stattgefunden hat, und mithin um die Entscheidung eines Zwischenstreits im Sinne des § 303 ZPO. Die Entscheidung darüber, ob im Einspruchsbeschwerdeverfahren auf Seiten des Patentinhabers ein Parteiwechsel stattgefunden hat, ist - anders als für den infolge einer derartigen Entscheidung gegen seinen Willen aus dem Prozessrechtsverhältnis Ausscheidenden (vgl. dazu BGH Urt. v. 10.11.1980 - II ZR 96/80, NJW 1981, 989) - entsprechend § 557 Abs. 2 ZPO für den Einsprechenden nicht selbständig, sondern nur mit der endgültigen Entscheidung über den Einspruch anfechtbar. Der Überprüfung der Zwischenentscheidung steht daher auch nicht entgegen, dass die Rechtsbeschwerde erst in dem Beschluss vom 28. Oktober 2003 zugelassen worden ist, denn erst mit diesem Beschluss ist über die Beschwerde gegen den Beschluss der Patentabteilung entschieden worden.
2. Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Patentabteilung ist zulässig. Zutreffend hat das Bundespatentgericht angenommen, dass Patentanwalt K. in seiner Eigenschaft als Sequester den Rechtsbehelf wirksam eingelegt hat.
a) Kraft seiner Bestellung zum Sequester verfügte Patentanwalt K. über die Rechtsmacht, zur Erhaltung des Patents Beschwerde ge- gen die Widerrufsentscheidung der Patentabteilung einzulegen.
Gegenstand der Sequestration einer Sache oder eines Rechts, die § 938 Abs. 2 ZPO ausdrücklich als Inhalt einer einstweiligen Verfügung vorsieht, ohne hierüber näheres zu bestimmen, ist deren Sicherstellung, Verwahrung und Verwaltung (BGHZ 146, 17, 20). Im Streitfall ist die Sequestration des Patents "zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin" (E.) angeordnet worden, zu deren Gunsten das Streitpatent gepfändet worden war. Der Sequester hatte daher zuvörderst dafür Sorge zu tragen, dass das Streitpatent - möglichst in vollem erteiltem Umfang - in Kraft blieb, da andernfalls mit dem Streitpatent auch das Pfandrecht an diesem erlosch. An dieser Aufgabe des Sequesters änderte sich nichts dadurch, dass der Pfändungsbeschluss dem Patentinhaber und Vollstreckungsschuldner ausdrücklich das Recht zu Verfügungen, die der Erhaltung oder Stärkung des Patents dienen, belassen hat. Denn dies konnte es insbesondere nicht ausschließen, dass das Streitpatent dadurch unterging, dass eine Widerrufsentscheidung der Patentabteilung mangels eines vom Patentinhaber eingelegten Rechtsbehelfs in Bestandskraft erwuchs.
Aufgrund der Sequestrationsanordnung und seiner Bestellung zum Sequester war Patentanwalt K. auch ohne eine entsprechende aus- drückliche Anordnung des Prozessgerichts befugt, für den Patentinhaber Beschwerde einzulegen.
Der Bundesgerichtshof hat sich, soweit ersichtlich, bislang nur mit der Prozessführungsbefugnis eines im Gesamtvollstreckungsverfahren bestellten Sequesters befasst. Er hat dazu ausgeführt, es spreche einiges dafür, den Sequester in Fällen, in denen die Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens nicht abgewartet werden könne, für befugt zu halten, die zur Sicherung der künftigen Masse erforderlichen prozessualen Maßnahmen ohne Mitwirkung des Schuldners und notfalls auch gegen dessen Willen zu treffen. Ein solcher Fall könne gegeben sein, wenn es darum gehe, ein gegen den Schuldner ergangenes Leistungsurteil nicht vor der Verfahrenseröffnung rechtskräftig werden zu lassen, da die Rechtskraft dem späteren Insolvenzverwalter die Möglichkeit nehme, den ausgeurteilten Anspruch des Gläubigers von der Masse fernzuhalten (BGH, Beschl. v. 18.5.2000 - IX ZB 114/98, ZIP 2000, 116). Der Bundesgerichtshof hat dabei offengelassen, ob der Sequester, halte man ihn für befugt, einen Prozess bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiterzuführen, dies als eine Art Pfleger im Namen des Schuldners zu tun habe (vgl. HK-InsO/Kirchhof, 1. Aufl., § 22 Rdn. 31 [anders 4. Aufl., § 22 Rdn. 59]; Haarmeyer in MünchKomm. InsO, § 22 Rdn. 185, für den "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter) oder ob ihm dafür eine eigene Prozessführungsbefugnis zustehe (in diesem Sinne wohl OLG Hamburg ZIP 1987, 385; LG Magdeburg ZIP 1997, 896; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., vor § 50 Rdn. 26; Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 106 KO Anm. 4; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 106 Rdn. 13 l).
Jedenfalls bei der Sequestration eines Patents oder einer Patentanmeldung ergibt sich eine Vertretungsmacht, kraft welcher der Sequester für den Rechtsinhaber handeln kann, mangels gegenteiliger Anordnung des Prozessgerichts aus der privatrechtsgestaltenden Wirkung der Sequestrationsanordnung. Sie ist mit ihr notwendig verbunden, da eine umfassende Sicherstellung, Verwahrung und Verwaltung eines Patents oder einer Patentanmeldung nur möglich sind, wenn der Sequester über die Rechtsmacht verfügt, auf das Rechtsverhältnis zwischen Patentinhaber oder -anmelder und Erteilungsbehörde im Sinne des Sequestrationszwecks einzuwirken. So könnte der Sequester zwar fällige Jahresgebühren auch ohne eine Vertretungsbefugnis entrichten. Hierfür bedürfte es indessen auch keiner Sequestration, weil dies auch der Vollstreckungsgläubiger oder jeder beliebige Dritte tun könnte. Immer dann, wenn gegenüber dem Patentamt zur Rechtserhaltung eine Erklärung des Rechtsinhabers abgegeben werden muss, wofür neben der Einlegung von Rechtsbehelfen insbesondere auch die (hilfsweise) Erklärung des Einverständnisses mit einer auf einen patentfähigen Gegenstand gerichteten Anspruchsfassung gehören kann, bedarf es einer Rechtsmacht des Sequesters, die ihn befähigt, für den Rechtsinhaber zu handeln. Da weder das nationale Recht noch das Europäische Patentübereinkommen den Sequester als Beteiligten des Erteilungs- oder Einspruchsverfahrens kennen, wäre ohne eine solche (materiellrechtliche) Vertretungsbefugnis insbesondere die wirksame Sequestration einer europäischen Patentanmeldung nicht möglich. Wie das Bundespatentgericht zu Recht bemerkt, ist eine Vertretungsmacht des Sequesters überdies dem Gesetz nicht fremd (§ 848 Abs. 2 ZPO).
b) Zutreffend hat das Bundespatentgericht ferner angenommen, dass es der wirksamen Einlegung der Beschwerde durch den Sequester nicht entgegensteht, dass dieser erklärt hat, "namens und im Auftrag" des Patentinhabers zu handeln. Der Sequester hat damit zutreffend zum Ausdruck gebracht, die Beschwerde in Vertretung des Patentinhabers für diesen einzulegen. Ob er dabei sein Rechtsverhältnis zum Patentinhaber zutreffend als Auftragsverhältnis gekennzeichnet hat, ist unerheblich.
3. Das Bundespatentgericht hat sich schließlich im Ergebnis zu Recht nicht gehindert gesehen, das Streitpatent mit dem Patentanspruch beschränkt aufrechtzuerhalten, den die nunmehrige Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung überreicht hat.
a) Allerdings ist ihm nicht darin zu folgen, dass E. mit ihrer Eintragung in die Rolle an Stelle des bisherigen Patentinhabers Verfahrensbeteiligte geworden ist.
aa) Nach den gemeinsamen Vorschriften für das Beschwerde- und Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht sind, soweit das Patentgesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen (§ 99 Abs. 1 PatG). Zu den danach entsprechend anzuwendenden Vorschriften zählt auch im Einspruchsbeschwerdeverfahren § 265 Abs. 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift hat die Veräußerung der streitbefangenen Sache oder die Abtretung des geltend gemachten Anspruchs auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen. Übertragung und Umschreibung des Patents lassen daher die Verfahrensbeteiligung des bisherigen Patentinhabers im Einspruchsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unberührt.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist § 265 Abs. 2 ZPO im Patentnichtigkeitsverfahren anzuwenden, wenn nach Eintritt der Rechtshängigkeit die Umschreibung des Patents oder der Patentanmeldung auf den Erwerber erfolgt. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, das Patentgesetz verfolge mit der Regelung des § 81 Abs. 1 Satz 2 und der in § 99 Abs. 1 erfolgten Verweisung auf die Zivilprozessordnung (hier auf § 265 Abs. 2 ZPO) den Zweck, dass der Kläger aus einem öffentlichen Register ersehen könne, gegen wen er seine Klage zu richten hat, und ihm der Verklagte als Prozessgegner erhalten bleibe, wenn das Patent im Laufe des Prozesses veräußert werde, weil allgemein die Durchführung eines Rechtsstreits nicht aufgrund der Veräußerung des Schutzrechts durch einen Parteiwechsel belastet werden solle (BGHZ 72, 236, 242 - Aufwärmvorrichtung). Die Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO beruhe auf dem allgemeinen Gedanken, dass niemand aus einem öffentlichrechtlichen Prozessrechtsverhältnis ohne weiteres, vor allem durch eigenes Tun, ausscheiden dürfe. Die Darlegung des Senats in dem genannten Urteil vom 24. Oktober 1978 (BGHZ 72, 236), dass die Änderung der Legitimation gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG nach Eintritt der Rechtshängigkeit auf das Prozessrechtsverhältnis keinen Einfluss habe, sei daher, auch wenn es sich dort um einen Vindikationsrechtsstreit gehandelt habe, von grundsätzlicher Bedeutung und nicht auf eine bestimmte Verfahrensart eingeschränkt (BGHZ 117, 144, 146 f. - Tauchcomputer). Diese Erwägungen beanspruchen über das Patentnichtigkeitsverfahren hinaus auch im Einspruchs(beschwerde)verfahren Geltung. Denn die Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO dient nicht nur dem Schutz des Gegners der Partei, auf deren Seite eine Änderung der sachlichen Legitimation eingetreten sein soll, sondern auch der Ökonomie des Verfahrens, unbeeinflusst von einer materiellrechtlichen Änderung der Inhaberschaft des streitbefangenen Gegenstands das Verfahren fortzusetzen (BGH, Beschl. v. 2.7.1998 - I ZB 24/97, GRUR 1998, 940, 941 - Sanopharm).
bb) Das Bundespatentgericht hat seine gegenteilige Auffassung wie folgt begründet:
Das Einspruchsbeschwerdeverfahren sei einem herkömmlichen Zivilprozess, in dem sich (mindestens) zwei Parteien mit klar definierten Rollen gegenüberstünden, nicht vergleichbar. In einem nichtkontradiktorischen Verfahren wie dem der Einspruchsbeschwerde, das einerseits wenig Gemeinsamkeiten mit dem Zivilprozess aufweise, andererseits durch patentrechtliche Besonderheiten wie die Befugnis des Patentinhabers zur weiteren Ausformung des erstrebten Schutzrechts gekennzeichnet sei, verbiete sich die unbesehene Übernahme unpassender Verfahrensvorschriften der Zivilprozessordnung. Wenn, wie es ständiger Praxis der Technischen Beschwerdesenate entspreche, der nicht am Verfahren vor dem Patentamt beteiligte Erwerber eines Patents entgegen dem Wortlaut des § 74 Abs. 1 PatG, aber in Übereinstimmung mit § 30 Abs. 3 Satz 3 PatG mit erfolgter Umschreibung die Beschwerdebefugnis erlange, erscheine es nur folgerichtig, auch an den Übergang der Inhaberschaft mit nachfolgender Umschreibung des Patents im Laufe eines Beschwerdeverfahrens die Rechtsfolge des Wechsels der verfahrensrechtlichen Beteiligtenstellung zu knüpfen.
Zwar sei auch die Nichtigkeitsklage "rein theoretisch" wie der Einspruch grundsätzlich ein Popularrechtsbehelf; in der Praxis klage allerdings regelmäßig der aus dem Patent in Anspruch Genommene. Wenn auch in beiden Verfahren Streitgegenstand die Rechtmäßigkeit der Patenterteilung sei, so erstrecke sich die Prüfung im Nichtigkeitsverfahren zusätzlich auf den Gesichtspunkt der Erweiterung des Schutzbereichs. Entscheidende Bedeutung komme aber der unterschiedlichen Stellung der Verfahrensbeteiligten zu. Während das Nichtigkeitsverfahren wie das Erkenntnisverfahren des Zivilprozesses ein echtes (kontradiktorisches) Klageverfahren sei, bei dem sich die Klage gegen den eingetragenen Patentinhaber richte, richte sich der Einspruch gegen das Patent als solches. Im Einspruchsbeschwerdeverfahren sei die Beteiligtenstellung zudem abhängig vom Ergebnis der Entscheidung des Amtes über den Einspruch; dem Patentinhaber könne somit die Stellung des Rechtsmittelführers zukommen. Der Aspekt der Verfahrensökonomie spreche im Einspruchs(beschwerde)-verfahren gegen eine entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO. Zum einen seien diese sich unmittelbar an das Erteilungsverfahren anschließenden Verfahren stärker vom Amtsermittlungsgrundsatz beherrscht, zum anderen sei die verfahrensrechtliche Stellung des Patentinhabers hier deutlich stärker als die des Einsprechenden. Letzterer gibt zwar den Anstoß für das Verfahren (und gegebenenfalls seinen Fortgang), sei aber letztlich nicht Herr des Verfahrens, wie insbesondere die Regelung des § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG zeige. Nur der Patentinhaber, nicht aber der Einsprechende, könne den Gegenstand des Einspruchsverfahrens verändern.
Würde man die Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO auf das Einspruchs- (beschwerde)verfahren anwenden, würden die Rechte des (neuen) eingetragenen Patentinhabers in unvertretbarer, rechtsstaatlich bedenklicher Weise verkürzt, weil er, was den Bestand seines Patents anbetreffe, vollständig von der Verfahrensführung seines Rechtsvorgängers abhängig sei. Die Nebenintervention wäre, selbst wenn man sie entgegen gefestigter Rechtsprechung des Bundespatentgerichts im Einspruchsbeschwerdeverfahren für zulässig erachten würde, kein geeignetes Mittel, um die Rechte des neuen Patentinhabers ausreichend zu wahren, weil die Prozesshandlungen und -erklärungen des Nebenintervenienten nicht in Widerspruch zu denen der Hauptpartei stehen dürften.
Auch die "Sanopharm"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs gebe zu keiner anderen Beurteilung Anlass, da - abgesehen von Bedenken gegen die Begründung dieser Entscheidung - das markenrechtliche Widerspruchsverfahren jedenfalls deutliche Unterschiede zum patentrechtlichen Einspruchsverfahren aufweise.
cc) Die vom Bundespatentgericht hervorgehobenen Besonderheiten des Einspruchs(beschwerde)verfahrens rechtfertigen es nicht, die Vorschrift des § 265 Abs. 2 ZPO nicht anzuwenden.
Das Ziel der Nichtanwendung der Vorschrift, dem neuen Patentinhaber alsbald die Übernahme des Verfahrens zu ermöglichen, lässt sich auf diese Weise nicht oder allenfalls unvollkommen erreichen. Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG bleibt bei einer Änderung in der Person des Anmelders oder Patentinhabers der frühere Anmelder oder Patentinhaber nach Maßgabe des Patentgesetzes berechtigt und verpflichtet, solange die Änderung nicht eingetragen ist. Materielle Berechtigung und Verfahrensbeteiligung fallen daher notwendigerweise für eine gewisse Zeit auseinander.
Die Charakteristika des Einspruchsverfahrens, die das Bundespatentgericht herausgearbeitet hat, geben angesichts dessen keinen Anlass, die Anwendbarkeit des § 265 Abs. 2 ZPO in diesem Verfahren abweichend vom Nichtigkeitsverfahren zu beurteilen. Wie das Bundespatentgericht nicht verkennt, ist Gegenstand beider Verfahren der Rechtsbestand des Patents. Beide Verfahren unterliegen dem Amtsermittlungsgrundsatz, und in beiden Verfahren hat der Patentinhaber, der jeweils notwendiger Verfahrensbeteiligter ist, die Möglichkeit, durch eine beschränkte Verteidigung des Patents einen vollständigen Widerruf bzw. eine vollständige Nichtigerklärung zu vermeiden. Diese sachlichen Gemeinsamkeiten wiegen stärker als Unterschiede in verfahrensrechtlichen Einzelheiten oder die Qualifikation als kontradiktorisches oder nichtkontradiktorisches Verfahren, zumal es grundsätzlich nicht wünschenswert erscheint, über die vom Gesetz vorgegebenen hinaus weitere Unterschiede im Verfahrensrecht des Einspruchsverfahrens einerseits und des Nichtigkeitsverfahrens andererseits zu begründen.
Auch die Rechtslage im markenrechtlichen Verfahren spricht für eine Anwendung des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ebenfalls anwendbaren (BVerwGE 121, 182, 184) § 265 Abs. 2 ZPO. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Vorschrift nicht nur im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren anzuwenden (Beschl. v. 2.7.1998 - I ZB 24/97, GRUR 1998, 940 - Sanopharm), sondern auch im Verfahren der Anmelderbeschwerde, obwohl auch dieses Verfahren kein echtes Streitverfahren darstellt (Beschl. v. 27.1.2000 - I ZB 39/97, GRUR 2000, 892 - MTS). Diese Rechtsprechung wird bestätigt durch die durch das Gesetz zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 eingeführte Vorschrift des § 28 Abs. 3 Satz 2 MarkenG, wonach für die Übernahme des Verfahrens durch den Rechtsnachfolger die Zustimmung der übrigen Verfahrensbeteiligten nicht erforderlich ist. Unbeschadet dessen, dass die Vorschrift in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung als "Klarstellung" bezeichnet wird (BT-Drucks. 14/6203, 66) setzt das Markengesetz damit - entgegen Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 28 Rdn. 14 f. - die Anwendbarkeit des § 265 Abs. 2 ZPO und die daraus folgende Fortdauer der Verfahrensbeteiligung des bisherigen Markeninhabers voraus und modifiziert diese Regelung dahin, dass der Rechtsnachfolger, der den Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs gestellt hat, das Recht hat, ohne Zustimmung der übrigen Verfahrensbeteiligten in die Verfahrensposition des bisherigen Markeninhabers einzutreten.
b) Trotz der entsprechenden Anwendbarkeit des § 265 Abs. 2 ZPO hat sich das Bundespatentgericht im Ergebnis zu Recht nicht gehindert gesehen, das Streitpatent entsprechend dem Antrag der gegenwärtigen Patentinhaberin beschränkt aufrechtzuerhalten. Denn diese ist dem Beschwerdeverfahren zulässigerweise als Streithelferin des bisherigen Patentinhabers beigetreten (§ 66 ZPO) und konnte das Streitpatent beschränkt verteidigen, da sie sich damit nicht in Widerspruch zur "Hauptpartei", dem bisherigen Patentinhaber, gesetzt hat, die sich nach Beendigung der Sequestration am Verfahren nicht mehr aktiv beteiligt hat.
Entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts ist die Nebenintervention des Erwerbers eines im Einspruchsverfahren befindlichen Patents - nicht anders als im markenrechtlichen Verfahren (BGH, Beschl. v. 2.7.1998 - I ZB 24/97, GRUR 1998, 940, 941 - Sanopharm) - zuzulassen.
Das Bundespatentgericht hat die Zulässigkeit einer Nebenintervention zunächst für die Nebenintervention auf Seiten eines Einsprechenden verneint (BPatGE 1, 122; 2, 54). Im Beschluss vom 23. April 1968 (BPatGE 10, 155) ist sodann auch die Zulässigkeit der Nebenintervention eines ausschließlichen Lizenznehmers verneint worden, der nach Versagung des Patents durch die Patentabteilung dem Einspruchsbeschwerdeverfahren mit der Begründung beitreten wollte, das Verfahren werde vom Anmelder nachlässig betrieben. In diesem Zusammenhang hat das Bundespatentgericht die Vorschriften über die Nebenintervention allgemein für unanwendbar gehalten. Die Literatur ist dem beigetreten, überwiegend jedoch ohne auf die Frage einer Nebenintervention des Einzelrechtsnachfolgers des Patentinhabers gesondert einzugehen (Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 74 Rdn. 20; Lindenmaier/Röhl, PatG, 6. Aufl., § 36l Rdn. 36; Reimer/Trüstedt, PatG, 3. Aufl., §§ 28-29 Rdn. 14; § 32 Rdn. 24; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 59 Rdn. 141, § 73 Rdn. 91).
Die Erwägungen, die für die Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO im Einspruchs(beschwerde)verfahren sprechen, sprechen jedoch gleichermaßen dafür, den Beitritt des Einzelrechtsnachfolgers auf Seiten des im Verfahren verbleibenden bisherigen Patentinhabers zuzulassen. Der Rechtsnachfolger hat auf diese Weise die Möglichkeit, unmittelbar nach Erwerb seiner materiellen Berechtigung seine Rechte geltend zu machen, ohne auf die Umschreibung im Patentregister angewiesen zu sein. Insbesondere kann er jederzeit dem Einspruchsverfahren beitreten und gegen den Widerruf des Patents Beschwerde einlegen (§ 66 Abs. 2 ZPO), ohne dass es hierzu der mit § 74 Abs. 1 PatG schwerlich vereinbaren Annahme bedarf, die Befugnis, sich am Verfahren zu beteiligen und Beschwerde einzulegen, ergebe sich für den Rechtsnachfolger eines Patentanmelders oder Patentinhabers nicht erst mit dem Vollzug der Umschreibung in der Rolle, sondern bereits mit der Stellung eines ordnungsgemäßen Umschreibungsantrags (so aber BPatGE 44, 156; zustimmend Benkard/Schäfers, PatG, 10. Aufl., § 73 Rdn. 55a).
Richtig ist zwar, dass der Rechtsnachfolger nach § 67 ZPO Prozesshandlungen nicht wirksam vornehmen kann, mit denen er sich in Widerspruch zur "Hauptpartei" setzen würde. Das ist jedoch hinzunehmen. In aller Regel wird ein solcher Widerspruch nicht auftreten, da der Erwerber des Patents mit dem Veräußerer vereinbaren kann und regelmäßig wird, dass der Veräußerer ihm die Verfahrensführung überlässt. Schon um sich nicht Schadensersatzansprüchen des Erwerbers wegen nicht sachgerechter Antragsstellung auszusetzen, wird auch der Veräußerer ein solche Vereinbarung regelmäßig anstreben und es im Übrigen unabhängig von einer entsprechenden Vereinbarung tunlich unterlassen, sich in Widerspruch zur Verfahrensführung seines beigetretenen Rechtsnachfolgers zu setzen.
III. Die Rechtsbeschwerde ist hiernach mit der Kostenfolge des § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG zurückzuweisen.
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Scharen Keukenschrijver Meier-Beck Gröning Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 28.10.2003 - 8 W(pat) 64/99 -
BGH:
Beschluss v. 17.04.2007
Az: X ZB 41/03
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