Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Januar 2008
Aktenzeichen: 24 W (pat) 1/07

(BPatG: Beschluss v. 15.01.2008, Az.: 24 W (pat) 1/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Tiefenreinweissist für verschiedene Waren der Klasse 3 zur Eintragung in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 23. Oktober 2006 hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des DPMA die Anmeldung teilweise, und zwar für die Waren

"Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Zahnputzmittel", wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Wortmarke im Zusammenhang mit den von der Zurückweisung betroffenen Waren ohne weiteres als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen ansehen würden. Das in der Zusammensetzung enthaltene Adjektiv "tiefenrein" sei zwar lexikalisch nicht nachweisbar, werde aber, wie die dem Beanstandungsbescheid der Markenstelle vom 5. Mai 2006 angefügten Internet-Ausdrucke belegten, beschreibend für diverse Reinigungsmittel verwendet. Insofern sei die Voranstellung des Adjektivs "Tiefenrein" vor die bekannte Farbangabe "weiß" nicht sprachunüblich, vor allem da es in der Werbesprache üblich sei, Attribute zur Verstärkung zu benutzen (z. B. "porentief sauber"). Die Wortfolge "Tiefenreinweiss" werde folglich in ihrer Gesamtheit von den angesprochenen allgemeinen Verkehrskreisen leicht als Hinweis auf eine besonders gründliche Reinigungswirkung verstanden, welche die behandelten Sachen besonders weiß (sauber) werden lasse. Dies gelte nicht nur für Haushaltsreinigungsmittel, sondern auch für Körperreinigungsmittel, wie Seife und Zahncreme.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat weder Anträge gestellt noch ihre Beschwerde begründet und um Entscheidung nach Lage der Akten gebeten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats hat die Markenstelle die angemeldete Marke für die beschwerdegegenständlichen, von der Zurückweisung betroffenen Waren zu Recht wegen des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung in das Register zurückgewiesen.

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2002, 804, 806 (Nr. 35) "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 40) "Linde, Winward u. Rado"; GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 48) "Henkel"; BGH GRUR GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 18) "FUSSBALL WM 2006"). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. a. a. O. (Nr. 50) "Henkel"; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 24) "SAT.2"; BGH a. a. O. (Nr. 18) "FUSSBALL WM 2006"), wobei der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen i. d. R so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH a. a. O. (Nr. 53) "Henkel"; BGH MarkenR 2000, 420, 421 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"). Wortmarken besitzen nach der Rechtsprechung insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor"; BGH a. a. O. "marktfrisch"; GRUR 2001, 1153 "antiKALK"; GRUR 2005, 417, 418 "BerlinCard"; a. a. O. (Nr. 19) "FUSSBALL WM 2006"). Unter Berücksichtigung dieser Beurteilungsgrundsätze stellt das Markenwort "Tiefenreinweiss" auch nach Meinung des Senats einen zusammengesetzten Begriff dar, dem die maßgeblichen Verkehrskreise in seiner Gesamtheit lediglich einen Sachhinweis auf die Wirkung der in Rede stehenden Waren entnehmen werden und der auch in seiner sprachlicher Form weder in syntaktischer noch in semantischer Hinsicht eine Ungewöhnlichkeit und Eigenart aufweist (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 39) "BIOMILD"), welche die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises begründen könnte.

In der angemeldeten Marke sind die allgemein gebräuchlichen Wörter der deutschen Sprache "tief(en)", "rein" und "weiß" (bzw. nicht ganz korrekt "weiss" geschrieben) entsprechend gebräuchlicher Wortvorbilder, wie z. B. Tiefenschärfe, tiefenscharf, Tiefenströmung, Tiefenwirkung (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. [CD-ROM] zu den jeweiligen Stichwörtern), vollkommen sprachgemäß zu einer Gesamtbegriffsbildung zusammengesetzt, deren Bedeutung sich im Sinn "eines (bis) in die Tiefe gehenden reinen Weiß" für die von den von den hier fraglichen Mitteln des Wasch- und Reinigungs- sowie Kosmetiksektors angesprochenen Durchschnittsverbraucher ohne weiteres aus der Wortverbindung selbst heraus erschließt. Dies ist um so mehr zu erwarten, als die Markenstelle die beschreibende Verwendung des weitgehend ähnlichen Begriffs "tiefenrein" für einschlägige Wasch- und Reinigungsmittel belegt hat (vgl. in der Anlage zu dem Amtsbescheid vom 5. Mai 2006 z. B. in der Beschreibung für Hoffmann's Gardinenwaschmittel: "Wäscht Gardinen tiefenrein und strahlend weiß..." oder in der Beschreibung für das Shampoo "SuperPoo¨" für Pferde: "Die Wirkstoffe halten Schmutz und Staub von der Haut und dem Haar fern, das Fell wird tiefenrein sauber. ...").

In der genannten Bedeutung besteht außerdem ein enger beschreibender Bezug der Begriffskombination "Tiefenreinweiss" zu den in Rede stehenden beschwerdegegenständlichen Waren (vgl. BGH a. a. O. (Nr. 19) "FUSSBALL WM 2006"). Unter die insoweit beanspruchten Warenoberbegriffe der Klasse 3 können jeweils spezielle Mittel fallen, die eine derartige Reinigungswirkung bzw. ein derartiges Ergebnis des Wasch-, Bleich-, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- oder Pflegevorgangs, nämlich ein in die Tiefe gehendes reines Weiß, bei den zu behandelnden Gegenständen oder Körperteilen bewirken, z. B. bei weißen Wäschestücken, weißen Einrichtungs- oder Ausstattungsgegenständen in Haushalt und Büro (weißen Fußbodenbelägen, Küchen- und Sanitäreinrichtungen, Möbeln etc.), bei - weißen - Zähnen oder bei mit dekorativen Kosmetika (Nagellack, Schminke etc.) weiß eingefärbten Körperpartien. Im Zusammenhang mit solchen Mitteln wird der Verkehr den die Wirkung der Produkte beschreibenden Begriffsinhalt der Wortzusammensetzung "Tiefenreinweiss" ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassen und folglich in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der betroffenen Waren sehen.

Dr. Ströbele Eisenrauch Kirschneck Bb






BPatG:
Beschluss v. 15.01.2008
Az: 24 W (pat) 1/07


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