Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Mai 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 268/03
(BPatG: Beschluss v. 10.05.2006, Az.: 26 W (pat) 268/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die für die Waren und Dienstleistungen
"Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer u. a. alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe u. a. Präparate zur Zubereitung von Getränken; Beherbergung und Verpflegung von Gästen; Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für wirtschaftliche und Werbezwecke;
Zimmerreservierung; Betrieb einer Bar; Catering; Vermietung von Gästezimmern; Verpflegung von Gästen in Kantinen, Betrieb von Motels; Vermietung von Stühlen, Tischen, Tischwäsche, Gläsern; Vermietung von Zelten"
eingetragene Marke 300 14 084 eingetragene Marke 300 14 084 ist Widerspruch erhoben wordenaus der prioritätsälteren Marke 398 36 082 Tropica, die für "Spirituosen" eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zwar seien die Waren teilweise identisch, weshalb ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen sei. Da sich die Widerspruchsmarke "Tropica" jedoch eng an die warenbeschreibende Angabe "Tropical" anlehne, sei der Schutzumfang auf die jeweils eintragungsbegründende Eigenprägung beschränkt. "Tropical" stelle im Zusammenhang mit Getränken eine gebräuchliche beschreibende Angabe dar, die auf die Verwendung tropischer Früchte hinweise. Daher sei der Bestandteil "Jörg Bade" in der angegriffenen Marke, obwohl dieser optisch eher zurücktrete und als Firmenhinweis erscheine, als zusätzliche Unterscheidungshilfe unentbehrlich. Selbst bei alleiniger Orientierung des Verkehrs an dem Bestandteil "Tropical" reichten die Abweichungen in den Endungen aber aus.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ihrer Ansicht nach besteht zwischen den Vergleichsmarken eine unmittelbare Verwechslungsgefahr. Bei teilweiser Warenidentität bzw. enger Warenähnlichkeit sei nicht in Abrede zu stellen, dass die angegriffene Marke durch den Bestandteil "Tropical" dominiert werde, da der weitere Bestandteil "Jörg Bade" Namens- bzw. Firmencharakter besitze. Zudem erscheine der Namenszusatz stark verkleinert. Der Bestandteil "Tropical" stelle keinen glatt warenbeschreibenden Hinweis dar. Die Vergleichswörter "Tropical" und "Tropica" seien bei undeutlicher oder dialektgefärbter Aussprache sogar vollkommen identisch.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der Marke 300 14 064 anzuordnen.
Eine Äußerung der Inhaberin der angegriffenen Marke zur Beschwerde liegt nicht vor.
Der Termin zur mündlichen Verhandlung wurde aufgehoben, nachdem die Parteien mitgeteilt hatten, dass der Termin nicht wahrgenommen wird.
II Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr i. S. d. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Gefahr markenrechtlicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die zueinander in Wechselbeziehung stehen, umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl. EuGH GRUR 1998, 387 Sabl/Puma; BGH GRUR 1995, 216 Oxygenol).
Zwischen den Waren der Vergleichsmarken besteht, wie von der Markenstelle zutreffend ausgeführt, teilweise Identität, nämlich zwischen der Ware "Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" der angegriffenen Marke und "Spirituosen" der Widerspruchsmarke. Hinsichtlich der Waren "Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wasser u. a. alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe u. a. Präparate zur Zubereitung von Getränken" der angegriffenen Marke und der Ware "Spirituosen" der Widerspruchsmarke ist eine mittlere bis entfernte Warenähnlichkeit anzunehmen (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl., S. 287 linke und mittlere Spalte; BPatG 28 W (pat) 265/04 NORIS). Zu den Dienstleistungen der angegriffenen Marke "Beherbergung und Verpflegung von Gästen; Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Zimmerreservierung; Betrieb einer Bar; Catering; Vermietung von Gästezimmern; Verpflegung von Gästen in Kantinen, Betrieb von Motels; Vermietung von Stühlen, Tischen, Tischwäsche, Gläsern; Vermietung von Zelten" besteht eine nur sehr entfernte Ähnlichkeit (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 287 rechte Spalte).
Der Widerspruchsmarke "Tropica" kommt aufgrund der engen Anlehnung an den für die eingetragenen Waren "Spirituosen" beschreibenden Begriff "Tropical" eine deutlich verminderte Kennzeichnungskraft zu. Wie bereits die Markenstelle in zutreffender Weise ausgeführt und auch durch eine Internetrecherche belegt hat, stellt "Tropical" in Zusammenhang mit (häufig auch alkoholischen) Getränken einen geläufigen Hinweis auf die Zusammensetzung aus tropischen Früchten dar (vgl. auch Google, Suchbegriff "Tropical Getränke"). Hinzu kommt, dass aufgrund der Eintragung einer Vielzahl von Drittzeichen mit dem beschreibenden Bestandteil "Tropical" in den betreffenden Warenklassen 32 und 33 ein gewisser Originalitätsmangel dieses Begriffs anzunehmen ist, der zur Annahme einer verminderten Kennzeichnungskraft auch in Bezug auf geringfügige Abwandlungen zu führen vermag (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 316, 318).
Aufgrund der deutlich verminderten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "Tropica" reicht selbst im Bereich einer bestehenden Warenidentität ein nur durchschnittlicher Zeichenabstand zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr aus. In Bezug auf Waren bzw. Dienstleistungen, die sich im mittleren bzw. entfernten Ähnlichkeitsbereich bewegen, ist sogar ein unterdurchschnittlicher Zeichenabstand zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr ausreichend.
Diesen erforderlichen Zeichenabstand halten die Vergleichsmarken ein; eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben.
Zwar ist für den markenrechtlichen Vergleich zweier Zeichen grundsätzlich deren Gesamteindruck maßgeblich; insbesondere ist eine zergliedernde Betrachtungsweise zu vermeiden (BGH GRUR 2000, 608, 610 ARD-1; BGH GRUR 2001, 1161, 1163 CompuNet/ComNET). Jedoch kann einem Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Wirkung zukommen, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt (vgl. BGH GRUR 2000, 233, 234 RAUSCH/ELFI RAUCH; BGH GRUR 2001, 1158, 1160 Dorf MÜNSTERLAND). Kennzeichnungsschwachen Elementen fehlt in der Regel die Eignung, den Gesamteindruck einer Marke zu prägen. Dies gilt auch dann, wenn sie blickfangartig herausgestellt sind (vgl. BGH GRUR 1990, 681, 684 Schwarzer Krauser, BGH GRUR 1992, 203, 205 Roter mit Genever, BGH GRUR 1998, 927, 928 COMPO-SANA).
Bei dem Zeichenteil "Tropical" in der angegriffenen Marke handelt es sich in Bezug auf die eingetragenen Waren und Dienstleistungen um einen beschreibenden Begriff, der auf eine bestimmte tropische Geschmacksrichtung der Getränke bzw. auf ein tropisches Ambiente oder Angebot bei den Dienstleistungen hinweist. Eine prägende Wirkung kommt diesem Bestandteil daher nicht zu. Durch die größenmäßige Herausstellung gegenüber den Wortelementen "Jörg Bade" ergibt sich keine andere Betrachtungsweise. Selbständig kollisionsbegründend wäre der Zeichenteil "Tropical" nur dann, wenn er kennzeichenmäßig nach Art einer Marke hervorgehoben wäre und der Verkehr darin nicht mehr nur den bloßen Sachhinweis, sondern auch ein betriebliches Herkunftskennzeichen erkennen würde. Insbesondere wäre dies anzunehmen, wenn ein Begriff beachtlichen Teilen des Verkehrs unbekannt wäre und deshalb als reines Fantasiewort aufgefasst würde (BGH GRUR 1998, 930, 931 Fläminger/Fälinger).
Da aber der Begriff "Tropical" in Bezug auf die eingetragenen Waren bzw. Dienstleistungen ohne weiteres in seiner beschreibenden Bedeutung erkannt wird, liegt die Annahme eines Herkunftshinweises durch die angesprochenen Verkehrskreise fern. Es ist davon auszugehen, dass für nicht nur unbeachtliche Teile des Verkehrs der Namenszug "Jörg Bade" - obwohl es sich um eine Firmenbezeichnung handelt, die die Aufmerksamkeit eher auf eine vorhandene Produktkennzeichnung lenkt - eine zusätzliche Unterscheidungshilfe darstellt, weshalb der allein prägende Charakter des weiteren Bestandteils "Tropical" zu verneinen ist.
Selbst wenn in Teilen des Verkehrs der Namenszug "Jörg Bade" bei der Benennung vernachlässigt und der Zeichenbestandteil "Tropical" in der jüngeren Marke herausgegriffen wird, ist der zusätzliche Endkonsonant "l" im Zeichenteil der angegriffenen Marke geeignet, eine klangliche Verwechslungsgefahr auszuschließen. Wie bereits dargestellt, erscheint die Widerspruchsmarke "Tropica" nämlich aufgrund der engen Anlehnung an die beschreibende Angabe "Tropical" als kennzeichnungsschwach, sodass bereits kleine Unterschiede geeignet sind, klangliche Verwechslungen auszuschließen. Bei einer Marke, die nur sehr geringfügig von einer beschreibenden Angabe abweicht, beschränkt sich der Schutzbereich auf die konkrete Abwandlung, so dass kein Verbietungsrecht gegenüber dem beschreibenden Begriff selbst hergeleitet werden kann (vgl. Ströbele/Hacker, a. a .O., § 9 Rdnr. 323; BGH GRUR 2002, 68, 69 COMFORT HOTEL).
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr scheidet demnach aus. Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Beschwerde konnte mithin keinen Erfolg haben.
III Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.
BPatG:
Beschluss v. 10.05.2006
Az: 26 W (pat) 268/03
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