Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Januar 2011
Aktenzeichen: 25 W (pat) 219/09
(BPatG: Beschluss v. 13.01.2011, Az.: 25 W (pat) 219/09)
Tenor
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung Eclairist am 1. August 2006 für die Waren
"Zuckerwaren; Schokolade; Schokoladewaren"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Nach vorheriger Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG ist die Anmeldung durch zwei Beschlüsse der Markenstelle für die Klasse 30 des Deutschen Patentund Markenamtes vom 13. Juni 2008 und 7. September 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen worden, weil der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren bereits das absolute Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe.
Die Markenstelle ist der Auffassung, dass es sich bei "Eclair" um einen allgemein bekannten Begriff handele, der eine Backware bezeichne, die zwischen der oberen und unteren Hälfte mit einer Füllung versehen sei und die über eine charakteristische längliche Form verfüge. In Bezug auf die beanspruchten Zuckerund Schokoladenwaren weise der Begriff lediglich darauf hin, dass diese in Form eines Eclairs angeboten werde. Ein solches Verkehrsverständnis sei naheliegend, da gerade im Bereich der Süß-, Zuckerund Schokoladenwaren vielfältige Formen, Farben und Gestaltungen existierten. Die Form eines Eclairs stelle daher für den Verkehr eine naheliegende und keineswegs ungewöhnliche Gestaltung dar, so dass sich die Bezeichnung in einem Hinweis auf die Formgestaltung erschöpfe. Unter den Oberbegriff "Schokoladenwaren" fielen zudem auch Eclairs in Form von (gefüllten) Backwaren mit einem hohen Schokoladenanteil.
Dagegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde.
Sie beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle vom 13. Juni 2008 und vom 7. September 2009 aufzuheben.
Sie hält die angemeldete Marke für schutzfähig. Weder stünde ihr das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen noch fehle für die beanspruchten Waren die notwendige Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. "Eclair" sei zwar für die -vorliegend nicht relevanten -Backwaren, nicht aber für die in Rede stehenden Waren "Zuckerwaren, Schokolade, Schokoladenwaren" beschreibend und freihaltebedürftig. Der Verkehr verbinde nämlich mit "Eclair" keine bestimmte Form, sondern erwarte eine Backware mit bestimmten Zutaten und Eigenschaften. Die äußere Form eines eclairs habe nichts charakteristisches an sich, sie eigne sich auch nicht als Formbezeichnung und werde daher von dem Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren auch nicht so wahrgenommen. Typisch für ein eclair sei allein die Zutatenkombination sowie das geschmackliche Erlebnis von Teig und Füllung. "Eclair" werde daher bei "Zuckerwaren, Schokolade, Schokoladenwaren" nicht als Sachangabe für die Form und das Aussehen des Produktes verstanden. Da "eclair" auch in seiner Bedeutung als französisches Wort für "Blitz" bzw. "(kurzer) Augenblick" kein beschreibender Aussagegehalt für die beanspruchten Waren zukomme, sei die angemeldete Bezeichnung daher für diese Waren weder freihaltebedürftig noch könne ihr insoweit eine Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft, § 66 Abs. 1 MarkenG, und auch formund fristgerecht eingelegt, § 66 Abs. 2 MarkenG. Sie ist aber unbegründet.
Die angemeldete Marke stellt eine beschreibende Bezeichnung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar, die auch keine Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 MarkenG.
1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Bestimmung besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 222). Es genügt also, wenn die angemeldete Marke in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 199, 723, Tz. 31 -Chiemsee; EUGH GRUR 2004, 674, Tz. 56 -Postkantoor). Dabei können Bestimmungsangaben allgemeiner Art sein oder sich auf einzelne Bestimmungen beziehen, wie z. B. Abnehmerkreise, Verwendungszweck, Vertriebsund Erbringungsart, -ort oder -zeit usw. (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 271 m. Rspr.nachw.). Nicht erforderlich ist, dass die Waren und Dienstleistungen ausschließlich für den betreffenden Zweck bestimmt sind, vielmehr genügt, wenn dieser neben anderen in Betracht kommt (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 271).
Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 29 -Chiemsee; EuGH GRUR 2006, 411, Tz. 24 -Matrazen Concord). Dabei kommt es in erster Linie auf die aktuellen Verhältnisse in dem Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an, jedoch ist auch die Berücksichtung des Allgemeininteresses an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren künftig beschreibende Verwendung zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 35 -Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 56 -Postkanoor). Ist die Eignung der angemeldeten Marke für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 30 -Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 16, Tz. 32 -DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 98 -Postkantoor).
Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht die Bezeichnung "Eclair" ausschließlich aus Angaben, welche geeignet sind, Merkmale der vorliegend beanspruchten Waren "Zuckerwaren; Schokolade; Schokoladenwaren" zu beschreiben und zwar die Art der Ware, die Bestimmung (Verwendungszweck) und die Form.
In Bezug auf "Zuckerwaren" kann der Begriff "Eclair", der eine längliche, gefüllte und mit Glasur überzogene Backware aus Brandteig bezeichnet (s. Dr. Oetker, Lebensmittel-Lexikon, 4. Aufl., 2004, S. 201), als Hinweis auf den Verwendungszweck der Waren verstanden werden, da unter diesen Warenoberbegriff auch Füllungs-, Glasuroder Konfektmassen sowie Schichten, Überzüge oder Füllungen von Süßwaren oder feinen Backwaren fallen (s. Dr. Oetker, Lebensmittel-Lexikon, S. 901). Dies gilt gleichermaßen für "Schokolade", die ebenfalls speziell für eine Verwendung bei "Eclairs" bestimmt sein kann. Denn "Eclairs" sind Süßwaren, die, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, mit einem hohen Schokoladenanteil versehen sein können, sei es als Füllung oder als Glasur (s. dazu auch die mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung an die Anmelderin in der Anlage 2 übermittelten Belege, Bl. 55 -58 d. A.). "Eclairs" können unter den Warenoberbegriff der "Schokoladenwaren" fallen. Damit erklärt "Eclair" die Art der Ware selbst.
Zudem eignet sich die Bezeichnung "Eclair" neben derjenigen für die Beschaffenheit des Produkts (Brandteig mit Füllung) im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren auch als Angabe für die Warenform, da der Verkehr mit diesem Begriff auch die charakteristische längliche Form verbindet. Bestimmte Formen sind bei Süßwaren ein weit verbreitetes Gestaltungsmittel, wobei es sich bei der Form eines "Eclairs" um eine naheliegende, prägnante und vor allem mit geringem Aufwand herzustellende Produktgestaltung bei "Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladenwaren" handelt. Der Verkehr, insbesondere der Endverbraucher dieser Produkte, wird daher die Bezeichnung "Eclair", die in Deutschland auch als Liebesknochen bezeichnet wird, als Hinweis auch auf die Form dieser Waren verstehen, die sich in die üblichen Gestaltungsformen für Süßwaren einreiht. Ein solches Verständnis des Verkehrs ergibt sich des weiteren daraus, dass neben der Anmelderin weitere Mitbewerber Produkte wie z. B. (Karamell)Toffees oder Bonbons in der Form eines "Eclairs" anbieten (s. dazu die mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung an die Anmelderin in Anlage 1 übermittelten Belege, Bl. 40 -54 d. A.).
Nach alldem wird der Verkehr ohne vertiefte, analysierende Betrachtungsweise bezüglich der beanspruchten Waren "Zuckerwaren, Schokolade, Schokoladenwaren" bei der Bezeichnung "Eclair" ohne weiteres auf die Bestimmung und/oder die Form dieser Süßwaren schließen und damit in diesem Begriff lediglich eine Merkmale dieser Waren unmittelbar beschreibende, freihaltebedürftige Sachangabe erkennen, zumal es sich dabei angesichts der mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung an die Anmelderin übermittelten Belege um keinen ungewöhnlichen oder besonders phantasievollen, sondern um einen allgemein bekannten Begriff, handelt. Der angemeldeten Marke steht daher das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
2.
Da die Bezeichnung "Eclair" die genannten Waren bzw. die Bestimmung dieser Waren aus den vorgenannten Gründen in naheliegender und im Vordergrund stehender Weise beschreibt, wird der Verkehr in dieser Bezeichnung auch keinen betrieblichen Herkunftshinweis für diese Waren erkennen. Daher steht der angemeldeten Marke insoweit auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
3.
Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Die Anmelderin hat ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 69 Nr. 1 MarkenG) zurückgenommen. Der Senat hat eine mündliche Verhandlung auch nicht als sachdienlich angesehen (§ 69 Nr. 3 MarkenG), zumal auch keine Tatoder Rechtsfragen klärungsoder erörterungsbedürftig erscheinen. Auf den Hinweis des Senats bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin inhaltlich nicht mehr Stellung genommen.
Knoll Metternich Grote-Bittner Hu
BPatG:
Beschluss v. 13.01.2011
Az: 25 W (pat) 219/09
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