Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. September 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 149/00
(BPatG: Beschluss v. 04.09.2001, Az.: 27 W (pat) 149/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Als Anmeldemarke eingetragen, ua für "Schuhe und Bekleidungsstücke, Accessoires für Bekleidungsstücke, nämlich Gürtel, Halstücher; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 18 enthalten); Accessoires für Bekleidungsstücke, nämlich Taschen)", ist die Darstellung Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der ("farbig", nämlich in verschiedenen Grautönen registrierten) Marke 2 084 686 die für "Ober- und Unterbekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder, ...; ... Schuhwaren, ...; Lederwaren, nämlich Gürtel, Taschen, Geldbörsen, Brieftaschen aus Leder und Lederimitationen" Schutz genießt. Der Widerspruch richtet sich nur gegen die oben genannten Waren der Anmeldemarke.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Patentamts hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die Erstprüferin hat zur Begründung ausgeführt, daß trotz teilweise identischer und wirtschaftlich sehr nahestehender Waren keine ausreichende Markenähnlichkeit bestehe. Die Vergleichsmarken seien in ihrer Gesamtheit in jeder Hinsicht klar verschieden; dies gelte auch für ihre Wortbestandteile. Die Erinnerungsprüferin hat sich auf diese Ausführungen bezogen, nachdem die Erinnerung nicht begründet worden war.
Gegen den Erinnerungsbeschluß hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Sie macht zunächst eine Reihe sehr allgemeiner Ausführungen über die markenrechtliche Verwechslungsgefahr und verweist sodann auf die Gleichheit der einander gegenüberstehenden Waren und die sonach anzulegenden strengen Maßstäbe. Zwar seien wohl klangliche Verwechslungen der Markenwörter "Alp" und "Alphorn" kaum zu erwarten; allerdings könne schon insoweit aufgrund des gemeinsamen Bestandteils "Alp" ein gedankliches Inverbindungbringen nicht ausgeschlossen werden. Hochgradige Ähnlichkeit sei insbesondere bei einem Vergleich der Bildwirkung beider Marken festzustellen: In ihrem Zentrum stehe jeweils ein Alphorn, wobei das Wort "Alp" in der jüngeren Marke (das es "als solches" nicht gebe) sinnfälligerweise zu "Alphorn" ergänzt werde; dies führe auch zu einer Verwechslungsgefahr dem Sinngehalt nach.
Die Markeninhaberin hat sich nicht geäußert.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde mußte in der Sache erfolglos bleiben, da eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht gegeben ist.
Zwar sind die einander gegenüberstehenden Waren weitgehend gleich oder doch unbedenklich ähnlich. Der Widerspruchsmarke kommt - wenn sie insgesamt vielleicht auch als indirekter Hinweis auf Trachtenbekleidung verstanden werden kann - eine normale Kennzeichnungskraft zu. Trotz insoweit anzulegender strenger Maßstäbe ist das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr jedoch zu verneinen.
Auch wenn die Vergleichsmarken einige Gemeinsamkeiten aufweisen, unterscheiden sie sich hinlänglich im Gesamteindruck, was keiner näheren Darlegung bedarf. Aber auch relevante Markenverwechslungen aufgrund einzelner Bestandteile sind weder in unmittelbarer noch in mittelbarer Hinsicht zu erwarten.
Die Widerspruchsmarke enthält das deutlich hervorgehobene und beherrschende Wort "Alphorn", das sich (wie bei Wort-Bild-Marken üblich, vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 194) als einfachste Bezeichnungsform anbietet. In den Wortbestandteilen der jüngeren Marke hat dieses Wort keine Entsprechung. Sie wird vom Verkehr regelmäßig mit den in ihr enthaltenen Wörtern "Alp COL-LECTION" (eventuell auch nur "Alp") benannt werden. Ein zwingender Anlaß, das Wort "Alp" zu "Alphorn" zu ergänzen, wie dies die Widersprechende meint, besteht nicht. Zum einen ist der Verkehr geneigt, Marken so hinzunehmen, wie sie ihm begegnen, dh also auch darin enthaltene Wörter (auch und gerade wenn es Phantasiewörter sein sollten) so zu verwenden, wie sie auftreten. Zum andern gibt es selbstverständlich das Wort "Alp" im Deutschen und zwar nicht nur als Vorsilbe (vgl zB Duden, Rechtschreibung, 20. Aufl, S 101), so daß der Verkehr keineswegs zum "Weiterlesen" unter Verwendung des Bildteils genötigt wird, wie dies die Widersprechende vorträgt. Im übrigen ist es höchst zweifelhaft, ob der Verkehr das graphische Gebilde, in dem das Wort "Alp" enthalten ist, überhaupt (spontan) als Alphorn erkennt. Ein solches Instrument sieht üblicherweise ganz anders aus als jenes graphische Element in der Anmeldemarke (vgl hierzu die Darstellung des Alphorns in der Marke der Widersprechenden; außerdem entsprechende Wiedergaben in Lexika, zB Meyers enzyklopädisches Lexikon, Bd 1, S 798 oder Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl, 1. Bd, S 414 usw). Aber auch wenn man nicht ausschließen will, daß noch beachtliche Verkehrskreise nach einigem Überlegen dieses Bildelement als Alphorn bezeichnen könnten, besteht in keiner Weise ein (sich aufdrängender) Anlaß, die jüngere Marke insgesamt mit "Alphorn" zu benennen. Klangliche Verwechslungen scheiden sonach aus. Für begriffliche Verwechslungen besteht schon deshalb kein Grund, weil sich für die jüngere Marke, wie gesagt, eine solche Benennung nicht aufdrängt, die andererseits auch keineswegs eine erschöpfende Bezeichnung dafür wäre (vgl Althammer/Ströbele aaO Rdn 117). Wenn überhaupt, dann wäre hier allenfalls an mittelbare Verwechslungen zu denken, falls etwa der Verkehr in beachtlichem Umfang der Meinung sein könnte, daß Wort, Bild oder Begriff eines Alphorns sozusagen "Stammbestandteil" beider Vergleichsmarken sei. Das ist wegen der konkreten Verhältnisse im vorliegenden Fall jedoch nicht zu erwarten. Es mag zwar sein, daß dem Wort "Alphorn" wie auch seiner bildlichen Darstellung eine normale Kennzeichnungskraft zukommt, beides also - von daher gesehen - als Serienzeichen-Stammbestandteil nicht von vornherein ungeeignet ist. Nun enthält aber die angegriffene Marke ganz ersichtlich nicht das Wort "Alphorn" (und schon gar nicht in einer Schreibweise, die vielleicht spontan an die Widerspruchsmarke denken ließe). Sie enthält andererseits aber auch nicht eine bildliche Darstellung eines Alphorns, die in irgendeiner Weise mit der in der Widerspruchsmarke enthaltenen Wiedergabe auch nur charakteristische Ähnlichkeiten aufwiese, ganz zu schweigen von einer für Serienzeichen-Stammbestandteile üblicherweise zu fordernden Identität (vgl Althammer/Ströbele aaO Rdn 210 ff).
Schließlich führt auch nicht das Vorkommen des Wortes bzw Wortteiles "Alp" in beiden Marken zu einer mittelbaren Verwechslungsgefahr, da es hier einerseits nicht den Charakter eines markenrechtlichen Stammbestandteils aufweist, andererseits aber auch nicht jegliche mögliche gedankliche Assoziation - so sie hier überhaupt in beachtlichem Umfang stattfinden sollte - gleich zu mittelbaren Verwechslungen führt (vgl Althammer/Ströbele aaO Rdn 206). Abgesehen davon fordert ein Verwechseln aufgrund gedanklichen Inverbindungbringens ein besonderes gedankliches Eingehen auf die Vergleichsmarken; dabei wird dem Verkehr der insgesamt völlig unterschiedliche Charakter der Vergleichszeichen um so bewußter werden, so daß es für ihn fernliegt, hier an zwei Marken eines einzigen Unternehmens zu denken.
Die Beschwerde war sonach zurückzuweisen.
Wegen der Kosten wird auf § 71 Abs 1 MarkenG verwiesen.
BPatG:
Beschluss v. 04.09.2001
Az: 27 W (pat) 149/00
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