Verwaltungsgericht Hamburg:
Urteil vom 21. Oktober 2010
Aktenzeichen: 3 K 2796/09
(VG Hamburg: Urteil v. 21.10.2010, Az.: 3 K 2796/09)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er nicht zur Zahlung von Rundfunkgebühren verpflichtet ist sowie die Erstattung der von ihm gezahlten Rundfunkgebühren.
Der Kläger ist seit April 2007 mit einem Radio und einem Fernsehgerät als Rundfunkteilnehmer (Nr. ...) bei dem Beklagten bzw. der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) gemeldet. In der Zeit von April 2007 bis einschließlich September 2010 zahlte der Kläger Rundfunkgebühren in Höhe von insgesamt EUR 501,47. Mit Schreiben vom 09. Juni 2009 forderte der Kläger den Beklagten auf, die bereits gezahlten Rundfunkgebühren zu erstatten. Mit Schreiben vom 26. Juni 2006 lehnte der Beklagte die Erstattung der gezahlten Rundfunkgebühren ab. Der Kläger sei nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag verpflichtet, für das Bereithalten von Rundfunkempfangsgeräten Gebühren zu zahlen.
Der Kläger hat am 17. September 2009 Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover erhoben. Durch Beschluss vom 08. Oktober 2009 hat dieses die Klage an das Verwaltungsgericht Hamburg verwiesen. Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor: Er sei nicht verpflichtet, für die von ihm bereit gehaltenen Empfangsgeräte Rundfunkgebühren zu zahlen. Die Regelung in § 2 RGebStV verstoße gegen höherrangiges Europa- und Verfassungsrecht. Die Gebührenpflicht verletzte die durch Art. 56 ff. AEUV (ex Art. 49 ff. EGV) garantierte Dienstleistungsfreiheit. Der Rundfunk sei eine Dienstleistung im Sinne dieser Vorschrift. Durch die Rundfunkgebühr, die ausschließlich den inländischen Rundfunkveranstaltern zugute komme, werde die Dienstleistungsfreiheit der in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Rundfunkveranstalter unverhältnismäßig beschränkt. Zwar sehe das Protokoll Nr. 29 über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten vor, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch Abgaben finanziert werden könne. Das gelte nach dem Protokoll Nr. 29 aber nur, sofern die Finanzierung den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten diene. Das sei nicht der Fall, weil die Programmgestaltung und Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten qualitativ unzulänglich und einseitig sei und damit die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags verletze. So werde das Gebot, Kommentare und Berichterstattung deutlich zu trennen (§ 10 Abs. 1 Satz 4 RStV) missachtet. Auch werde die Regelung in § 41 Abs. 2 RStV verletzt, wonach die Meinungsvielfalt in den Programmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abzubilden sei. Der fehlende Pluralismus spiegle sich insbesondere in der Zusammensetzung der Rundfunkräte und bei der Bestimmung der Intendanten wieder. Die Gebührenpflicht sei auch verfassungswidrig. Sie verletze € in ihrer jetzigen Ausgestaltung € die Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) und die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Die Erhebung von Rundfunkgebühren sei nicht erforderlich. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk können über Steuern finanziert werden. Auch bestehe die Möglichkeit, die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Pay-TV oder Pay-per-View anzubieten. Schließlich könne der öffentlich-rechtliche Rundfunk, wie derzeit diskutiert, über eine Haushaltsabgabe finanziert werden. Bei einer solchen Gestaltung entfalle die Möglichkeit des €Schwarzsehens€; die Kosten könnten damit faktisch auf eine größere Anzahl von Personen umgelegt werden. Die Pro-Kopf-Belastung werde auf diese Weise voraussichtlich um ein Drittel gesenkt. Die Gebühreneinzugszentrale werde dadurch überflüssig und damit zugleich die Akzeptanz des Finanzierungssystems insgesamt erhöht. Die Rundfunkgebühr verletze auch das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Rundfunkgebühr knüpfe an das bloße Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts an. Damit werde ein Teilnehmer, der das Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten selbst nicht nutze, ohne sachlichen Grund anders behandelt als jemand, der kein Rundfunkempfangsgerät besitze. In beiden Fällen werde das Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Sender nicht genutzt. Eine unzulässige Ungleichbehandlung folge auch daraus, dass die Möglichkeit, öffentlich-rechtliche Programmangebote im Internet zu empfangen, jedenfalls teilweise gebührenfrei sei, während für die Nutzung in Radio und Fernsehen jederzeit Rundfunkgebühren anfielen. Schließlich würden die Rundfunkgebühren nicht zweckentsprechend verwendet. So werde ein Teil der Rundfunkgebühren für den Internet-Auftritt der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten genutzt. Auch die erheblichen Gagen von Mitarbeitern der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Unterhaltungsbereich seien nicht gerechtfertigt. Da § 2 RGebStV somit nichtig sei und deshalb keine Rundfunkgebührenpflicht bestehe, seien die bereits gezahlten Gebühren nach § 7 Abs. 4 RGebStV zu erstatten.
Der Kläger beantragt,
1) festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, für die von ihm zum Empfang bereit gehaltenen Rundfunkempfangsgeräte Rundfunkgebühren zu zahlen;
2) den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die in der Zeit vom 01. April 2007 bis einschließlich 30. September 2010 gezahlten Rundfunkgebühren in Höhe von EUR 501,47 zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei bereits unzulässig. Der Kläger müsse mit der Anfechtungsklage gegen die jeweiligen Gebührenbescheide vorgehen. Die geforderte Rückerstattung der Rundfunkgebühren setze voraus, dass der Rechtsgrund der Zahlung € dies seien die jeweiligen Gebührenbescheide € entfalle. Die Klage sei auch unbegründet. Der Kläger sei nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV verpflichtet, für die von ihm zum Empfang bereit gehaltenen Rundfunkempfangsgeräte Gebühren zu zahlen. Auf die konkrete Nutzung komme es nicht an. § 2 RGebStV verstoße nicht gegen Europa- und Verfassungsrecht. Ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV) liege nicht vor. Das Protokoll Nr. 29 über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten erkenne die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Gebühren ausdrücklich an. Art. 3 Abs. 1 GG sei ebenfalls nicht verletzt. Eine willkürliche Ungleichbehandlung liege nicht vor. Der Kläger habe € anders als ein Dritter, der keine Rundfunkempfangsgeräte bereit halte € jederzeit die Möglichkeit, das Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Sender umfassend zu nutzen. Diese Nutzungsmöglichkeit stelle einen rechtserheblichen Vorteil dar. Auch die Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) werde nicht verletzt. Die Vorschriften zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seien Ausgestaltungsregelungen, die keinen Grundrechtseingriff enthielten und deshalb keiner weiteren Rechtfertigung bedürften. Im Übrigen könne dem Grundversorgungsauftrag nur durch die Erhebung von Rundfunkgebühren Rechnung getragen werden. Zu diesem Auftrag zähle auch die Berichterstattung über regionale Ereignisse. Im Übrigen schütze Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich nicht vor finanziellen Belastungen für die Inanspruchnahme einer Informationsquelle, so dass auch insoweit kein Eingriff vorliege. Unabhängig davon seien die von dem Kläger genannten alternativen Finanzierungsmöglichkeiten (Pay-TV, Pay-per-View) nicht geeignet, die allgemeine Erreichbarkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit die Grundversorgung zu gewährleisten. Schließlich werde auch Art. 2 Abs. 1 GG nicht verletzt. Auch insoweit gelte, dass die Vorschriften zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bloße Ausgestaltungsregelungen seien.
Durch Beschluss vom 22. September 2010 hat die Kammer den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Sachakte des Beklagten und auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Gründe
I.
Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Einzelrichter anstelle der Kammer, § 6 Abs. 1 VwGO.
II.
Die Klage ist zulässig.
Der Antrag zu 1) ist statthaft als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass zwischen ihm und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung, durch die der Kläger verpflichtet wird, für das Bereithalten seines Radios und seines Fernsehgeräts Rundfunkgebühren zu zahlen, nicht besteht. Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO ergibt sich dabei schon aus der wirtschaftlichen Belastung, die mit der laufenden Erhebung der Rundfunkgebühren verbunden ist. Der Feststellungsklage steht vorliegend nicht der in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO geregelte Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Danach kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann. Gestaltungs- und Leistungsklage sind allerdings nur dann vorrangig, wenn diese gleich wirksamen Rechtsschutz wie die Feststellungsklage bieten (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 43 Rn. 29 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Zwar steht dem Rundfunkteilnehmer regelmäßig die Möglichkeit der Anfechtungsklage offen. Dieser kann die Zahlung zunächst verweigern, den Erlass eines Gebührenbescheids zur Festsetzung rückständiger Rundfunkgebühren abwarten (vgl. § 7 Abs. 5 und 6 RGebStV) und diesen Bescheid nach erfolglosem Widerspruch mit der Anfechtungsklage angreifen. Dieses Vorgehen bietet aber jedenfalls dann nicht den gleich effektiven und prozessökonomischen Rechtsschutz wie die Feststellungsklage, wenn die Rundfunkgebührenpflicht nicht nur für einen bestimmten Zeitraum, für bestimmte Geräte oder für eine bestimmte Anzahl von Geräten, sondern € wie hier € aus rechtlichen Gründen generell bestritten wird. In diesem Fall müsste der Rundfunkteilnehmer jeden der € im Regelfall für ein Quartal erlassenen € Rundfunkgebührenbescheide mit einem Widerspruch und danach mit der Anfechtungsklage angreifen, um die bestandskräftige Festsetzung der Rundfunkgebühren zu verhindern. Der Rundfunkteilnehmer wäre in diesem Fall gehalten, mehrere Widerspruchsverfahren und gegebenenfalls mehrere Anfechtungsprozesse zu führen, um die grundsätzliche Klärung seiner Gebührenpflicht zu erreichen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 43 Rn. 29 m.w.N.). Weiter ist zu beachten, dass der Beklagte die Rundfunkgebühren nicht in jedem Fall durch einen rechtsmittelfähigen Bescheid festsetzt, sondern diesen nur für rückständige Gebührenforderungen erlässt. Dieses Verfahren kann dazu führen, dass ein Rundfunkteilnehmer, der, wie der Kläger, die streitige Gebühr zunächst unter Vorbehalt und mit Blick auf ein drohendes Ordnungswidrigkeiten-Verfahren (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 RGebStV) zahlt, regelmäßig keinen rechtsmittelfähigen Gebührenbescheid erhalten wird. Auch in diesem Fall muss der Kläger gegen die aus seiner Sicht rechtswidrige Rundfunkgebühr vorgehen können. Auch die insoweit in Betracht kommende Leistungsklage auf Erstattung gezahlter Rundfunkgebühren bietet dem Kläger vorliegend nicht den gleich effektiven Rechtsschutz wie die Feststellungsklage. Zum einen ist der Antrag zu 1) im Kern darauf gerichtet festzustellen, dass eine Rundfunkgebührenpflicht nicht besteht. Diese Feststellung bildet nur eine Vorfrage einer Leistungsklage auf Erstattung gezahlter Gebühren (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 43 Rn. 29 m.w.N.). Zum anderen begehrt der Kläger nicht nur die Erstattung der in der Vergangenheit gezahlten Rundfunkgebühren. Er will vielmehr festgestellt wissen, generell und damit auch für die Zukunft nicht zur Zahlung von Rundfunkgebühren verpflichtet zu sein.
Der Antrag zu 2), mit dem der Kläger die Erstattung der bereits gezahlten Rundfunkgebühren verlangt, ist als allgemeine Leistungsklage statthaft.
III.
Der Antrag zu 1) ist unbegründet. Der Kläger ist verpflichtet, für die von ihm zum Empfang bereit gehaltenen Rundfunkempfangsgeräte die Rundfunkgebühr in Höhe von derzeit monatlich EUR 17,98 zu zahlen.
Der Beklagte kann die von dem Kläger der Höhe nach nicht beanstandete Gebührenforderung auf § 13 Abs. 2 RStV i.V.m. §§ 2 Abs. 2, 4 Abs. 1 und 2, 7 Abs. 5 RGebStV stützen. Der Kläger hat von April 2007 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Rundfunkempfangsgeräte (§ 1 Abs. 1 RGebStV) als Rundfunkteilnehmer (§ 1 Abs. 3 RGebStV) zum Empfang bereitgehalten. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV wird ein Rundfunkempfangsgerät bereit gehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunk, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen werden kann. Das ist hier der Fall. Der Kläger hält € unstreitig € ein empfangsbereites Radio und Fernsehgerät in seiner Wohnung bereit. Soweit der Kläger vorträgt, das Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht mehr und nur noch das Programm ausländischer bzw. privater Sender zu nutzen, steht das der Gebührenpflicht entgegen. Die Rundfunkgebühr knüpft nach §§ 2 Abs. 2, 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 RGebStV nicht an die tatsächliche Nutzung bestimmter Rundfunkleistungen, sondern an die mögliche Nutzung des Rundfunkempfangs an (OVG Hamburg, Urt. v. 18.12.2008, 4 Bf 337/07, Juris Rn. 23 m.w.N.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 04.11.2004, 12 A 11402/04, Juris Rn. 16).
Die Regelungen in § 13 Abs. 2 RStV und § 2 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 RGebStV verstoßen nicht gegen vorrangige Vorschriften des Verfassungs- oder Europarechts.
1. Die allgemeine Handlungsfreiheit in Art. 2 Abs. 1 GG, auf die der Kläger sich maßgeblich stützt, wird durch die Gebührenpflicht nach §§ 2 Abs. 2, 1 Abs. 2 RGebStV nicht verletzt (BVerfG, Urt. v. 06.09.1999, 1 BvR 1013/99, Juris Rn. 13 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht Hamburg hat in der Entscheidung vom 05. Oktober 2009 (7 K 1256/07; Berufungszulassung abgelehnt durch OVG Hamburg, Beschl. v. 11.10.2010, 4 Bf 366/09.Z), der das Gericht folgt, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Vereinbarkeit der Rundfunkgebührenpflicht mit Art. 2 Abs. 1 GG dargelegt. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat dazu ausgeführt:
€aa) Art. 2 Abs. 1 GG schützt die allgemeine Handlungsfreiheit im umfassenden Sinne (BVerfG, Beschl. v. 26.10.2005, BVerfGE 114, 371 (383)). Die Heranziehung zu Rundfunkgebühren greift in diesen Schutzbereich ein, ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die Auferlegung von Rundfunkgebühren durch den Gebührenbescheid genügt den Schrankenanforderungen des Art. 2 Abs. 1 GG 'verfassungsmäßige Ordnung'. Unter die verfassungsmäßige Ordnung sind alle formell und materiell verfassungsgemäßen Gesetze zu zählen. Der Gebührenbescheid ist auf Grundlage von § 2 Abs. 2 RGebStV ergangen. Diese Norm ist verfassungsgemäß, insbesondere verhältnismäßig.
(aaa) Zweck der Vorschrift ist es, den sog. Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern. Unter dem Grundversorgungsauftrag ist der klassische Auftrag des Rundfunks zu sehen, der nicht nur seine Rolle für die Meinungs- und politische Willensbildung, Unterhaltung und über laufende Berichterstattung hinausgehende Information, sondern auch seine kulturelle Verantwortung umfasst (BVerfG, Beschl. v. 24.3.1987, BVerfGE 74, 297, 326: BVerwG, Urt. v. 9.12.1998, BVerwGE 108, 108 (114f.)) Zur Information im Sinne dieses Auftrags, der im Rundfunksystem insgesamt erfüllt werden muss, gehört 'die gegenständlich uneingeschränkte Information über alle Lebensbereiche unter Zugrundelegung publizistischer Kriterien' (BVerfG, Urt. v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 257; BVerwG, Urt. v. 9.12.1998, BVerwGE 108, 108 (115)). Wegen seiner für das demokratische Gemeinwesen integrativen Funktion hat sich die Wahrnehmung dieses Grundversorgungsauftrags nicht nur an den Interessen der Mehrheit oder denen der für die Werbewirtschaft interessanten Konsumenten zu orientieren. Er bezieht sich vielmehr auf alle Bevölkerungsgruppen und Altersklassen, also auch und gerade auf diejenigen, deren Interessen von den privaten Medien sonst eher vernachlässigt werden (BVerwG, Urt. v. 9.12.1998, BVerwGE 108, 108 (115)).
Diesen Grundversorgungsauftrag hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch im streitgegenständlichen Zeitraum wahrgenommen. So hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk Sendungen ausgestrahlt, die dem Zuhörer/Zuschauer uneingeschränkte Information über alle Lebensbereiche unter Zugrundelegung publizistischer Kriterien darboten. Dies hat der Kläger auch nicht ernsthaft bestritten [...].
Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass die höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung die Erhebung der Rundfunkgebühr wiederholt unter Gesichtspunkten der Rundfunkverfassung geprüft und insoweit als gerechtfertigt angesehen hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 22.2.1994, BVerfGE 90, 60ff.; BVerwG, Urt. v. 9.12.1998, BVerwGE 108, 108ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat dies zuletzt in seiner Entscheidung von 2007 bestätigt (BVerfG, Urt. v. 11.9.2007, BVerfGE 119, 181ff.).
(bbb) Zur Sicherung des Grundversorgungsauftrags ist die Auferlegung von Gebühren geeignet, weil sie diesen Zweck fördert. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf der Grundlage des Gebührenaufkommens soll nämlich eine weitgehende Abkoppelung vom ökonomischen Markt bewirken und dadurch sichern, dass sich das Programm an publizistischen Zielen, insbesondere an dem der Vielfalt, orientiere, und zwar unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen (BVerfG, Urt. v. 11.9.2007, BVerfGE 119, 181 (219)).
(ccc) Ein milderes gleich geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Erhebung von Steuern ist kein solches milderes Mittel. Der Kläger macht hierzu € allerdings unsubstantiiert € geltend, die Abgabenbelastung wäre für den einzelnen niedriger, wenn der Rundfunk über eine Steuer finanziert würde, weil diese Steuer über die bestehende Steuerverwaltung abgewickelt werden könnte. Es ist in keiner Weise ersichtlich, dass die Abwicklung über die Steuerverwaltung weniger Kosten verursachen und dadurch zur einer Abgabensenkung bei dem einzelnen Rundfunkteilnehmer führen würde.
(ddd) Schließlich ist die Norm zur Erfüllung des Grundversorgungsauftrags auch angemessen. Allenfalls könnte die geltend gemachte privatwirtschaftliche Betätigung der Rundfunkanstalten die Frage der Berechtigung der Gebühr der Höhe nach aufwerfen. Jedoch ist für das Gericht nicht ersichtlich, warum die verfassungsrechtlich einem besonderen unabhängigen Gremium vorbehaltene Prüfung der Gebührenkalkulation und deren Kontrolle durch die Landesregierungen bei Erhöhungsverlangen nicht ausreichen sollte, um zu klären, dass die € notwendig auch prognostische € Gebührenkalkulation verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt. So prüft die sog. Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) den Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und empfiehlt den Landesparlamenten sodann die Festsetzung von Rundfunkgebühren. Dass dieses Verfahren verfassungsgemäß ist, hat auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt (BVerfG, Urt. v. 11.9.2007, BVerfGE 119, 181 (224f.)).€
Der Verweis des Klägers auf andere Möglichkeiten der Finanzierung (Pay-TV bzw. Pay-per-View oder Steuerfinanzierung) führt zu keiner anderen Bewertung. Dabei kann offen bleiben, ob es verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als codiertes Bezahlfernsehen (Pay-TV oder Pay-per-View) zu betreiben oder diesen (ausschließlich) über Steuern zu finanzieren. Der Gesetzgeber besitzt bei der gesetzlichen Ausgestaltung der Finanzierung jedenfalls einen weiten Einschätzungsspielraum (vgl. BVerfG, Urt. v. 06.10.1992, 1 BvR 1586/89, 1 BvR 487/92, Juris Rn. 71, BVerfGE 87, 181 ff.). Er ist nicht auf ein bestimmtes Finanzierungskonzept festgelegt. Das Verfassungsrecht gebietet nicht, von der Gebühren- bzw. Beitragsfinanzierung in der derzeitigen Form abzurücken und eine Finanzierung einzuführen, die entweder an die konkrete Nutzung eines öffentlich-rechtlichen Programmangebots anknüpft (Pay-TV, Pay-per-View) oder umgekehrt aus dem allgemeinen Steueraufkommen bestritten und damit von der Nutzung des Programmangebots gelöst wird (Steuerfinanzierung). Die alternativen Finanzierungsmöglichkeiten sind € entgegen der Ansicht des Klägers € nicht besser geeignet und weniger belastend als die Gebührenfinanzierung in der derzeitigen Form:
Ein codierter Bezahlrundfunk (Pay-TV bzw. Pay-per-View) ist nicht bzw. nicht gleich geeignet, das Ziel der Grundversorgung sicher zu stellen. Wesensmerkmal der Grundversorgung ist, inhaltlich alle Bevölkerungsgruppen in sämtlichen Regionen ansprechen und erreichen zu können, was wiederum bedingt, technisch für alle empfangbar zu sein. Die Empfangbarkeit muss dabei ohne erheblichen wirtschaftlichen oder technischen Aufwand gewährleistet sein. Eine Verweisung auf eine codierte Verbreitung würde der Universalität dieses Auftrags zuwiderlaufen. Darüber hinaus müsste die Verknüpfung von Codierung und Gebührenerhebung im Ergebnis eine Verdrängung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf das Pay-TV nach sich ziehen. Das wiederum würde letztlich seine Bestands- und Entwicklungsgarantie in Frage stellen (BVerwG, Urt. v. 09.12.1998, 6 C 13/97, Juris Rn. 28 m.w.N.). Darüber hinaus kann das Ziel, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dem wirtschaftlichen Wettbewerbsdruck zu entziehen, eine vorwiegend kommerzielle Ausrichtung zu verhindern und dadurch die Vielfalt des Programmangebots zu sichern (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.09.2007, 1 BvR 2270/07 u.a., Juris Rn. 124, BVerfGE 119, 181 ff.), durch einen Bezahlrundfunk nicht hinreichend gewährleistet werden. Die Erhebung einer Abgabe für die Nutzung bestimmter öffentlich-rechtlicher Sender (Pay-TV) oder bestimmter Sendungen (Pay-per-View) würde die öffentlichen Rundfunkanstalten in besonderer Weise einem Wirtschaftlichkeitsdruck aussetzen. Insbesondere bei der Finanzierung über Pay-per-View würde ein Anreiz geschaffen, solche Programmangebote abzusetzen, die der Grundversorgung und Vielfaltsicherung dienen, aber wenig profitabel sind.
Die Erhebung einer €Rundfunksteuer€ ist ebenfalls nicht gleich geeignet, eine staatsfreie Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten (VG Hamburg, Urt. v. 05.10.2009, 7 K 1256/07). Die Staatsfreiheit der Rundfunkfinanzierung widerspricht einer Abgabenform, die € wie die Steuer € nicht für eine bestimmte Leistung (Nutzungsmöglichkeit des Rundfunks), sondern voraussetzungslos erbracht wird und deren Ertrag nicht von vornherein für Aufgaben der Rundfunkanstalten vorbehalten ist, sondern jährlich vom Parlament bei der Budgetbewilligung in seiner Verwendung überprüft und neu entschieden werden muss (Paul Kirchhof, Gutachten über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, 2010, S. 26 f.). Unabhängig davon ist weder ersichtlich noch von dem Kläger konkret dargelegt worden, dass die Finanzierung über Steuern den einzelnen Teilnehmer bzw. Steuerschuldner finanziell weniger belasten würde. Die Behauptung des Klägers, dass bei einer €Rundfunksteuer€ die finanzielle Belastung des Einzelnen auf mindestens ein Drittel sinke, beruht € wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat € auf einer Vermutung, die nicht durch statistische Erhebungen gestützt wird.
2. Die Rundfunkgebührenpflicht verletzt nicht die Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG.
Die Vorschrift gibt jedermann das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Negativ gewendet schützt Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG das Recht, sich aus den genannten Quellen nicht zu unterrichten. Eine Garantie kostenloser Information enthält Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG nicht. Staatlich festgesetzte Entgelte für die Rundfunknutzung könnten das Grundrecht nur dann verletzen, wenn sie darauf zielen oder wegen ihrer Höhe objektiv dazu geeignet sind, nutzungswillige Interessenten von Informationen aus bestimmten Quellen fernzuhalten, das Entgelt somit prohibitiven Charakter hat (BVerfG, Kammerbeschl. v. 06.09.1999, 1 BvR 1013/99, Juris Rn. 11; Jarass, GG, 10. Auflage 2009, Art. 5 Rn. 16 m.w.N.; a.A. Jutzi, NVwZ 2008, 603, 604 für €staatlich errichtete Zugangshürden€). Es ist weder ersichtlich noch von dem Kläger behauptet, dass die monatliche Rundfunkgebühr diesem den Zugang zu Informationen versperrt. Der Kläger macht insoweit lediglich geltend, bestimmte Informationsangebote nicht nutzen zu wollen. Die Rundfunkgebühr führt umgekehrt nicht dazu, dass dem jeweiligen Rundfunkteilnehmer bestimmte Informationen aufgedrängt werden und damit die negative Informationsfreiheit betroffen ist. Auf den Kläger wird kein Zwang ausgeübt, die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anzusehen oder anzuhören. Die Rundfunkgebühr wird nur dafür erhoben, dass der Rundfunkteilnehmer sich mit der Bereithaltung des Empfangsgeräts die Möglichkeit verschafft hat, die Programmleistung in Anspruch nehmen zu können (VG Hamburg, Urt. v. 05.10.2009, 7 K 1256/07). Dass die Rundfunkgebühr in Höhe von monatlich EUR 17,98 prohibitiven Charakter hat, ist mit Blick auf die Befreiungstatbestände in § 6 RGebStV nicht ersichtlich und wird auch von dem Kläger nicht behauptet.
Selbst wenn ein Eingriff in die (negative) Informationsfreiheit zu bejahen sein sollte, wäre dieser durch die ebenfalls verfassungsrechtlich begründete Finanzierungsfunktion für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gerechtfertigt. Der Eingriff ist auch nicht unverhältnismäßig, sondern von der Typisierungsfunktion des Gebührengesetzgebers gedeckt (BVerwG, Urt. v. 27.10.2010, 6 C 12.09, 6 C 17.09, 6 C 21.09, Juris Mitteilung € bislang unveröffentlicht; BVerfG, Beschl. v. 06.10.1992, 1 BvR 1586/89, 1 BvR 487/92, Juris Rn. 71 f., 81 f., BVerfGE 87, 181 ff.). Insoweit wird auf die Ausführungen zu Art. 2 Abs. 1 GG verwiesen (oben, unter 1.). Soweit der Kläger zudem vorträgt, dass er ausschließlich private und ausländische Sender nutze und ihm ein Informationsangebot € das öffentlich-rechtliche Programmangebot € aufgedrängt werde, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Im dualen Fernsehsystem kann der private Rundfunk in seiner gegenwärtigen Form aus Gründen des Verfassungsrechts nur bestehen, wenn die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch in finanzieller Hinsicht sichergestellt ist (BVerwG, Urt. v. 09.12.1998, 6 C 13/97, Juris Rn. 33 m.w.N.).
3. Die Erhebung der Rundfunkgebühren verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Soweit der Kläger € erstens € rügt, dass er als Rundfunkteilnehmer, der ein Rundfunkempfangsgerät bereithalte, aber das öffentlich-rechtliche Programmangebot nicht nutzte, nach geltendem Recht willkürlich schlechter gestellt werde als solche Personen, die keine Rundfunkempfangsgeräte bereithalten, ist die ungleiche Behandlung dieser Sachverhalte jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Die Vergleichsgruppen unterscheiden sich wesentlich dadurch, dass im Fall des Klägers objektiv die Möglichkeit besteht, im Haushalt auf das Programmangebot der (öffentlich-rechtlichen) Rundfunkanstalten zuzugreifen, während diese Möglichkeit von vornherein nicht besteht, wenn keine Rundfunkempfangsgeräte bereit gehalten werden. Zudem ist es auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sachlich gerechtfertigt, an das Bereithalten des Rundfunkempfangsgeräts und nicht die konkrete Nutzung (bestimmter) Programmangebote anzuknüpfen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 02.03.2007, 19 A 378/06, Juris Rn. 24 ff. m.w.N.).
Zweitens besteht auch keine willkürliche Ungleichbehandlung zwischen Rundfunkteilnehmern, die das Programmangebot über die traditionellen Empfangswege (Fernsehen, Radio) empfangen können und solchen Rundfunkteilnehmern, die hierfür neuartige Empfangsgeräte im Sinne von § 5 Abs. 3 RGebStV verwenden (internetfähiger PC, Mobiltelefon, Smartphone). Auch für das Bereithalten neuartiger Rundfunkempfangsgeräte ist eine Rundfunkgebühr zu entrichten (BVerwG, Urt. v. 27.10.2010, 6 C 12.09, 6 C 17.09, 6 C 21.09, Juris Mitteilung € bislang unveröffentlicht).
Die Gebührenpflicht, die an das Bereithalten des Empfangsgeräts anknüpft, verletzt auch nicht wegen eines etwaigen strukturellen Erhebungsdefizits den allgemeinen Gleichheitssatz. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt für das Abgabenrecht, dass die Gebührenpflichtigen durch den Gebührentatbestand nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich gleichgestellt werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg verfehlt, kann dies zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlage führen (BVerwG, Urt. v. 27.10.2010, 6 C 12.09, 6 C 17.09, 6 C 21.09, Juris Mitteilung € bislang unveröffentlicht). Dabei kann vorliegend offen bleiben, ob die derzeitige geräteabhängige Rundfunkgebühr unter den Bedingungen der modernen Technik in die Verfassungswidrigkeit führt, weil die Funktionsvielfalt der (neuartigen) Empfangsgeräte, ihr Zusammenwirken mit anderen Funktionen im gewerblichen und häuslichen Bereich und ihre leichte Transportierbarkeit eine persönliche Zuordnung des Leistungsangebots nicht mehr erlauben (so ausdrücklich Paul Kirchhof, Gutachten über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, 2010, S. 13 f.). Selbst wenn durch die fortlaufenden technischen Änderungen die Verfassungsmäßigkeit der derzeitigen Gebührenregelung zunehmend in Frage gestellt werden sollte, würde dies zunächst nur den verfassungsrechtlichen Auftrag an den Gesetzgeber begründen, die weitere Entwicklung zu beobachten und die Bemessungsgrundlage für eine Rundfunkgebühr oder einen Rundfunkbeitrag neu zu bestimmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.2010, 6 C 12.09, 6 C 17.09, 6 C 21.09, Juris Mitteilung € bislang unveröffentlicht). Diesem Auftrag sind die Länder nachgekommen. So ist derzeit geplant, ab dem Jahr 2013 einen Rundfunkbeitrag einzuführen, dessen Bemessungsgrundlage nicht mehr das einzelne Empfangsgerät, sondern der jeweilige Haushalt bzw. die jeweilige Betriebsstätte sein soll.
4. Die Erhebung der Rundfunkgebühr und die damit verbundene Rundfunkgebührenpflicht der Rundfunkteilnehmer verletzt nicht die gemäß Art. 56 ff. AEUV (ex-Art. 49 ff. EG) geschützte Dienstleistungsfreiheit.
Zwar stellt der Rundfunk, insbesondere das Ausstrahlen von Fernsehprogrammen, eine Dienstleistung im Sinne von Art. 56 ff. AEUV dar (EuGH, Urt. v. 30.04.1973, 155/73 € €Sacchi€, Slg. 1974, 409, 428 f.; Binder, in: Beck€scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Auflage 2008, § 19 RStV Rn. 75, § 13 RStV Rn. 36 m.w.N.). Ob und wieweit die Finanzierung des (nationalen) öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die angegriffene Rundfunkgebührenpflicht die Dienstleistungsfreiheit beschränken, kann vorliegend jedoch offen bleiben. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Gebühren bzw. Beiträge ist jedenfalls gerechtfertigt. Zum einen hat der Europäische Gerichtshof mit Blick auf Art. 10 EMRK klargestellt, dass die Aufrechterhaltung einer pluralistischen Medienordnung und die Erhaltung einer bestimmten Programmqualität einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellt, der eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 25.07.1991, C-288/89 € €Gouda€, Slg. 1991, I-331, Rn. 23, 27; EuGH, Urt. v. 28.10.1999, C-6/98 € €ARD€, Slg. 1999, I-7599, Rn. 50). Zum anderen trifft das Protokoll Nr. 29 über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten (im Folgenden: Protokoll Nr. 29; bislang Protokoll der Schlussakte von Amsterdam über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten), das nach Art. 51 AEU Bestandteil der Verträge über die Europäische Union (AEU) und über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist, eine auslegende Regelung, die die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der Bestimmung etwaiger wettbewerbsrechtlicher Schranken konkretisiert (vgl. Geiger, EUV/EGV, 4. Auflage 2004, Art. 86 Rn. 14). Danach berühren die Bestimmungen der Verträge € insbesondere die Bestimmungen in Art. 56 ff. AEUV € nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird, dient und die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, wobei den Erfordernissen des öffentlich-rechtlichen Auftrags Rechnung zu tragen hat. Diese Anforderungen sind erfüllt.
Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dient der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags, wie er von den Mitgliedstaaten € hier von den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland € festgelegt und ausgestaltet wird. Der durch das Protokoll Nr. 29 vorgegebene funktionale Zusammenhang zwischen der Rundfunkgebühr und der Rundfunkleistung (Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags) wird durch die Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags festgeschrieben. Die Vorschriften in §§ 11 bis 11d RStV definieren den Auftrag und bestimmen die zulässigen Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Die Regelungen in §§ 12, 13 RStV legen weiter fest, dass die Rundfunkgebühren dazu dienen, den öffentlich-rechtlichen Auftrag angemessen zu erfüllen.
Die Erhebung der Rundfunkgebühren führt auch nicht zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung der Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Europäischen Union. Dabei kann offen bleiben, ob und wieweit die Finanzierung von neuen Angeboten in einzelnen Bereichen € wie etwa die Erbringung von Mediendiensten (Online-Angebote) € erforderlich und angemessen ist. Selbst wenn bestimmte Online-Angebote des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks den Wettbewerb unverhältnismäßig beeinträchtigen sollten, führte dies nicht zur Unzulässigkeit der Rundfunkfinanzierung als solcher. Die Mitgliedstaaten sind bei einer unzulässigen Ausweitung der Angebote lediglich gehalten, diese zu begrenzen und den zulässigen Umfang der Angebote genau zu bestimmen (vgl. Pressebericht der Kommission vom 24.04.2007, IP/07/543 und vom 17.10.2001, IP/01/1429 € jeweils zu Art. 86 Abs. 2, 87 ff. EGV [Art. 106 Abs. 2, 107 ff. AEUV]; dazu VG Aachen, Urt. v. 28.11.2007, 8 K 627/05, Juris Rn. 40 f.). In diesem Sinne regeln und beschränken die §§ 11d, 11f RStV nun das Angebot von Telemedien und das Verfahren zur Erweiterung dieses Angebots.
Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass die rechtlichen Vorgaben des Protokolls Nr. 29 in der Praxis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks systematisch unterlaufen werden durch eine Zweckentfremdung der Gebühreneinnahmen oder die Verfehlung des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Die dazu vorgetragenen Einwände des Klägers greifen nicht durch. Dieser rügt, dass die Programmgestaltung und Organisation der Rundfunkanstalten Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags verletzten, insbesondere gegen die Regelungen in § 10 Abs. 1 Satz 4 RStV (Trennung von Berichterstattung und Kommentaren) und § 41 Abs. 2 RStV (Darstellung der Meinungsvielfalt mit einem angemessenen Anteil an Information, Kultur und Bildung) verstießen und deshalb der öffentlich-rechtliche Auftrag nicht mehr erfüllt werde. Die Zulässigkeit der Rundfunkgebühr wird hierdurch nicht berührt. Dabei kann offen bleiben, ob die behaupteten Verstöße tatsächlich vorliegen. Sie berühren jedenfalls nicht den grundsätzlich bestehenden Zusammenhang zwischen der Rundfunkfinanzierung und der Erfüllung des durch die Mitgliedstaaten definierten Auftrags. Verstöße gegen den Rundfunkstaatsvertrag bzw. den NDR-Staatsvertrag können € auf nationaler Ebene € zwar Anlass bieten für Maßnahmen der Medienaufsicht (Landesmedienanstalten, §§ 35 ff. RStV), der Rechtsaufsicht (Landesregierungen, vgl. § 37 NDR-Staatsvertrag) oder der Finanzkontrolle (Landesrechnungshöfe, vgl. § 34 NDR-Staatsvertrag). Die gemeinschaftsrechtliche Rechtfertigung der Rundfunkfinanzierung entfiele dagegen allenfalls dann, wenn die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei der konkreten Programmgestaltung nicht nur im Einzelfall, sondern generell den öffentlich-rechtlichen Auftrag (§ 11 RStV) verfehlten und damit ein strukturelles Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorläge. Für ein solches strukturelles Versagen ist indes nichts ersichtlich. Die von dem Kläger angeführten Beispiele sind nicht geeignet, das Gegenteil zu belegen: Das gilt zum einen für die anhand von bestimmten Fällen vorgetragene Vermischung von Berichterstattung und Meinungsäußerung, insbesondere bei Berichten über Kundgebungen rechtsextremer Gruppierungen. Unabhängig davon, dass § 10 Abs. 1 Satz 4 RStV ein allgemeines Gebot der Berichterstattung enthält und nicht spezifisch auf die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags (§§ 11 ff. RStV) gerichtet ist, können vereinzelte Verstöße gegen § 10 RStV die Wahrung des öffentlich-rechtlichen Auftrags und damit die Zulässigkeit der Rundfunkfinanzierung nicht infrage stellen. Entsprechendes gilt für die von dem Kläger gerügte Besetzung der Rundfunkräte, die allenfalls eine Korrektur der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften rechtfertigt, nicht aber zur Unzulässigkeit der Rundfunkgebühr führt. Nichts anderes gilt schließlich für die € unsubstantiierte € Behauptung des Klägers, dass im Unterhaltungsbereich überhöhte Gagen an die Mitarbeiter der Rundfunkanstalten gezahlt würden. Die Verwendung der Rundfunkgebühren kann insoweit zwar im Einzelfall gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 14 Abs. 1 RStV) und der ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung (vgl. § 31 Abs. 2 NDR-Staatsvertrag) verstoßen. Die Zulässigkeit der Erhebung von Rundfunkgebühren wird hierdurch nicht berührt.
5. Die Erhebung der Rundfunkgebühr und die Rundfunkgebührenpflicht verstoßen schließlich nicht gegen gemeinschaftsrechtliche Beihilfebestimmungen (Art. 107 ff., 106 Abs. 2 AEUV [ex-Art. 87 ff., 86 Abs. 2 EGV]). Dabei kann offen blieben, ob die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einzelnen Bereichen (insbesondere Online-Angebote) eine unzulässige Beihilfe darstellt. Die mit Blick auf das Protokoll Nr. 29 grundsätzlich zulässige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird hierdurch nicht berührt (VG Aachen, Urt. v. 28.11.2007, 8 K 627/05, Juris Rn. 37 ff., 40 m.w.N.; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 08.05.2008, 2 S 2163/06, Juris Rn. 28).
III.
Der Antrag zu 2) ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der gezahlten Rundfunkgebühren nach § 7 Abs. 4 Satz 1 RGebStV. Die Rundfunkgebühren für die Zeit ab April 2007 sind nicht ohne Rechtsgrund entrichtet worden. Insoweit wird auf die oben stehenden Ausführungen verwiesen (unter II.).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
VG Hamburg:
Urteil v. 21.10.2010
Az: 3 K 2796/09
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