Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 14. Juli 2005
Aktenzeichen: I-4 U 157/04

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 14.07.2005, Az.: I-4 U 157/04)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 8. Juli 2004 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - teilweise ab-geändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 50.501,43 € nebst Zinsen in Hö-he von 4 % aus 46.768,91 € seit dem 20. Februar 2001 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.732,52 € seit dem 10. April 2003 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer des Klägers hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutrei-benden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte als Berufshaftpflichtversicherer von Rechtsanwalt H... (im Folgenden: "Rechtsanwalt") auf Deckungsschutz in Anspruch.

Der Rechtsanwalt war 1998 noch alleiniger Geschäftsführer der P... I... & H... S.A., Z..., Sch..., (im Folgenden: PI). Mit dieser, vertreten durch den Rechtsanwalt, schloss der Kläger am 27. April 1998 einen Investmentvertrag, in dem sich PI zur Verzinsung des angelegten Kapitals mit 6 % monatlich verpflichtete (GA 74, 75). Der Zahlungsverkehr sollte über ein Anderkonto des Rechtsanwalts erfolgen. Mit ihm traf der Kläger ebenfalls am 27. April 1998 eine Treuhandvereinbarung, in der der Rechtsanwalt garantierte, dass die Mittel des Klägers zu keinem anderen als dem vorgesehenen Investmentzweck verwendet werden würden (GA 70, 71).

Da die Renditezahlungen ausblieben und nur ein Bruchteil des vom Kläger und seinem Co-Investor aufgebrachten Kapitals zurückgezahlt wurden, nahm der Kläger den Rechtsanwalt in einem Rechtsstreit vor dem LG München I (28 O 15658/01 = OLG München 18 U 2358/02) erfolgreich auf Schadensersatz in Anspruch. Die Berufung des Rechtsanwalts gegen das landgerichtliche Urteil (GA 60) wurde vom OLG München durch Teilversäumnisurteil zurückgewiesen (GA 121), sein Einspruch wurde als unzulässig verworfen (GA 131).

Nach Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs verlangt der Kläger von der Beklagten den ausgeurteilten Schadensersatzbetrag (GA 10) sowie die festgesetzten Kosten (GA 12). Er hat geltend gemacht, der Rechtsanwalt habe ihm den Schaden in Ausübung seines Berufes zugefügt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 53.057,89 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 49.325,37 € seit dem 2. Februar 2001 und in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 3.732,52 € seit dem 10. April 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht: Bei den von dem Rechtsanwalt übernommenen Aufgaben habe es sich nicht um eine anwaltliche Tätigkeit gehandelt, für deren pflichtwidrige Ausübung sie einzustehen habe. Das habe das LG München I mit Bindungswirkung für den Deckungsprozess festgestellt.

Dieser Auffassung hat sich das LG Düsseldorf angeschlossen und die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Rechtsstandpunkts mit der Berufung.

Er beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 53.057,89 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 49.325,37 € seit dem 2. Februar 2001 und in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 3.732,52 € seit dem 10. April 2003 zu zahlen.

Die Beklagte, die das angefochtene Urteil für richtig hält, bittet um

Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat weitgehend Erfolg.

Der Kläger kann aus übergegangenem Recht von der Beklagten als Berufshaftpflichtversicherer des Rechtsanwalts - abzüglich des vereinbarten Selbstbehalts - Zahlung des im Haftpflichturteil ausgeurteilten Betrags und der festgesetzten Kosten verlangen.

1.

Nach § 1 der dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Bedingungen hat die Beklagte Deckungsschutz zu gewähren, wenn der Rechtsanwalt wegen eines bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit begangenen Verstoßes aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Einen solchen Regressanspruch hat das Landgericht München I dem Kläger in dem in Ansehung des Haftungstatbestandes für den Deckungsprozess bindenden rechtskräftigen Haftpflichturteil (vgl. BGH VersR 2001, 1103, 1104) zuerkannt. Den Gründen des Haftpflichturteils ist zu entnehmen, dass der Rechtsanwalt fahrlässig eine positive Forderungsverletzung begangen hat. Erfüllungsansprüche, für die die Beklagte nicht aufzukommen hätte, sind - entgegen ihrer Auffassung - nicht Gegenstand des Haftpflichturteils. Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Haftpflichtgericht sich auch mit einem Verstoß gegen Pflichten aus § 666 BGB und einem - irrig als Anwendungsfall einer positiven Forderungsverletzung angesehenen - Herausgabeanspruch aus § 667 BGB auseinandergesetzt hat. Daraus ist jedoch nicht herzuleiten, dass es dem Kläger in Wirklichkeit einen Erfüllungsanspruch (§ 667 BGB) zuerkannt hat. Tragender Grund der Verurteilung ist vielmehr ein zumindest leicht fahrlässiger Verstoß gegen die in § 3 des Treuhandvertrages übernommenen Verpflichtungen. Danach garantierte der Rechtsanwalt, dass die Mittel des Klägers zu keinem anderen als dem vorgesehenen Investmentzweck verwendet wurden. Ferner verpflichtete er sich, die Mittelverwendung während der Vertragszeit zu beaufsichtigen und ggf. rechtzeitig einzuschreiten, wenn der Investmentbetrag durch die PI nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt oder zu einer nicht sinnvoll erscheinenden Transaktion verwendet werden sollte (GA 71). Einen Verstoß dagegen hat der Einzelrichter angenommen, weil der Rechtsanwalt keinen weiteren Aufschluss geben konnte, als den, dass er die an ihn überwiesene Summe von 100.000 $ an PI weiter überwiesen hat. Daraus wird eine Verletzung der Pflichten aus § 3 des Treuhandvertrages gefolgert, da der Rechtsanwalt den Verbleib der Investitionen nach Überweisung auf ein Konto der PI nicht mehr darstellen konnte und damit auch gegen seine Rechenschaftspflicht aus § 666 BGB verstoßen habe. Die Bezugnahme auf § 666 BGB stellt sich somit als bloßes Hilfsargument zur Begründung einer positiven Forderungsverletzung dar, weil der Kläger wegen der Nichterfüllung der Rechenschaftspflicht des Nachweises eines konkreten Verstoßes gegen die in § 3 des Treuhandvertrages übernommenen Pflichten als enthoben angesehen wird. Dass das Haftpflichtgericht ihm letztlich nur einen Herausgabeanspruch aus § 667 BGB zugebilligt hat, ist auch seinen weiteren Erwägungen nicht zu entnehmen. Richtig ist zwar, dass der Beauftragte die bestimmungsgemäße Verwendung des ihm überlassenen Geldes nachzuweisen hat und dass ein Herausgabeanspruch besteht, wenn er dazu nicht imstande ist (Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 667 Rn. 10). Darum ging es im Haftpflichturteil jedoch nicht. Vielmehr ist das Haftpflichtgericht davon ausgegangen, dass der Rechtsanwalt das Investmentkapital an die PI weitergeleitet hat. Schon damit hat er das Investmentkapital aber weisungsgemäß zur Ausführung des Auftrags verwandt. Denn nach § 2 S. 2 des Treuhandvertrages war er gehalten, den ihm überlassenen Betrag der PI zu Anlagezwecken zur Verfügung zu stellen. Deshalb sind die Ausführungen des Haftpflichtgerichts zu einem Herausgabeanspruch aus § 667 BGB nur in einem übertragenen Sinne zu verstehen. Kernaussage des Haftpflichturteils bleibt hingegen, dass der Rechtsanwalt seine Treuhänderpflichten bei der Überwachung der Mittelverwendung durch die PI verletzt hat.

2. Die positive Forderungsverletzung hat der Rechtsanwalt in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt begangen. Ob im Einzelfall ein Anwaltsvertrag mit der Verpflichtung vorliegt, dem Auftraggeber rechtlichen Beistand zu leisten (§ 3 Abs. 1 BRAO), hängt vom Inhalt der Aufgaben ab, die dem Rechtsanwalt übertragen werden. Die Rechtsberatung und -vertretung muss nicht unbedingt den Schwerpunkt der anwaltlichen Tätigkeit bilden. Ein Anwaltsvertrag kann auch anwaltsfremde Dienstleistungen umfassen, sofern diese in einem inneren Zusammenhang mit einer rechtlichen Beistandspflicht stehen und auch Rechtsfragen aufwerfen (BGH NJW 1999, 3040, 3041 f.; NJW 1998, 3486 m.w.N.). Demgemäss kann ein Rechtsanwalt eine treuhänderische Tätigkeit ohne Rechtsberatung und --vertretung übernehmen (BGH NJW 1995, 1025), ihm kann eine Treuhandschaft aber auch in seiner Eigenschaft als Anwalt mit der Aufgabe der Rechtsbetreuung übertragen werden (BGH NJW 1993, 1999). Im Streitfall ist von einer zum Berufsbild des Rechtsanwalts gehörenden Treuhandtätigkeit auszugehen.

a) Dagegen könnte zwar auf den ersten Blick sprechen, dass der Rechtsanwalt die vorgesehene Mittelverwendung "garantiert" hat (§ 3 des Treuhandvertrages). Dabei handelte es sich aber nicht um eine bürgschaftsähnliche Gewährleistung, deren Übernahme für das Berufsbild eines Rechtsanwalts untypisch wäre. Der Rechtsanwalt sollte nicht ohne wenn und aber für den Rückfluss des Kapitals oder gar für die Erwirtschaftung einer Rendite einstehen, sondern nur die vereinbarungsgemäße Mittelverwendung sicherstellen. Das sollte, wie ebenfalls in § 3 des Treuhandvertrages geregelt ist, dadurch geschehen, dass er die Investitionen beaufsichtigte, nicht sinnvoll erscheinende Transaktionen vereitelte und insbesondere verhinderte, dass über das Geld Privatverfügungen getroffen wurden. Damit wurde ihm eine umfassende Kontrollfunktion übertragen, die ihn zum Einschreiten verpflichtete, wann immer das Kapital des Klägers gefährdet schien. Zu diesem Zweck sollten ihm nach § 4 des Investmentvertrages, der im Zusammenhang mit dem Treuhandvertrag vom selben Tage zu sehen ist, unabhängig von dem Fortbestand seiner Organstellung bei der PI, umfangreiche Kontrollrechte, einschließlich eines Vetorechts bei der Ausführung von Investitionen, zustehen. Außerdem sollte der Zahlungsverkehr zwischen dem Kläger und PI über ein Rechtsanwalts-Anderkonto abgewickelt werden. Aus alledem ist zu schließen, dass der Rechtsanwalt jedweden Fehlentwicklungen entgegenzuwirken hatte. Eben dazu bedurfte es aber auch zivilrechtlicher Kenntnisse und der Befähigung, von dem in Betracht kommenden rechtlichen Instrumentarium im Interesse des Klägers Gebrauch zu machen. Das lässt aber auf eine anwaltliche Treuhänderschaft schließen, zumal auch der Bundesgerichtshof die treuhänderische Verwaltung von Anlagebeteiligungen als Anwaltstätigkeit gewertet hat (NJW 1993, 199 = BGHZ 120, 157). Überdies sollte der Rechtsanwalt für seine Verfügungen über das Treugut eine Hebegebühr gemäß § 22 BRAGO erhalten, wodurch eine weitere Verbindung zum anwaltlichen Berufsrecht hergestellt wurde. Der daraus zu ziehenden Schlussfolgerung, der Rechtsanwalt habe die ihm übertragene Treuhandtätigkeit als Anwalt wahrgenommen, steht die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 1995, 1025, 1027 nicht entgegen. Ihr lag nämlich die bindende Feststellung des Berufungsgerichts zugrunde, der Auftrag des in jenem Fall tätigen Rechtsanwalts habe sich darauf beschränkt, die Anleger auf die typischen wirtschaftlichen Risiken der Anlage und auf regelwidrige Umstände bei der Abwicklung der Geschäftstätigkeit hinzuweisen. Daraus hat der Bundesgerichtshof dann gefolgert, die Überwachungs- und Aufklärungspflichten hätten nicht mit der Beratung auf zivilrechtlichem und steuerrechtlichem Gebiet in Zusammenhang gestanden. Zu einer einschränkenden Auslegung dahin, dass dem Rechtsanwalt auch im Streitfall nur die Wahrnehmung wirtschaftlicher Interessen übertragen war, sieht sich der Senat jedoch nicht imstande, zumal der Rechtsanwalt sowohl im Rubrum der Treuhandvereinbarung als auch in § 4 des Investmentvertrages durchgängig als Rechtsanwalt bezeichnet wird. Das lässt gleichfalls darauf schließen, dass er auch in dieser Eigenschaft tätig werden sollte. Lässt nämlich die Gesamtwürdigung aller Umstände (noch) nicht die Feststellung zu, ob ein Anwaltsvertrag vorliegt oder nicht, so ist im Zweifel anzunehmen, dass derjenige, der die Dienste eines Rechtsanwalts in Anspruch nimmt, ihn auch als solchen beauftragen will, weil er erwartet, dass der Rechtsanwalt bei seiner Tätigkeit auch die rechtlichen Interessen des Auftraggebers wahrnehmen werde (BGH NJW 1999, 3040, 3042; NJW 1998, 3486). Dass der Kläger diese Erwartung nicht gehegt hat, ist aber nicht anzunehmen.

b) Dieser Beurteilung steht nicht die Bindungswirkung des Haftpflichturteils entgegen (zum Trennungsprinzip und zur Bindungswirkung vgl. Langheid in: Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 149 Rn. 12; Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 149 Rn. 24-32 b). Einen Zusammenhang zwischen der positiven Forderungsverletzung und der Ausübung des Anwaltsberufs hat das Landgericht bei der Erörterung der Haftung des Rechtsanwalts weder festgestellt noch ausgeschlossen. Soweit es um dessen Verantwortlichkeit geht, wird seine Berufsbezeichnung in den Entscheidungsgründen überhaupt nicht erwähnt. Erst im Kontext mit der Erörterung der gesamtschuldnerischen Haftung des damaligen Beklagten zu 2) als Sozius ist das Landgericht München I zu der Auffassung gelangt, dass für diesen kein typisches Anwaltsgeschäft vorgelegen habe. Für das Verhältnis zur Beklagten sind jedoch nur die den Rechtsanwalt selbst betreffenden Ausführungen von Relevanz. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, weil es sich bei der Entscheidung, ob der Abschluss und die Abwicklung des Treuhandvertrages als Gegenstand anwaltlicher Berufsausübung zu betrachten sind, ohnehin nicht um eine Frage handelt, die der Bindungswirkung des Haftpflichturteils unterliegt. Mit Recht entnimmt der Einzelrichter zwar Rechtsprechung und Literatur, dass der Versicherungsnehmer die Feststellung, er habe den Haftungstatbestand in einer bestimmten Eigenschaft verwirklicht, im Deckungsprozess gegen sich gelten lassen muss (vgl. Voit/Knappmann, a.a.O., § 149 Rn. 30 m.w.N.). Das gilt jedoch nur, wenn insoweit Voraussetzungsidentität besteht, also wenn eine für die Entscheidung im Deckungsprozess maßgebliche Frage sich auch im Haftpflichtprozess nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als entscheidungserheblich erweist (BGH VersR 2004, 590). Das war hier jedoch nicht der Fall. Denn für die fahrlässige Verletzung der Kontrollpflichten kam es nach der Argumentation des Haftpflichtgerichts überhaupt nicht darauf an, ob der Rechtsanwalt seine Funktion als Treuhänder nun in dieser Eigenschaft oder als Wirtschaftsberater ausgeübt hat.

3. Die danach bestehende Eintrittspflicht der Beklagten entfällt nicht, weil der Rechtsanwalt übernommene Verpflichtungen wissentlich verletzt hätte (§ 4 Nr. 5 AVB). Der Einwand der Beklagten, der Rechtsanwalt habe das ihm anvertraute Kapital in höchst spekulative Geschäfte investiert, ist unerheblich, weil es dem Haftpflichtversicherer wegen der Bindungswirkung des Haftpflichturteils verwehrt ist, sich im Deckungsprozess auf eine andere schadensverursachende Pflichtverletzung zu berufen als die, die dem Rechtsanwalt im Haftpflichtprozess angelastet wurde (BGH VersR 2002, 1141). Gegenstand des Haftpflichtprozesses war aber nur der allgemein gehaltene Vorwurf, der Rechtsanwalt habe seine Pflichten aus § 3 des Treuhandvertrages verletzt. Im übrigen ist nicht ersichtlich, dass er sich wissentlich pflichtwidrig verhalten hätte, wenn er geduldet haben sollte, dass PI spekulative Geschäfte für den Kläger abgeschlossen hat. Dass PI gehalten war, eine konservative Anlageform zu wählen, geht aus dem Investmentvertrag nicht hervor (vgl. § 1 des Investmentvertrages). Auch als Treuhänder hatte der Rechtsanwalt nur aber dafür zu sorgen, dass das Kapital wie "vorgesehen" (§ 3 des Treuhandvertrages) investiert wurde. Auf welche Weise dies geschehen sollte, war jedoch nicht näher geregelt. Dass der Rechtsanwalt wissentlich irgendwelche Schranken überschritten hat, ist somit nicht erkennbar.

4.

Nach rechtskräftigem Abschluss des Haftpflichtprozesses hat die Beklagte den Rechtsanwalt von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Kläger freizustellen. Im Falle der Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs wandelt sich dieser Befreiungsanspruch in der Hand eines Dritten, hier des Klägers, in einen Zahlungsanspruch um (Voit/Knappmann, a.a.O., § 149 Rn 3). Demgemäss haftet die Beklagte dem Kläger - unter Mitberücksichtigung der festgesetzten Kosten (GA 12) - in Höhe von 53.057,89 € (vgl. GA 3, 61). Davon ist jedoch der vertraglich vereinbarte Selbstbehalt (§ 3 Nr. 4 AVB) von 2.556,46 € (= 5.000,00 DM) in Abzug zu bringen, so dass ein Zahlungsanspruch in Höhe von 50.501,43 € verbleibt.

5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem rechtskräftigen Haftpflichturteil und dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. November 2003.

6. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Berufungsstreitwert: 53.057,89 €.

K... Dr. R... S...






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 14.07.2005
Az: I-4 U 157/04


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