Bundesgerichtshof:
Urteil vom 17. Januar 2013
Aktenzeichen: I ZR 19/11
(BGH: Urteil v. 17.01.2013, Az.: I ZR 19/11)
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 2. Dezember 2010 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels aufgehoben, soweit dort die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I, 11. Kammer für Handelssachen, vom 18. Januar 2010 hinsichtlich der Ziffer I 2 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Landgerichts München I, 11. Kammer für Handelssachen, vom 18. Januar 2010 abgeändert. Die Klage wird insoweit als unzulässig abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein auf dem Gebiet des Vertriebs von Pflanzenschutzmitteln tätiges Unternehmen. Sie ist Inhaberin einer Zulassung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (im Weiteren: Bundesamt) für das Pflanzenschutzmittel "Atlantis WG". 1 Die in den Niederlanden ansässige Beklagte importiert Pflanzenschutzmittel und bringt sie in Deutschland in Verkehr. Im März 2009 lieferte sie das Herbizid "Realchemie Mesosulfuron & Iodosulfuron" in 2,5-kg-Kanistern an einen Kunden in Deutschland. Auf den Etiketten der Kanister befand sich unterhalb des für das Mittel verwendeten Namens die Aufschrift "Referenzmittel Atlantis WG". Zudem befand sich auf den Kanistern ein Aufkleber mit der Aufschrift "Re-Import". Für das Mittel "Realchemie Mesosulfuron & Iodosulfuron" bestand keine Zulassung durch das Bundesamt. Die Beklagte verfügte auch nicht über eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung des Bundesamts für dieses Mittel.
Die Klägerin hält die Einfuhr und das Inverkehrbringen von "Realchemie Mesosulfuron & Iodosulfuron" für rechts- und wettbewerbswidrig. Sie hat die Beklagte daher auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, bei dem Mittel "Realchemie Mesosulfuron & Iodosulfuron" handele es sich um das Pflanzenschutzmittel "Atlantis WG", das sie lediglich in eigene Behälter umgefüllt, umbenannt und neu etikettiert habe. Sie führe ein zugelassenes Mittel stoffidentisch wieder ein, so dass es sich um einen erlaubten Reimport handele.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs 1. das von ihr derzeit unter der Bezeichnung "Realchemie Mesosulfuron & Iodosulfuron" angebotene Pflanzenschutzmittel mit den Wirkstoffen Methylester und Methylester-Na in einer Konzentration von 30g/kg (Methylester) bzw. 6g/kg (Methylester-Na) in den Geltungsbereich des deutschen Pflanzenschutzgesetzes einzuführen oder im Geltungsbereich des deutschen Pflanzenschutzgesetzes in Verkehr zu bringen, d.h. dieses Mittel anzubieten und/oder zur Abgabe vorrätig zu halten und/oder feilzuhalten und/oder an andere abzugeben, soweit nicht das Mittel 2 a) in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen ist oderb) in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen ist und mit dem in Deutschland zugelassenen Referenzmittel stofflich übereinstimmt sowie über eine vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erteilte Verkehrsfähigkeitsbescheinigung gemäß § 16c PflSchG verfügtund/oder 2. bei Handlungen gemäß 1 unter Nennung des für die Klägerin als Zulassungsinhaberin beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit registrierten Originalpflanzenschutzmittels "Atlantis WG" als "Referenzmittel" darauf zu verweisen, dass es sich bei der von ihr, der Beklagten, eingeführten Ware um einen Re-Import handelt, sofern nicht das Original-Pflanzenschutzmittel "Atlantis WG" bei der Wiedereinfuhr in die Bundesrepublik Deutschland in seiner ursprünglichen Primär- und Sekundärverpackung eingeführt wird, insbesondere wenn dieser Verweis geschieht wie in den dem Urteil auf Seiten 4 und 5 beigefügten Abbildungen dargestellt.
Darüber hinaus hat das Landgericht die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt und die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt.
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat das Inverkehrbringen von "Realchemie Mesosulfuron & Iodosulfuron" als unzulässig angesehen, weil die Beklagte weder über eine entsprechende Verkehrsfähigkeitsbescheinigung verfüge noch das Mittel unter dieser Bezeichnung zugelassen sei. Es könne dahinstehen, ob das beanstandete Mittel mit dem Originalprodukt identisch sei. Ein zulässiger Reimport setzte voraus, dass das Mittel hinsichtlich seiner Verpackung und seiner Etikettierung in unveränderter Form vertrieben werde. Ein zugelassenes Pflanzenschutzmittel sei grundsätzlich nur unter der Bezeichnung verkehrsfähig, unter der es zugelassen sei. Eine abweichende Bezeichnung sei nur ausnahmsweise bei einer Vereinbarung mit dem Zulassungsinhaber 6 im Wege der Vertriebserweiterung gestattet. Diese Zulassungsbeschränkungen seien europarechtskonform. Sie würden unterlaufen, wenn die Einfuhr eines Pflanzenschutzmittels allein aufgrund der Behauptung als zulässig gelten würde, es sei mit einem inländischen Produkt identisch. Eine hinreichende Bezeichnungsidentität ergebe sich hier auch nicht aus den Angaben "Referenzmittel Atlantis WG" und "Re-Import".
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat nur insoweit Erfolg, als sie zur Abweisung der Klage mit dem Unterlassungsantrag zu 2 führt.
1. Der Unterlassungsantrag zu 1 b ist nicht deshalb als unzulässig abzuweisen, weil er voraussetzt, dass das betreffende Mittel mit dem in Deutschland zugelassenen Referenzmittel "Atlantis WG" nicht "stofflich übereinstimmt".
a) Die Klägerin hat mit dieser Formulierung allerdings die in § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG 2006 bestimmte Voraussetzung für den zulässigen Parallelimport in ihr Klagebegehren übernommen. Der Senat hat zudem mittlerweile entschieden, dass die Formulierung "chemisch (nicht) identisch" für sich allein bei Pflanzenschutzmitteln nicht hinreichend bestimmt ist im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 15 ff. = WRP 2012, 1222 - Tribenuronmethyl). Nichts Abweichendes kann auch für die Formulierung "stofflich übereinstimmt" gelten.
b) Der Umstand, dass ein Kläger in einem Unterlassungsantrag den Wortlaut des Gesetzes wiederholt, führt jedoch dann nicht zur Unzulässigkeit der Klage, wenn er dabei zugleich deutlich macht, dass er kein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich sein Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert (vgl. BGH, GRUR 2012, 945 Rn. 16 - Tribenuronmethyl, mwN). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Der Unterlassungsantrag zu 1 nimmt mit der Formulierung "das von 9 ihr derzeit unter der Bezeichnung 'Realchemie Mesosulfuron & IodosulfuronÔ angebotene Pflanzenschutzmittel" auf das Inverkehrbringen des konkret beanstandeten Pflanzenschutzmittels Bezug. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es der Klägerin um das Verbot dieser konkreten Verhaltensweise geht. Insoweit unterscheidet sich der im Streitfall zu beurteilende Sachverhalt von dem, der der Senatsentscheidung "Tribenuronmethyl" zugrunde lag.
2. Mit dem Unterlassungsantrag zu 2 begehrt die Klägerin das Verbot, bei Handlungen gemäß dem Unterlassungsantrag zu 1 unter Nennung des Mittels "Atlantis WG" als "Referenzmittel" darauf zu verweisen, dass es sich bei der von der Beklagten eingeführten Ware um einen Reimport handelt, sofern nicht das Originalmittel in seiner Originalverpackung eingeführt wird. Dieser Klageantrag erweist sich als unzulässig. Wenn der Beklagten das Inverkehrbringen des Mittels "Realchemie Mesosulfuron & Iodosulfuron" verboten ist, ist es ihr damit zugleich auch untersagt, bei einem Inverkehrbringen dieses Mittels darauf hinzuweisen, dass es sich um einen Reimport handelt. Für das mit dem Unterlassungsantrag zu 2 verfolgte, aber schon vom Unterlassungsantrag zu 1 im vollen Umfang erfasste Begehren fehlt es daher am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 111/08, GRUR 2011, 345 Rn. 53 = WRP 2011, 451 - Hörgeräteversorgung II). Die Klage ist daher insoweit als unzulässig abzuweisen.
3. Das Berufungsgericht hat die Klage im Übrigen mit Recht als auf der Grundlage der §§ 8, 9, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG 2008 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG (in der Fassung, in der diese Bestimmung in der Zeit vom 1. November 2002 bis zum 13. Februar 2012 gegolten hat; im Weiteren: § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG 2002), Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und § 242 BGB begründet angesehen. 13 a) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG 2002 durften Pflanzenschutzmittel in der Formulierung, in der die Abgabe an den Anwender vorgesehen war, nur in Verkehr gebracht oder eingeführt werden, wenn sie vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zugelassen waren. Die Vorschrift diente der Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/414/EWG. Nach dieser Bestimmung, die bis zum 13. Juni 2011 galt, waren die Mitgliedstaaten verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass in ihrem Gebiet zu anderen als Forschungs- oder Entwicklungszwecken nur die Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht und angewendet werden durften, die sie nach den Bestimmungen dieser Richtlinie zugelassen hatten. Die Zulassung galt dabei nur für Mittel mit gemeinsamem Ursprung; die Mittel mussten daher vom Zulassungsinhaber oder einem verbundenen Unternehmen oder in Lizenz nach derselben Formel und unter Verwendung desselben Wirkstoffs hergestellt sein und auch die gleichen Wirkungen haben (vgl. EuGH, Urteil vom 11. März 1999 - C-100/96, Slg. 1999, I-1499 = EuZW 1999, 341 Rn. 40 - British Agrochemicals Association; Urteil vom 21. Februar 2008 - C-201/06, Slg. 2008, I-735 Rn. 39 - Kommission/Frankreich). Einem von einem konkurrierenden Unternehmen parallel hergestellten Mittel fehlte daher der erforderliche gemeinsame Ursprung, weshalb die für das Referenzmittel bestehende Zulassung von vornherein nicht auch für dieses Mittel galt (EuGH, Slg. 2008, I-735 Rn. 43 - Kommission/Frankreich).
b) Der Beklagten oblag danach der Nachweis, dass es sich bei dem von ihr in Verkehr gebrachten Mittel um das Mittel der Klägerin handelte, für das eine Zulassung bestand (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2009 - I ZR 186/07, GRUR 2010, 160 Rn. 15 = WRP 2010, 250 - Quizalofop; Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 32 = WRP 2012, 1222 - Tribenuronmethyl, jeweils mwN). 15 Sie konnte diesen Beweis im Streitfall allerdings deshalb nicht mehr führen, weil das von ihr vertriebene Mittel dadurch, dass es aus seiner (primären) Verpackung herausgenommen worden war, seine - jedenfalls nach dem Vortrag der Beklagten - zuvor gegebene Verkehrsfähigkeit verloren hatte. Der insoweit im Streitfall gegebene Sachverhalt lässt sich schon von vornherein nicht mit den Fällen vergleichen, in denen bei Arzneimitteln das Umpacken oder Umetikettieren als für deren Verkehrsfähigkeit unschädlich angesehen wird (vgl. auch EuGH, Slg. 2008, I-735 Rn. 44 - Kommission/Frankreich); denn in jenen Fällen ist regelmäßig die Primärverpackung erhalten geblieben, so dass auch die Identität der Mittel in der Regel nicht bestritten ist. Demgegenüber besteht beim Umetikettieren und insbesondere beim Umfüllen eines Pflanzenschutzmittels die Gefahr seiner Verunreinigung oder sonstigen Verfälschung. Zudem können weder die Überwachungsbehörden noch die Mitbewerber und Verbände, die bei Rechtsverstößen gemäß § 8 Abs. 3 UWG klagebefugt sind, noch erst recht die Anwender die Übereinstimmung des gelieferten mit dem zugelassenen Mittel überprüfen (vgl. Koof, AUR 2008, 100; Kaus, StoffR 2010, 176, 177; Ouart, StoffR 2012, 57, 74 bis 76; vgl. weiter zu Parallelimporten im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2, § 16c PflSchG 2006, Art. 52 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates Garon in Fluck/Fischer/von Hahn, REACH + Stoffrecht, Deutsches, Europäisches und Internationales Chemikalien-, Pflanzenschutz-, Biozid- und sonstiges Stoffrecht, Ordn.Nr. 1001, 13. Lfg. Januar 2012, VO 1107/2009, Überblick Rn. 90 f.; Kammann, StoffR 2008, 172, 176; ders., StoffR 2011, 52, 56 bis 58; Kaus, StoffR 2009, 184, 191; ders., StoffR 2010, 176, 177 ff.; Stallberg, StoffR 2009, 216, 221; Ouart, StoffR 2012, 57, 68 bis 70). Soweit dieser Sichtweise entgegengehalten wird, sie verletze die unionsrechtlich vorgesehene strikte Trennung zwischen Vor- und Nachmarktkontrolle (vgl. Winkelmüller/Schink, AUR 2011, 381, 384 f.; vgl. weiter - zum Umpacken bei Parallelimporten gemäß Art. 52 der Ver-17 ordnung (EG) Nr. 1109/2009 - Geesmann, StoffR 2011, 134, 135 ff.; Schink/Winkelmüller, StoffR 2012, 142, 146 f.), bleibt unberücksichtigt, dass der Unionsgesetzgeber gerade auch bei parallelimportierten Pflanzenschutzmitteln Veränderungen an der Verpackung in Art. 52 Abs. 3 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 der Kontrolle im Genehmigungsverfahren unterstellt hat (vgl. ferner Ouart, StoffR 2012, 57, 75).
c) Es ist weder ersichtlich noch im Übrigen auch konkret vorgetragen, dass die vorstehende Sichtweise zu einer Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 34 AEUV führt. Zumindest aber wäre eine solche Beschränkung zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen gemäß Art. 36 AEUV gerechtfertigt (vgl. Ouart, StoffR 2012, 57, 76; vgl. weiter Garon in Fluck/Fischer/von Hahn aaO Rn. 92 f.).
d) Die nach den Bestimmungen, die im Zeitpunkt der beanstandeten Verhaltensweise der Beklagten gegolten haben, des Weiteren erforderlichen Voraussetzungen der Klageansprüche sind ebenfalls erfüllt (vgl. BGH, GRUR 2012, 945 Rn. 29 und 31 - Tribenuronmethyl, mwN). Das Verhalten der Beklagten war auch - anders als ihr Verhalten in dem der Senatsentscheidung "Delan" zugrundeliegenden Fall (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 117/10, GRUR 2012, 407 Rn. 37 = WRP 2012, 456) - als fahrlässig und daher schuldhaft im Sinne des § 9 UWG anzusehen; denn die Beklagte hat sich dabei erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens jedenfalls in Betracht ziehen musste. Dies reicht für die Annahme eines zumindest fahrlässigen Verhaltens aus (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 135/06, GRUR 2009, 685 Rn. 34 = WRP 2009, 803 - ahd.de, mwN). 18 4. Soweit das Berufungsurteil auf ein Unterlassen gerichtet ist, kann es nur Bestand haben, wenn das beanstandete Verhalten auch zum Zeitpunkt der Entscheidung noch zu untersagen ist. Dies ist vorliegend der Fall. Auch auf der Grundlage des heute geltenden Rechts (§§ 8, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG 2008 i.V.m. Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009) stellt sich die Klage als begründet dar.
a) Nach der heute geltenden Rechtslage bedarf die Beklagte - wie schon im alten Recht - für das Inverkehrbringen des in Rede stehenden Produkts im Inland grundsätzlich einer Zulassung nach Art. 28 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (§ 28 Abs. 1 PflSchG 2012), über die sie unstreitig nicht verfügt. Eine solche Zulassung ist vorliegend nicht entbehrlich. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Beklagte sich auf eine für den Parallelhandel erteilte Genehmigung nach Art. 52 der Verordnung stützen könnte (dazu aa) oder wenn es sich um einen Reimport handelte, für den es keiner gesonderten Zulassung bedürfte (dazu bb).
aa) Über eine Genehmigung nach Art. 52 der Verordnung verfügt die Beklagte nicht. Die Voraussetzungen, die die Verordnung für die Erteilung einer solchen Genehmigung vorsieht, wären im Streitfall auch nicht erfüllt gewesen. Die für den Parallelhandel vorgesehene Erteilung der Genehmigung nach Art. 52 der Verordnung setzt voraus, dass das Pflanzenschutzmittel in einem EU-Mitgliedstaat (Ursprungsmitgliedstaat) zugelassen ist und in einem anderen Mitgliedstaat in Verkehr gebracht werden soll, in dem für ein identisches Mittel (Referenzmittel) bereits eine Zulassung besteht. Liegen diese Voraussetzungen vor, braucht lediglich noch die Identität des in Verkehr zu bringenden Mittels mit dem Referenzmittel festgestellt zu werden (Art. 52 Abs. 1 der Verordnung). Die Beklagte hat sich nicht darauf berufen, dass das von ihr aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführte Pflanzenschutzmittel dort aufgrund einer Zulassung 20 nach Art. 28 der Verordnung verkehrsfähig gewesen wäre. Sie hat vielmehr deutlich gemacht, dass ihr das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach Art. 52 der Verordnung deswegen nicht offenstand, weil sie sich nicht auf eine Zulassung und damit auf die Verkehrsfähigkeit im Ursprungsmitgliedstaat, also in dem Mitgliedstaat stützen konnte, aus dem das fragliche Pflanzenschutzmittel nach Deutschland (wieder-)eingeführt worden ist.
bb) Auch ein Reimport, für den es keiner gesonderten Zulassung bedarf, liegt im Streitfall nicht vor.
Die Beklagte beruft sich darauf, dass das Pflanzenschutzmittel, dessen Inverkehrbringen von der Klägerin beanstandet wird, in Deutschland erworben und in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden sei, bevor sie es umgepackt, mit einem eigenen Etikett versehen und wieder nach Deutschland eingeführt habe. Damit liegen die Voraussetzungen nicht vor, die das Gesetz an einen Reimport stellt, für den keine gesonderte Zulassung oder Genehmigung erforderlich ist. Zwar ergibt sich aus § 46 Abs. 1 Satz 2 PflSchG, dass ein Reimport keiner Genehmigung nach Art. 52 der Verordnung - und damit erst recht keiner (erneuten) Zulassung nach Art. 28 der Verordnung - bedarf. Ein Reimport liegt indessen nach § 2 Nr. 17 PflSchG 2012 nur dann vor, wenn ein in Deutschland zugelassenes Pflanzenschutzmittel in seiner für das Inverkehrbringen in Deutschland bestimmten Originalverpackung und Originaletikettierung aus einem anderen Staat wieder eingeführt wird.
b) Die deutsche Regelung, nach der die Verkehrsfähigkeit von reimportierten Pflanzenschutzmitteln davon abhängt, dass sie nicht umgepackt und nicht umetikettiert worden sind, ist mit dem Unionsrecht vereinbar. Dies wird aus der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 deutlich, die das vereinfachte Genehmigungsverfahren des Art. 52 an ganz bestimmte, im Streitfall nicht gegebene 23 Voraussetzungen knüpft (dazu oben Rn. 22). Hintergrund dieser Regelung ist, dass es mit der Warenverkehrsfreiheit des Art. 34 AEUV nicht in Einklang stünde, wenn die Einfuhr und das Inverkehrbringen eines im EU-Ausland verkehrsfähigen Pflanzenschutzmittels, das mit einem im Inland zugelassenen Mittel (ursprungs-)identisch ist, einer (erneuten) vollen Zulassung bedürfte. Der Unionsgesetzgeber hat daher für diese Konstellation das vereinfachte Genehmigungsverfahren vorgesehen, in dem lediglich die Identität des einzuführenden mit dem Referenzmittel geprüft wird.
Der Streitfall zeichnet sich dadurch aus, dass das in Rede stehende Produkt nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vorbringen der Beklagten aus Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedstaat verbracht und von dort wieder nach Deutschland eingeführt worden ist, ohne dass es in diesem anderen Mitgliedstaat verkehrsfähig gewesen wäre. Es ist unionsrechtlich nicht nur unbedenklich, sondern sogar geboten, dass der nationale Gesetzgeber für eine solche Konstellation, in der das in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorgesehene, auf eine Identitätsprüfung beschränkte Genehmigungsverfahren nicht zur Verfügung steht, eine Berufung auf die im Inland bestehende Zulassung auf die Fälle beschränkt, in denen das zu reimportierende Produkt sich noch in der Originalverpackung befindet und noch mit dem Originaletikett versehen ist. Denn andernfalls fände keinerlei Überprüfung der (Ursprungs-)Identität statt. Allein die Versicherung des (Re-)Importeurs, es handele sich um ein im Inland zugelassenes Pflanzenschutzmittel, kann für eine Verkehrsfähigkeit nicht ausreichen.
c) Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (vgl. Geesmann, StoffR 2011, 134, 135 f.; Schink/Winkelmüller, StoffR 2012, 142, 146 f.) kann aus dem Umstand, dass nach Art. 31 Abs. 4 Buchst. i der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Größe und das Material der Verpackung des Pflanzen-26 schutzmittels in der für dieses Mittel erteilten Zulassung festgelegt werden kann, nicht aber festgelegt werden muss, auch nicht geschlossen werden, dass Erwerber des Mittels, die es - wie die Beklagte - weitervertreiben wollen, dabei grundsätzlich auch in einer neuen primären Verpackung anbieten können. Die Gegenmeinung berücksichtigt nicht hinreichend, dass auch beim in Art. 52 der Verordnung geregelten Parallelhandel das einzuführende Pflanzenschutzmittel nur dann im Einfuhrmitgliedstaat verkehrsfähig ist, wenn die dort für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde festgestellt hat, dass es mit dem im Einfuhrmitgliedstaat zugelassenen Referenzmittel identisch ist; die unversehrte Verpackung stellt dabei einen wichtigen Hinweis auf die Identität dar.
5. Nach den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anlass, die von der Klägerin des Weiteren geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zeitlich zu beschränken.
6. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 11. September 2008 - C-428 bis 434/06, Slg. 2008, I-6747 = EuZW 2008, 758 Rn. 42 - UGT-Rioja u.a., mwN). Der Senat hält es nach den angestellten Erwägungen für ausgeschlossen, dass das Unionsrecht es in einer dem Streitfall entsprechenden Konstellation gebietet, auch ohne Prüfung der (Ursprungs-)Identität von einer Verkehrsfähigkeit im Inland auszugehen. 28 III. Nach dem Vorstehenden hat die Revision der Beklagten allein insoweit Erfolg, als sie zur Abweisung der Klage mit dem Unterlassungsantrag zu 2 führt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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LG München I, Entscheidung vom 18.01.2010 - 11 HKO 12891/09 -
OLG München, Entscheidung vom 02.12.2010 - 6 U 1972/10 - 30
BGH:
Urteil v. 17.01.2013
Az: I ZR 19/11
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