Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 18. April 1997
Aktenzeichen: 6 U 91/95
(OLG Köln: Urteil v. 18.04.1997, Az.: 6 U 91/95)
1. Bei Ausbeutung fremder Leistung und/oder Behinderung von Mitbewerbern ist Begehungsort der Ort, an dem die wettbewerblichen Interessen der Parteien kollidieren. Beim Absatz von Produkten an inländische Zwischenhändler und Exporteure in Deutschland treffen hier die Parteiinteressen auch dann aufeinander, wenn die konkurrierende Ware vollständig in das Ausland verbracht wird.
2. Wer systematisch und zielstrebig - zudem mit Preisunterbietung - die Ausstattungen der gesamten, zunächst in Auftragsproduktion abgefüllten Spirituosen seines früheren Auftraggebers -z. Tl. fast identisch - nachahmt, um diesen aus dem Markt zu verdrängen, handelt unlauter i. S. von § 1 UWG.
3. Zur Frage der Verjährung wettbewerblicher Schadensersatzansprüche.
4. Bereit die Anmeldung einer Marke kann sich wettbewerbsrechtlich als sittenwidrig darstellen, wenn sie ohne hinreichenden Grund in Kenntnis des Umstandes bewirkt wird, daß ein Wettbewerber für die gleiche oder für eine verwechselbare schutzwürdige, jedoch nicht eingetragenen Kennzeichnung einen wertvollen Besitzstand erworben hatte. Die bloße Kenntnis der Vorbenutzung reicht hierbei allerdings nicht aus. Diese Grundsätze gelten auch im Falle der bloßen Markenlizenz gegenüber dem Lizenznehmer.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. Juni 1995 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 134/94 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der sich auf die Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung beziehende Tenor des landgerichtlichen Urteils folgende Neufassung erhält:I. Die Beklagten werden verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, in welchen Umfang sie ab 1. September 1993 im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Wodka unter den Bezeichnungen "R.", "T." und "M."in den nachfolgend (in schwarz/weiß) wieder-gegebenen Aufmachungen in den Verkehr gebracht haben, insbesondere, welche Umsätze sie insoweit getätigt haben, und zwar aufgeschlüsselt nach DM Werten und/ oder Kalendermonaten: II. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Kläge-rin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch das Inverkehrbringen von Wodka in der Bundesrepublik Deutschland unter den Bezeichnungen "R.", "T." und "M."in den vorstehend wiedergegebenen Aufmachungen ab 1. September 1993 entstanden ist und/oder noch entstehen wird. III. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 45.000,-- abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der selben Höhe leistet. Der Klägerin wird nachgelassen, diese Sicherheit in Form der unbedingten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen schriftlichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öf-fentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen. Die mit diesem Urteil für die Beklagten verbundene Beschwer wird auf jeweils DM 90.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin befaßt sich seit Frühjahr 1992 mit der Produktion
und dem Vertrieb von Spirituosen. Zu ihrer Produktpalette gehören
drei Wodkaerzeugnisse, die sie jeweils unter den Bezeichnungen
"R.", "T." und "M." in den aus den Lichtbildern Bl. 33 bis 35 d.A.
(Anlagen 4 bis 6 zur Klageschrift) ersichtlichen Ausstattungen in
den Verkehr bringt. Zu den Abnehmerkreisen der erwähnten
Wodkaprodukte gehören unter anderem deutsche Firmen, welche die
genannten Spirituosen hauptsächlich in osteuropäische Länder,
darunter die GUS-Staaten, exportieren. Teilweise beliefert die
Klägerin ausländische Firmen, darunter wiederum solche aus den
GUS-Staaten, direkt. Im Jahre 1992 verkaufte die Klägerin insgesamt
ca. 15 Millionen Flaschen Spirituosen, wobei auf die drei
vorbezeichneten Wodkaprodukte ein Anteil von 9 Millionen Flaschen
entfiel. Im Jahre 1993 belief sich die Gesamtproduktion der
Klägerin auf ca. 26 Millionen Flaschen, darunter 15 Millionen
Flaschen der oben genannten Wodkaerzeugnisse.
Auch die Beklagte zu 1), deren Rechtsvorgängerin während des
Bestehens der (ehemaligen) DDR Pectin produzierte und vertrieb, ist
Herstellerin und zugleich Vertreiberin von Spirituosen. Sie war ab
August 1992 bis Spätsommer 1993 als Auftragsproduzentin von der
Klägerin zur Herstellung der oben genannten Wodkaerzeugnisse
herangezogen worden. Diese Zusammenarbeit der Parteien beruhte auf
einer im Sommer 1992 zustande gekommenen mündlichen Vereinbarung,
wonach die Beklagte die Produkte der Klägerin abfüllen und die
Klägerin der Beklagten hierfür die Flaschen, Etiketten,
Verschlüsse, Kartonagen sowie den Alkohol und die Rezeptur für das
jeweils abzufüllende Produkt zur Verfügung stellen sollte. Die
Beklagte sollte auf Anweisung der Klägerin sodann die Ware an die
klägerseits mit dem Versand beauftragten Spediteure aushändigen,
wobei die Klägerin der Beklagten die etwa erforderlichen
Ausfuhrpapiere mit den Kundenadressen zur Weiterleitung an den
Spediteur aushändigte.
Nachdem die Beklagte in den ersten acht Monaten des Jahres 1993
1,7 Millionen Flaschen für die Klägerin abgefüllt hatte, ging sie
im September 1993 dazu über, eigene Wodkaprodukte, für die sie
ebenfalls die Bezeichnungen "R.", "T." und "M." wählte, in den aus
den Lichtbildern Bl. 37/38 und 39 (rechtes Produkt) der Akte
(Anlagen 7 bis 8 zur Klageschrift) wiedergegebenen Ausstattungen
herzustellen und anzubieten. Einen Teil dieser Wodkaspirituosen
verkaufte die Beklagte zu 1) im Oktober/November 1993 an die in B.
ansässige Firma N. GmbH - eine Kundin der Klägerin. Der
Verkaufspreis der Beklagten lag dabei unter demjenigen, den die
Klägerin von ihren Abnehmern für ihre Wodkaprodukte verlangte.
Unter dem Datum des 10./17. Dezembers 1993 schloß die Beklagte
mit der S. GmbH (im folgenden: S.) eine Vereinbarung, wonach
letztere ihr für die Dauer von zehn Jahren die ausschließliche
Lizenz an der zugunsten der S. eingetragenen deutschen Marke ...
sowie der zugehörigen IR-Marke (...) für Waren der Warenklasse 33
(alkoholische Getränke) einräumte. Hinsichtlich des Inhalts der
erwähnten Lizenzvereinbarung im einzelnen wird auf Bl. 92 f. (=
Anlage B 11 zur Klageerwiderung vom 30. September 1994) Bezug
genommen.
Im Februar 1994 trat die Beklagte zu 1) mit einer angeblichen
weiteren Kundin der Klägerin, der Firma A. U. Handelsvertretung in
K., in geschäftliche Verhandlungen betreffend die Lieferung von
Wodka, darunter ein Produkt mit der Bezeichnung "R.", ohne daß es
jedoch zu einem Geschäftsabschluß kam. Bezüglich der Einzelheiten
insoweit wird auf die Schreiben Bl. 78/79 d.A.(= Anlagen B 3 und B
4 zur Klageerwiderung vom 30. September 1994) verwiesen.
Die Klägerin, die die von der Beklagten gewählten Ausstattungen
der drei Wodkaprodukte nach § 1 UWG für wettbewerblich unzulässige
Nachahmungen ihrer eigenen "R.-", "T."- und "M."-Erzeugnisse hält,
hat daraufhin gegen die Beklagte zu 1) unter dem Datum des
08.03.1994 eine im Beschlußweg erlassene einstweilige Verfügung
erwirkt (31 O 134/94 Landgericht Köln). Darin wurde der Beklagten
zu 1) verboten, in der Bundesrepublik Deutschland Wodka unter den
Bezeichnungen "R.", "T." und "M." in den beanstandeten Aufmachungen
- wie auf Bl. 37, 38 und 39 (rechtes Produkt (farbig)) d.A.
wiedergegebenen - in den Verkehr zu bringen.
Nachdem die Beklagte zu 1) ihren gegen diese einstweilige
Verfügung eingelegten Widerspruch hinsichtlich der Produkte "T."
und "M." zurückgenommen und die einstweilige Verfügung insoweit als
endgültige Regelung anerkannt hatte, hat das Landgericht die
Beschlußverfügung hinsichtlich des allein noch im Streit
gebliebenen Produkts "R." durch Urteil vom 19.04.1994 bestätigt.
Hinsichtlich der Einzelheiten des genannten landgerichtlichen
Urteils, welches die beanstandete Produktausstattung "R." der
Beklagten als unter dem Gesichtspunkt der wettbewerblichen
Behinderung und des Vertrauensbruchs unlautere Nachahmung der
klägerischen Ausstattung eingeordnet hat, wird auf Bl. 15 bis 27
d.A.(= Anlage 1 zur Klageschrift) Bezug genommen. In dem zur
Verhandlung über die Berufung der Beklagten zu 1) gegen dieses
Urteil anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung beim
Oberlandesgericht hat die Beklagte zu 1) sodann hinsichtlich der
Ausstattung "R." eine strafbewerte
Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, woraufhin die
Parteien das einstweilige Verfügungsverfahren in der Hauptsache
übereinstimmend zur Erledigung gebracht haben.
Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin - insoweit als
Hauptsache zu dem vorstehenden einstweiligen Verfügungsverfahren -
von der Beklagten zu 1) sowie ferner von den Beklagten zu 2) und zu
3) als deren Geschäftsführern die Unterlassung begehrt, Wodka unter
der Bezeichnung "R." in der beanstandeten Aufmachung in den Verkehr
zu bringen. Angesichts der in dem einstweiligen Verfügungsverfahren
einvernehmlich herbeigeführten Erledigung der Hauptsache haben die
Parteien sodann auch hier die Hauptsache diesbezüglich für erledigt
erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.
Darüber hinaus verlangt die Klägerin vorliegend hinsichtlich
aller drei beanstandeten Wodka-Ausstattungen die Feststellung, daß
die Beklagten zum Ersatz des ihr - der Klägerin - aus dem
Inverkehrbringen dieser Ausstattungen entstandenen und noch
entstehenden Schaden verpflichtet sind sowie schließlich die
Erteilung von Auskünften, deren sie zur Bezifferung ihrer
Schadensersatzforderung bedürfe.
Die Klägerin hat behauptet, erstmals Anfang/Mitte Februar 1994
davon Kenntnis erlangt zu haben, daß die Beklagte bereits im
September 1993 Kontakte mit ihren - der Klägerin - Kunden
angeknüpft habe, um diese mit den ihren, der Klägerin,
Wodkaspirituosen fast identisch "nachgeahmten" Konkurrenzprodukten
zu beliefern. Dies sei gezielt und planmäßig geschehen, um sie, die
Klägerin, mit ihrer gesamten Wodkaserie aus dem von ihr erfolgreich
aufgebauten Marktanteil zu verdrängen. Die Beklagten, so hat die
Klägerin weiter vorgebracht, seien zu diesem Zweck unter Ausnutzung
der im Rahmen der vertraglichen Zusammenarbeit erlangten Kenntnisse
von sich aus sowohl an die Firma N. als auch an die Firma U.
herangetreten, um sie ihr, der Klägerin, als Geschäftspartner
abspenstig zu machen und sich als billigere Lieferantin der drei
Wodkamarken anzudienen. Dies stelle sich, so hat die Klägerin
vertreten, als unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensbruchs
unlauteres Verhalten im Sinne von § 1 UWG dar. Ein Verstoß gegen §
1 UWG sei aber auch deshalb zu bejahen, weil, so hat die Klägerin
weiter geltend gemacht, die Beklagten ihre - der Klägerin - Kunden
getäuscht und diesen Kopien untergeschoben hätten. Denn die Kunden
seien davon ausgegangen, daß die Beklagte zu 1) bei ihren Angeboten
als Abfüllerin der Klägerin tätig werde. Bei dieser Sachlage sei
schließlich auch der Vorwurf eines gemäß § 1 UWG
wettbewerbswidrigen Verhaltens unter dem Gesichtspunkt der
vermeidbaren Herkunftstäuschung gerechtfertigt.
Was die Ausstattung des Wodkaprodukts "R." angehe, könnten die
Beklagten sich demgegenüber auch nicht auf etwaige, aus der Marke
... hergeleitete Rechte berufen. Das Geltendmachen von Rechten
betreffend die genannte Marke stelle sich vielmehr ihr - der
Klägerin - gegenüber als sittenwidrige Behinderung durch Ausnutzung
einer formalen Zeichenposition dar und sei daher
rechtsmißbräuchlich.
Die Klägerin hat beantragt,
1.
die Beklagten zu verurteilen, Auskunft
darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer
1 des Verfügungsbeschlusses des Landgerichts Köln, 31 O 134/94, vom
8. März 1994, bisher begangen haben, insbesondere, welche Umsätze
sie insoweit getätigt haben, und zwar aufgeschlüsselt nach
DM-Werten und/oder Kalendermonaten;
2.
festzustellen, daß die Beklagten als
Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr, der Klägerin, allen Schaden
zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1 des Verfügungsverbotes
des Landgerichts Köln, 31 O 134/94, vom 8. März 1994 umschriebenen
Handlungen bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben behauptet, daß nicht sie sich an die Firmen
N. und U. mit den in Rede stehenden Lieferangeboten für Wodka in
den beanstandeten Ausstattungen gewandt hätten, vielmehr seien
umgekehrt zunächst die genannten Firmen an sie, die Beklagten, mit
der Anfrage um (billigere) Lieferung der genannten Erzeugnisse
herangetreten. Ihnen, den Beklagten, sei dabei auch nicht bekannt
gewesen, daß es sich bei den erwähnten Firmen um Kunden der
Klägerin gehandelt habe. Im übrigen treffe es auch nicht zu, daß
die verfahrensgegenständlichen Wodka-Produkte unter Ausnutzung erst
von der Klägerin erworbener Kenntnisse hergestellt worden seien.
Sie, die Beklagten, hätten nicht nur bereits aus der Zeit der
Produktion von Pectin über das erforderliche knowhow zur
Herstellung von Spirituosen verfügt, sondern auch die konkret
gewählten Ausstattungen der Wodkaprodukte unter Verwendung
allgemein zugänglicher Formen entwerfen lassen. Bei dieser Sachlage
greife weder der Vorwurf, sich einen Wettbewerbsvorsprung durch
Vertrags- bzw. Vertrauensbruch unlauter verschafft zu haben, noch
handele es sich bei den angegriffenen Ausstattungen um aus
wettbewerblicher Sicht beanstandungswürdige Nachahmungen.
Jedenfalls aber müsse sich die Klägerin den Einwand der
"uncleanhands" gefallen lassen, da sie selbst ihre - der Beklagten
- sowie der Firma S. an der Marke ... bestehenden markenmäßigen
Rechtspositionen verletzt habe. Entsprechendes gelte hinsichtlich
der Produkte "T." und "M.". Die Klägerin habe auch insoweit die
Markenrechte Dritter, nämlich der Firmen "L. E. GmbH & Co. KG"
und "S. D. Handelsgesellschaft mbH", zu deren Gunsten jeweils die
Marken "T." und "M." eingetragen seien, verletzt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im erstinstanzlichen
Vorbringen der Parteien wird auf die zwischen ihnen in erster
Instanz jeweils gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug
genommen.
Mit Urteil vom 6. Juni 1995, auf welches zur näheren
Sachdarstellung verwiesen wird, hat das Landgericht der Klage im
noch streitigen Umfang entsprochen und die Beklagten zur Erteilung
der verlangten Auskünfte verurteilt sowie die begehrte Feststellung
der Schadensersatzpflicht getroffen. Zur Begründung dieser
Entscheidung hat das Landgericht - im wesentlichen unter Bezugnahme
auf das Urteil in dem vorangegangenen einstweiligen
Verfügungsverfahren 31 O 134/94 - ausgeführt, daß sich der Vertrieb
der drei Wodkaausstattungen durch die Beklagte als unlauter im
Sinne von § 1 UWG darstelle. Der Unlauterkeitsvorwurf ergebe sich
daraus, daß die Beklagten "ohne irgendeine erkennbare berechtigte
Motivation drei verschiedene Wodkasorten in ihrer Ausstattung
nachempfunden" hätten.
Gegen dieses ihnen am 27. Juni 1995 zugestellte Urteil richtet
sich die am 27. Juli 1995 eingelegte Berufung der Beklagten, die
sie - nach entsprechend gewährter Fristverlängerung - mittels eines
am 15. November 1995 eingegangenen Schriftsatzes rechtzeitig
begründet haben.
Die Beklagten halten an ihrer bereits erstinstanzlich
vertretenen Auffassung fest, daß sich das Inverkehrbringen der drei
angegriffenen Wodkaausstattungen nicht als unlauter im Sinne von §
1 UWG darstelle. Zum einen sei bereits die Anwendung deutschen
Wettbewerbsrechts zweifelhaft, weil die Erzeugnisse ausschließlich
zum Verzehr im Ausland bestimmt seien. Zum anderen aber - so machen
die Beklagten weiter geltend - könnten auch die materiellen
Voraussetzungen eines Wettbewerbsverstoßes im Sinne von § 1 UWG
nicht bejaht werden. Sie - die Beklagten - müßten sich weder einen
im Verhältnis gegenüber der Klägerin begangenen Vertrauensbruch
vorwerfen lassen, da sie zum Vertrieb der angegriffenen
Wodkaausstattungen erst übergegangen seien, nachdem die
Zusammenarbeit der Parteien im September 1993 geendet habe; danach
aber hätte sie keinerlei Rücksichtnahmepflicht mehr getroffen, noch
liege eine "Nachahmung" der klägerischen Produktausstattungen vor.
Denn sie - die Beklagten - hätten für die graphische Gestaltung
ihrer Etiketten die üblichen und allgemeinen zugänglichen
produktypischen Darstellungsmerkmale gewählt. Die Produktnamen
"R.", "T." und "M." seien im übrigen für die Klägerin nicht
geschützt. Der Vorwurf der vermeidbaren Herkunftstäuschung
scheitere daran, daß die russischen Endverbraucher, die
Hauptabnehmer der in Rede stehenden Produkte, einer derartigen
Täuschungsgefahr nicht unterlägen. In Deutschland seien hingegen
nur Fachkreise angesprochen, die aber über die betriebliche
Herkunft nicht getäuscht würden.
Jedenfalls aber seien der angebliche Schadensersatzanspruch der
Klägerin sowie der daran anknüpfende Anspruch auf
Auskunftserteilung verjährt; denn die Klägerin habe schon im
Oktober 1993 Kenntnis der hier angegriffenen Verletzungshandlungen
erlangt.
Schließlich aber sei die Klägerin an der Geltendmachung der
verfahrensbefangenen Ansprüche gehindert, weil sie selbst
Markenverletzerin sei. Soweit sie - die Beklagten - der Klägerin
die an der Marke ... erworbene ausschließliche Lizenz bzw. -
insoweit unter Berufung auf eine der Beklagten zu 1) von der
Markeninhaberin S. unstreitig erteilte Ermächtigung - die
Markenrechte der Firma S. entgegenhielten, erweise sich das auch
nicht als rechtsmißbräuchlich. Denn die Klägerin könne sich wegen
der ihr anzulastenden Markenverletzungen nicht auf den Erwerb eines
an den verteidigten Ausstattungen bestehenden schutzwürdigen
Besitzstandes berufen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage unter Abänderung des am 6.
Juni 1995 verkündeten Urteils der 1. Kammer für Handelssachen des
Landgerichts Köln - 81 O 134/94 - abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe
zurückzuweisen, daß Auskunft und Schadensersatzfeststellung ab 1.
September 1993 begehrt werden.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Sie hält insbesondere daran fest, daß sich das
Inverkehrbringen der beanstandeten Wodkaausstattungen, mit dem die
Beklagten die ihnen anvertraut gewesene gesamte Wodkaserie der
Klägerin planmäßig und systematisch nachgeahmt hätten, als
wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG erweise.
Es treffe weiter auch nicht zu, daß ihr - der Klägerin - bereits
im Oktober 1993 die hier in Rede stehenden Verletzungshandlungen
der Beklagten bekannt gewesen seien. Im Oktober 1993 habe sie
vielmehr Kenntnis von einer anderen, hier aber nicht
verfahrensgegenständlichen Verletzungshandlung der Beklagten,
nämlich der unberechtigten Abzweigung von original
Warenkontingenten, erhalten.
Soweit die Beklagten schließlich ihrerseits aus der Marke ...
resultierende Ansprüche geltend machen, könne das die Klagebegehren
nicht zu Fall bringen. Denn es handele sich bei diesem Einwand der
Beklagten jedenfalls um die mißbräuchliche und treuwidrige
Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung. Im übrigen könne eine der
Beklagten zu 1) etwa zustehende markenrechtliche Rechtsposition
betreffend nur ein isoliertes Ausstattungsmerkmal nicht die
"Plünderung" der Gesamtausstattung eines fremden Produkts
rechtfertigen.
Auch hinsichtlich der Einzelheiten im Berufungsvorbringen der
Parteien wird auf ihre in dieser Instanz jeweils vorgebrachten
schriftsätzlichen Ausführungen nebst Anlagen bezug genommen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig. In der Sache hat
sie jedoch keinen Erfolg.
Die Klägerin kann in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen
Umfang nicht nur die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung
der Beklagten, sondern auch die Erteilung der begehrten Auskunft
verlangen.
I.
Das Schadensersatzfeststellungsbegehren der Klägerin ist gemäß §
1 UWG begründet.
Daß die genannte Vorschrift als Bestandteil des deutschen
Wettbewerbsrechts im gegebenen Fall überhaupt Anwendung findet,
kann - entgegen der Auffassung der Beklagten - von vornherein
keinem Zweifel unterliegen. Wettbewerbsverstöße sind unerlaubte
Handlungen, auf die daher grundsätzlich das Recht des
Begehungsortes anzuwenden ist (vgl. für viele: BGHZ 35, 329/333 f.
- "Kindersaugflaschen" -; BGH GRUR 1982, 495/497 -
"Domgarten-Brand" -; OLG Köln GRUR 1993, 763). Letzteres ist der
Ort, an dem die wettbewerblichen Interessen der Mitbewerber
aufeinandertreffen, was - wenn, wie hier, die Ausbeutung fremder
Leistung und/oder die Behinderung von Mitbewerbern in Rede steht -
in aller Regel der Ort ist, an dem sich die Konkurrenzerzeugnisse
begegnen und/oder der Mitbewerber gehindert wird, seine Leistung
zur Geltung zu bringen (vgl. BGH a.a.O. - "Domgarten-Brand" -;
Köhler-Piper, UWG, Einführung Randnummern 76 und 77 - jeweils
m.w.N. -). Beide Gesichtspunkte ergeben vorliegend aber Deutschland
als maßgeblichen Ort der wettbewerblichen Interessenkollision. Denn
hier konkurrieren die Parteien mit ihren Wodkaspirituosen
jedenfalls beim Absatz ihrer Produkte an die inländischen
Zwischenhändler und Exporteure miteinander; hier wird die Klägerin
durch die angegriffenen Ausstattungen der Beklagten daher auch
daran gehindert, ihre Leistung auf dem Markt zur Geltung zu
bringen.
Die somit anwendbare Vorschrift des § 1 UWG ist auch ihren
materiellen Voraussetzungen nach erfüllt. Das Inverkehrbringen der
Wodkaprodukte in den konkret angegriffenen Ausstattungen (vgl.
hierzu die Abbildungen Bl. 37, 38 und 39 - rechtes Produkt -) durch
die Beklagte zu 1) stellt sich als unter dem Gesichtspunkt einer
mittels systematischer und zielbewußter Nachahmung bewirkten
Behinderung unlauteres, mithin zum Schadensersatz verpflichtendes
Verhalten dar.
Allerdings ist es richtig, daß die bloße Nachahmung fremder
Erzeugnisse, die - wie im gegebenen Fall die Ausstattungen der
Klägerin - nicht unter Sonderrechtsschutz stehen, für sich allein
grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig ist. Um einen Verstoß gegen §
1 UWG annehmen zu können, bedarf es vielmehr weiterer, über die
Tatsache der bloßen Nachahmung hinausgehender, im objektiven oder
subjektiven Tatbestand der Vorgehensweise des Nachahmenden
begründeter Begleitumstände (vgl. für viele: BGH GRUR 1977, 66/667
- "Einbauleuchten" -; BGH GRUR 1967, 315, 317 - "Skai-Cubana" -
jeweils m.w.N.). Solche, die Unlauterkeit der Handlungsweise
ergebenden Begleitumstände liegen aber dann vor, wenn ein
Wettbewerber systematisch und zielbewußt eine Vielzahl der vom
Mitbewerber auf den Markt gebrachten Erzeugnisse nachahmt, um so
die geschäftliche Betätigung des Mitbewerbers auf dem Markt zu
behindern (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl.,
Rdn. 480 zu § 1 UWG m.w.N.). Diese Vorgehensweise, die sich nicht
in der bloßen Nachahmung als solcher erschöpft, stellt sich als mit
den guten Sitten des Leistungswettbewerbs unvereinbare Behinderung
dar, weil die hierdurch eintretende Beeinträchtigung des
Mitbewerbers im Absatz seiner Produkte sich dann nicht als Folge
des wettbewerbsimmanenten Vergleichs der Preiswürdigkeit und der
Qualität der sich gegenüberstehenden Leistungen ergibt, sondern aus
dem Ausschluß eines Mitbewerbers von einem derartigen
Leistungsvergleich (vgl. Baumbach/Hefermehl a.a.O., Rdn. 208 und
480 zu § 1 UWG; Köhler/Piper a.a.O., Rdn. 285 zu § 1 UWG - jeweils
m.w.N. -).
Das Verhalten der Beklagten erweist sich nach diesen Maßstäben
als wettbewerbswidrig. Denn sie haben systematisch und zielstrebig
- zudem bei Unterbietung im Preis - die Ausstattungen der gesamten,
zunächst in Auftragsproduktion abgefüllten klägerischen
Wodkaspirituosen der Klägerin - zum Teil fast identisch -
nachgeahmt, um so die Klägerin vom Markt zu verdrängen.
Daß es sich bei den von den Beklagten in den Verkehr gebrachten
verfahrensgegenständlichen Wodkaausstattungen überhaupt um
Nachahmungen der klägerischen "Wodkaserie" handelt, kann dabei ohne
weiteres bejaht werden.
Dabei bedarf es von vornherein nicht der Entscheidung, ob den
klägerischen Produktausstattungen - um dem wettbewerblichen Schutz
nach vorbezeichneten Maßstäben teilhaftig werden zu können-
wettbewerbliche Eigenart zukommen muß (dies teilweise verneinend:
Baumbach/Hefermehl a.a.O., Rdn. 480 zu § 1 UWG). Das kann hier
deshalb offen bleiben, weil den klägerischen Produktausstattungen
eine derartige wettbewerbliche Eigenart vorliegend jedenfalls
beigemessen werden kann. Denn sowohl die konkrete farbliche und
graphische Gestaltung der Etiketten sowie - bei "T." - darüber
hinaus auch die besondere Form und Oberfläche der Flasche, stellen
die Ausstattungen der Klägerin individuell prägende Merkmale dar,
die geeignet sind, im Verkehr Vorstellungen über die betriebliche
Herkunft der Produkte hervorzurufen. Daß sich die einzelnen
Ausstattungsmerkmale - Flaschenform und Form der Etiketten,
Doppeladler und Krone sowie Schriftart und Farbtöne - einzeln oder
in Teilkombinationen auch bei anderen auf dem Markt befindlichen
Produkten wiederfinden mögen, steht der wettbewerblichen Eigenart
der klägerischen Flaschengestaltungen nicht entgegen. Denn es kommt
auf die konkrete Zu- und Anordnung der genannten Merkmale in den
Ausstattungen der klägerischen Produkte an, die aber in dieser
konkreten Form geeignet ist, kennzeichnend für die betriebliche
Herkunft zu wirken.
Diese - wettbewerblich eigenartigen - Ausstattungen der
klägerischen Wodkaerzeugnisse ahmen die angegriffenen
Produktausstattungen der Beklagten auch nach.
Bei dem Wodkaprodukt "T." drängt sich der Tatbestand der
Nachahmung geradezu auf: Die Produktaufmachung der Beklagten
übernimmt fast alle die Ausstattung des Produkts "T." der Klägerin
prägenden Elemente, angefangen bei der Form und der unebenen
Oberflächengestaltung der Flasche bis hin zur Farbgebung des
Etiketts und dessen graphischer Aufteilung, die dadurch
gekennzeichnet ist, daß über dem Schriftzug "T." eine von den
Beklagten ebenfalls wiederum fast identisch übernommene
dreispännige Kalesche plaziert ist. Unter dem genannten Schriftzug
"T." findet sich sodann - wie bei dem klägerischen Produkt - in der
Ausstattung der Beklagten auf schwarzem Feld in goldfarbenen
kyrillischen Buchstaben der Begriff "Wodka". Auch mit der
Gestaltung des Schriftzuges der Produktbezeichnung "T." selbst
nähert sich die Ausstattung des Produkts der Beklagten fast
identisch derjenigen des klägerischen Erzeugnisses an: So ist nicht
nur der den Schriftzug graphisch dominierende Querbalken des
Anfangsbuchstabens "T" jeweils über die gesamte Wortlänge
ausgestrichen, sondern es findet sich darüber hinaus auch das
rechts verlaufende "Häkchen" im Aufstrich des Buchstabens "T" in
beiden Ausstattungen wieder.
Aber auch die Gestaltung des Produkts "M." der Beklagten ahmt
die Produktausstattung der Klägerin in ihren wesentlichen, den
Gesamteindruck prägenden Merkmalen nach: Auch hier ist der die
Produktgestaltung der Klägerin erheblich mitprägende Doppeladler
nicht nur in seiner konkreten Ausgestaltung selbst fast identisch
übernommen. Er findet sich darüber hinaus auch an der gleichen
Stelle wieder, an der er auf dem klägerischen Etikett plaziert ist.
Hinzukommt, daß der Schriftzug "M." - wie bei der Ausstattung der
Klägerin - unmittelbar unterhalb des genannten Doppeladlers
angebracht ist und die in sich gebogene Form kopiert. Auch die
Farbgestaltung des klägerischen "M."-Produktes wurde zum Teil
übernommen. Der für das "Mittelfeld" des klägerischen Etiketts
gewählte blaue Farbton findet sich in der Gestaltung des Etiketts
der "M."-Ausstattung der Beklagten gleichfalls im "Mittelteil" des
Etiketts wieder: In beiden Gestaltungen ist damit im Ergebnis der
"Doppeladler" unterlegt. Auch diese Óbereinstimmungen machen ihrem
Gesamteindruck nach eindeutig die Ausstattung der Beklagten als
Nachahmung des "M."-Produkts der Klägerin erkennbar.
Gleiches gilt im Ergebnis hinsichtlich der Ausstattung des
Wodkas "R.". Zwar weist die "R."-Ausstattung der Beklagten in der
farblichen Gestaltung noch den weitesten Abstand von dem
klägerischen Vergleichsprodukt auf. Das ändert jedoch nichts an der
durch die übrigen Gestaltungselemente hervorgerufenen Àhnlichkeit.
Form und Größe des von den Beklagten gewählten Etiketts entsprechen
denjenigen des klägerischen Produkts. Entsprechendes gilt
hinsichtlich der silbernen Umrandung des Etiketts. Auch dessen
graphische Aufteilung sowie die Proportionen der auf dem Etikett
jeweils gewählten und zugeordneten Gestaltungselemente übernehmen
die Ausstattung des klägerischen Produkts. Im oberen Drittel des
Etiketts findet sich jeweils in gleichen Buchstaben die
Sortenbezeichnung "Wodka". Dem folgt sodann die Darstellung einer
zudem ähnlichen Krone in fast gleicher Größe, der sich mit
identischem Schriftbild in gleicher Weise durch Hervorhebung der
Anfangs- und Endbuchstaben der Name des Produkts "R." anschließt.
Darunter findet sich wiederum - auch insoweit übernimmt die
Ausstattung der Beklagten diejenige des klägerischen Produkts - ein
in der Größe und optischen Ausgestaltung fast identischer
Doppeladler. Diese übereinstimmenden Merkmale in ihrer Gesamtheit
würdigend, entsteht daher von der graphischen Aufteilung und
Proportion der die Aufmachungen der Wodkaflaschen jeweils prägenden
Elemente her ein Annäherungsgrad, der die Ausstattung der Beklagten
als Nachahmung der klägerischen Produkts offenbart.
Die Beklagten sind bei den vorstehenden Nachahmungen, die
aufgrund der Art und des Umfangs der Óbereinstimmungen bei allen
drei Ausstattungen nicht auf einem bloßen Zufall beruhen können,
auch systematisch und zielstrebig vorgegangen, um die Klägerin in
ihrer Geschäftstätigkeit zu behindern. Dafür spricht eindeutig der
Umstand, daß die Beklagten die gesamte, aus drei Produkten
bestehende "Wodkaserie" der Klägerin nachgeahmt und auf dem selben
Markt zu einem niedrigeren Preis als die Klägerin angeboten haben.
Bei den drei Wodkaspirituosen handelt es sich dabei angesichts der
unstreitigen Umsatzzahlen der Klägerin auch um einen ganz
erheblichen Posten des Gesamtsortiments der Klägerin, der ihren
Absatz daher nicht nur marginal berührt. Daß die Klägerin daher
durch diese, zudem bei Preisunterbietung angebotenen Nachahmungen
im Verkauf eines erheblichen Bestandteils ihres Produktsortiments
objektiv behindert wird, liegt auf der Hand. Die vorbezeichneten
Umstände, unter denen die Nachahmungen von den Beklagten angeboten
werden, offenbaren weiter aber auch im Subjektiven ihre
koordinierte Vorgehensweise, die darauf abzielt, die Klägerin, die
andere Wodkaprodukte als die nachgeahmten Erzeugnisse unstreitig
nicht anbietet, vom Markt für eben diese Spirituosen überhaupt
auszuschließen. Denn daß es den Beklagten gerade darum ging, die
Klägerin mit ihrem Wodkaangebot überhaupt vom Markt zu verdrängen,
belegt vor allem die Tatsache, daß sie sämtliche Nachahmungen der
Artikel der Produktserie der Klägerin gerade unter Unterbietung von
deren Preis anboten. Auch wenn es den Beklagten nicht bekannt
gewesen sein sollte, zu welchem konkreten Preis die Klägerin
ihrerseits ihre Wodkaprodukte an ihre eigenen Abnehmer, hier
konkret die exportierenden Zwischenhändler, abgab, lag die
Preisunterbietung doch offen auf der Hand: Die Beklagten selbst
tragen vor, daß sie die von ihnen abgefüllten bzw. hergestellten
Wodkaspirituosen an alle ihre Abnehmer zum gleichen Preis abgeben
bzw. abgegeben haben. Dann mußte sich ihnen die Erkenntnis geradezu
aufdrängen, daß sie die Klägerin im Preis unterbieten, wenn sie
einem Zwischenhändler den Preis berechnen, den sie auch der
Klägerin in Rechnung gestellt haben; denn daß die Klägerin
ihrerseits einen Zwischenhändler nicht zu den Preisen beliefern
wird, die sie selbst für den Bezug der Ware von der Beklagten zu
zahlen hat, liegt auf der Hand.
Eine im vorstehenden Sinn systematische und planmäßige
Vorgehensweise wird weiter auch nicht dadurch widerlegt, daß die
Beklagten sich angeblich nicht von sich aus mit dem Angebot, die
billigeren Nachahmungen zu liefern, an Kunden der Klägerin gewandt
haben, sondern daß umgekehrt angeblich die Kunden der Klägerin mit
dem Wunsch um Lieferung der in Rede stehenden Wodkaausstattungen an
die Beklagten herangetreten sind. Denn selbst wenn der Anstoß zur
Lieferung der Wodkaspirituosen von dritter Seite gekommen sein
sollte, rechtfertigt das weder die Lieferung von Wodkaprodukten
gerade in den hier in Rede stehenden, die Originale der Klägerin
nachahmenden Ausstattungen, noch nimmt das diesen Nachahmungen den
Charakter eines Mittels zur Behinderung. Auch der weitere Einwand
der Beklagten, ihnen sei überhaupt nicht bekannt gewesen, daß es
sich bei den den Wunsch um Lieferung der Wodkaprodukte an sie
herantragenden Firmen N. und U. um Kunden der Klägerin gehandelt
habe, ist demgegenüber unerheblich. Denn dies entkräftet nicht die
sich in dem Umstand gerade der Preisunterbietung beim Angebot der
nachgeahmten Produktserie offenbarende Behinderung.
Erweist sich nach alledem die Vorgehensweise der Beklagten schon
unter dem Gesichtspunkt der durch systematisches und zielstrebiges
Nachahmen bewirkten Behinderung als wettbewerbswidrig, kommt es
schließlich nicht darauf an, ob sich ihr Verhalten auch deshalb als
wettbewerbswidrig darstellt, weil sie hierbei ihnen im Rahmen der
Zusammenarbeit mit der Klägerin anvertraute und nicht ohnehin
zugängliche Kenntnisse ausgenutzt, oder aber jedenfalls einer
nachvertraglichen Treue- und Loyalitätspflicht zuwidergehandelt
haben. Nur am Rande sei daher darauf hingewiesen, daß die
Vorgehensweise der Beklagten selbst dann in bezug auf einen
"Vertrauensbruch" wettbewerbsrechtlich zumindest bedenklich
erscheint, wenn sie bei der Herstellung und dem Vertrieb der
Nachahmungen ihnen bereits aufgrund ihrer Vorkenntnisse zur
Verfügung stehende, allgemein zugängliche Informationen und
Knowhow verwertet haben. Denn die Beklagten trafen trotz
Beendigung der auf der mündlichen Vereinbarung beruhenden
vertraglichen Zusammenarbeit nachwirkende Rücksichtnahmepflichten.
Dies würdigend erscheint es auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht
im höchsten Maße bedenklich, wenn die Beklagten sich - zeitlich
zusammentreffend mit der Beendigung der Zusammenarbeit der Parteien
- mit zum Teil fast identischen Nachahmungen der gesamten, ihnen im
Rahmen der Auftragsproduktion zur Herstellung anvertraut gewesenen
Wodkaproduktpalette der Klägerin unter Unterbieten von deren
Preisen an den selben Abnehmerkreis, nämlich die hauptsächlich den
osteuropäischen Markt beliefernden Exporteure, wenden.
Da der Eintritt eines aus diesem, nach alledem als
wettbewerbswidrig einzuordnenden Verhalten der Beklagten
resultierenden Schadens der Klägerin sowohl in der Vergangenheit
als auch für die Zukunft wahrscheinlich ist und die Beklagten zu 2)
und zu 3) weiter auch ein der Beklagten zu 1) über § 31 BGB ohne
weiteres haftungsmäßig zurechenbares Verschulden trifft, liegen die
materiellen Voraussetzungen des geltendgemachten
Schadensersatzfeststellungsbegehrens daher insgesamt vor.
Die beklagtenseits demgegenüber erhobene Verjährungseinrede
hindert dieses Begehren nicht.
Soweit die Beklagten behaupten, die Klägerin habe bereits im
Oktober 1993 Kenntnis der hier angegriffenen Verletzungshandlung
gehabt, rechtfertigt das keine abweichende Beurteilung. Diese von
den Beklagten behauptete frühere Kenntnis führte zwar eine
teilweise Verjährung der ab dem 1. September 1993 geltend
gemachten, der 6-monatigen Verjährungsfrist des § 21 UWG
unterliegenden streitigen Klageansprüche herbei. Indessen kann eine
solche frühere Kenntnis hier nicht festgestellt werden. Die
beklagtenseits zum Beleg für die angebliche Kenntnis der Klägerin
bereits im Oktober 1993 angeführte zeitliche Parallelität
einerseits der Kenntnisnahme der Qualitätsbeanstandungen betreffend
den von der Beklagten zu 1) abgefüllten Wodka sowie andererseits
der hier in Rede stehenden "Nachahmungen", reicht dafür nicht.
Allerdings ist es richtig, daß die Klägerin selbst im vorliegenden
Verfahren vorgebracht hat, daß es etwa zeitgleich mit aus Rußland
eingehenden Informationen, wonach die Beklagten "auf eigene
Rechnung die drei Wodka-Marken ... , also die gesamte damalige
Wodka-Serie hergestellt und im eigenen Namen sowie unter Umgehung
der Klägerin" angeboten hätten, zu Qualitätsbeanstandungen gekommen
sei (S. 7 des Schriftsatzes der Klägerin vom 16.02.1996 = Bl. 287
d.A.). Ebenfalls zutreffend ist es, daß die Klägerin selbst mit
Schreiben vom 12. Oktober 1993 (Bl. 424 ff. d.A.) der Beklagten zu
1) gegenüber Beanstandungen betreffend die Qualität von
beklagtenseits abgefüllten Wodka-Lieferungen vorgebracht hat. Dies
scheint in der Tat zunächst dafür zu sprechen, daß die "etwa
zeitgleich" mit den erwähnten Qualitätsbeanstandungen erlangte
Kenntnis der Klägerin betreffend die Lieferung ihrer drei
Wodka-Marken auf eigene Rechnung der Beklagten zu 1) und unter
ihrer - der Klägerin - Umgehung bereits in den Monat Oktober 1993
fiel. In diese Richtung läßt sich weiter auch die in dem
vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren vorgelegte
eidesstattliche Versicherung des B. F. vom 21.02.1995
interpretieren: Denn darin ist unter anderem ausgeführt, daß die
Klägerin " ... etwa zeitgleich mit Qualitätsbeanstandungen ...
Informationen darüber erhalten ..." habe, " ... daß sie (sc: die
Beklagte zu 1)) ... auf eigene Rechnung unsere (sc: der Klägerin)
drei Wodka-Marken erstellt und anbietet." Daß es sich bei letzterem
Vorfall nicht - wie die Klägerin aber einwendet - um die der
Beklagten zu 1) ebenfalls vorgeworfenen "Abzweigungen von
Originalwarenkontingenten" der Klägerin gehandelt haben kann, legt
dabei auch der weitere Textzusammenhang der eidesstattlichen
Versicherung nahe, in der es erst an nachfolgender Stelle (unter
Ziffer 7 e) heißt:
"Dabei kommt noch ein Umstand hinzu. Es
geht nicht nur um die Nachahmung unserer Produkte. H. & F. hat
auch Industriesprit, Flaschen und Etiketten von unseren
Herstellerfirmen auf unsere Kosten abgerufen und die damit (unter
Hinzufügung von Wasser zur Reduzierung auf Trinkstärke)
hergestellten Wodka-Produkte (mit unserem Industriesprit, unseren
Flaschen und unseren Etiketten) auf eigene Rechnung verkauft ...
."
Trotz dieser, auf eine Kenntnis der Klägerin auch der hier
angegriffenen Verletzungshandlung bereits im Oktober 1993
hindeutenden Umstände, kann diese frühere Kenntnis jedoch mit der
erforderlichen Sicherheit hier nicht festgestellt werden. Zum einen
gilt das bereits deshalb, weil mit den aus Rußland eingehenden
"Informationen" über die Herstellung der "Wodka-Serie" der Klägerin
nicht notwendig die für die Beurteilung der verfahrensbetroffenen
Verletzungshandlung aber maßgebliche Kenntnis der konkreten
Ausstattungen einhergehen mußte. Selbst wenn man aber im weiteren
davon ausgehen will, daß es der Klägerin jedenfalls als
Zuwiderhandlung gegen ihre eigene Interessen angelastet werden muß,
wenn sie sodann nicht die Initiative ergriff, um sich diese
Kenntnis umgehend zu verschaffen, hat die Klägerin im übrigen
dargetan, daß es nicht nur die im Schreiben vom 12. Oktober 1993
thematisierten Qualitätsbeanstandungen gegeben habe, sondern daß es
auch später noch zu Qualitätsbeanstandungen, unter anderem im
Januar 1994 oder auch vielleicht schon im Dezember 1993 gekommen
sei. Bei diesen späteren Qualitätsbeanstandungen aber, so hat die
Klägerin dargestellt, habe es sich dann erst um jene gehandelt, die
"etwa zeitgleich" mit den "dann aufgetretenen Gerüchten" über von
den Beklagten auf den Markt gebrachte - hier aber
verfahrensbetroffenen - "Plagiate" aufgetreten seien (Seite 5 des
Schriftsatzes der Klägerin vom 9. Januar 1997 = Bl. 435 d.A.). Die
letztgenannte, erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgetretene
Kenntnis der Klägerin läßt sich auch ohne weiteres in Einklang mit
der Tatsache bringen, daß die Klägerin unstreitig erstmals im
Rahmen eines Gesprächs vom 11. Februar 1994 die Beklagten mit dem
Vorwurf der "unberechtigten Nachahmung" ihrer Wodka-Produkte
konfrontiert hat, was angesichts der Tragweite dieses ihre
wirtschaftlichen Interessen ganz maßgeblich berührenden Vorwurfs
bei einer bereits im Oktober 1993 vorhandenen Kenntnis nur schwer
nachvollziehbar wäre.
Angesichts dieses Sachverhalts, der den aufgrund der zuerst
dargestellten Anhaltspunkte zunächst für eine frühere Kenntnis der
Klägerin sprechenden Anschein entkräftet, war es aber Sache der
Beklagten, die demgegenüber behauptete frühere Kenntnis der
Klägerin nunmehr substantiiert darzulegen und zu beweisen. Denn sie
trifft die Darlegungs- und Beweislast für die eine - teilweise -
Verjährung des Klageanspruchs herbeiführenden tatsächlichen
Umstände (vgl. Köhler/Piper, a.a.O., Rdn. 51 zu § 21 UWG). Daß die
Klägerin aber bereits im Oktober 1993 von der hier konkret in Rede
stehenden Verletzungshandlung Kenntnis gehabt habe, haben die
Beklagten nach alledem weder substantiiert dargelegt, noch vor
allen Dingen unter Beweis gestellt, so daß sie insoweit jedenfalls
beweisfällig geblieben sind.
Auch die beklagtenseits weiter in bezug auf zeichen- bzw.
markenrechtliche Rechtspositionen vorgebrachten Einwendungen
vermögen das Klagebegehren nicht zu Fall zu bringen.
Soweit die Beklagten der Klägerin entgegenhalten, letztere
verletze mit der Ausstattung ihres Produkts "R." die der Beklagten
zu 1) an der Marke ... eingeräumte ausschließliche Lizenz,
jedenfalls aber die Markenrechte der hinter ihr, der Beklagten zu
1), stehenden Markeninhaberin, vermag das von vornherein keine
abweichende Beurteilung zu rechtfertigen. Denn jedenfalls das
Geltendmachen dieser formalen markenrechtlichen Rechtspositionen
erweist sich im Verhältnis gegenüber der Klägerin als sittenwidrig
bzw. als eine den Grundsätzen von Treu und Glauben widersprechende,
mithin mißbräuchliche Rechtsausübung.
Bereits die Anmeldung eines Warenzeichens bzw. einer Marke kann
sich dann als sittenwidrig darstellen, wenn sie ohne hinreichenden
Grund in Kenntnis des Umstandes bewirkt wurde, daß ein Wettbewerber
für die gleiche oder für eine verwechselbare schutzwürdige, jedoch
nicht eingetragene Kennzeichnung einen wertvollen Besitzstand
erworben hatte. Allerdings reicht die bloße Kenntnisnahme der
Vorbenutzung dieser Kennzeichnung noch nicht, um die Anmeldung
unlauter erscheinen zu lassen, und zwar auch dann nicht, wenn das
angemeldete Zeichen seinerseits noch nicht verwendet worden war.
Vielmehr muß auf Seiten des Anmelders das Bewußtsein hinzukommen,
das der Vorbenutzer sich durch die Benutzung einen wertvollen
Besitzstand verschafft hat. Wird alsdann die Anmeldung ohne
hinreichenden sonstigen Grund vorgenommen, so wird sie vielfach
keinen anderen Zweck als den erkennen lassen, diesen Besitzstand
des Vorbenutzers für den Anmelder auszunutzen oder ihn sogar dem
Vorbenutzer zu entziehen. Eine Anmeldung, der maßgeblich dieses
Bestreben zugrunde liegt, bedeutet aber einen Mißbrauch
formalrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten und widerspricht den
kaufmännischen guten Sitten (vgl. BGH WRP 1995, 96/100 f -
"NEUTREX" - ; BGH GRUR 1986, 74/76 f. - "Shamrock III" - ; BGH GRUR
1980, 110/111 - "Torch" - ; BGH GRUR 1967, 304/305 - "Siroset" - ;
BGH GRUR 1967, 298/300 f. - "Modess" - ; BGH GRUR 1967, 490/492 -
"Pudelkennzeichen" - m.w.N.). Das Verhalten der Beklagten zu 1) im
Zusammenhang mit dem Erwerb der Lizenz betreffend die Marke ...
erweist sich nach diesen Maßstäben aber als sittenwidrig, so daß
sich ihr Berufen auf die aus diesem Lizenzerwerb hergeleiteten
Rechte im vorliegenden Verfahren im Verhältnis gegenüber der
Klägerin als mißbräuchliche Rechtsausübung darstellt.
Was die Anwendung der vorbezeichneten Grundsätze auf die
Vorgehensweise der Beklagten zu 1) angeht, kann es dabei von
vornherein keinen Unterschied machen, daß sie nicht Anmelderin und
Inhaberin der Marke, sondern lediglich Lizenznehmerin ist. Denn die
für die Beurteilung der Sitten- bzw. Wettbewerbswidrigkeit einer
Markenanmeldung maßgeblichen Gesichtspunkte erfassen der Sache nach
auch die Interessenlage im Zusammenhang mit dem Erwerb der Lizenz
an einer Marke. Daß die Beklagte zu 1) bei Erwerb der Lizenz an der
Marke ... "R R." in Kenntnis eines zugunsten der Klägerin zu diesem
Zeitpunkt bereits geschaffenen schutzwürdigen Besitzstandes mit dem
Ziel der Störung dieses Besitzstandes und in der Absicht, für die
Klägerin den Gebrauch der Bezeichnung "R." zu sperren vorgegangen
ist, kann weiter auch keinem Zweifel unterliegen.
Die Klägerin hatte seit der Aufnahme der Spirituosen-Produktion
im Frühjahr 1992 bis zum Zeitpunkt des Lizenzerwerbs durch die
Beklagte zu 1) im Dezember 1993 bereits erhebliche Umsätze mit
ihren Wodka-Produkten, darunter die Ausstattung "R.", erzielt. So
hatte sie im Jahre 1992 allein 9 Millionen Flaschen der hier
fraglichen drei Wodka-Ausstattungen produziert und verkauft, im
Jahre 1993 belief sich der Anteil der erwähnten drei Wodka-Produkte
an der Gesamtproduktion der Klägerin auf 15 Millionen Flaschen.
Dies würdigend ist davon auszugehen, daß die Klägerin auch für das
hier allein interessierende Produkt "R." nicht unerhebliche Umsätze
erzielt und einen wertvollen Besitzstand erworben hatte. Der
Beklagten zu 1) mußte dies bei Lizenzerwerb im Dezember 1993 auch
bereits deshalb bekannt sein, weil sie selbst in den ersten 8
Monaten des Jahres 1993 1,7 Millionen Flaschen der drei
Wodka-Produkte für die Klägerin abgefüllt hatte.
Der Anerkennung des von der Klägerin in bezug auf ihr Produkt
"R." geschaffenen Besitzstandes als "schutzwürdig" steht es dabei
auch nicht entgegen, daß bereits bei Aufnahme des Vertriebs des
Wodka-Produkts R. durch die Klägerin für die Firma S. bzw. ihre
Rechtsvorgängerin die hier in Rede stehende Marke ... "R R." unter
anderem für alkoholische Getränke eingetragen war. Denn die
Inhaberin der Marke selbst ist gegen die Benutzung von "R." durch
die Klägerin für ihr Wodka-Produkt nicht vorgegangen, sondern hat
sich hierzu erst im Jahre 1995, also lange nach der Erteilung der
Lizenz an die Beklagte zu 1) im Rahmen eines zunächst allein von
der Beklagten zu 1) beim Landgericht Berlin unter dem Aktenzeichen
97 O 144/94 eingeleiteten Verfahrens, dem sie auf Seiten der
Beklagten zu 1) beigetreten ist, entschlossen.
Daß die Beklagte zu 1) bei Erwerb der Lizenz auch in der Absicht
gehandelt hat, den Gebrauch der Bezeichnung "R." für die Klägerin
sperren zu lassen, um so den von der Klägerin zu diesem Zeitpunkt
bereits erworbenen - schutzwürdigen - Besitzstand zu stören, kann
ebenfalls bejaht werden. Denn die Beklagte zu 1) hat die
Markenlizenz zu einem Zeitpunkt erworben, als sie bereits mit dem
Vertrieb der der klägerischen Ausstattung des Produkts nachgeahmten
Wodka-Erzeugnisse begonnen hatte. Sie hat darüber hinaus für die
Ausstattung ihres Produktes "R." das ihr lizensierte Zeichen
überhaupt nicht benutzt. Vielmehr hat sie die Bezeichnung "R."
gerade und nur in der Form verwendet, wie auch die Klägerin dies
für ihr Produkt tut. Daraus ergibt sich aber, daß die den
Lizenzerwerb wesentlich bestimmende Absicht der Beklagten gerade
darin lag, den Gebrauch der Bezeichnung "R." für die Klägerin zu
sperren, um diese aus dem Markt zu verdrängen und ungestört in
deren Fußstapfen treten zu können. Der Lizenzerwerb durch die
Beklagte zu 1) stellte sich somit allein als Mittel dar, die
wettbewerbliche Position der Klägerin zu schwächen und begegnet
daher dem Vorwurf, zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes
eingesetzt worden zu sein. Ist daher bereits der Lizenzerwerb durch
die Beklagte zu 1) im Verhältnis gegenüber der Klägerin als
sittenwidrig einzuordnen, erweist sich der aus dieser - rechtlich
mißbilligenswert - erworbenen formalen Rechtsstellung hergeleitete
Einwand als mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbare
mißbräuchliche Rechtsausübung.
Entsprechendes gilt im Ergebnis, soweit die Beklagte im Rahmen
der ihr erteilten Ermächtigung die Rechte der Markeninhaberin
selbst geltend machen will. Auch wenn die nach den obigen
Ausführungen das Verhalten der Beklagten zu 1) im Zusammenhang mit
dem Lizenzerwerb sittenwidrig machenden Umstände der
Markeninhaberin nicht ohne weiteres angelastet werden können,
stellt sich doch jedenfalls das Gebrauchmachen von der Ermächtigung
durch die Beklagte zu 1) im Verhältnis gegenüber der Klägerin
danach gleichfalls als rechtsmißbräuchlich dar. Denn es läuft auf
die Umgehung des wegen ihres eigenen Verhaltens anzunehmenden
Ausschlusses von der Geltendmachung einer formalen
zeichenrechtlichen Rechtsposition hinaus.
II.
Auch das Auskunftserteilungsverlangen der Klägerin erweist sich
gemäß § 1 UWG i.V.m. § 242 BGB als begründet. Dieser zur
Vorbereitung eines bezifferten Schadensersatzleistungsbegehrens
verfolgte Auskunftsanspruch ist auch nicht - teilweise - dadurch
erfüllt, daß, wie aus den von der Klägerin selbst vorgelegten
Rechnungen betreffend Lieferungen der Beklagten zu 1) an die Firma
N. hervorgeht, der Klägerin ein Teil der mit dem
verfahrensgegenständlichen Auskunftsverlangen begehrten
Informationen von vornherein schon bekannt war. Unabhängig davon,
daß nicht feststeht, inwiefern die Klägerin diese ihr zur Verfügung
stehenden Informationen überhaupt von der Beklagten bezogen hat,
kann eine Erklärung regelmäßig nur dann als Auskunft gewertet
werden, wenn sie der Erklärende auf eine ihm gestellte oder auch
nur erwartete Frage in dem Bewußtsein abgibt, einer gesetzlichen
Pflicht zu genügen (BGH WM 1971, 443/445; Keller in Münchener
Kommentar, BGB, 3. Aufl., Rdn. 51 zu § 260). Letzteres ist hier
aber schon deshalb nicht ersichtlich, weil der bloße Umstand, daß
die Beklagten die Richtigkeit der klägerseits vorgelegten
Rechnungsunterlagen außer Streit gelassen haben, keinen Rückschluß
auf ein nach vorstehendem erforderliches Erklärungsbewußtseins
zuläßt.
III.
Die Kostenfolge ergibt sich aus den §§ 91 a, 97 Abs. 1 ZPO.
Aus den vorstehenden, die Wettbewerbswidrigkeit der
Vorgehensweise der Beklagten bejahenden Erwägungen, folgt, daß
ihnen gemäß § 91 a ZPO auch die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen
waren, soweit die Parteien die Hauptsache hinsichtlich der in bezug
auf die Produktausstattung "R." ursprünglich begehrten Unterlassung
einvernehmlich zur Erledigung gebracht haben. Da sich das
Inverkehrbringen dieser Produktausstattung unter dem Gesichtspunkt
der mittels systematischen und zielbewußten Nachahmens bewirkten
Behinderung als wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG darstellte,
entsprach es unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes
billigem Ermessen, die Beklagten auch insoweit mit den Kosten zu
belasten.
Es bestand weiter auch in Anbetracht der in der Berufungsinstanz
vorgenommenen zeitlichen Begrenzung des
Schadensersatzfeststellungs- und Auskunftserteilungsbegehrens der
Klägerin kein Anlaß zu einer abweichenden Kostenverteilung. Die
Klägerin hat von Anfang an Schadensersatzfeststellung und Auskunft
frühestens ab Aufnahme des Vertriebs der angegriffenen
Produktausstattungen durch die Beklagten verlangt. Dies war
vorliegend unstreitig der Monat September 1993. Soweit die Klägerin
daher in ihren Anträgen die Schadensersatzfeststellung und
Auskunftserteilung ab dem 01.09.1993 begehrt, stellt sich dies
lediglich als Anpassung an das von vornherein verfolgte Klageziel,
nicht aber als eine - teilweise - nachträgliche Rücknahme ihres
Klagebegehrens dar.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre
Rechtsgrundlage in den §§ 108, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientierte
sich am Wert des Unterliegens der Beklagten im vorliegenden
Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 18.04.1997
Az: 6 U 91/95
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2fab956cfa40/OLG-Koeln_Urteil_vom_18-April-1997_Az_6-U-91-95