Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. August 2001
Aktenzeichen: 6 W (pat) 63/01

(BPatG: Beschluss v. 23.08.2001, Az.: 6 W (pat) 63/01)

Tenor

1.) Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

2. Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen.

Gründe

I Die Patentanmeldung 199 58 312.9-42 "Eigensichere Badewannen-Ein- und Überlauf-Garnitur, wahlweise mit Mischwasser-Bodenzufluß und WannenÜberlauf am Ablaufloch" ist am 3. Dezember 1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der Anmeldung in Deutschland vom 3. Dezember 1998 - DE 198 55 796.5 - angemeldet worden.

Mit Bescheid vom 7. April 2000 und nochmaligem Hinweis vom 28. Juni 2000 hat die Prüfungsstelle für Klasse E 03 C des Deutschen Patent- und Markenamts der Anmelderin mitgeteilt, die beantragte Priorität könne nicht gewährt werden, da die Nachanmelderin mit dem Voranmelder D... nicht übereinstimme.

Nach Vorlage einer Übertragungserklärung vom Juli 2000, eingegangen am 3. August 2000, in der es ua heißt: "Herr D... bestätigt, die Prioritätsrechte auf V... übertragen zu haben", hat die Prüfungsstelle mit Beschluß vom 8. März 2001 unter Hinweis auf den Bescheid vom 7. April 2000 die Anmeldung ohne weitere Begründung gemäß § 42 Abs 3 PatG zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Anmelderin am 4. April 2001 Beschwerde eingelegt und sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Zur Begründung ihres Antrags hat sie ausgeführt, das Prioritätsrecht sei vor dem Anmeldetag der Nachanmeldung wirksam auf die Anmelderin übertragen worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt. Wie ua der 4. Senat des Bundespatentgerichts in seiner Entscheidung vom 18. Februar 1986 - 4 W (pat) 56/85 - (BPatGE 28, 31 ff = Mitt 1986, 88 f) ausgeführt hat, ist die Frage, ob der Anmelder die Priorität einer früheren Anmeldung zu Recht für sich in Anspruch nimmt, keine Angelegenheit der formellen, sondern der materiellen Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs. Sie kann die Prüfungsstelle nur prüfen, wenn und soweit es auf sie - etwa wegen des Auftauchens entscheidungserheblicher Entgegenhaltungen aus dem Prioritätsintervall - für die Prüfung der Nachanmeldung konkret ankommt. Eine isolierte Prüfung der materiellen Berechtigung des Prioritätsanspruchs und einer Entscheidung hierüber - wie im vorliegenden Fall - ist grundsätzlich unzulässig (vgl auch Schulte, PatG, 6. Aufl., § 40 Rdn 38 Mitte).

Des weiteren ist anzumerken, daß sich die Offensichtlichkeitsprüfung nach § 42 PatG auf die dort genannten Mängel beschränkt. Eine Rüge sonstiger Mängel ist selbst dann unzulässig, wenn sie offensichtlich sind (Schulte aaO § 42 Rdn 6). Der von der Prüfungsstelle in ihrem Beschluß herangezogene § 42 Abs 3 des Patentgesetzes kann mit der genannten Begründung also nicht Rechtsgrundlage für die Zurückweisung der Anmeldung sein.

Diese Fehlbeurteilung durch die Prüfungsstelle führt auch zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr, da dies der Billigkeit entspricht (§ 80 Abs 3 PatG).

Die Prüfungsstelle wird das Vorbringen der Anmelderin, die Übertragung der Prioritätsrechte sei vor dem Anmeldetag der Nachanmeldung erfolgt, bei der weiteren Prüfung der Anmeldung zu würdigen haben, sollte es darauf ankommen, weil zB entscheidungserhebliches Material aus dem Prioritätsintervall ermittelt wird.

Rübel Trüstedt Heyne Sperling Cl






BPatG:
Beschluss v. 23.08.2001
Az: 6 W (pat) 63/01


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