Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Mai 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 78/99
(BPatG: Beschluss v. 29.05.2000, Az.: 26 W (pat) 78/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Mai 1998 und 13. November 1998 aufgehoben.
Gründe
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Wortmarke
"Kinder aus Porzellan"
ursprünglich für die Waren
"Puppen, insbesondere aus Porzellan, als Sammel- und Kunstobjekte für dekorative Zwecke"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese Anmeldung zurückgewiesen. Ihr fehle es an der erforderlichen Unterscheidungskraft und es handle sich um eine beschreibende und freihaltebedürftige Angabe (§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG). Die Kennzeichnung "Kinder aus Porzellan" vermittle lediglich einen Warenhinweis. Puppen würden nämlich grundsätzlich Kindern nachgebildet und von den Besitzern vielfach auch als solche gesehen. Der Bestandteil "Porzellan" beschreibe lediglich das Material, aus dem die Puppen hergestellt seien.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie trägt im wesentlichen vor, daß die beteiligten Verkehrskreise bei dem beanspruchten Begriff "Kinder" im Hinblick auf die zugrundeliegenden Waren "Puppen" erst eine begriffliche Deduktion durchführen müßten, was nicht zur Bejahung eines Freihaltebedürfnisses führen könne. Hilfsweise macht sie eine Durchsetzung im Verkehr gemäß § 8 Abs 3 MarkenG geltend.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Mai 1998 und 13. November 1998 aufzuheben.
Sie gibt dem Warenverzeichnis die Fassung "Hochwertige Puppen als Sammel- und Kunstobjekte für dekorative Zwecke".
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
Ein aktuelles Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Bezeichnung kann nicht angenommen werden, weil nicht festgestellt werden kann, daß die als Marke angemeldete Wortfolge bereits als beschreibende Angabe für die entsprechenden Waren benutzt wird. Für die Feststellung eines möglichen zukünftigen Freihaltungsbedürfnisses sieht der Senat keine tatsächlichen Anhaltspunkte.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Danach sind, wie der Bundesgerichtshof in jüngster Zeit wiederholt ausgeführt hat, nur solche Bezeichnungen vom Schutz als Marke ausgeschlossen, die eine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage enthalten, die auf eine bestimmte, für die umworbenen Abnehmerkreise bedeutsame Eigenschaft der Ware selbst Bezug nimmt (BGH GRUR 1998, 465, 467 - BONUS; 1998, 813, 814 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Eine solche konkrete Aussage über eine für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der beanspruchten Waren enthält die angemeldete Bezeichnung jedoch nicht.
Zwar ist das in der angemeldeten Marke "Kinder aus Porzellan" selbst enthaltene Wort "Porzellan" eine Beschaffenheitsangabe für die beanspruchten Waren. Diese Annahme wird auch durch das ursprüngliche Warenverzeichnis gestützt, in dem als beispielhaft genannte Beschaffenheit "insbesondere aus Porzellan" enthalten war. "Kinder" aber sind nicht aus Porzellan. Der Begriff "Kind" wird definiert als "Mensch im Lebensabschnitt der Kindheit" oder "Abkömmling, Nachkomme" (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 1996, S 833 f; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2000, S 731). Damit ist ein "Kind" im Sinne dieser Definition ein Mensch, der also begriffsnotwendig nicht aus Porzellan besteht. "Kinder aus Porzellan" gibt es nicht. Zwar gibt es, wie die Anmelderin selbst nicht verkennt, Puppen aus Porzellan. Werden aber Puppen mit dem Begriff "Kinder aus Porzellan" bezeichnet, so stellt dies eine phantasievolle Umschreibung, nicht jedoch eine konkrete, warenbeschreibende Aussage dar.
Der angemeldeten Marke fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, d h jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer beschreibenden Verwendung in der Werbung (BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH BlPMZ 1999, 408, 409 - YES).
Die angemeldete Wortmarke weist, wie im Hinblick auf das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG bereits festgestellt wurde, keinen konkret beschreibenden Begriffsgehalt auf. Es fehlen auch sonstige tatsächliche Anhaltspunkte, daß die beanspruchte Marke als beschreibende Angabe auf Produkten der Mitbewerber oder ganz allgemein in der Werbung verwendet wird und damit nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden könnte.
Da auch andere Schutzhindernisse ersichtlich nicht bestehen, kam es auf die von der Anmelderin hilfsweise geltend gemachte Verkehrsdurchsetzung nicht an.
Schülke Reker Ederprö
BPatG:
Beschluss v. 29.05.2000
Az: 26 W (pat) 78/99
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