Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. September 2010
Aktenzeichen: 10 W (pat) 19/09
(BPatG: Beschluss v. 09.09.2010, Az.: 10 W (pat) 19/09)
Tenor
1.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Auf die am 29. April 1996 eingereichte Anmeldung wurde der Patentinhaberin mit Wirkung auch für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland das europäische Patent ... mit der Bezeichnung "...
" erteilt, das beim Deutschen Patentund Markenamt unter der Nummer ... geführt wird. Die Patenterteilung wurde vom Europäischen Patentamt am 13. November 2002 veröffentlicht. Das in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlichte Patent wurde im Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt in geänderter Fassung aufrechterhalten, was am 11. Juni 2008 veröffentlicht worden ist.
Mit Schriftsatz vom 22. August 2008, eingegangen am 25. August 2008, hat die Patentinhaberin eine deutsche Übersetzung der geänderten europäischen Patentschrift eingereicht und die Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung in Höhe von 150 Euro gemäß Nummer 313 820 des Gebührenverzeichnisses zu § 2 Abs. 1 PatKostG (in der Fassung bis zum 30. April 2008) durch Einzugsermächtigung gezahlt, aber ausdrücklich "rein vorsorglich". Denn gleichzeitig hat die Patentinhaberin die Feststellung beantragt, dass die Wirkungen des geänderten europäischen Patents mit der Veröffentlichung durch das Europäische Patentamt eingetreten sind, ebenso die Erstattung der Gebühr in vollem Umfang.
Zur Begründung ist im Wesentlichen angegeben, der Wortlaut der Übergangsregelung des Art. XI § 4 IntPatÜG sei nicht eindeutig und enthalte keine ausdrückliche Bestimmung für europäische Patente, die in geänderter Fassung aufrechterhalten worden seien. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des vorliegenden europäischen Patents sei am 11. Juni 2008 rechtskräftig geworden. Die Patentinhaberin könne aus früheren Veröffentlichungen im Europäischen Patentblatt keine Wirkungen in Deutschland herleiten. Da somit der Hinweis auf die Erteilung nach dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden sei, greife die Übergangsregelung im vorliegenden Fall nicht. Der Gesetzesbegründung sei im übrigen nicht zu entnehmen, dass das Übersetzungserfordernis für europäische Patente in geänderter Fassung weiter bestehen solle. Inhaber von Patenten in geänderter Fassung dürften auch nicht anders behandelt werden als Inhaber von zeitgleich ersterteilten Patenten.
Auf den Hinweis des Patentamts, dass die Übergangsbestimmung des Art. XI § 4 IntPatÜG nach ihrem eindeutigen Wortlaut Anwendung finde, hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2008 auf die Übergangsregelung in Art. 9 des Londoner Übereinkommens hingewiesen, wonach das Übereinkommen für europäische Patente gelte, für die der Hinweis auf die Erteilung nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens für den betreffenden Staat im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht worden sei. Diese Regelung erwähne nicht europäische Patente, die in den betreffenden Staaten bereits wirksam geworden seien, so dass der in Art. 1 des Londoner Übereinkommens bestimmte Verzicht für alle in den betreffenden Staaten wirksam gewordenen europäischen Patente gelte. Ziel und Zweck des Londoner Übereinkommens sei es, die Kosten für die Validierung europäischer Patente in den Vertragsstaaten zu reduzieren. Dazu sollten mit Einführung des Londoner Übereinkommens die Übersetzungserfordernisse in den Vertragsstaaten entfallen.
Zudem sei das Londoner Übereinkommen zunächst durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen vom 10. Dezember 2003 in deutsches Recht umgesetzt worden, das keine Übergangsbestimmungen enthalten habe. Das Bundesministerium der Justiz habe als Tag des Inkrafttretens den 1. Februar 2008 im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises über die Aufrechterhaltung in geänderter Fassung am 11. Juni 2008 sei daher die Einreichung einer Übersetzung nicht mehr nötig gewesen.
Schließlich sei die durch Art. 8a Nr. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 geschaffene Übergangsregelung in Art. XI § 4 IntPatÜG unscharf und unklar formuliert. Der erste Halbsatz "Für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden ist", schränke den Anwendungsbereich der Vorschrift analog Art. 9 des Londoner Übereinkommens ein auf europäische Patente, die vor dem 1. Mai 2008 noch nicht wirksam geworden seien. Der letzte Halbsatz "jeweils in den Fassungen anwendbar, die im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises gegolten haben" verweise aber nicht allgemein auf eine frühere Fassung, sondern auf eine im Zeitpunkt des Hinweises liegende Fassung. Das bedeute, dass "Hinweis" im letzten Halbsatz nicht nur für den Hinweis auf die Patenterteilung stehe, sondern auch für den Hinweis, der auf die Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geänderter Fassung hinweise.
Das Deutsche Patentund Markenamt -Patentabteilung 08 -hat durch Beschluss vom 20. Februar 2009 den Antrag auf Erstattung der Veröffentlichungsgebühr zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, auch wenn in Art. XI § 4 IntPatÜG im letzten Halbsatz nur die Rede sei vom "Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises" sei hierunter nur der Hinweis auf die Erteilung und nicht auch der Hinweis auf die Aufrechterhaltung in geänderter Form zu verstehen. Dies ergebe sich bereits aus der Zusammenschau mit dem Wortlaut der Vorschrift in Zeile 1, in der ausdrücklich auf den "Hinweis auf die Erteilung" Bezug genommen werde. Diese Auslegung finde auch ihre Stütze in der Gesetzesbegründung, wonach sich die Fortgeltung des Art. II § 3 IntPatÜG auf alle Altfälle beziehe, bei denen der Hinweis auf die Erteilung vor dem 30. April 2008 veröffentlicht worden sei. Die Übersetzungspflicht bleibe daher auch für geänderte europäische Patente bestehen, deren Hinweis auf die Erteilung bereits vor dem Stichtag 1. Mai 2008 veröffentlicht worden sei. Anderes sei auch den Vorschriften des Londoner Übereinkommens selbst nicht zu entnehmen. Die Patentinhaberin habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen vom 10. Dezember 2003 ohne weitere Änderungen und damit ohne Übergangsregelung in Kraft treten würde.
Hiergegen wendet sich die Patentinhaberin mit der Beschwerde, die sie am 4. März 2009 eingelegt hat, einen Tag, bevor ihr der angefochtene Beschluss zugestellt worden ist. Die Patentinhaberin gibt in der Beschwerdeschrift an, der Umstand, dass in dieser Sache auf ihre Eingabe vom 21. Oktober 2008 noch kein Beschluss ergangen sei, sei als Zurückweisung ihrer Anträge zu interpretieren. Mit Schriftsatz vom 10. März 2009 hat die Patentinhaberin mitgeteilt, dass sich die Beschwerde nunmehr gegen den Beschluss des Patentamts vom 20. Februar 2009 richte.
Sie stellt sinngemäß den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung zu erstatten.
Die Beschwerde begründet die Patentinhaberin im Wesentlichen mit den im Schriftsatz vom 21. Oktober 2008 vorgetragenen Argumenten. In der mündlichen Verhandlung beruft sie sich insbesondere darauf, dass hier die Veröffentlichung der Änderung des im Einspruchsverfahren geänderten europäischen Patents im Intervall zwischen 1. Mai 2008 und 7. Juli 2008 erfolgt sei, und damit zu einem Zeitpunkt, als das Übersetzungserfordernis schon weggefallen gewesen sei. Denn das Gesetz vom 10. Dezember 2003 sei schon umgesetzt gewesen. Durch Schaffung des Art. XI § 4 IntPatÜG sei rückwirkend ein Formalerfordernis, das Übersetzungserfordernis, eingeführt worden. Eine solche rückwirkende Inkraftsetzung sei nicht verhältnismäßig. Art XI § 4 IntPatÜG sei so auszulegen, dass nur europäische Patente gemeint seien, bei denen der Hinweis auf die geänderte Fassung vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden sei. Der Wortlaut der Übergangsvorschrift ziele eindeutig auf den abschließenden Charakter der Erteilung ab, und dies sei erst mit Abschluss des Einspruchsverfahren, das als erweitertes Prüfungsverfahren anzusehen sei, der Fall.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Patentamt hat den Antrag auf Rückzahlung der Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung des Patents zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass sie einen Tag vor Zustellung des angefochtenen Beschlusses eingelegt worden ist. Denn der Beschluss war zu diesem Zeitpunkt jedenfalls schon rechtlich existent. Eine im schriftlichen Verfahren ergangene Entscheidung ist mit ihrer Herausgabe durch die Geschäftsstelle an die interne Postabfertigungsstelle erlassen (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 47 Rdn. 14 m. w. N.), und dies war hier einen Tag vor der Zustellung der Fall. Die für die Zulässigkeit einer Beschwerde nach § 73 Abs. 1 PatG erforderliche beschwerdefähige Entscheidung war somit schon bei Beschwerdeeinlegung gegeben. Auf die Ansicht der Patentinhaberin, dass aus der Nichtbescheidung ihres Antrags dessen Zurückweisung folge, wie sie in der Beschwerdeschrift geltend macht, kommt es daher nicht an. Insoweit ist nur anzumerken, dass vor Erlass einer Entscheidung grundsätzlich keine Beschwerde eingelegt werden kann, nur schon vor Beginn der Frist zur Beschwerdeeinlegung (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl., § 73 Rdn. 88). Eine Untätigkeitsbeschwerde oder ein sonstiges Rechtsmittel oder Rechtsbehelf wegen Untätigkeit der Ausgangsinstanz ist im übrigen im Patentgesetz nicht geregelt und grundsätzlich unstatthaft (vgl. z. B. Senatsbeschluss vom 21. April 2005, 10 W (pat) 47/04; zu evtl. Ausnahmen vgl. auch Schulte, a. a. O., § 73 Rdn. 12).
Die Beschwerdeschrift und auch der weitere Schriftsatz vom 10. März 2009 sind im übrigen zwar überschrieben mit "Antrag auf Feststellung, dass die Wirkungen eines geänderten europäischen Patents mit der Veröffentlichung durch das Europäische Patentamt eingetreten sind und Antrag auf Erstattung der Amtsgebühr". Dem Vorbringen der Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren, die insoweit keine förmlichen Anträge gestellt hat, ist aber zu entnehmen, dass es ihr um die Anfechtung des angefochtenen Beschlusses, mithin um den Gebührenerstattungsantrag geht, den allein das Patentamt im angefochtenen Beschluss vom 20. Februar 2009 auch beschieden hat. Ein Rechtsschutzinteresse für einen Feststellungsantrag ist auch nicht erkennbar, da die in Streit stehende Rechtsfrage hinsichtlich der Weitergeltung des Übersetzungserfordernisses auch allein anhand der Gebührenfrage geklärt werden kann; die Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung und die Übersetzungspflicht hängen untrennbar zusammen.
2. Die Patentinhaberin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung des Patents (PatKostG Gebührenverzeichnis Nr. 313 820), hier der Veröffentlichung der Übersetzung des im europäischen Einspruchsverfahren geänderten Patents. Die Gebühr ist im August 2008 mit Rechtsgrund entrichtet worden. Dies ergibt sich aus der Übergangsvorschrift des Art. XI § 4 IntPatÜG, die anlässlich des Wegfalls der Übersetzungserfordernisse aufgrund des Inkrafttretens des Londoner Übereinkommens vom 17. Oktober 2000 (BGBl 2003 II 1666 = BlPMZ 2004, 55) am 1. Mai 2008 (s. BGBl 2008 II, 964 = BlPMZ 2008, 392) geschaffen worden ist.
a) Nach Art. XI § 4 IntPatÜG bleiben für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden ist, u. a. Art. II § 3 IntPatÜG -der die Rechtsgrundlage für die Pflicht zur Einreichung von Übersetzungen europäischer Patente bildet -und § 2 Abs. 1 Pat-KostG -der in seinem Verweis auf die Nr. 313 820 des Gebührenverzeichnisses die Rechtsgrundlage für die Zahlung der Gebühr für die Veröffentlichung der eingereichten Übersetzung bildet -jeweils in den Fassungen anwendbar, die im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises gegolten haben.
Der Hinweis auf die Erteilung ist für das vorliegende europäische Patent am 13. November 2002 im Europäischen Patentblatt und damit vor dem in der Vorschrift genannten Stichtag 1. Mai 2008 veröffentlicht worden. Das Patent fällt daher vom Wortlaut her unter die Übergangsregelung des Art. XI § 4 IntPatÜG. Dass am Ende des Satzes nur noch die Rede ist von den Fassungen, die im "Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises" gegolten haben, ohne dass der Begriff "Erteilung" nochmals wiederholt wird, bedingt kein anderes Verständnis, denn der hintere Satzteil ist nach dem Sinnzusammenhang auf den vorderen Satzteil zurückbezogen und meint nichts anderes als die Veröffentlichung des Hinweises auf die "Erteilung". Mit diesem Rechtsbegriff wird der positive Abschluss des Erteilungsverfahrens bezeichnet (vgl. Art. 97 Abs. 1 EPÜ, § 49 Abs. 1 PatG).
Der Ansicht der Patentinhaberin, die Übergangsregelung sei unklar und mit dem Begriff "Erteilung" in Art. XI § 4 IntPatÜG sei (auch) der Abschluss des Einspruchsverfahrens gemeint, kann nicht gefolgt werden. Auch wenn das Einspruchsverfahren der Überprüfung der Erteilung des Patents dient, ist es keine Fortsetzung des Erteilungsverfahrens (vgl. Schulte, a. a. O., § 59 Rdn. 26 m. w. N). Ebenso wenig wird die Entscheidung über die (geänderte) Aufrechterhaltung eines Patents in einem Einspruchsverfahren als "Erteilung" bezeichnet, wie sich schon aus Art. 101 EPÜ bzw. § 61 Abs. 1 PatG ergibt und auch in Art. II § 3 IntPatÜG, um dessen Weitergeltung es in Art. XI § 4 IntPatÜG geht, deutlich zum Ausdruck kommt. In Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜG werden die Fälle der Übersetzung nach Erteilung (Satz 1) und nach geänderter Aufrechterhaltung im Einspruchsverfahren (Satz 2) deutlich unterschieden. Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff "Erteilung" in Art. XI § 4 IntPatÜG abweichend von seinem üblichen Sinn zu verstehen ist, gibt es nicht. Vielmehr entspricht die vorgenannte Auslegung auch dem Willen des Gesetzgebers, wonach die Aufhebung des Art. II § 3 IntPatÜG und der darauf bezogenen Gebührenregelung im Patentkostengesetz nur für "neu erteilte europäische Patente" erfolgen soll (vgl. Gesetzesbegründung BlPMZ 2008, 312 linke Spalte). Dass für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden ist, somit das Übersetzungserfordernis nicht nur für die Patentschrift bei Patenterteilung, sondern auch bei einer geänderten Aufrechterhaltung im Einspruchsverfahren erhalten bleibt, erscheint auch deswegen sinnvoll, weil der Verkehr zu einem europäischen Patent, zu dem das deutsche Patentund Markenamt nach Patenterteilung die Übersetzung als T2-Schrift veröffentlicht hat (vgl. Schulte, a. a. O., IntPatÜG Rdn. 26), grundsätzlich auch eine T3-Schrift (Übersetzung der geänderten europäischen Patentschrift) erwartet, und bei Fehlen einer solchen annehmen könnte, das europäische Patent sei im Einspruchsverfahren unverändert aufrechterhalten worden.
b) Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin ist auch nicht erkennbar, dass speziell bezogen auf das vorliegende europäische Patent, bei dem die Veröffentlichung der geänderten Aufrechterhaltung im zeitlichen Intervall zwischen dem 1. Mai 2008 und dem 7. Juli 2008 liegt, eine unverhältnismäßige rückwirkende Einführung eines Übersetzungserfordernisses vorliegt. Vielmehr hat die Übersetzungspflicht für dieses im europäischen Einspruchsverfahren geänderte Patent, nämlich die Geltung des Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜG, ohne zeitliche Unterbrechung bestanden.
Die Übergangsregelung des Art. XI § 4 IntPatÜG ist zwar (erst) durch Art. 8a Nr. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl I 1191 = BlPMZ 2008, 274, 289; im folgenden: DurchsetzungsG,) geschaffen worden, wobei als Zeitpunkt des Inkrafttretens für diese Übergangsregelung rückwirkend der 1. Mai 2008 bestimmt worden ist (Art. 10 Satz 1 DurchsetzungsG). Damit ist aber für das vorliegende Patent nicht rückwirkend eine Übersetzungspflicht eingeführt worden. Denn vor Inkrafttreten des Durchsetzungsgesetzes ergab sich die Übersetzungspflicht für das im europäischen Einspruchsverfahren geänderte Patent unmittelbar aus Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜG. Art. II § 3 IntPatÜG ist erst zeitgleich mit der Schaffung der Übergangsregelung aufgehoben worden (durch Art. 8a Nr. 1 DurchsetzungsG). Eine frühere Aufhebung von Art. II § 3 IntPatÜG ohne Übergangsregelung, wie die Patentinhaberin geltend macht, kann auch nicht aufgrund des ursprünglichen Umsetzungsgesetzes zum Londoner Übereinkommen, dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen vom 10. Dezember 2003 (BGBl I 2470 = BlPMZ 2004, 46; nicht zu verwechseln mit dem Gesetz, ebenfalls vom 10. Dezember 2003, mit dem dem Londoner Übereinkommen zugestimmt wird, siehe BlPMZ 2004, 54) angenommen werden. Dieses ursprüngliche Umsetzungsgesetz wurde nämlich (da es keine Übergangsregelung und nach seinem Artikel 4 nur einen zeitlich verzögerten Zeitpunkt des Inkrafttretens enthielt, nämlich 4 Monate nach Inkrafttreten des Londoner Übereinkommens; vgl. auch Schulte, a. a. O., IntPatÜG Rdn. 17, 105) noch vor seinem Inkrafttreten aufgehoben (durch Art. 8b Nr. 4 DurchsetzungsG vom 7. Juli 2008, BGBl I 1191 = BlPMZ 2008, 274, 289).
Eine andere Beurteilung der Übersetzungspflicht ergibt sich hier auch nicht dadurch, dass vor der hier in Rede stehenden Veröffentlichung der geänderten Aufrechterhaltung des europäischen Patents das Londoner Übereinkommen für die Bundesrepublik Deutschland am 1. Mai 2008 in Kraft getreten ist (s. BGBl 2008 II, 964 = BlPMZ 2008, 392). Denn es enthält in seinem Artikel 9 eine Übergangsregelung, wonach es für europäische Patente gilt, für die der Hinweis auf die Erteilung nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens für den betreffenden Staat im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht worden ist. Genau diese Übergangsregelung ist vom deutschen Gesetzgeber durch Art XI § 4 IntPatÜG in das deutsche Recht umgesetzt worden. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den zeitlichen Anwendungsbereich ist nach Art. 9 (ebenso wie in Art. XI § 4 IntPatÜG) wörtlich die Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents, und zwar "nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens für den betreffenden Staat". Da das Londoner Übereinkommen für die Bundesrepublik Deutschland am 1. Mai 2008 in Kraft getreten ist, gilt es nach seinem Artikel 9 damit für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung ab dem 1. Mai 2008 bekannt gemacht worden ist. Zum Verständnis des Begriffs "Erteilung" ist auf die Ausführungen unter a) zu verweisen. Das vorliegende europäische Patent fällt demnach nicht in den Anwendungsbereich des Londoner Übereinkommens, da für dieses der Hinweis auf die Erteilung bereits früher bekannt gemacht worden ist. Auch der Rückgriff unmittelbar auf das Londoner Übereinkommen führt zu keinem anderen Ergebnis als die Zugrundelegung der deutschen Umsetzung in Art XI § 4 IntPatÜG.
c) Hiervon ausgehend gilt für das vorliegende Patent aufgrund Art. XI § 4 IntPatÜG die Vorschrift des Art. II § 3 IntPatÜG in der Fassung weiter, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung, also im November 2002, gegolten hat. Nach der damals geltenden Fassung des Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜG ist innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Entscheidung über den Einspruch die deutsche Übersetzung der geänderten Patentschrift einzureichen. Ebenso verweist § 2 Abs. 1 PatKostG in der damals geltenden Fassung auf ein Gebührenverzeichnis, das den Gebührentatbestand 313 820 enthält. Damit stellt die Übergangsregelung des Art. XI § 4 IntPatÜG die Rechtsgrundlage für die Gebührenpflicht dar (vgl. im übrigen auch den Hinweis des Patentamts in BlPMZ 2008, 273). Eine Rückzahlung in entsprechender Anwendung der §§ 812 ff. BGB scheidet daher aus. Eine Erstattung aus anderen Gründen ist weder geltend gemacht noch ersichtlich.
3. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG zuzulassen.
Schülke Püschel Eisenrauch prö
BPatG:
Beschluss v. 09.09.2010
Az: 10 W (pat) 19/09
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2fc8b7fb59c1/BPatG_Beschluss_vom_9-September-2010_Az_10-W-pat-19-09