Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 7. Juli 2003
Aktenzeichen: II ZB 4/02
(BGH: Beschluss v. 07.07.2003, Az.: II ZB 4/02)
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 27. September 2001 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 2.500,00
Gründe
I. Die Antragstellerin wurde am 23. Dezember 1972 unter der Firma "U. J. F. GmbH" im Handelsregister des Amtsgerichts M. eingetragen. Nach Heraufsetzung des Stammkapitals auf 50.000,00 DM und Übertragung der Geschäftsanteile auf die F. Bauunternehmung AG änderte die Antragstellerin im Jahre 1991 ihre Firma in die jetzt im Handelsregister eingetragene Bezeichnung und paßte den Unternehmensgegenstand der neuen Unternehmensform ihrer Alleingesellschafterin wie folgt an: "Soziale Einrichtung der Firma F. Bauunternehmung AG. Ausschließlicher Zweck: freiwillige, einmalige, wiederholte oder laufende Unterstützung von Betriebsangehörigen und ehemaligen Betriebsangehörigen sowie deren Angehörigen ... bei Hilfsbedürftigkeit, Krankheit, Invalidität, Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit und im Alter." Das Stammkapital wurde zur Hälfte eingezahlt. Nachdem über das Vermögen der F. Bauunternehmung AG Anfang 1998 das Konkursverfahren eröffnet worden war, veräußerte der Konkursverwalter die neu gebildeten Geschäftsanteile an der Antragstellerin im Nennbetrag von 48.500,00 DM an K. S. und im Nennwert von 1.500,00 DM an H. -J. Ku. zum Kaufpreis von insgesamt 5.000,00 DM. In derselben Urkunde beriefen die neuen Gesellschafter die bisherigen Geschäftsführer ab und bestellten Fr. S. zum neuen Geschäftsführer. Zugleich verlegten sie den Sitz der Gesellschaft nach Fü. , änderten die Firma in "Z. Metallbau GmbH" und den Gegenstand des Unternehmens in "industrielle Herstellung von Zäunen, Toren, Türen, Geländersystemen, Schweißkonstruktionen, Hundezwingern, Pferdeboxen, Treppenanlagen etc. aus Stahl, Metall und Holz sowie deren Vertrieb und Montage". Die übrigen Bestimmungen des bisherigen Gesellschaftsvertrages ließen die neuen Gesellschafter unverändert.
Mit Zwischenverfügung vom 19. März 2001 hat der Registerrichter des Amtsgerichts die Eintragung der vom Geschäftsführer der Antragstellerin angemeldeten Änderungen u.a. von der Abgabe einer § 8 Abs. 2 GmbHG entsprechenden Versicherung abhängig gemacht, weil eine wirtschaftliche Neugründung in Form der Mantelverwendung vorliege. Die gegen diesen Teil der Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht durch Beschluß vom 27. September 2001 zurückgewiesen. Die dagegen erhobene weitere Beschwerde möchte das Oberlandesgericht (NZG 2002, 641) ebenfalls zurückweisen, sieht sich hieran jedoch durch die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 24. März 1999 (GmbHR 1999, 607) und des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main vom 14. Mai 1991 (GmbHR 1992, 456) gehindert, weil es bei Befolgung der dort geäußerten Rechtsansicht dem Rechtsmittel -mindestens teilweise -stattgeben müßte. Daher hat es die Sache dem Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Voraussetzungen für eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG sind aus den vom Oberlandesgericht in seinem Vorlagebeschluß angeführten Gründen gegeben. Das Bayerische Oberste Landesgericht und der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main verneinen generell eine analoge Anwendung der Gründungsvorschriften des GmbH-Gesetzes bei der sog. Mantelverwendung; insbesondere lehnen sie eine Verpflichtung der Verwender der GmbH zur erneuten Versicherung nach § 8 Abs. 2 GmbHG über die Unversehrtheit des Stammkapitals und eine diesbezügliche Kontrollbefugnis des Registergerichts ab, so daß das vorlegende Oberlandesgericht sich mit seiner beabsichtigten Entscheidung in Divergenz hierzu befinden würde.
III. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Das Registergericht hat mit seiner Zwischenverfügung vom 19. März 2001 zu Recht die begehrten Eintragungen von der vorherigen Abgabe einer Versicherung nach § 8 Abs. 2 GmbHG abhängig gemacht, weil die angemeldeten Änderungen aus Anlaß der wirtschaftlichen Neugründung eines Unternehmens unter Verwendung des "Mantels" einer zwar rechtlich bestehenden, aber inaktiv gewordenen Gesellschaft ohne Geschäftsbetrieb erfolgt sind und daher in entsprechender Anwendung der Gründungsvorschriften des GmbH-Gesetzes die registergerichtliche Kontrolle der Unversehrtheit des Stammkapitals erforderlich ist.
1. Wie der Senat im Anschluß an seine Entscheidung zur Vorratsgesellschaft des Aktienrechts (BGHZ 117, 323) bereits zur vergleichbaren Problematik bei der Vorratsgesellschaft des GmbH-Rechts entschieden hat (Beschl. v.
9. Dezember 2002 -II ZB 12/02, ZIP 2003, 251 -zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), stellt die Verwendung einer "auf Vorrat" gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung wirtschaftlich eine Neugründung dar. Auf diese Form der wirtschaftlichen Neugründung durch Ausstattung der Vorratsgesellschaft mit einem Unternehmen und erstmalige Aufnahme ihres Geschäftsbetriebes sind die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbH-Gesetzes einschließlich der registergerichtlichen Kontrolle entsprechend anzuwenden. Dementsprechend hat der Geschäftsführer entsprechend § 8 Abs. 2 GmbHG zu versichern, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und daß der Gegenstand der Leistungen sich -weiterhin oder jedenfalls wieder -in seiner freien Verfügung befindet.
2. Diese für die Verwendung der auf Vorrat gegründeten Gesellschaft aufgestellten Grundsätze sind auf den -vorliegenden -Fall der Verwendung des "alten" Mantels einer existenten, im Rahmen ihres früheren Unternehmensgegenstandes tätig gewesenen, jetzt aber unternehmenslosen GmbH entsprechend übertragbar (überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. nur OLG Brandenburg aaO, 641 ff.; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 17. Aufl. § 3 Rdn. 15 -jew. m. umfangreichen Rechtsprechungs-und Literaturnachweisen zum Meinungsstand). Auch die Verwendung eines solchen alten, leer gewordenen Mantels einer GmbH stellt wirtschaftlich eine Neugründung dar. Als wirtschaftliche Neugründung ist es anzusehen, wenn die in einer GmbH verkörperte juristische Person als unternehmensloser Rechtsträger ("Mantel")
besteht und sodann mit einem Unternehmen ausgestattet wird. Dabei macht es bei wertender Betrachtung keinen Unterschied, ob die Unternehmenslosigkeitim Sinne des Fehlens eines Geschäftsbetriebes -wie bei der "offenen" Vorratsgründung -von Anfang an vorgesehen ist und sodann die Gesellschaft erstmals den Betrieb eines Unternehmens aufnimmt, oder ob sie -wie bei den sog. alten Gesellschaftsmänteln -darauf beruht, daß der Betrieb eines (ursprünglich) vorhandenen Unternehmens mittlerweile eingestellt bzw. endgültig aufgegeben worden ist und sodann der gleichsam als "inhaltsloser Hülle" fortbestehenden juristischen Person ein neues Unternehmen "implantiert" wird (vgl. Henze in Großkomm. z. AktG, 4. Aufl. § 54 Rdn. 35 m.w.N.). Die mit der wirtschaftlichen Neugründung verbundenen Probleme eines wirksamen Gläubigerschutzes bestehen sowohl im Anschluß an eine Vorratsgründung als auch im Zusammenhang mit der "Wiederbelebung" eines leeren Mantels durch Ausstattung mit einem (neuen) Unternehmen: In beiden Fällen besteht die Gefahr einer Umgehung der Gründungsvorschriften mit der Folge, daß die gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Kapitalausstattung bei Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht gewährleistet ist. Die Gläubiger sind im Falle der Verwendung eines bereits stillgelegten, leeren Mantels sogar stärker gefährdet und daher schutzbedürftiger als bei der Verwendung einer Vorrats-GmbH. Während nämlich bei der zunächst inaktiven Vorratsgesellschaft die zuvor anläßlich der rechtlichen Gründung durch das Registergericht kontrollierte Kapitalausstattung zum Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung durch Aufnahme ihres Geschäftsbetriebes regelmäßig noch unversehrt, vermindert allenfalls um die Gründungskosten und Steuern, vorhanden sein wird (BGHZ 117, 323, 333), ist im Zeitpunkt der Verwendung eines alten GmbH-Mantels das früher aufgebrachte Stammkapital des inaktiv gewordenen Unternehmens typischerweise nicht mehr unversehrt, sondern zumeist sogar bereits verbraucht. Daher ist gerade bei dieser Art der Mantelverwendung dem vornehmlichen Zweck der Gründungsvorschriften, die reale Kapitalaufbringung der gesetzlich vorgeschriebenen Kapitalausstattung der Gesellschaft im Zeitpunkt ihres Entstehens als Voraussetzung für die Beschränkung ihrer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen sicherzustellen, durch deren analoge Anwendung bei der (späteren) wirtschaftlichen Neugründung Rechnung zu tragen (vgl. Senat, BGHZ 117, 323, 331; Beschl. v.
9. Dezember 2002 aaO, 251, 252).
3. Die Frage, wie der Gläubigerschutz aus Anlaß der Verwendung eines leeren Mantels nach vorheriger Einstellung oder Aufgabe des vormals vorhandenen Unternehmens im Wege der analogen Anwendung der Gründungsvorschriften im einzelnen auszugestalten ist, betrifft auch im vorliegenden Falle die formalrechtliche registergerichtliche Präventivkontrolle.
Da die Verwendung eines alten Gesellschaftsmantels -nicht anders als diejenige einer Vorrats-GmbH -als wirtschaftliche Neugründung anzusehen ist, ist sie der registergerichtlichen Kontrolle nach denselben Maßstäben zu unterwerfen, wie sie der Senat bereits im Beschluß vom 9. Dezember 2002 (aaO, 252) im Hinblick auf die Verwendung einer Vorrats-GmbH aufgestellt hat. Das bedeutet, daß die Tatsache der Wiederverwendung eines zwischenzeitlich leer gewordenen Gesellschaftsmantels gegenüber dem Registergericht offenzulegen ist; diese Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung ist mit der Versicherung gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG zu verbinden, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und daß der Gegenstand der Leistungen sich zu diesem Zeitpunkt endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet.
a) Die gegen eine registergerichtliche Kontrolle der wirtschaftlichen Neugründung bei Verwendung eines gebrauchten Mantels vorgebrachten Bedenken (vgl. dazu im wesentlichen BayObLG aaO, 607 ff.; vgl. auch Altmeppen, NZG 2003, 145, 147 ff.), die sich vor allem auf die Schwierigkeiten der Abgrenzung der wirtschaftlichen Neugründung von der -nicht zu beanstandenden -Umorganisation der vorhandenen GmbH [aa)] und die Begrenztheit der Erkenntnismöglichkeiten des Registerrichters [bb)] beziehen, hält der Senat -wie schon in bezug auf die Vorrats-GmbH (vgl. dazu Sen.Beschl. v. 9. Dezember 2002 aaO, 252 f.) -nicht für durchgreifend.
aa) Für die Abgrenzung der Mantelverwendung von der Umorganisation oder Sanierung einer (noch) aktiven GmbH ist entscheidend, ob die Gesellschaft noch ein aktives Unternehmen betrieb, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebes -sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebietes -in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise anknüpft oder ob es sich tatsächlich um einen leer gewordenen Gesellschaftsmantel ohne Geschäftsbetrieb handelt, der seinen -neuen oder alten -Gesellschaftern nur dazu dient, unter Vermeidung der rechtlichen Neugründung einer die beschränkte Haftung gewährleistenden Kapitalgesellschaft eine gänzlich neue Geschäftstätigkeit -ggf. wieder -aufzunehmen (so zutr. Priester aaO, 2297 f.; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 3 Rdn. 35). Auf der Grundlage dieser Unterscheidung lassen sich die -angesichts der Vielgestaltigkeit möglicher Manteltransaktionen -vorhandenen Abgrenzungsprobleme jedenfalls im Regelfall, d.h. vornehmlich beim sog. Mantelkauf, bewältigen. Im übrigen kann der Geltungsanspruch der Kapitalaufbringungsnormen nicht von etwaigen Schwierigkeiten ihrer praktischen Umsetzung abhängig gemacht werden, zumal Abgrenzungs-und Kontrollprobleme ein allenthalben anzutreffendes und auch sonst zu bewältigendes Phänomen der Rechtsanwendung sind.
bb) Der Begrenztheit der Erkennbarkeit von Mantelverwendungen und der diesbezüglichen Erkenntnismöglichkeiten des Registergerichts trägt der Senat dadurch Rechnung, daß er nunmehr die Offenlegung der Wiederverwendung des alten Gesellschaftsmantels gegenüber dem Registergericht verlangt. Dadurch wird in der gebotenen Weise die "wirtschaftliche Neugründung" offenkundig gemacht (vgl. dazu Bredow/Schumacher, DStR 2003, 1032, 1036; Peetz, GmbHR 2003, 229, 331) und zugleich die Effektivität des unverzichtbaren registergerichtlichen Präventivschutzes vor einer gläubigergefährdenden wirtschaftlichen Verwendung der Rechtsform der GmbH verstärkt. Eine derart verläßliche Kontrolle wäre allein aufgrund der dem Registergericht sonst zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nicht gesichert. Eintragungspflichtige Abänderungen des Gesellschaftsvertrages (§ 54 GmbHG), wie Änderung des Unternehmensgegenstandes, Neufassung der Firma, Sitzverlegung, Bestellung eines neuen Geschäftsführers, sowie eine Veräußerung der Geschäftsanteile gehen zwar typischerweise, aber keineswegs notwendig mit einer Mantelverwendung einher; anhand solcher häufig -aber nicht notwendig -kumulativ auftretender, unterschiedlich aussagekräftiger Indizien lassen sich allenfalls eindeutige Mantelverwendungen durch die registergerichtliche Kontrolle erfassen, während ein beträchtlicher Teil regelungsbedürftiger Fälle unerkannt bliebe. Dem wirkt die obligatorische Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung entgegen.
b) Die mit der Offenlegung der Mantelverwendung gegenüber dem Registergericht zu verbindende Versicherung gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG ist -was der Senat in seinem Beschluß vom 9. Dezember 2002 (aaO) zur Vorrats-GmbH offenlassen konnte -am satzungsmäßigen Stammkapital auszurichten, so daß im Zeitpunkt der Offenlegung die Gesellschaft noch ein Mindestvermögen in Höhe der statutarischen Stammkapitalziffer besitzen muß, von dem sich ein Viertel -wenigstens aber 12.500,00
-wertmäßig in der freien Verfügung der Geschäftsführung zu befinden hat.
Während Vorratsgesellschaften regelmäßig nur mit dem gesetzlichen Mindestkapital von 25.000,00 5 Abs. 1 GmbHG) ausgestattet sind, wird bei den zur Wiederverwendung bestimmten alten GmbH-Mänteln die statutarische Kapitalziffer nicht selten darüber liegen. Daher ist nunmehr klarzustellen, daß in beiden Fallkonstellationen der wirtschaftlichen Neugründung die Kapitalaufbringung -entgegen verbreiteter Ansicht (vgl. Priester, DB 1983, 2291, 2295 f.; vgl. ferner die Nachweise bei Baumbach/Hueck/Fastrich aaO, § 3 Rdn. 15) -nicht auf das gesetzliche Mindeststammkapital von 25.000,00 b eeg r e n ztis t ,s o n dee rtn sich am satzungsmäßig festgelegten Stammkapital auszurichten hat (vgl. Peters, Der GmbH-Mantel S. 72 f.; Ihrig, BB 1988, 1197, 1202; Henze aaO, § 54 Rdn. 38 m.w.N.). Es liegt in der Konsequenz der analogen Anwendung der Kapitalaufbringungsvorschriften, daß bei der wirtschaftlichen Neugründung -genauso wie bei jeder "regulären" rechtlichen Neugründung -die Kapitalaufbringung im Umfang der statutarisch festgelegten Kapitalziffer sichergestellt werden soll. Der Mantelverwender verwendet nicht irgendeinen am gesetzlichen Mindeststammkapital orientierten hypothetischen, sondern den konkreten Gesellschaftsmantel mit dem konkreten -ggf. höheren -satzungsmäßigen Stammkapital; an dieser statutarischen, im Handelsregister verlautbaren Kapitalziffer orientiert sich auch das zu schützende Vertrauen des Rechtsverkehrs.
4. Die reale Kapitalaufbringung als zentrales, die Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen rechtfertigendes Element ist sowohl bei der Mantelverwendung als auch bei der Aktivierung einer Vorratsgesellschaft nicht nur durch die registergerichtliche Präventivkontrolle, sondern weitergehend auf der materiell-rechtlichen Haftungsebene durch entsprechende Anwendung des Haftungsmodells der Unterbilanzhaftung (vgl. BGHZ 80, 129, 140; 105, 300, 303; 134, 333) sicherzustellen. Wie der Senat bereits im Beschluß vom 9. Dezember 2002 (aaO, 251, 252) ausgesprochen hat, beinhaltet die dem Geschäftsführer auf der formalen registerrechtlichen Ebene nach § 8 Abs. 2 GmbHG obliegende Versicherung von Gesetzes wegen, daß im Anmeldezeitpunkt die geschuldeten Einlagen nicht durch schon entstandene Verluste ganz oder teilweise aufgezehrt sind; bei hinreichenden Anhaltspunkten obliegt dem Registerrichter insoweit auch die Prüfung auf das etwaige Vorhandensein einer Unterbilanz. Daran anknüpfend ist als maßgeblicher Stichtag für eine Unterbilanzhaftung der Gesellschafter bei der wirtschaftlichen Neugründung die -mit der Versicherung nach § 8 Abs. 2 GmbHG zu verbindende -Offenlegung (sowie Anmeldung der etwa mit ihr einhergehenden Satzungsänderungen) gegenüber dem Handelsregister anzunehmen. Eine Gewährleistung der Unversehrtheit des Stammkapitals über diesen Zeitpunkt hinaus ist bei der wirtschaftlichen Neugründung nicht veranlaßt. Zum einen bedarf -anders als bei der "echten" Neugründung, die erst mit der Eintragung vollzogen ist (vgl. § 11 Abs. 1 GmbHG) -bei der Verwendung einer Vorratsgesellschaft oder des Mantels einer inaktiv gewordenen Gesellschaft der bereits früher als GmbH wirksam entstandene Rechtsträger zu seiner weiteren rechtlichen Existenz keiner zusätzlichen "konstitutiven" Eintragung mehr; zum anderen ist dem Gläubigerschutz bei Unversehrtheit des Stammkapitals im Zeitpunkt der Offenlegung (bzw. Anmeldung) hinreichend genügt, so daß die Gesellschafter solcher Rechtsträger nunmehr tatsächlich das neue Unternehmen als werbende GmbH ohne Zeitverlust in Vollzug setzen und mit der bestimmungsgemäßen Verwendung des Stammkapitals zu dessen Betrieb beginnen können.
Neben der Unterbilanzhaftung ist auch eine Handelndenhaftung analog § 11 Abs. 2 GmbHG in Betracht zu ziehen, wenn vor Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung die Geschäfte aufgenommen werden, ohne daß dem alle Gesellschafter zugestimmt haben (vgl. BGHZ 134, 333, 338).
5. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen zur analogen Anwendbarkeit der Gründungsvorschriften des GmbH-Gesetzes, insbesondere der registergerichtlichen Präventivkontrolle der Kapitalaufbringung bei der Verwendung des alten Mantels einer GmbH, hat das Registergericht zu Recht die Eintragung der angemeldeten Veränderungen von der vorherigen Abgabe der Anmeldeversicherung nach § 8 Abs. 2 GmbHG abhängig gemacht. Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigen die zur Eintragung angemeldeten Änderungen den Schluß auf die von der Antragstellerin beabsichtigte wirtschaftliche Neugründung eines Unternehmens unter Verwendung des "Mantels" einer rechtlich bestehenden, aber inaktiv gewordenen GmbH. Mit notariellem Vertrag vom 26. September 2000 haben K. S. und H. -
J. Ku. im Wege des sog. Mantelkaufs die Geschäftsanteile der inaktiv gewordenen F. Bauunternehmung U. GmbH erworben. Diese Gesellschaft, deren satzungsmäßiger Zweck ausschließlich darin bestand, ohne eigene wirtschaftliche Betätigung aus freiwilligen Zuwendungen ihrer Muttergesellschaft deren Betriebsangehörigen (steuerlich begünstigte) Unterstützungsleistungen zu gewähren, hat infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens über deren Vermögen Anfang 1998 ihre wirtschaftliche Grundlage verloren. Irgendeine betriebliche Tätigkeit im Rahmen ihres ursprünglichen Gesellschaftszwecks war jedenfalls im Zeitpunkt der Übertragung der Geschäftsanteile 2 Jahre nach Konkurseröffnung nicht mehr feststellbar; so läßt insbesondere auch der Übertragungsvertrag nicht erkennen, daß noch irgendwelche abzuwickelnden Unterstützungsleistungen von der Gesellschaft zu erbringen wären. Dementsprechend stellt die Veräußerung der Anteile zum Preis von 5.000,00 DM durch den Konkursverwalter die Verwertung des inaktiv gewordenen "leeren" Mantels der Gesellschaft dar. Die zugleich mit dem Erwerb der Geschäftsanteile von den neuen Gesellschaftern beschlossene Auswechselung der Geschäftsführung, Sitzverlegung sowie Änderung der Firma und des Unternehmensgegenstandes zum Zwecke der Neuaufnahme eines Geschäftsbetriebes lassen -typischerweise -auf die wirtschaftliche Neugründung eines Unternehmens unter Verwendung eines "leeren" GmbH-Mantels schließen.
Nach Maßgabe der vom Senat oben unter III. 3. aufgestellten Rechtsgrundsätze wird das Registergericht die begehrten Eintragungen -außer von einer Versicherung gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG -nunmehr auch noch von der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung durch die Antragstellerin abhängig zu machen haben.
BGH:
Beschluss v. 07.07.2003
Az: II ZB 4/02
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