Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Februar 2010
Aktenzeichen: 35 W (pat) 459/08

(BPatG: Beschluss v. 24.02.2010, Az.: 35 W (pat) 459/08)

Tenor

1.

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts -Gebrauchsmusterabteilung I -vom 30. Juni 2008 aufgehoben.

2.

Die Unwirksamkeit des Gebrauchsmusters 299 23 046 wird festgestellt.

3.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Löschungsverfahrens in beiden Rechtszügen.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des am 31. Dezember 1999 angemeldeten und am 23. März 2000 unter der Bezeichnung "Sensor für eine Verdunkelungsvorrichtung und Verdunkelungsanlage" mit 17 Schutzansprüchen eingetragenen Gebrauchsmusters 299 23 046. Das Streitgebrauchsmuster ist nach Ablauf der maximalen Schutzdauer von 10 Jahren erloschen.

Die von der Antragsgegnerin wegen Verletzung des Gebrauchsmusters verwarnte Antragstellerin hat am 7. April 2006 die vollständige Löschung des Gebrauchsmusters beantragt, weil dessen Gegenstand nicht schutzfähig sei, d. h. nicht neu sei bzw. nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe. In diesem Zusammenhang benennt sie im Verfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamts folgende Druckschriften:

-DE 40 23 673 A1 (Druckschrift D1), -DE 38 32 688 C2 (Druckschrift D2), -JP 2-91348 A (Druckschrift D3), -JP 4-56618 A (Druckschrift D4), -DE 42 01 971 A1 (Druckschrift D5), -JP 06-280460 A (Druckschrift D6), -JP 06-248857 A (Druckschrift D7), -DE 34 08 396 A1 (Druckschrift D8), -DE 38 40 888 C2 (Druckschrift D9), -DE 40 24 843 A1 (Druckschrift D10), -EP 0 687 794 B1 (Druckschrift D11), -DE 40 24 902 A1 (Druckschrift D12), -DE 197 21 190 A1 (Druckschrift D13), -DE 40 09 871 A1 (Druckschrift D14),

-DE 43 09 006 C2 (Druckschrift D15), sowie -DE 298 22 260 U1 (Druckschrift D16)

Die Antragsgegnerin verteidigt ihr Gebrauchsmuster gemäß Schriftsatz vom 10. Juli 2006 mit geänderten Schutzansprüchen 1 bis 31, wobei die nebengeordneten Ansprüche 1 und 16 jeweils einen Sensor betreffen und der nebengeordnete Anspruch 31 auf eine Verdunkelungsanlage mit entsprechendem Sensor gerichtet ist. Ansonsten widerspricht sie dem Löschungsantrag in allen wesentlichen Punkten.

Die Gebrauchsmusterabteilung I hat das angegriffene Gebrauchsmuster durch Beschluss vom 15. Juli 2008 teilgelöscht, soweit es über die Fassung gemäß Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 10. Juli 2006 hinausgeht und den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung ist in dem Beschluss ausgeführt, dass das Streitgebrauchsmuster zu löschen war, soweit die Antragsgegnerin von seiner Verteidigung abgesehen hat (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GebrMG); im Übrigen sei der zulässige Löschungsantrag unbegründet, da der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters im Umfang der Verteidigung schutzfähig sei (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG). Er sei neu und ergebe sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, beruhe also auch auf einem erfinderischen Schritt.

Gegen diesen der Antragstellerin am 4. August 2008 zugegangenen Beschluss richtet sich die mit Schriftsatz vom 20. August 2008 (eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 22. August 2008) fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin. Sie vertritt in ihrer schriftlichen Begründung die Auffassung, dass unter Berücksichtigung des im Verfahrens befindlichen Standes der Technik die durch den Teillöschungsbeschluss eingeschränkte Fassung des Gebrauchsmusters ebenfalls nicht rechtsbeständig sei. So sei der Gegenstand des Anspruchs 1 unter Berücksichtigung der technischen Lehre der Druckschrift D1 nicht neu, hilfsweise würde er dem Fachmann auch durch eine Kombination der technischen Lehren der Druckschriften D1 und D13 nahegelegt. Auch die Lehren der Druckschrift D3 bzw. D4 alleine bzw. eine Kombination der Druckschriften D3 und D2 stünden dem Gegenstand des Anspruchs 1 schutzhindernd entgegen. Gleiches gelte sinngemäß für die Verdunkelungsvorrichtung nach Anspruch 31. Auch der Sensor des nebengeordneten Anspruchs 16 sei -beispielsweise unter Berücksichtigung der technischen Lehre der Druckschrift D8 -nicht schutzfähig Die Antraggegnerin verteidigt das -mittlerweile abgelaufene -Streitgebrauchsmuster mit geänderten Schutzansprüchen 1 bis 31 nach Hauptantragbzw. Hilfsantrag 1, jeweils eingereicht mit Schriftsatz vom 19. Februar 2010, sowie mit den Schutzansprüchen 1 bis 26 nach Hilfsantrag 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung und führt aus, dass diese unter Berücksichtigung des im Verfahrens befindlichen Standes der Technik schutzfähig seien.

Den Ausführungen zur Schutzfähigkeit widerspricht die Antragsstellerin vollumfänglich und macht auch nach Ablauf der maximalen Geltungsdauer des Streitgebrauchsmusters ein Feststellungsinteresse geltend.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Unwirksamkeit des Gebrauchsmusters festzustellen. Hinsichtlich des Feststellungsinteresses verweist sie auf die unstreitige Abmahnung durch die Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde und den Feststellungsantrag der Antragsstellerin im Umfang des mit Schriftsatz vom 19. Februar 2010 eingereichten Hauptantrags bzw. Hilfsantrags, weiter hilfsweise im Umfang des in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsantrags 2 zurückzuweisen.

Der hierbei geltende Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

"Sensor (1), insbesondere für ein Fenster (2) und insbesondere für eine dem Fenster (2) zugeordnete, motorisch arbeitende Verdunkelungsvorrichtung (4), wie einen Rollladen, eine Jalousie oder eine Markise, mit einer Übertragungseinrichtung (5) zur insbesondere drahtlosen Übertragung von Sensorsignalen an die Verdunkelungsvorrichtung (4) oder eine sonstige die Sensorsignale aufnehmende Vorrichtung und mit einer zugeordneten Energieversorgungseinrichtung (6), wobei die Energieversorgungseinrichtung (6) eine Solarzelle (7) oder eine sonstige, Strahlung in elektrische Energie umwandelnde Wandlereinrichtung zur insbesondere ausschließlichen Stromversorgung des Sensors (1) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass der Sensor (1) ein gegebenenfalls zweiteiliges Gehäuse (14) aufweist und dass das Gehäuse (14) vollständig transparent ausgestaltet ist, so dass Licht auf die Solarzelle (7) treffen kann."

Der geltende Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 konkretisiert den Sensor nach Hauptantrag durch das Anfügen des weiteren Merkmals

"...dass der Sensor (1) eine Platine (21) aufweist, die zumindest die meisten der elektrischen und elektronischen Bauteile und Komponenten des Sensors (1) trägt und dass die Platine (21) im Wesentlichen unmittelbar benachbart zu der Solarzelle (7) auf der sonnenabgewandten Seite angeordnet ist."

Der verteidigte Sensor nach Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist durch die Aufnahme der Merkmale der Ansprüche 4, 7, 8, 12 und 15 in den Oberbegriff des Anspruchs 1 nach Hauptantrag konkretisiert. Der Wortlaut des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 lautet (hinzugenommene Merkmale unterstrichen):

"Sensor (1), insbesondere für ein Fenster (2) und insbesondere für eine dem Fenster (2) zugeordnete, motorisch arbeitende Verdunkelungsvorrichtung (4), wie einen Rollladen, eine Jalousie oder eine Markise, mit einer Übertragungseinrichtung (5) zur insbesondere drahtlosen Übertragung von Sensorsignalen an die Verdunkelungsvorrichtung (4) oder eine sonstige die Sensorsignale aufnehmende Vorrichtung und mit einer zugeordneten Energieversorgungseinrichtung (6), wobei die Energieversorgungseinrichtung (6) eine Solarzelle (7) oder eine sonstige, Strahlung in elektrische Energie umwandelnde Wandlereinrichtung zur insbesondere ausschließlichen Stromversorgung des Sensors (1) aufweist, wobei die Energieversorgungseinrichtung (6) einen von der Solarzelle (7) bzw. der sonstigen Wandlereinrichtung gespeisten Energiespeicher (8) aufweist, wobei der Sensor (1) mindestens ein Sensorelement (9), insbesondere zur Messung bzw. Erfassung von Helligkeit, Licht, Wind, Regen, Glasbruch, Erschütterung, Rauch und/oder Schadstoffen aufweist, wobei der Sensor (1) eine Steuereinheit (10) aufweist, die insbesondere von der Solarzelle (7) und/oder einem Sensorelement (9) bereitgestellte Messsignale vorzugsweise programmgesteuert weiterverarbeitet, insbesondere auswertet, und die Messsignale und/oder davon abgeleitete Steuersignale als Sensorsignale über die Übertragungseinrichtung (5) ausgibt, wobei der Sensor (1) mindestens ein Bedienelement, wie einen Schalter oder Taster (15, 16), vorzugsweise zur Eingabe von Parametern, Zeiten, Steuerbefehlen o. dgl. aufweist, wobei die Übertragungseinrichtung (5) eine Sendeeinheit (19) zur drahtlosen Übertragung, insbesondere per Funk, von Sensorsignalen, vorzugsweise eine zugeordnete Antenne (20), und vorzugsweise eine Empfangseinheit zum insbesondere drahtlosen Empfang von Steuerund/oder Programmiersignalen aufweistdadurch gekennzeichnet, dass der Sensor (1) ein gegebenenfalls zweiteiliges Gehäuse (14) aufweist und dass das Gehäuse (14) vollständig transparent ausgestaltet ist, so dass Licht auf die Solarzelle (7) treffen kann."

Der nebengeordnete Anspruch 16 nach Hauptantrag bzw. Hilfsantrag 1 bzw. der nebengeordnete Anspruch 11 (nach Korrektur der Anspruchsnummerierung) nach Hilfsantrag 2 hat den jeweils gleichlautenden Wortlaut:

"Sensor (1), insbesondere für ein Fenster (2) und insbesondere für eine dem Fenster (2) zugeordnete, motorisch arbeitende Verdunkelungsvorrichtung (4), wie einen Rollladen, eine Jalousie oder eine Markise, mit einer Übertragungseinrichtung (5) zur insbesondere drahtlosen Übertragung von Sensorsignalen an die Verdunkelungsvorrichtung (4) oder eine sonstige die Sensorsignale aufnehmende Vorrichtung und mit einer zugeordneten Energieversorgungseinrichtung (6), wobei die Energieversorgungseinrichtung (6) eine Solarzelle (7) oder eine sonstige, Strahlung in elektrische Energie umwandelnde Wandlereinrichtung zur insbesondere ausschließlichen Stromversorgung des Sensors (1) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass elektrische Werte, wie Widerstand, Spannung und/oder Strom, der Solarzelle (7) als zu auf den Sensor (1) treffendem Licht korrespondierende Messsignale auswertbar und/oder als Sensorsignale ausgebbar sind, dass der Sensor (1) eine Steuereinheit (10) aufweist, die insbesondere von der Solarzelle (7) und/oder einem Sensorelement (9) bereitgestellte Messsignale vorzugsweise programmgesteuert weiterverarbeitet, insbesondere auswertet, und die Messsignale und/oder davon abgeleitete Steuersignale als Sensorsignale über die Übertragungseinrichtung (5) ausgibt, und dass die Steuereinheit (10) derart ausgebildet bzw. programmierbar ist, dass bei Energiemangel, insbesondere bei einem Absinken der Spannung eines Energiespeichers (8), ein Öffnungssignal an die zugeordnete Verdunkelungsvorrichtung (4) ausgebbar ist."

Der nebengeordnete Anspruch 31 nach Hauptantrag bzw. Hilfsantrag 1 bzw. der nebengeordnete Anspruch 26 (nach Korrektur der Anspruchsnummerierung) nach Hilfsantrag 2 hat den Wortlaut:

"Verdunkelungsanlage mit einer einem Fenster (2) oder einer Tür zugeordneten, motorisch arbeitenden Verdunkelungsvorrichtung (4) und mit einem dem Fenster (2) bzw. der Tür zugeordneten, insbesondere an dessen bzw. deren Scheibe (3) befestigbaren Sensor (1), wobei Steuersignale vom Sensor (1) an die Verdunkelungsvorrichtung (4) zu deren Steuerung übertragbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass der Sensor (1) gemäß einem der voranstehenden Ansprüche ausgebildet ist."

Wegen der abhängigen Ansprüche sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin und Beschwerdeführerin ist begründet, denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung liegt der geltend gemachte Löschungsgrund der fehlenden Neuheit bzw. des fehlenden erfinderischen Schritts nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG im Umfang der verteidigten Schutzansprüche nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträgen 1 und 2 vor.

1) Nach geltenden Unterlagen betrifft das vorliegende Gebrauchsmuster einen Sensor, insbesondere für ein Fenster und insbesondere für eine dem Fenster zugeordnete, motorisch arbeitende Verdunkelungsvorrichtung, wie einen Rollladen, eine Jalousie oder eine Markise, mit einer Übertragungseinrichtung zur insbesondere drahtlosen Übertragung von Sensorsignalen an die Verdunkelungsvorrichtung oder eine sonstige die Sensorsignale aufnehmende Vorrichtung und mit einer zugeordneten Energieversorgungseinrichtung, wobei die Energieversorgungseinrichtung eine Solarzelle oder eine sonstige, Strahlung in elektrische Energie umwandelnde Wandlereinrichtung zur insbesondere ausschließlichen Stromversorgung des Sensors aufweist (vgl. beispielsweise gleichlautenden Oberbegriff der Schutzansprüche 1 und 16 nach Hauptantrag).

Ein derartiger Sensor wird insbesondere als sogenannter Sonnensensor bzw. Heiligkeitssensor im Bereich eines Fensters, einer Tür o. dgl. angebracht, so dass in Abhängigkeit von der Sonneneinstrahlung auf den Sensor bzw. der Außenhelligkeit das Fenster bzw. die Tür von einer zugeordneten Verdunkelungsvorrichtung, insbesondere einem elektromotorisch betriebenen Rollladen o. dgl., verdunkelbar ist. Hierzu kann der Sensor entsprechende Sensorsignale an die Verdunkelungsvorrichtung bzw. deren Steuereinheit übertragen (vgl. Streitgebrauchsmuster, Seite 1, zweiter Absatz).

Das Gebrauchsmuster geht hierbei von einem Stand der Technik aus, bei dem das Sensorelement in nachteiliger Weise mittels Kabel, Batterie oder Akkumulator mit Strom bzw. Energie versorgt wird, was zu einem hohen Wartungsaufwand führt (vgl. Streitgebrauchsmuster, Seite 1, dritter und vierter Absatz).

Vor diesem Hintergrund liegt gemäß geltender Beschreibung dem Gebrauchsmuster daher die Aufgabe zugrunde, einen Sensor, insbesondere für eine Verdunkelungsanlage, und eine Verdunkelungsanlage mit einem separaten Sensor anzugeben, bei welcher der Verkabelungsaufwand und der Wartungsaufwand für den Sensor minimiert werden (vgl. Gebrauchsmuster, Seite 1, le: Abs.).

Gelöst wird diese Aufgabe durch die Merkmale der Sensoren der jeweiligen Schutzansprüche 1 nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 und 2.

Hierbei ist nach geltendem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag erfindungswesentlich vorgesehen, dass das Sensorgehäuse vollständig transparent ausgestaltet ist, so dass Licht auf die Solarzelle treffen kann (vgl. Anspruch 1, Kennzeichen). Dies entspricht einer Einschränkung des ursprünglichen Offenbarungsgehalts des Streitgebrauchsmusters, welche -ohne Angabe einer entsprechenden Auswahlregel -die technische Lehre vermittelt, dass das Gehäuse zumindest partiell transparent ausgebildet ist (vgl. Streitgebrauchsmusterschrift, Schutzanspruch 14) bzw. dass bei einem zweiteilig ausgebildeten Gehäuse das dem einfallenden Licht zugewandte Gehäuseteil 24 vollständig transparent, das andere Gehäuseteil 25 wahlweise transparent oder nicht transparent ausgebildet ist (vgl. Streitgebrauchsmusterschrift, Seite 10, Abs. 1).

Mit Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 wird der vorstehend beschriebene Schutzgegenstand dahingehend konkretisiert, dass der Sensor zusätzlich eine Platine mit elektrischen und elektronischen Bauteilen und Komponenten des Sensors aufweist und dass die Platine benachbart zur Solarzelle und auf deren sonnenabgewandter Seite angeordnet ist.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 konkretisiert den Sensor des Anspruchs 1 nach Hauptantrag durch die Aufnahme einer Vielzahl von Merkmalen der abhängigen Ansprüche in den Oberbegriff des Anspruchswortlauts.

Die Aufgabe wird ebenfalls durch einen Sensor gemäß den gleichlautenden Ansprüchen 16 nach Hauptund Hilfsantrag 1 bzw. Anspruch 11 nach Hilfsantrag 2 gelöst.

Beim dort offenbarten gattungsgemäßen Sensor ist erfindungswesentlich vorgesehen, dass elektrische Werte der Solarzelle (Widerstand, Spannung und/oder Strom) als zu auf den Sensor treffendem Licht korrespondierende Messsignale auswertbar und/oder als Sensorsignale ausgebbar sind. Über eine programmierbare Steuereinheit des Sensors, die insbesondere von der Solarzelle und/oder einem Sensorelement bereitgestellte Messsignale vorzugsweise programmgesteuert weiterverarbeitet bzw. auswertet, können anschließend Messsignale und/oder davon abgeleitete Steuersignale über eine Übertragungseinrichtung ausgegeben werden. Hierbei ist die Steuereinheit so ausgebildet bzw. programmierbar, dass bei einem Energiemangel ein Öffnungssignal an die zugeordnete Verdunkelungsvorrichtung ausgebbar ist.

Die Aufgabe wird ferner durch die Verdunkelungsanlage mit einer einem Fenster oder einer Tür zugeordneten, motorisch arbeitenden Verdunkelungsvorrichtung der gleichlautenden Ansprüche 31 nach Hauptund Hilfsantrag 1 bzw. Anspruch 26 nach Hilfsantrag 2 gelöst. Gemäß technischer Lehre steht die Verdunkelungsanlage in Wirkkombination mit dem entsprechenden, dem Fenster bzw.

der Türe zugeordneten Sensor und die jeweiligen Sensorsignale sind vom Sensor an die Verdunkelungsvorrichtung zu deren Steuerung übertragbar.

2) Die Frage der Zulässigkeit der jeweiligen Schutzansprüche war in der mündlichen Verhandlung unstreitig.

3) Die Frage der Zulässigkeit der Schutzansprüche kann aber in Folge auch dahinstehen, denn die Gegenstände der Ansprüche 1 nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträgen 1 und 2 erweisen sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als nicht schutzfähig (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121 Li. Sp. Abs. 3 "Elastische Bandage"; BGH BlPMZ 2006, 321, 3. Leitsatz -"Demonstrationsschrank").

a) Der Sensor des nach Hauptantrag verteidigten Anspruchs 1 beruht im Hinblick auf die technische Lehre der Druckschrift D1 nicht auf einem erfinderischen Schritt. Der zuständige Fachmann ist hierbei als ein mit der Entwicklung von Sensoren für Verdunkelungsanlagen betrauter Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit Fachhochschulabschluss und langjähriger Berufserfahrung zu definieren.

So offenbart die Druckschrift D1 in Worten des Patentanspruchs 1 einen Sensor (Sensorelemente 18), insbesondere für ein Fenster (Fenster 14) und insbesondere für eine dem Fenster zugeordnete, motorisch arbeitende Verdunkelungsvorrichtung, wie einen Rollladen, eine Jalousie oder eine Markise (Markise 19, Rollladen 20), mit einer Übertragungseinrichtung zur insbesondere drahtlosen Übertragung von Sensorsignalen (vgl. D1, Spalte 5, Zeilen 3 bis 5, "Die von den einzelnen Sensorelementen ermittelten Messwerte werden drahtlos dem Sensormodul übermittelt.") an die Verdunkelungsvorrichtung oder eine sonstige die Sensorsignale aufnehmende Vorrichtung (Sensormodul 15) und mit einer zugeordneten Energieversorgungseinrichtung, wobei die Energieversorgungseinrichtung eine Solarzelle oder eine sonstige, Strahlung in elektrische Energie umwandelnde Wandlereinrichtung zur insbesondere ausschließlichen Stromversorgung des Sensors aufweist (vgl. D1, Anspruch 9, "...zur Stromversorgung des Systems über Solarelemente, die vorzugsweise in die Module integriert sind.") wobei der Sensor ein gegebenenfalls zweiteiliges Gehäuse (fakultativ) aufweist.

Das noch fehlende Merkmal, wonach das Gehäuse vollständig transparent ausgestaltet ist, so dass Licht auf die Solarzelle treffen kann, ist zwar nicht explizit der Druckschrift D1 zu entnehmen, jedoch offenbart deren Lehre einen modularen Aufbau der Sensoren (vgl. D1, Spalte 3, Zeilen 20ff., " Das System bzw. seine Einzelheiten, insbesondere seine Sensoren, lassen sich modular aufbauen, indem man die gewünschten Arten und die Anzahl von fallweise gewünschten Sensorelementen zu einem Gerät zusammensetzt."). Der zuständige Fachmann wird, ausgehend von diesem Hinweis, das zum Sensor gehörende Gehäuse zwingend vollständig transparent ausgestalten, da nur so ein beliebiger modularer Sensoraufbau ohne konstruktive Gehäuseanpassung an die jeweilige Sensoranordnung möglich ist.

Der zuständige Fachmann wird daher bei der Lehre der Druckschrift D1 in völlig naheliegender Weise ein vollständig transparentes Gehäuse vorsehen und so ausgehend von der Lehre der Druckschrift D1 ohne erfinderischen Schritt zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag gelangen.

Der Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag ist daher nicht rechtsbeständig.

b) Der Sensor des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht ebenfalls nicht auf einem erfinderischen Schritt.

Denn das zusätzlich zum Anspruch 1 nach Hauptantrag angefügte Merkmal, wonach der Sensor eine Platine aufweist, die zumindest die meisten der elektrischen und elektronischen Bauteile und Komponenten des Sensors trägt und dass die Platine im Wesentlichen unmittelbar benachbart zu der Solarzelle auf der sonnenabgewandten Seite angeordnet ist, ist ebenfalls der Druckschrift D1 zu entnehmen. Denn diese lehrt die Programmierbarkeit der Innenund Außensensoren hinsichtlich ihrer Schwellwerte unter Zuhilfenahme einer Fernbedienung (vgl. D1, Ansprüche 5 und 6). Mithin impliziert diese technische Lehre neben dem Vorsehen des eigentlichen Sensors und der Solarzelle im entsprechenden Sensorgehäuse auch das Vorsehen von elektrischen und elektronischen Bauteilen, wie Empfangsteil, Datenspeicher, Prozessorenelementen, welche regelmäßig auf einer Platine angeordnet sind. Diese Platine ist im Gehäuse und daher in Worten des Streitgebrauchsmusters im Wesentlichen unmittelbar benachbart zu der Solarzelle angeordnet. Eine Anordnung der Platine auf der sonnenabgewandten Seite der Solarzelle liest der Fachmann -schon um Abschattungseffekte der Solarzelle zu vermeiden -als selbstverständlich im Offenbarungsgehalt der Druckschrift D1 mit.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist daher ebenfalls nicht rechtsbeständig.

c) Auch der Sensor des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einem erfinderischen Schritt. Die zusätzlich in den Oberbegriff des Anspruchs 1 nach Hauptantrag aufgenommenen Merkmale sind allesamt aus der Druckschrift D1 vorbekannt, denn sie offenbart in Worten des Streitgebrauchsmusters (fakultative Merkmale des Streitgebrauchsmusters sind unterstrichen).

-das Vorsehen eines von einer Solarzelle bzw. der sonstigen Wandlervorrichtung gespeisten Energiespeichers als Energieversorgungseinrichtung (vgl. D1, Spalte 4, Zeilen 18 bis 20, "Die Energieversorgung des Systems geschieht vorzugsweise mittels Solar-Akkumulatoren, wodurch das System vom Stromnetz unabhängig ist."),

-dass der Sensor mindestens ein Sensorelement, insbesondere zur Messung bzw. Erfassung von Helligkeit, Licht, Wind, Regen, Glasbruch, Erschütterung, Rauch und/oder Schadstoffen aufweist (vgl. D1, Anspruch 7, "... dass der Außensensor in modularer Bauweise Sensorelemente zur Messung von Temperatur, Lichtstärke, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit bzw -stärke, Schall, O2, CO, CO2, Methan, Ozon, Strahlung und/oder Pollenkonzentration beinhaltet."),

-dass der Sensor eine Steuereinheit aufweist, die insbesondere von der Solarzelle und/oder einem Sensorelement bereitgestellte Messsignale vorzugsweise programmgesteuert weiterverarbeitet, insbesondere auswertet, und Messsignale und/oder davon abgeleitete Steuersignale als Sensorsignale über die Übertragungseinrichtung ausgibt (vgl. D1, Ansprüche 2, 3 und 5),

-dass der Sensor mindestens ein Bedienelement, wie einen Schalter oder Taster vorzugsweise zur Eingabe von Parametern, Zeiten, Steuerbefehlen o. dgl. aufweist (vgl. D1, Anspruch 7, Fernbedienung), sowie -dass die Übertragungseinrichtung eine Sendeeinheit zur drahtlosen Übertragung, insbesondere per Funk, von Sensorsignalen, vorzugsweise eine zugeordnete Antenne, und vorzugsweise eine Empfangseinheit zum insbesondere drahtlosen Empfang von Steuerund/oder Programmiersignalen aufweist (vgl. D1, Ansprüche 2 und 5).

Mithin eignen sich die einschränkend in den Oberbegriff des Anspruchs 1 zusätzlich aufgenommenen Merkmale nicht, den erfinderischen Schritt des hilfsweise verteidigten Sensors zu begründen.

Auch der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist daher nicht rechtsbeständig.

4) Mit den jeweiligen nicht rechtsbeständigen Schutzansprüchen 1 nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 und 2 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die entsprechenden nebengeordneten bzw. rückbezogenen Ansprüche (vgl. BGH GRUR 2007, 862, Leitsatz -"Informationsübermittlungsverfahren II" m. w. N.). Die Frage der Schutzfähigkeit dieser Ansprüche kann daher dahinstehen.

5) Bei dieser Sachlage war der Beschwerde der Antragsstellerin stattzugeben und die Unwirksamkeit des Gebrauchsmusters 299 23 046 festzustellen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG in Verbindung mit § 84 Abs. 2 PatG und §§ 91 ff. ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

Müllner Maile Dr. Friedrich Pr






BPatG:
Beschluss v. 24.02.2010
Az: 35 W (pat) 459/08


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