Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Januar 2007
Aktenzeichen: 25 W (pat) 72/05
(BPatG: Beschluss v. 15.01.2007, Az.: 25 W (pat) 72/05)
Tenor
Das Verfahren wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnungmy EDI soll für die Waren und Dienstleistungen
"Handel mit und Entwicklung von Computern und Computerprogrammen (Hard- und Software), IT-Consulting, Internetdienstleistung, Unternehmensberatung"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat nach Beanstandung die Anmeldung mit Beschluss vom 6. Dezember 2004 wegen mangelnder Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde am 16. Dezember 2004 mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zugestellt. Darin wurde darauf hingewiesen, dass gegen diesen Beschluss die Erinnerung stattfinde und im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004 an Stelle der Erinnerung auch Beschwerde eingelegt werden könne.
Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 5. Januar 2005 "Erinnerung bzw. Beschwerde" bzw. am 14. Januar 2005 "Beschwerde" eingelegt.
Anträge hat sie nicht gestellt.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 teilte der Senat der Beschwerdeführerin mit, dass die eingelegte Beschwerde nicht statthaft sei und beabsichtigt sei, das Verfahren an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. Die Beschwerdeführerin hat hierzu keine Stellungnahme abgegeben.
II.
Das Verfahren ist zur Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, denn der am 5. bzw. 14. Januar 2005 innerhalb der Rechtsbehelfsfrist eingelegte Rechtsbehelf der Anmelderin ist in eine - allein statthafte - Erinnerung gemäß § 64 Abs. 1 MarkenG umzudeuten.
Die angefochtene Entscheidung wurde von einem Beamten des gehobenen Dienstes erlassen.
§ 64 Abs. 1 MarkenG bestimmt, dass die Erinnerung der statthafte Rechtsbehelf ist, wenn der Beschluss von einem Beamten des gehobenen Dienstes oder einem vergleichbaren Angestellten erlassen worden ist. Lediglich für einen Zeitraum von 3 Jahren, nämlich vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2004, ist gemäß der in diesem Zeitraum geltenden Vorschrift des § 165 Abs. 4 MarkenG a. F. vorgesehen gewesen, abweichend von § 64 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1 MarkenG an Stelle der Erinnerung auch die Beschwerde einlegen zu können. Diese Möglichkeit ist vorliegend wegen Ablaufs des gesetzlichen Geltungszeitraums während des Laufs der Rechtsmittelfrist von einem Monat ab Zustellung des angefochtenen Beschlusses entfallen. Im Januar 2005 war als Rechtsbehelf nur noch die Erinnerung statthaft. Die Beschwerde zum Bundespatentgericht findet dagegen gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG gegen Beschlüsse der Markenstellen und Markenabteilungen statt, soweit gegen sie nicht die Erinnerung gemäß § 64 Abs. 1 MarkenG gegeben ist.
Die Anmelderin hat den eingelegten Rechtsbehelf am 5. Januar 2005 als "Rechtsmittel" und als "Erinnerung bzw. Beschwerde" und in der Eingabe vom 14. Januar 2005 nur noch als "Beschwerde" bezeichnet, obwohl mit Ablauf des 31. Dezember 2004 die Frist für die Möglichkeit der Wahl zwischen Erinnerung und Beschwerde ausgelaufen ist.
Im Wege der Umdeutung ist der jedenfalls nach der Eingabe vom 14. Januar 2005 nur als Beschwerde auszulegende Rechtsbehelf aber in eine nach dem Gesetz allein statthafte Erinnerung gemäß § 64 Abs. 1 MarkenG umzudeuten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt in entsprechender Anwendung des § 140 BGB auch im Verfahrensrecht der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige, wirksame und vergleichbare umzudeuten ist, wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (BGH NJW 2001, 1217, 1218; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 25. Aufl., vor § 511 Rn. 37). Diese Voraussetzungen für eine Umdeutung sind vorliegend gegeben. Die Beschwerdeführerin hat im Schriftsatz vom 5. Januar 2005 zu erkennen gegeben, dass sie sich gegen den angefochtenen Beschluss zur Wehr setzen möchte, wenngleich die Bezeichnung des Rechtsbehelfs nach dem oben Gesagten unzutreffend gewesen ist. Insoweit ist ohne weiteres erkennbar, dass die Anmelderin, deren Erklärungen in den Schriftsätzen vom 5. bzw. 14. Januar 2005 keinen vernünftigen Zweifel an der Absicht der Anfechtung des ihr zugestellten Beschlusses der Markenstelle lassen, bei der Bezeichnung bzw. Wahl des Rechtsbehelfs in Verkennung der wahren verfahrensrechtlichen Lage einem Irrtum unterlegen ist. Die Umdeutung entspricht auch dem mutmaßlichen Parteiwillen, da die Anmelderin im Zweifel ein statthaftes Rechtsmittel einlegen wollte. Zudem sind die formalen Voraussetzungen für die Einlegung einer Erinnerung eingehalten. Ein schutzwürdiges Interesse eines "Gegners" wie im Zivilprozess ist vorliegend nicht zu berücksichtigen, da es sich beim Verfahren der Markenanmeldung vor dem Deutschen Patent- und Markenamt um ein einseitiges Verfahren handelt. Eine solche Auslegung bzw. Umdeutung der abgegebenen Erklärungen ist geboten und entspricht zudem dem Gedanken, dass das Prozessrecht und seine Handhabung kein Selbstzweck ist, sondern der Verwirklichung des sachlichen Rechts dient. (s. auch BPatG 27 W (pat) 23/05; BPatG 26 W (pat) 27/05; BPatG 29 W (pat) 16/05).
Die Anmelderin hat folglich den statthaften Rechtsbehelf der Erinnerung eingelegt, über den das Deutsche Patent- und Markenamt zu entscheiden hat.
BPatG:
Beschluss v. 15.01.2007
Az: 25 W (pat) 72/05
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