Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. November 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 62/03

(BPatG: Beschluss v. 02.11.2004, Az.: 33 W (pat) 62/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 1 des Patentamts vom 17. Dezember 2002 aufgehoben.

2. Die Löschung der Marke 300 58 486 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 069 254 angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der für die Waren

"Torfextrakte, einschließlich Weißtorfextrakte, zur Pflanzenaufzucht und für Gartenbauzwecke, Torfmull, Torf als Düngemittel, künstliche und natürliche Düngemittel, Torfprodukte aus Torf und künstlichem Pflanzendünger, Blumenfrischhaltemittel; Blumenerde, insbesondere in Beuteln und Ballen abgepackte Blumenerde, sowie andere Erzeugnisse für Gartenbauzwecke (sämtliche Waren soweit in Klasse 1 enthalten)"

beim Deutschen Patent- und Markenamt am 26. Januar 2001 registrierten Marke 300 58 486 KLASMANN KTS ist aufgrund der für die Waren

"Torfkultursubstrat für die Aufzucht von zum Auspflanzen bestimmter Pflanzen"

am 16. Oktober 1984 als durchgesetztes Zeichen eingetragenen Marke 1 069 254 TKS Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 1 hat den Widerspruch durch Beschluss vom 17. Dezember 2002 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Widerspruchsmarke mangels anderweitiger Hinweise eine normale Kennzeichnungskraft zugrundezulegen sei. Selbst bei identischen Waren werde der erforderliche Abstand noch eingehalten. Die angegriffene Marke sei aus den Bestandteilen "KLASMANN" und "KTS" zusammengesetzt. Bezüglich der dreistelligen Buchstabenkombination wiesen beide Marken dieselben Buchstaben auf, wobei allerdings die Reihenfolge der ersten beiden Buchstaben vertauscht sei. Es könne letztlich jedoch dahingestellt bleiben, ob hier die Abweichung in dem einen Laut die Verwechslungsgefahr ausschließe, da die angegriffene Marke nicht allein von dem Bestandteil "KTS" geprägt werde. Es könne zwar davon ausgegangen werden, dass der Firmenbestandteil "KLASMANN" für die inländischen allgemeinen Verkehrskreise erkennbar sei. Der Verkehr habe jedoch keinen Anlass zu der Annahme, dass der Firmenname hinter die Buchstabenkombination "KTS" zurückgedrängt werde, zumal sie nicht als Abkürzung für ein bestimmtes Wort bekannt sei und damit nicht auf ein bestimmtes Produkt geschlossen werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um ein Zeichen von mindestens normaler Kennzeichnungskraft handle, insbesondere sei "TKS" keine anerkannte Abkürzung für den Begriff "Torfkultursubstrate". Bei "KLASMANN" handle es sich um eine für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbare Firmenbezeichnung. Es sei insoweit branchenüblich, die Firma zu den jeweils verwendeten Marken hinzuzusetzen, da die Produkte auf dem hier einschlägigen Warensektor unabhängig von ihrer Zuordnung zu dem jeweiligen Herstellerbetrieb erworben würden. Insoweit stünden sich "KTS" und "TKS" gegenüber, wobei jedenfalls eine klangliche Verwechslungsgefahr gegeben sei. Bei klanglicher Übermittlung stimmten die Vergleichszeichen nämlich sowohl in der Silbenzahl und -gliederung sowie im Sprech- und Betonungsrhythmus überein und hätten den gleichen Lautbestand.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Dezember 2002 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke zu verfügen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung vom 2. November 2004 ausdrücklich klargestellt, dass eine Nichtbenutzungseinrede nicht erhoben werde.

Sie trägt vor, dass "KLASMANN" nicht ohne weiteres als Firmenname erkannt werde, so dass allein aus diesem Grund eine Verwechslungsgefahr zu verneinen sei.

Selbst wenn sich "KTS" und "TKS" gegenüber stünden, liege eine Verwechslungsgefahr nicht vor. Auszugehen sei von einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund des beschreibenden Gehalts von "TKS" als Abkürzung für "Torfkultursubstrate". Eine Verwechslungsgefahr sei insbesondere deshalb nicht zu bejahen, weil es sich bei "KTS" und "TKS" um Kurzzeichen handle, bei denen Abweichungen stärker ins Gewicht fielen und weil die angesprochenen Verkehrskreise ihre Aufmerksamkeit mehr auf die Wortanfänge richten würden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet.

Der Senat hält die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Marken für gegeben.

Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfassten Waren ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995, 997 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so dass zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Warenähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr, BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOF). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

a) Die Markeninhaberin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht ausdrücklich klargestellt, dass eine Nichtbenutzungseinrede nicht erhoben wird. Somit ist für die Frage der Warenähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Im vorliegenden Fall ist von einer hochgradigen Warenähnlichkeit bis hin zur Warenidentität zwischen den Waren der Widersprechenden, nämlich "Torfkultursubstrate", mit den Torf- und Blumenerdeprodukten der angegriffenen Marke auszugehen.

b) Grundsätzlich ist bei Buchstabenmarken, wie der hier vorliegenden Widerspruchsmarke, nicht anzunehmen, dass diesen von Haus aus nur eine schwache Kennzeichnungskraft zukommt. An diesen früher geltenden Grundsätzen kann nicht mehr festgehalten werden, weil nach der Rechtslage unter der Geltung des Markengesetzes von der früher zugrunde gelegten unwiderleglichen gesetzlichen Vermutung eines Freihaltungsbedürfnisses (vgl § 4 Abs 2 Nr 1 WZG) nicht mehr ausgegangen werden kann (BGH MarkenR 2002, 332 - DKV/OKV).

Allerdings hat die Markeninhaberin in diesem Zusammenhang auf im Parallelverfahren 33 W (pat) 269/02 vorgelegte umfangreiche Benutzungsunterlagen aus dem Internet verwiesen. Aus diesen ergibt sich, dass "TKS" mittlerweile in gewissem Umfang als Abkürzung für "Torfkultursubstrate" Verwendung findet (vgl beispielsweise die Internetseite "www.haus+garten"-haus.de"). Zugunsten der Markeninhaberin legt der Senat der Beurteilung der Verwechslungsgefahr daher eine etwas geschwächte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu Grunde.

c) Dennoch halten die sich gegenüberstehenden Marken den insoweit immer noch erforderlichen erheblichen Abstand insbesondere in klanglicher Hinsicht nicht ein.

Dabei ist davon auszugehen, dass die angegriffene Marke von "KTS" geprägt wird. Entscheidend für die Frage einer prägenden Bedeutung in diesem Zusammenhang ist grundsätzlich, ob innerhalb der Kombinationsmarke der Firmenname als solcher erkennbar ist (BGH GRUR 1999, 583, - LORA DI RECOARO; GRUR 2002, 342 - ASTRA/ESTRA - PUREN). Von einer derartigen Erkennbarkeit kann auch bei nicht allgemein bekannten Firmennamen insbesondere dann ausgegangen werden, wenn die Art der Markenbildung oder andere Umstände eine derartige Kombination von Firmennamen und weiteren Markenbestandteilen nahe legen. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Bereits die insoweit verwendete Firmenbezeichnung "KLASMANN" weist durch den Bestandteil "MANN" auf einen Eigennamen und damit ein Firmenkennzeichen hin. Zudem hat die Widersprechende unter Vorlage entsprechender Unterlagen darauf hingewiesen, dass es auf dem hier vorliegenden Warengebiet üblich sei, auf den Produkten zwei Angaben zu finden, nämlich einen Hinweis auf den Hersteller einerseits und die Produktbezeichnung andererseits. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, hier neben Fachkreisen auch das allgemeine Publikum, bei der kombinierten Firmen-Produkt-Marke in "KTS" die eigentliche Produktkennzeichnung eines breiteren Sortiments zu sehen, an der er sich zur Unterscheidung der Waren im vorliegenden Fall vorrangig orientiert (vgl hierzu Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rd 419, 420 und Hacker in GRUR 2004, 537, 547).

Der klangliche Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen "KTS" und "TKS" wird dadurch verwechselbar ähnlich gestaltet, dass die Markenwörter in der Silbenzahl und Gliederung sowie im Sprech- und Betonungsrhythmus übereinstimmen und darüber hinaus einen völlig identischen Lautbestand aufweisen. Gegenüber diesen weitreichenden Annäherungen stellt die Abweichung zwischen den Marken, die allein darin besteht, dass die ersten beiden Silben vertauscht positioniert sind, kein ausreichendes Gegengewicht dar. Da es sich um identische Laute handelt, deren bloße Umstellung einen relativ geringeren Abstand schafft und eine Wirkung erzeugt, die häufig als Klangrotation bezeichnet wird, wirkt dies der Verwechslungsgefahr nicht ausreichend entgegen (so auch 33 W (pat) 269/02 - KTS/TKS). Dies gilt insbesondere deshalb, weil zu berücksichtigen ist, dass die Marken im Verkehr nicht nebeneinander aufzutreten pflegen und dann ein Vergleich aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes erfolgt (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rz 190 mwN), bei dem leicht eine Unsicherheit hinsichtlich der Reihenfolge der klangtragenden Vokale eintreten kann. Unter diesen Umständen kommt der Abweichung in den Buchstaben am Wortanfang für die Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr hier ausnahmsweise keine entscheidungserhebliche verwechslungsmindernde Bedeutung zu.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.

Winkler Pagenberg Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 02.11.2004
Az: 33 W (pat) 62/03


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