Landesarbeitsgericht Hamm:
Beschluss vom 24. September 2007
Aktenzeichen: 10 Ta 692/06

(LAG Hamm: Beschluss v. 24.09.2007, Az.: 10 Ta 692/06)

Tenor

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Beschwerdeverfahren im Allgemeinen auf 30.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Im Ausgangsverfahren 3 BV 46/04 Arbeitsgericht Detmold hatten die Beteiligten über die Durchführung einer Betriebsvereinbarung gestritten. Dabei hatte der Betriebsrat Unterlassungs- und Auskunftsansprüche geltend gemacht. Durch Beschluss vom 24.02.2005 hatte das Arbeitsgericht den Anträgen des Betriebsrats stattgegeben. Der Beschluss wurde rechtskräftig.

Durch weiteren Beschluss vom 07.03.2005 hatte das Arbeitsgericht für das Verfahren 3 BV 46/04 Arbeitsgericht Detmold insgesamt einen Gegenstandswert von 6.000,00 € festgesetzt. Dabei ist es für den Unterlassungsanspruch von einem Gegenstandswert von 4.000,00 € ausgegangen.

Mit der Begründung, die Arbeitgeberin habe auch in der Folgezeit in grober Weise gegen ihre Verpflichtungen aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts vom 24.02.2005 verstoßen, betrieb der Betriebsrat die Zwangsvollstreckung und verlangte im Verfahren 3 (2) BV 34/06 Arbeitsgericht Detmold die Festsetzung eines Ordnungsgeldes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wurde. Durch Beschluss vom 20.09.2006 hat das Arbeitsgericht gegen die Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in Höhe von 30.000,00 € festgesetzt. Die hiergegen von der Arbeitgeberin zum Landesarbeitsgericht eingelegte Beschwerde war teilweise erfolgreich. Durch Beschluss der erkennenden Kammer vom 03.05.2007 - 10 Ta 692/06 - wurde der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 20.09.2006 - 3 (2) BV 34/06 - unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen abgeändert, gegen die Schuldnerin wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 6.200,00 € festgesetzt. Auf die Begründung des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 03.05.2007 wird Bezug genommen.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats beantragen nunmehr, den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren festzusetzen.

Sie sind der Auffassung, angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des Beschwerdeverfahrens müsse ein Gegenstandswert von 30.000,00 € zugrunde gelegt werden.

Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass als Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren der Regelstreitwert in Höhe von 4.000,00 € als angemessen festzusetzen sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Der Gegenstandswert für das vorliegende Beschwerdeverfahren war nach § 33 RVG auf 30.000,00 € festzusetzen.

Die Wertfestsetzung für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen. Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ist insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Wege nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG aber erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt bereits hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschluss vom 24.11.1994 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; LAG Hamm, Beschluss vom 19.10.2006 - NZA-RR 2007, 96; GK/Wenzel, ArbGG, § 12 Rz. 194, 441 ff. m.w.N.).

Nach Auffassung der Beschwerdekammer war der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Beschwerdeverfahren auf 30.000,00 € festzusetzen.

Welcher Streitwert für ein Zwangsvollstreckungsverfahren nach den §§ 888 ZPO zur Erwirkung einer Handlung, Duldung oder Unterlassung festzusetzen ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. Vielfach wird der Wert des Erzwingungsinteresses nach § 3 ZPO geschätzt, wobei als Richtschnur für das Vollstreckungsinteresse der Streitwert des Hauptsacheverfahrens zugrunde gelegt wird (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.02.1985 - DB 1985, 2004; LAG Bremen, Beschluss vom 02.02.1988 - LAGE ZPO § 888 Nr. 14; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 02.11.1999 - MDR 2000, 229; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22.03.2001 - 5 Ta 148/00 -). Teilweise wird der Gegenstandswert lediglich auf einen Bruchteil des Wertes des Hauptsacheverfahrens festgesetzt, weil regelmäßig das Interesse des die Zwangsvollstreckung betreibenden Antragstellers nicht soweit wie das Interesse an der Hauptsache geht (OLG Nürnberg, Beschluss vom 08.03.1984 - MDR 1984, 762; vgl. die weiteren Nachweise bei: Schneider/Herget, Streitwert, 12. Aufl., Rz. 4237 ff.).

Bei der Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren war im vorliegenden Fall von § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG bzw. § 25 Abs. 2 RVG auszugehen. Vertritt der Anwalt den Gläubiger, so bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat, § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG. Im Verfahren über Anträge des Schuldners ist der Wert nach dem Interesse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen, § 25 Abs. 2 RVG. Liegt der Schuldner Beschwerde gegen eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme ein, ist insoweit maßgeblich das Interesse des Schuldners, das sich aus dem konkreten Antrag und dem damit verfolgten Rechtsschutzziel unter Anwendung billigen Ermessens festlegen lässt.

Legt ein Schuldner Beschwerde gegen ein erkanntes Ordnungsgeld ein, so ist sie grundsätzlich im Sinne eines Indizes in Höhe des erkannten Ordnungsgeldes zu bewerten. Bei einer Schuldnerbeschwerde ist auf das Interesse des Schuldners abzustellen, die Handlung nicht erfüllen zu müssen. Auch wenn die Höhe des Zwangs- oder Ordnungsgeldes für die Wertfestsetzung grundsätzlich nicht ausschlaggebend sein kann, entspricht es jedenfalls im Beschwerdeverfahren dem Interesse des Rechtsmittelführers, den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens nach der Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes zu bemessen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.01.1977 - MDR 1977, 676; LAG Bremen, Beschluss vom 12.04.1989 - MDR 1989, 672; OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.09.1996 - JurBüro 1997, 277; Schneider/Herget, a.a.O., Rz. 4248, 4250; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rz. 61 "Ordnungsgeld (§ 890)" m.w.N.).

Da sich die Beschwerde der Schuldnerin vorliegend gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes von 30.000,00 € richtete und sie die Abweisung des Zwangsvollstreckungsantrages insgesamt verlangte, war insoweit von einem Beschwerdewert von 30.000,00 € auszugehen.

Soweit weitergehend vertreten wird, der Wert einer Beschwerde gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes oder Ordnungsgeldes sei auf die Höhe des Wertes der Hauptsache zu beschränken (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 06.08.1980 - AnwBl. 1981, 36; OLG München, Beschluss vom 17.08.1983 - MDR 1983, 1029), vermag die Beschwerdekammer dem nicht zu folgen. Das Interesse der Schuldnerin, der Arbeitgeberin im vorliegenden Beschwerdeverfahren, war nicht allein auf die Herabsetzung des vom Arbeitsgericht festgesetzten Ordnungsgeldes gerichtet. Die Schuldnerin erstrebte mit der Beschwerde gegen das vom Arbeitsgericht in Höhe von 30.000,00 € festgesetzte Ordnungsgeld vielmehr die Aufhebung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses und die Abweisung des Zwangsvollstreckungsantrags in vollem Umfang. Durch den arbeitsgerichtlichen Beschluss vom 20.09.2006 war die Arbeitgeberin in Höhe von 30.000,00 € beschwert. Diese Beschwer abzuwenden, war Ziel der von der Arbeitgeberin eingelegten Beschwerde. Das Rechtsschutzziel der Arbeitgeberin ging weit über den Regelstreitwert von 4.000,00 € hinaus.

Schierbaum /N






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