Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. November 2005
Aktenzeichen: 21 W (pat) 70/04
(BPatG: Beschluss v. 29.11.2005, Az.: 21 W (pat) 70/04)
Tenor
Die Erinnerung wird verworfen.
Gründe
I.
Mit Beschluss der Prüfungsstelle 51 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. September 2004 wurde die gemeinsame Patentanmeldung 102 46 819.2 der Anmelder zu 1) und 2) mit der Bezeichnung "Wärme-Weste mit Dinkelkissen" wegen diverser, bereits mit Zwischenbescheid vom 8. Oktober 2003 beanstandeter Mängel gemäß § 42 Abs. 3 PatG zurückgewiesen.
Gegen diesen am 6. September 2004 zum Zwecke der Zustellung an beide Anmelder zur Post aufgegeben Beschluss haben diese mit Schreiben vom 9. September 2004, welches ausschließlich die Unterschrift der Anmelderin zu 1) trägt, "Einspruch" eingelegt. Auf Mitteilung des Aktenzeichens und Hinweis durch ein Schreiben der Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts vom 16. Dezember 2004, dass die tarifmäßige Gebühr für den als Beschwerde behandelten Einspruch nicht gezahlt sei, so dass bei dieser Sachlage die Nichterhebung der Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG festzustellen sei, teilte die Anmelderin zu 1) in einem am 17. Januar 2005 beim Bundespatentgericht eingegangenen Schreiben mit, die Gebühren seien am 16. November überwiesen worden, leider sei auf der Überweisung die Angabe des Aktenzeichens 21 W (pat) 70/04 vergessen worden.
Bei der Zahlstelle des deutschen Patent- und Markenamtes konnte jedoch weder im Zeitraum Mitte November noch in der Folgezeit eine Einzahlung festgestellt werden. Dies wurde beiden Antragsstellern durch weiteres Schreiben vom 11. April 2005 auch mitgeteilt. Gleichzeitig wurden die Anmelder unter Fristsetzung von zwei Wochen aufgefordert, einen Einzahlungsbeleg oder Kontoauszug einzureichen. Hierauf antwortete die Antragsstellerin zu 1) mit Fax vom 24. April 2005, dass sie "am 14. März einen Brief mit der Original Quittung sowie einen Rückumschlag" abgeschickt habe. Da auch der Zugang dieses Schreibens zur Akte nicht festgestellt werden konnte, wurde die Antragsstellerin mit Schreiben vom 26. April 2005 aufgefordert, binnen zwei Wochen eine Kopie des Zahlungsbelegs oder einen Abbuchungsnachweis zu übersenden. Hierauf erfolgte keine weitere Reaktion seitens beider Anmelder, so dass mit Beschluss vom 20. Juni 2005 durch den Rechtspfleger des Bundespatentgerichts die Feststellung der Nichterhebung der Beschwerde nach § 6 Abs. 2 PatKostG erfolgte. Dieser Beschluss wurde beiden Anmeldern nebst Rechtsmittelbelehrung am 25. Juni 2005 mittels Zustellungsurkunde zugestellt.
Hiergegen hat die Anmelderin zu 1) in eigenem Namen mittels Fax vom 11. Juli 2005 "Einspruch" erhoben und um nochmalige Prüfung gebeten, ob die Zahlung von 200 Euro sowie der Brief nicht aufzufinden seien, andernfalls schicke sie den Betrag von 200 Euro nochmals. Dieses mit dem Aktenzeichen 102 46 819.2 versehene Fax ist beim Deutschen Patent- und Markenamt am 11. Juli 2005 eingegangen und am 29. September 2005 dem Bundespatentgericht vorgelegt worden. Der Rechtspfleger des Bundespatentgerichts hat durch Beschluss vom 19. Oktober 2005 dem als Erinnerung zu behandelnden "Einspruch" nicht abgeholfen und die Erinnerung dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der als Erinnerung zu behandelnde "Einspruch" der Anmelderin zu 1) und alleinigen Erinnerungsführerin ist gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m § 23 Abs. 2 Satz 1 RPflG statthaft, da sie den nach § 23 Abs. 1 Ziffer 4 RPflG durch Beschluss des Rechtspflegers des Bundespatentgerichts getroffenen Ausspruch über die Feststellung der Nichterhebung der Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG zum Gegenstand hat und die Erinnerung auch von der Anmelderin zu 1) als alleiniger Erinnerungsführerin eingelegt werden konnte. Denn die beiden Anmelder der gegenständlichen gemeinsamen Patentanmeldung sind notwendige Streitgenossen i. S. v. § 62 Abs. 1 1. Alternative ZPO (vgl. Schulte, PatG 7. Aufl., § 34 Rdn. 18 und § 73 Rdn. 92). Hieraus folgt für die Einlegung von Rechtsbehelfen, dass diese auch durch einen notwendigen Streitgenossen eingelegt werden können, wodurch auch der nicht mitwirkende Streitgenosse die uneingeschränkte Beteiligtenstellung im Rechtsbehelfsverfahren erhält, ohne jedoch selbst Rechtsbehelfsführer zu sein (vgl. Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl., § 62 Rdn. 24; Zöller ZPO, 25. Aufl., § 62 Rdn. 32 m. w. N.).
Die Erinnerung der Anmelderin zu 1) ist jedoch unzulässig, da sie nicht innerhalb der Frist des § 23 Abs. 2 Satz 2 RPflG von zwei Wochen ab Zustellung des angegriffenen Beschlusses beim zuständigen Bundespatentgericht eingelegt worden. Ausweislich des auf der Postzustellungsurkunde enthaltenen Vermerks des Zustellers wurde der eine Rechtsmittelbelehrung enthaltende, angegriffene Beschluss vom 20. Juni 2005 beiden Antragsstellern am 25. Juni 2005 mittels Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung i. S. v. § 180 ZPO zugestellt, was die Erinnerungsführerin auch nicht in Abrede stellt. Danach war die gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2 RPflG binnen zwei Wochen ab Zustellung des angegriffenen Beschlusses am 25. Juni 2005 einzulegende Erinnerung gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. §§ 222 Abs. 1 und 2 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB wegen des auf Sonntag, den 10. Juli 2005 fallenden Fristendes spätestens bis zum Montag, den 11. Juli 2005 beim Bundespatentgericht einzulegen. Dies ist nicht geschehen.
Die Erinnerungsführerin hat entgegen des ausdrücklichen Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Beschlusses und trotz der schon seit Anfang Dezember 2004 mit dem Bundespatentgericht geführten wechselseitigen Korrespondenz die Erinnerung nicht beim Bundespatentgericht, sondern am letzten Tag der Frist, am 11. Juli 2005 unter dem Aktenzeichen des Anmeldeverfahrens beim Deutschen Patent- und Markenamt mittels Fax eingelegt. Da das Deutsche Patent- und Markenamt aber keine Empfangszuständigkeit für die Entgegennahme von Verfahrenserklärungen und Rechtsbehelfen besitzt, welche gegenüber dem Bundespatentgericht abzugeben sind, und auch insoweit keine gemeinsame Einlaufstelle eingerichtet ist, hätte die Erinnerung fristgerecht beim Bundespatentgericht eingelegt werden müssen. Denn der an ein unzuständiges Gericht bzw eine unzuständige Behörde gerichtete Schriftsatz bzw eine Telekopie geht nach Weiterleitung beim zuständigen Gericht erst dann ein, wenn er in dessen tatsächliche Verfügungsgewalt gelangt ist (vgl. Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl., § 519 Rdn. 6 unter Hinweis auf BGH NJW-RR 1997, 892). Dem Bundespatentgericht ist aber erst nach Ablauf des 11. Juli 2005 - mithin nach Fristablauf - das maßgebliche Fax zugeleitet worden.
Auch wenn ein Gericht oder eine Behörde aus prozessualer Fürsorgepflicht gehalten ist, eine Rechtsmittelschrift umgehend im normalen Geschäftsgang unter Hinweis auf die Eilbedürftigkeit an das zuständige Gericht weiterzuleiten (vgl. Zöller ZPO 25. Aufl., § 519 Rdn. 14 m. w. H.), so konnte die Antragsstellerin zu 1) nicht damit rechnen, dass dieses Fax noch am selben Tag an das BPatG weitergeleitet würde, zumal sie das Fax mit dem für die Bearbeitung durch das Patent- und Markenamt maßgeblichen Aktenzeichen 102 46 819.2 und nicht mit dem ihr seit Dezember 2004 bekannten Aktenzeichen beim Bundespatentgericht versehen hatte, ihr Fax also keineswegs bei erster Durchsicht in der Posteingangsstelle als Irrläufer zu erkennen war. Auch wenn eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i. S. v. § 123 PatG nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen erfolgen kann, sofern innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Handlung nachgeholte wurde (§ 123 Abs. 2 Satz 3 PatG), kommt vorliegend angesichts dieser Umstände eine derartige Wiedereinsetzung in die versäumte Erinnerungsfrist bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Antragsstellerin zu 1) die Fristversäumnis ausschließlich selbst verschuldet hat. Der Rechtspfleger hat deshalb zu Recht die nach § 11 Abs. 2 Satz 2 RPflG mögliche Abhilfe der Erinnerung verweigert und diese zur Entscheidung durch den Senat vorgelegt. Die nach § 11 Abs. 2 Satz 4 RPflG den Vorschriften des Beschwerdeverfahrens nach § 573 Abs. 2 ZPO unterliegende Erinnerung ist deshalb verfristet und durch den Senat zu verwerfen.
Ergänzend ist auch darauf hinzuweisen, dass die Erinnerung zudem in der Sache unbegründet ist, da bis heute weder eine Einzahlung einer Beschwerdegebühr noch der Eingang angeblich zugesandter Zahlungsbelege oder Quittungen feststellbar ist. Es ist jedoch Sache der Erinnerungsführerin die Einzahlung bzw den Eingang derjenigen Schriftstücke beim Bundespatentgericht darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (vgl. Zöller ZPO 25. Aufl., § 519 Rdn. 20), auf welche sie sich im Hinblick auf eine tatsächliche und rechtzeitige Gebührenzahlung beruft und welche für eine Fristwahrung des Rechtsmittels maßgeblich sind. Hinzu kommt ferner, dass nach den eigenen Angaben der Erinnerungsführerin die angebliche Überweisung der Beschwerdegebühren erst am 16. November 2004 erfolgt sein soll, also zu einem Zeitpunkt, an dem die gemäß §§ 73 Abs. 2 Satz 1 PatG maßgebliche einmonatige Beschwerdefrist längst abgelaufen war - hier bereits am 11. Oktober 2004, da der am 6. September 2004 zwecks Zustellung zur Post aufgegebene angegriffene Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 VwZG i. V. m. § 222 ZPO als am 9. September 2004 zugestellt gilt.
Die Erinnerung der Anmelderin zu 1) erweist sich deshalb unabhängig von ihrer Unzulässigkeit auch in der Sache aus mehreren Gründen als unbegründet, da mangels nachgewiesener Zahlung der Beschwerdegebühr die Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht erhoben gilt und zudem selbst eine etwaige Zahlung unter Berücksichtigung der Angaben der Anmelderin nicht fristgerecht innerhalb der Beschwerdefrist erfolgt wäre, wie es § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG fordert.
Dr. Winterfeldt Dr. Maksymiw Dr. Häußler Engels Pr
BPatG:
Beschluss v. 29.11.2005
Az: 21 W (pat) 70/04
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