Oberlandesgericht Rostock:
Beschluss vom 15. November 2010
Aktenzeichen: 1 W 47/10
(OLG Rostock: Beschluss v. 15.11.2010, Az.: 1 W 47/10)
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stralsund vom 08.06.2010 wird als unbegründet zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels.
Gründe
I.
Die Beschwerde der Antragstellerin richtet sich gegen eine drohende Amtslöschung ihrer Firma wegen Verstoßes gegen §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 GmbHG, § 18 HGB. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine GmbH, deren Gesellschaftsvertrag auf den 6.5.2009 datiert ist. Gegenstand des Unternehmens sind gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrags "Dienstleistungen für Campingplatzunternehmen sowie deren Betreiber und Dienstleistungen für die Campingplatzbranche." Die Gesellschaft wurde am 6.5.2009 zur Eintragung ins Handelsregister Stralsund unter der Firma "..." angemeldet. Nach Zahlung des Kostenvorschusses und Klärung der Vertretungsbefugnis erfolgte am 7.8.2009 die Eintragung ins Handelsregister Stralsund (Fall: 1 Bl. 9).
Gegen die Eintragung erhob die IHK Rostock mit Schreiben vom 17.9.2009 Beschwerde wegen angeblicher Unzulässigkeit der Firmierung (Fall: 1 Bl. 12 f.). Die IHK begründete die Beschwerde damit, dass die Firma "..." lediglich aus Gattungsbegriffen bzw. Branchenbezeichnungen bestehe und daher zur Unterscheidung und Kennzeichnung ungeeignet sei. Die Gattungsbegriffe entfalteten keine Namensqualität, zudem sei für beide Begriffe ein Freihaltebedürfnis gegeben. Des Weiteren sei die Firma irreführend i.S.d. § 18 Abs. 2 HGB wegen der Verwendung des Begriffs "Akademie". Dieser lege nahe, dass sich die GmbH der Ausbildung des Personals von Campingplätzen widme, was nach dem satzungsmäßigen Gegenstand tatsächlich nicht der Fall sei. Da eine Eintragung bereits vorgenommen sei, sei das Schreiben als Beschwerde i.S.d. § 126 S. 2 FGG zu verstehen.
In ihrer Stellungnahme vom 12.10.2009 (Fall: 1 Bl. 16) wies die Beschwerdeführerin lediglich darauf hin, dass eine Anwendung von § 18 Abs. 2 S. 2 HGB nach erfolgter Eintragung nicht mehr in Betracht käme. Mit Schreiben vom 13.10.2009 teilte das AG Stralsund mit, es begreife die Beschwerde der IHK Rostock als Beschwerde nach § 380 FamFG und regte zugleich an, einen individualisierenden Zusatz in die bisherige Firma aufzunehmen (Fall: 1 Bl. 18). Mit Datum vom 20.10.2009 forderte das AG Stralsund die Beschwerdeführerin sodann zu einer Stellungnahme betreffend die von der IHK Rostock vorgebrachten Zweifeln an der Zulässigkeit der Firmierung auf.
Mit Schreiben vom 12.11.2009 stellte die IHK Rostock klar, dass ihr Schreiben vom 17.9.2009 als Antrag auf Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens i.S.d. § 395 FamFG zu verstehen sei, als berufsständische Organisation sei sie antragsberechtigt. Zur Begründung des Antrags verwies sie auf das Schreiben vom 17.9.2009.
Am 16.11.2009 legte das AG Stralsund dar, dass es dem Antrag der IHK auf Einleitung eines Löschungsverfahrens wegen Verstoßes gegen §§ 4 GmbHG, 18 HGB nachkommen wird, wenn die Beschwerdeführerin den Mangel nicht beseitige oder Widerspruch eingelegt werde. Der Widerspruch der Beschwerdeführerin erfolgte am 8.12.2009, die Begründung am 30.12.2009 (Fall: 2 Bl. 13 ff.). Die Beschwerdeführerin trägt zum einen vor, nach Eintragung der GmbH sei das Rechtsmittel der IHK unzulässig, eine Umdeutung käme nicht in Betracht. Zudem fehle der notwendige Antrag der IHK gem. § 395 Abs. 1 FamFG. Somit käme nur eine Amtslöschung in Betracht, deren Voraussetzungen vom AG Stralsund jedoch nicht substantiiert vorgetragen würden. Insbesondere sei kein Verstoß gegen die Firmenklarheit gegeben, der Gegenstand der Firma sei in § 2 der Satzung beschrieben und spiegele sich in der Firma wider. Tätigkeitsbereich sei die Erbringung von Dienstleistungen für die Campingplatzbranche, dazu gehöre u.a. ein berufsspezifischer Ausbildungsgang. Es fehle der Firma weder an Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft noch sei sie irreführend. Inwieweit die angesprochenen Verkehrskreise - die Campingbranche - durch die Firma irregeführt würden, sei nicht substantiiert vorgetragen. Der beabsichtigten Löschung werde widersprochen. Daraufhin forderte das AG Stralsund am 11.1.2010 die Beschwerdeführerin zum Beleg der angegebenen Fort- und Ausbildungsleistungen auf.
Da diese Belege ausblieben, erging am 4.2.2010 ein Beschluss des AG Stralsund (Fall:2 Bl. 21), mit dem der Widerspruch der Beschwerdeführerin zurückgewiesen und ein Satzungsmangel in Bezug auf die Firma festgestellt wurde. Begründet wurde die Zurückweisung mit dem Verstoß der Firma gegen den Grundsatz der Firmenklarheit. Die Gattungsbegriffe seien weder einzeln noch zusammen zur Unterscheidung und Kennzeichnung geeignet, es fehle die Namensqualität. Zudem bestünde für die Begriffe "Camping" und "Akademie" ein Freihaltebedürfnis. Die Verwendung des Begriffs "Akademie" suggeriere eine Lehranstalt, die jedoch nicht Gegenstand der eingetragenen Dienstleistung sei.
Gegen diesen Beschluss erhob die GmbH am 1.3.2010 Beschwerde (Fall: 2 Bl. 25). Neben der bisherigen Begründung wird auf die Eintragung einer entsprechenden Marke verwiesen sowie ein Schreiben des Wirtschaftsministeriums MV beigefügt, um zu belegen, dass die Akademie auf hohem Niveau arbeitet. Aus dem Schreiben des Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass die Akademie Seminare, Mitarbeitertraining und Unternehmensberatungen für die Campingbranche anbietet (Fall: 2 Bl. 26 f.).
Am 1.3.2010 forderte das AG Stralsund die Beschwerdeführerin erneut auf, ihre Tätigkeit darzulegen, um die Verwendung der Bezeichnung "Akademie" zu rechtfertigen. Am 30.3.2010 legte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme des Bundesverbandes der Campingwirtschaft in Deutschland e.V. vom 18.3.2010 vor. Die Stellungnahme umreißt das Seminar-, Trainings- und Qualifizierungsangebot der Beschwerdeführerin für die Campingbranche und benennt einige Dozenten (Fall: 2 Bl. 37 f.). Das AG Stralsund wies in einem Schreiben vom 8.4.2010 erneut auf die Diskrepanz zwischen Satzung und tatsächlicher Tätigkeit der GmbH sowie auf die nicht nachgewiesene Einbindung der Fachhochschule Stralsund im Hinblick auf die Bezeichnung "Akademie" hin. Mit Schreiben vom 1.6.2010 (Fall: 2 Bl. 56 ff.) rechtfertigte die Beschwerdeführerin die Bezeichnung "Akademie" wiederum mit ihren Dienstleistungen und wies den Irreführungsvorwurf zurück. Beiden Gattungsbegriffen komme Unterscheidungskraft zu, was auch die Markeneintragung belege. Die Verwendung der Bezeichnung "Akademie" in Kombination mit Gattungs- und Branchenbezeichnungen sei eintragungsfähig, zum Beleg wurden zwei Handelsregisterauszüge beigelegt.
Mit Beschluss vom 8.6.2010 hat das AG Stralsund der Beschwerde gegen den Beschluss vom 4.2.2010 nicht abgeholfen und die Registerbeschwerde dem OLG Rostock zur Entscheidung vorgelegt (Fall: 2 Bl. 65 f.). Die Nichtabhilfe wurde mit der Diskrepanz von Satzungszweck und Firmierung sowie dem daraus resultierenden Verstoß gegen die Firmenklarheit begründet. Die Verwendung einer reinen Sachfirma sei nicht unterscheidungskräftig. Zudem erwecke die Bezeichnung "Akademie" den Eindruck eines auf hohem Niveau organisierten, akademisch angenäherten Lehrbetriebs, was aus der Satzung nicht hervorgehe. Dagegen würden bei den von der Beschwerdeführerin beigefügten Firmierungsbeispielen Satzung und Firma korrespondieren. Der von der Beschwerdeführerin in der Satzung verankerte Unternehmensgegenstand sei hingegen so allgemein, dass sich nach heutigem Sprachgebrauch eher an untergeordnete Dienstleistungen wie an einen Wäscheservice denken ließe.
II.
1.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist statthaft (§§ 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG) und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 FamFG).
2.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Registergericht kann zu Recht ein Verfahren zur Löschung wegen einer unzulässigen Eintragung gem. § 395 Abs. 1 FamFG einleiten.
a)
Zu Unrecht moniert die Beschwerdeführerin, das von der IHK Rostock eingelegte Rechtsmittel sei unzulässig, eine Umdeutung ebenfalls unzulässig und zudem würde der für ein Verfahren nach § 395 FamFG erforderliche Antrag der IHK fehlen (Fall: 2 Bl. 13). Im Schreiben vom 12.11.2009 stellt die IHK Rostock ausdrücklich klar, dass ihr Schreiben als Antrag zur Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens i.S.d. § 395 FamFG zu betrachten sei (Fall: 2 Bl. 1). Nach bereits erfolgter Eintragung ins Handelsregister kann diese nur über die §§ 395 ff. FamFG beseitigt werden (BGHZ 46, 7 (9)). Die IHK ist als berufsständisches Organ i.S.d. § 380 Abs. 1 Nr. 1 FamFG befugt, einen solchen Antrag zu stellen (Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 380, Rz. 3), was sie mit ihrem Schreiben vom 12.11.2009 getan hat, weshalb eine Umdeutung des Rechtsmittels nicht notwendig ist. Zudem besteht ein öffentliches Interesse an der Löschung, da es um einen Fall der Durchsetzung des Firmenrechts geht (OLG Hamm, Der Deutsche Rechtspfleger 1973, 405; Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 395, Rz. 14.).
b)
Der eingetragenen Firma "..." fehlt es an Unterscheidungs- und Kennzeichnungskraft. Gem. § 17 Abs. 1 HGB ist die Firma der Name des Kaufmanns, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Die Firma ist als Name die Bezeichnung einer natürlichen oder juristischen Person im Handelsverkehr und weist auf den Träger des Unternehmens hin (Roth in: Koller/Roth/Morck, HGB, 5. Aufl., § 17, Rz. 2). Bei der Wahl des Handelsnamens ist der Kaufmann grundsätzlich frei, allerdings müssen die ordnungsrechtlichen Firmengrundsätze eingehalten werden. Dazu gehören die Firmenklarheit und Firmenunterscheidbarkeit, die dazu dienen, den Unternehmensträger zu individualisieren. Dementsprechend fordert § 18 Abs. 1 HGB, dass die Firma zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen muss. Unterscheidungskraft bedeutet, dass die gewählte Firma geeignet ist, bei Lesern und Hörern die Assoziation mit einem ganz bestimmten Unternehmen unter vielen anderen zu wecken. Gattungs- und Branchenbezeichnungen kommt eine solche erforderliche Unterscheidungskraft grundsätzlich nicht zu (BGHZ 11, 218; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 18, Rz. 6; Hueck/Fastrich in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 4, Rz. 6 b; Roth in: Koller/Roth/Morck, HGB, 5. Aufl., § 18 Rz. 5; Lutter/Welp, ZIP 1999, 1073 (1074)). Die Kombination "Camping" und "Akademie" ist eine reine Sachfirma mit beschreibendem Inhalt und mangels individualisierender Zusätze so allgemein gehalten, dass ihr keine Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann (Beispiel für einen individualisierenden Zusatz BayOLG BB 1997, 1707 - DAS BAD GmbH...alles aus einer Hand). Es fehlt der Firma die für den Namensschutz erforderliche Kennzeichnungskraft.
c)
Die mangelnde Unterscheidungskraft lässt sich auch nicht mit der Eintragung der Wort-/Bildmarke "..." beim Deutschen Patent- und Markenamt in der aus der Urkunde (Fall: 2 Bl. 29) hervorgehenden besonderen Gestaltungsweise überwinden. Zwar gibt es im Bereich der objektiven Irreführungseignung einen weitgehenden Gleichlauf zwischen § 18 Abs. 2 HGB und § 5 UWG (Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 18, Rz. 14), doch gilt das nicht für das Vorliegen von Unterscheidungskraft, insbesondere wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Kombination aus Wort- und Bildmarke eingetragen wurde. Hier kann die optische Gestaltung der Marke wesentlich dazu beigetragen haben, dass der Marke aus markenrechtlicher Sicht Unterscheidungskraft zugesprochen wurde.
d)
Auch die Kombination der beiden Branchen- bzw. Gattungsbegriffe ist nicht so ungewöhnlich, dass sie eine andere Beurteilung zulassen würde. Eine überraschende Kombination aus zwei Gattungs- bzw. Branchenbegriffen könnte im Einzelfall geeignet sein, Unterscheidungskraft hervorzurufen, doch ist dies aus Sicht des Senats bei "..." nicht der Fall. Die Begriffe werden auch nicht in einem abweichenden Sinn gebraucht, was sie einprägsam und zur Differenzierung geeignet machen würde (Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 18, Rz. 7).
e)
Zudem liegt ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG wegen Verletzung der Firmenklarheit vor. Zwar enthält das GmbHG keine Vorgaben, wie konkret der Unternehmensgegenstand zu bezeichnen ist (Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 3, Rz. 5), doch ist der Unternehmensgegenstand so individuell und exakt wie möglich wiederzugeben, damit sich die angesprochenen Verkehrskreise ein Bild vom Schwerpunkt der Tätigkeit der GmbH machen können (Hueck/Fastrich in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 3, Rz. 7 f.). Das ist bei "Dienstleistungen für Campingplatzunternehmen sowie deren Betreiber und Dienstleistungen für die Campingbranche" nicht der Fall, es handelt sich um eine nichts sagende Leerformel. Für den Senat ist nicht recht nachvollziehbar, weshalb der Unternehmensgegenstand derart allgemein gefasst wurde, obgleich sich die Tätigkeit der GmbH doch vorrangig auf Fortbildungs- und Schulungsleistungen konzentrieren soll.
f)
Bedenken wegen einer möglichen Irreführungsgefahr i.S.d. § 18 Abs. 2 HGB wegen der Verwendung des Begriffs "Akademie" teilt der Senat allerdings nicht. Bei einem Amtslöschungsverfahren wird eine Irreführungseignung i.S.d. § 18 Abs. 2 nur berücksichtigt, wenn sie offensichtlich ist (Roth in: Koller/Roth/Morck, HGB, 5. Aufl. § 18 Rz. 10). Abzustellen ist auf die angesprochenen Verkehrskreise. Die durchschnittlich informierten und aufmerksamen Angehörigen der angesprochenen Verkehrskreise - hier der Campingbranche - erwarten bei den Schulungs- und Fortbildungsangeboten der Beschwerdeführerin sicherlich kein Universitäts- oder Fachhochschulniveau (dazu Lutter/Welp, ZIP 1999, 1073 (1080)), sondern (wissenschaftlich fundierte) branchenspezifische Wissensvermittlung und Schulung. Daher kann die Angabe "Akademie" keine offensichtlich unrichtige Vorstellung bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorrufen.
g)
Das Firmenrecht ist nicht disponibel. Beim Firmenrecht handelt es sich um Ordnungsrecht, das die Öffentlichkeit insbesondere vor Täuschungen und Verwechslungen schützen will (Roth in: Koller/Roth/Morck, HGB, 5. Aufl., § 17, Rz. 4). Daher ist es für die Beurteilung der Zulässigkeit der Firmierung ohne Bedeutung, dass es ein besonderes Interesse der beteiligten Campingverbände und des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommerns an den Aktivitäten der Beschwerdeführerin gibt.
III.
Die Rechtsmittelführerin trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels gem. § 84 FamFG.
OLG Rostock:
Beschluss v. 15.11.2010
Az: 1 W 47/10
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