Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Januar 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 121/01
(BPatG: Beschluss v. 28.01.2003, Az.: 24 W (pat) 121/01)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Januar 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen "Marketing, Marktforschung und Marktanalysen, Beratung in der Organisation von Unternehmen, Rundfunkwerbung (Hör- und Fernsehrundfunk), Kinowerbung; Verteilung von Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen" zurückgewiesen worden ist.
2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke
"Venenwoche"
soll für die Dienstleistungen
"Marketing, Marktforschung und Marktanalysen, Beratung in der Organisation von Unternehmen, Rundfunkwerbung (Hör- und Fernsehrundfunk), Kinowerbung;
Telekommunikation;
Veranstaltung von Reisen;
Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Weiterbildung, insbesondere medizinische Weiterbildung;
Veranstaltung von Fernkursen;
Filmproduktion, Filmvorführungen, Rundfunkdarbietungen (Hör- und Fernsehrundfunk), Verteilung von Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften, Verbreitung und Weiterleitung von Nachrichten, Informationsdienstleistungen, nämlich Verbreitung von Informationen und Beratung in Gesundheitsfragen mittels Videoaufzeichnungen, PC-Service, CD-Rom, Mailings, Telefonaktionen, Printmedien;
Verpflegung, Beherbergung von Gästen, ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege, Dienstleistungen auf dem Gebiet der ärztlichen Informationsförderung, wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Medizin, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung;
Organisation und Veranstaltung von Seminaren, Kongressen, Messen und Ausstellungen für Unterrichts-, Werbe- und wissenschaftliche Zwecke;
Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen."
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung mit Beschluß eines Beamten des höheren Dienstes zurückgewiesen, weil der Kennzeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und die Wortverbindung zur Beschreibung der Dienstleistungen der Anmeldung dienen könne (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die angemeldete Wortmarke setze sich aus den Wörtern "Venen" und "Woche" zusammen, die weder jeweils für sich genommen noch in ihrer Kombination schutzfähig seien. Die Wortfolge werde ohne weiteres als werbeüblich anpreisender Hinweis auf den Themenbereich der beanspruchten Dienstleistungen verstanden, nämlich daß die mit dieser Wortzusammensetzung gekennzeichneten Dienstleistungen sich auf das Gebiet der Venen bezögen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zu deren Begründung wird vorgetragen, die angemeldete Wortkombination sei nicht geeignet, die Dienstleistungen der Anmeldung unmittelbar zu beschreiben. Die Wörter "Venen" und "Woche" stünden in keinerlei Begriffszusammenhang zueinander oder zu den beanspruchten Dienstleistungen. Die angemeldete Wortkombination stelle darum eine fantasievolle Kennzeichnung dar.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuhebenund die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung, auf den Inhalt der Akten und das Ergebnis einer Recherche des Senats Bezug genommen, das der Anmelderin übersandt worden ist.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nur teilweise begründet. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG teilweise von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die Dienstleistungen der Anmeldung mit Ausnahme von "Marketing, Marktforschung und Marktanalysen, Beratung in der Organisation von Unternehmen, Rundfunkwerbung (Hör- und Fernsehrundfunk), Kinowerbung; Verteilung von Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen" jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH GRUR 2001, 1150 "LOOK"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zukommt oder es sich um ein gängiges Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als individuelles Kennzeichnungsmittel verstanden wird (st. Rspr vgl. BGH WRP 2001, 1082, 1083 "marktfrisch"; BGH GRUR 2001, 1043 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2001 1042 "REICH UND SCHOEN"; BGH BlfPMZ 2001, 398 "LOOK"; BGH GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; BGH MarkenR 2002, 338 "Bar jeder Vernunft"), was auch für die Kennzeichnungen von Medienerzeugnissen gilt. Bei der hier angemeldeten Kennzeichnung handelt es sich um eine Wortzusammensetzung aus den Begriffen "Venen" und Woche", die insoweit ausschließlich als Sachangabe zu verstehen ist. Mit "Vene" wird eine Blutader bezeichnet (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl.; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl., jeweils Stichwort "Vene").Veranstaltungen, Treffen oder Kongresse, die mehrere Tage dauern oder Spezialangebote, die nur für einen bestimmten Zeitraum gelten, werden oft "Woche" genannt. Das Thema oder der Gegenstand dieser Angebote, Veranstaltungen, Treffen oder Kongresse wird in der Regel vorangestellt, wie z.B. auch bei den Begriffen "Herzwoche, Modewoche, Filmwoche, Umweltwoche". Auch der Begriff "Venenwoche" wird bereits häufig verwendet. Wie die Recherche des Senats belegt, werden an verschiedenen Orten in Deutschland von unterschiedlichen Veranstaltern "Venenwochen" durchgeführt. So gibt es etwa eine "Allgäuer Venenwoche, eine Hamburger Venenwoche, eine Bad Bertricher Venenwoche, eine bundesweite Venenwoche" usw. Eine Vielzahl verschiedener Hotels, Apotheken, Kureinrichtungen oder Kurkliniken etc. bietet "Venenwochen" an, wobei es sich meist um ein Paket von Dienstleistungen handelt, die für einen bestimmten Zeitraum angeboten werden und etwa die Anreise, Unterbringung, Verköstigung, ärztliche Untersuchungen, Vorträge, Beratung, Information mittels verschiedenster Medien, medizinische und kosmetische Behandlung, körperliches Training und vieles mehr mit dem Ziel der Erkennung, Vorbeugung und Behandlung von Venenerkrankungen und deren Begleiterscheinungen umfassen. Damit stellt die angemeldete Kennzeichnung einen leicht erfaßbaren Hinweis auf den Gegenstand der Reisen, Beherbergung von Gästen, Ausbildung, Kurse, sportlichen Aktivitäten sowie der Seminare, Kongresse, Messen und Ausstellungen dar. Gleiches gilt für medizinische Weiterbildung, Fernkurse, ärztliche Versorgung sowie die verschiedenen Informations- und Telekommunikationsdienstleistungen und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen, die zur Herstellung bzw Bereitstellung der Medien erforderlich sind. Um ein möglichst großes Publikum zu erreichen, werden bei Venenwochen Informationen über Erkennung, Vorbeugung und Behandlung von Venenerkrankungen durch Hotlines, Ausstellungen sowie in gedruckter, elektronischer und multimedialer Form, etwa durch Videofilme, mittels CD-ROM oder mit den Mitteln der Telekommunikation wie Radio und Fernsehen oder Internet vermittelt. Diese Dienstleistungen bedingen eine Reihe von darauf abgestimmten Services und setzen etwa spezielle Programmierungsdienstleistungen, Produktion von Medien aller Art und redaktionelle Dienstleistungen voraus. Auch insoweit stellt die angemeldete Marke daher eine naheliegende Angabe über das Thema und den Inhalt der Dienstleistungen dar. Die angesprochenen Verkehrskreise, die hier hauptsächlich aus dem breiten Publikum bestehen, werden deshalb in dem angemeldeten Zeichen für alle Dienstleistungen mit Ausnahme der im Tenor genannten nur einen schlagwortartigen Hinweis darauf sehen, daß diese Leistungen im Rahmen einer Venenwoche erbracht werden oder eine Venenwoche zum Gegenstand haben. Jedes andere Verständnis der angemeldeten Kennzeichnung liegt in Verbindung mit den betreffenden Dienstleistungen der Anmeldung angesichts deren üblicher Zweckbestimmung und Wirkungsweise sowie der oben aufgeführten Werbegepflogenheiten fern. Daher wird der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, auf den abzustellen ist (EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 26 "Lloyd"; WRP 2000, 289, 292 Tz. 27 "Lifting-Creme"; GRUR Int. 1998, 795, 797 "Gut Springenheide"; BGH GRUR 2000, 506 "ATTACHÉ/TISSERAND"), die angemeldete Wortverbindung in Verbindung mit den oben genannten Dienstleistungen nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Bei "Venenwoche" handelt es sich um die bloße Verbindung der beiden allgemein verständlichen Wörter "Venen" und "Woche" ohne jede inhaltliche Änderung, die keinerlei zusätzliches Merkmal aufweist, welches das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen ließe, die Dienstleistungen der Anmelderin von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. dazu EuGH GRUR 2003, 58, 59 f. "Companyline" Tz. 21, 23).
2. Dies gilt aber nicht für die Dienstleistungen "Marketing, Marktforschung und Marktanalysen, Beratung in der Organisation von Unternehmen, Rundfunkwerbung (Hör- und Fernsehrundfunk), Kinowerbung; Verteilung von Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen". Insoweit kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Marke stellt insoweit keinen konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf eine hinreichend eng mit den Dienstleistungen zusammenhängende Eigenschaft dar, da der Verkehr nicht annehmen wird, derartig gekennzeichnete Dienstleistungen seien auf das Thema "Venenwoche" beschränkt (vgl BGH GRUR 2001, 1043, 1045, 1046 "Gute Zeiten - schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001, 1042, 1043 "REICH UND SCHOEN"). Zwar ist es möglich, daß diese Dienstleistungen u.a. auch Venenwochen mittelbar betreffen, etwa daß es sich um Marketing, Marktforschung und Marktanalysen, Beratung in der Organisation von Unternehmen in Verbindung mit Venenwochen handelt oder daß die Werbung und die verteilten Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften (für die selbst die angemeldete Kennzeichnung als Beschreibung des Inhalts nicht schutzfähig wäre) sowie die auf den vermieteten Datenverarbeitungsanlagen laufenden Programme Venenwochen zum Gegenstand haben. Der Senat konnte jedoch nicht feststellen, daß diese Dienstleistungen speziellen Erfordernissen genügen und besondere Eigenschaften aufweisen müssen, die sie von für andere Zwecke verwendeten Dienstleistungen grundsätzlich unterscheiden und für die eine Beschreibung mit "Venenwoche" naheliegt.
3. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG sieht der Senat keine Veranlassung, zumal die Anmelderin ihren Antrag nicht weiter begründet hat. Selbst wenn die Verfahrensweise der Markenstelle unter dem Gesichtspunkt der Gewährung des rechtlichen Gehörs Anlaß zu Bedenken gibt, weil ein vor Abgabe des angefochtenen Beschlusses zur Postabfertigung eingegangener Schriftsatz der Anmelderin nicht berücksichtigt wurde, kann daraus nicht zwangsläufig ein Anspruch auf Erstattung der Beschwerdegebühr hergeleitet werden. Eine derartige Gebührenrückzahlung aus Billigkeitsgründen ist vielmehr nur veranlaßt, wenn zwischen dem angenommenen Fehlverhalten und der Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung ein kausaler Zusammenhang der Art besteht, daß ohne den Verfahrensfehler die Einlegung der Beschwerde unnötig gewesen wäre. Soweit jedoch - wie im vorliegenden Fall - davon ausgegangen werden muß, daß auch bei richtiger Verfahrensführung inhaltlich dieselbe Entscheidung der Markenstelle ergangen wäre und deshalb Beschwerde hätte eingelegt werden müssen, besteht kein Grund für eine Gebührenerstattung, die lediglich als Ausnahmefall gegenüber dem Grundsatz der vom Verfahrensausgang unabhängigen Gebührenpflichtigkeit der Beschwerde anzusehen ist (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 71 Rdn. 37 f.).
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BPatG:
Beschluss v. 28.01.2003
Az: 24 W (pat) 121/01
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