Verwaltungsgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 6. September 2005
Aktenzeichen: 10 E 1207/05
(VG Frankfurt am Main: Urteil v. 06.09.2005, Az.: 10 E 1207/05)
Tenor
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahreneingestellt.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 182.652,91 Euro zuzahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 218.000,--Euro vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist Vorhabensträgerin bei dem Ausbau der Rodgau-Strecken der S-Bahn Rhein-Main. Dem Ausbau liegen Planfeststellungsbeschlüsse des Eisenbahn-Bundesamtes vom 20.05.1996 in der Fassung der Planänderung vom 05.03.2002 und 29.08.1997 nach §§ 18 ff. Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) zugrunde, welche von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt und teilweise in Ablichtung zu den Akten genommen worden sind. Dies gilt auch für eine Planänderung gemäß § 76 Abs. 2 VwVfG des Eisenbahn-Bundesamtes vom 05. März 2002 hinsichtlich der Beseitigung des höhengleichen Bahnübergangs "Schloßstraße" in Bahnkilometer 7,251 (alt), welcher im Termin ebenfalls in Kopie vorgelegt wurde. Wegen der Einzelheiten der Ausbauplanung wird auf den Inhalt dieser Entscheidungen Bezug genommen. Im wesentlichen verhält es sich so, dass die vorhandene S-Bahnstrecke für den S-Bahnverkehr durch Hinzufügung eines zweiten Gleises an der vorhandenen Trasse ausgebaut wird. Im Zuge dieses Ausbaus wurden auch ebenerdige Kreuzungen des Schienenweges mit Straßenverkehrswegen beseitigt und durch Kreuzungsbauwerke (Überführungen) ersetzt.
Im Zusammenhang mit dieser Planung bzw. mit dem Bau der planfestgestellten Eisenbahnlinie wurde es erforderlich, vorhandene Telekommunikationslinien der Beklagten, welche am Rande des vorhandenen Schienenkörpers, parallel zur bereits vorhandenen eingleisigen Schienenstrecke, verliefen, von dort zu entfernen. Im Rahmen der jeweiligen Planfeststellungsverfahren hatte sich die Beklagte mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit der Durchführung dieser Maßnahmen und der Forderung nach Übernahme der Kosten durch die Klägerin beteiligt. In der entsprechenden Entscheidung der Planfeststellungsbehörde heißt es unter anderem, Kostenregelungen seien nicht Gegenstand der Planfeststellung (vgl. im einzelnen Seite 151, Tz.: C.2.3.24 des Planfeststellungsbeschlusses vom 29. August 1997; Seite 37 des Planfeststellungsbeschlusses vom 20.05.1996, Tz.: C.2.3.8).
Hinsichtlich der Kostentragung dieser Kabelverlegungsarbeiten an vorhandenen Telekommunikationslinien der Beklagten entstand im Zuge der Durchführung des Streckenbaus Streit. Es handelt sich in sämtlichen streitgegenständlichen Fällen um die Beseitigung "höhengleicher Bahnübergänge" und ihre Ersetzung durch eine Straßenüberführung (Schloßstraße) oder eine Eisenbahnüberführung (Kasseler Straße, Elbinger Straße und Mainzer Straße).Die Klägerin vertrat die Auffassung, es handele sich jeweils um die Änderung an vorhandenen höhengleichen Kreuzungen, während die Beklagte die Auffassung vertrat, es handele sich um die Herstellung einer neuen Strecke, nämlich den Neubau der Rodgau-Strecke.Über die Frage der Kostentragung verhandelten die Beteiligten über einen längeren Zeitraum auf die Grundlage einer "Vereinbarung zwischen der Deutschen Bundesbahn (DB) und der Deutschen Bundespost (DBP) über die Kostentragung für die Verlegung, Änderung oder Sichtung der in oder auf öffentlichen Straßenverkehrswegen befindlichen DBP-Fernmeldeanlagen anlässlich von Maßnahmen, die dem Schienen- und/oder Straßenverkehr dienen". Diese Vereinbarung enthält in Textziffer (Tz) 1 die allgemeine Aussage, dass zwischen den Vertragsschließenden über den Regelungsinhalt der §§ 3, 5 und 6 des Telegraphenwege-Gesetzes (TWG) in einigen Punkten unterschiedliche Rechtsauffassungen beständen. Unter anderem ist dazu ausgeführt, die Deutsche Bundesbahn vertrete die Auffassung, dass die §§ 5, 6 TWG nicht einschlägig seien, weil der Schienenweg der DB keine "besondere Anlage" des Straßenverkehrsweges sei. Demgegenüber vertrete die Deutsche Bundespost unter anderem die Auffassung, dass eine kostenpflichtige Folgepflicht ihrer Fernmeldelinien nach § 3 TWG nur bestehe, wenn die Wegeänderung oder Wegeeinziehung aus straßenverkehrlichen Gründen oder durch im Rahmen des § 6 TWG bevorrechtigte Maßnahmen des Straßenbaulastträgers veranlasst sei. Im übrigen halte die DBP auch die Einrichtungen einer Eisenbahnlinie für "besondere Anlagen" im Sinne der §§ 5, 6 TWG. Beide Partner hätten Rücksicht auf die Interessen des anderen zu nehmen, was bedeute, dass bei kollidierenden Interessen soweit als möglich die kostengünstigste Lösung anzustreben sei.
In den streitgegenständlichen Fallgestaltungen war und ist die Klägerin der Auffassung, die Beklagte habe gemäß Tz. 4 der Vereinbarung vom 24.05.1989 die Kosten für die Verlegung ihrer Fernmeldeanlagen selbst zu tragen. Tz. 4 lautet:
"Maßnahmen an vorhandenen höhengleichen Kreuzungen (Änderungsmaßnahmen nach § 3 EKrG mit der Kostenfolge des § 13 EKrG einschl. Rationalisierungs- und Erhaltungsmaßnahmen)Bei Änderungs-, Rationalisierungs- und Erhaltungsmaßnahmen an vorhandenen höhengleichen Kreuzungen (= Bahnübergängen) trägt die DBP die Folgekosten für die Verlegung, Änderung oder Sicherung ihrer Fernmeldeanlagen selbst."
Demgegenüber vertrat und vertritt die Beklagte die Auffassung, es sei Tz. 5 - die Regelung über Maßnahmen außerhalb des Bereichs von Kreuzungen - heranzuziehen. Tz. 5.2.1 lautet:
"Erfordert allein die DB-Maßnahme die Verlegung, Änderung oder Sicherung der im Straßenverkehrsweg befindlichen Fernmeldeanlagen, so trägt die DB die dafür anfallenden Folgekosten."
Im Rahmen der außergerichtlichen Klärungsversuche fassten die Beteiligten in einem Ergebnisprotokoll der Besprechung vom 07.06.2000 die gegenseitigen Standpunkte und die weitere Vorgehensweise zusammen. Darin wird zwischen bahnübergangsbedingten und streckenbedingten Maßnahmen unterschieden. Während die Beklagte für letztere juristisch prüfen lassen wollte, ob sie gemäß § 10 der Richtlinien für die Benutzung von Gelände der Deutschen Bundesbahn zur Unterbringung von Fernmeldelinien der Deutschen Bundespost Telecom vom 01.01.1990 die anfallenden Kosten alleine zu tragen habe, wies sie die Auffassung der Klägerin, für bahnübergangsbedingte Maßnahmen nach §§ 3, 13 EKrG sehe Tz. 4 der Vereinbarung vom 28.03.1989 vor, dass die Deutsche Telecom AG die Folgekosten für die Verlegung, Änderung oder Sicherung ihrer Fernmeldeanlagen selbst zu tragen habe, zurück. Hinsichtlich des weiteren Vorgehens bezüglich aller im Protokoll im einzelnen genannten strittigen Punkte kündigte die Beklagte an, diese von Juristen prüfen zu lassen und das Ergebnis schnellstmöglich der Klägerin zu übermitteln. Anschließend solle ein neuer Besprechungstermin vereinbart werden. Es werde auch geprüft, ob die Beklagte die beauftragten Leitungsmaßnahmen unter Umständen mit eigener Vorfinanzierung unter Ausklammerung der Kostenfrage ausführen werde. Wegen der Einzelheiten des Besprechungsprotokolls wird auf Anlage K2 zur Klageschrift (Blatt 34 bis 39 der Gerichtsakte) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 07.12.2000 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass die ihr zugegangenen Kostenvoranschläge und Kostenübernahmevereinbarungsentwürfe nicht der Vereinbarung vom 28.03.1989 entspreche, obwohl beide Seiten die Gültigkeit dieser Vereinbarung generell anerkennten. Nach dieser Vereinbarung seien streitige Auslegungsfragen von der "Einigungsstelle" aus Vertretern der Zentralen der Beteiligten mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung zu behandeln.
Nachdem auch in der Folge keine Einigung zwischen den Beteiligten zustande gekommen war, erklärte sich die Klägerin in Schreiben vom 19.07.2001 und 29.08.2001 zur Vorfinanzierung der Kabelverlegungsarbeiten und der Gewährung von Abschlagszahlungen gegen Rechnungslegung an die Beklagte im Rahmen der im einzelnen bezeichneten und streitgegenständlichen Streckenabschnitte bereit. Unter anderem heißt es dort:
"Um die hinsichtlich der Kostentragung nach wie vor strittigen Maßnahmen nicht noch weiter zu verzögern, sind wir bereit, diese Maßnahmen auf der Basis der zwischenzeitlich erfolgten Zustimmung des Eisenbahn-Bundesamtes vorzufinanzieren, bis auf dem noch zu beschreitenden Rechtsweg eine endgültige Klärung der Kostentragungspflicht herbeigeführt ist. Sofern unsere Auffassung bezüglich der anzuwendenden Vorschrift aus der Vereinbarung von 1989 und deren Auslegung vor Gericht bestätigt wird, erwarten wir eine unverzügliche Rückzahlung des von uns vorfinanzierten Betrages einschließlich einer angemessenen Verzinsung."
Wegen der Einzelheiten der Schreiben (in der Folge als Kostenübernahmeerklärungen bezeichnet) wird auf Blatt 75 bis 79 sowie Blatt 89 bis 91 der Gerichtsakte Bezug genommen. Beide Schreiben sind von Vertretern der Klägerin unterschrieben, die vorgesehene Unterschrift der Beklagten mit der Bezeichnung "Anerkannt: Deutsche Telecom AG Technik Niederlassung Eschborn, Eschborn, den ... 2001" ist unterblieben.
In der Folgezeit nahm die Beklagte die vorgesehenen und von der Klägerin im einzelnen bezeichneten Kabelverlegungsarbeiten vor und die Klägerin leistete Zahlungen entsprechend ihrer Kostenzusage.
Am 26.08.2002 hat die Klägerin die vorliegende Klage beim Landgericht Frankfurt am Main erhoben.
Mit Beschluss vom 07.08.2003 hat dieses den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main den Verweisungsbeschluss wieder aufgehoben.
Mit Beschluss vom 27.01.2005 hat der Bundesgerichtshof auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten diesen Beschluss wiederum aufgehoben und die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 07.08.2003 zurückgewiesen.
Zur Begründung ist unter anderem ausgeführt:
"Dies gilt auch für das Verhältnis zu den Betreibern besonderer Anlagen. Sekundäre, aus einem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis erwachsende Rechtsbeziehungen sind auch dann als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, wenn sie einem Dritten gegenüber bestehen, der an diesem Verhältnis beteiligt ist (Scheurle/Mayen/Reichert aaO, §§ 55/56 Rn. 191; vgl. auch BVerwGE 71, 85, 87). Bei den Regelungen der §§ 55 und 56 TKG 1996 handelt es sich deshalb um die Ausgestaltung der Ausübung des öffentlich-rechtlichen Wegenutzungsrechts im Verhältnis zu den Betreibern besonderer Anlagen (Scheurle/Mayen/Reichert aaO).(2) Das durch das Nutzungsrecht gemäß § 50 Abs. 1 und 2 TKG 1996 (jetzt § 68 Abs. 1, § 69 Abs. 1 TKG 2004) begründete öffentlich-rechtliche Schuldverhältnis wird durch §§ 52 bis 56 TKG (früher §§ 2 bis 6 TWG, jetzt §§ 71 bis 75 TKG 2004) näher bestimmt und insgesamt ausgeformt (Heun aaO, Rn. 51). Die Folgekostenregelungen, die in diesen Vorschriften enthalten sind, gestalten den Inhalt des Nutzungsrechts maßgeblich mit. Sie stehen zudem in einem untrennbaren Zusammenhang mit den in §§ 53 bis 56 TKG 1996 geregelten Folgepflichten. Sind die Auseinandersetzungen über das Nutzungsrecht sowie die Änderungs- und Beseitigungsansprüche als öffentlich-rechtliche Streitigkeiten der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugewiesen, ist es deshalb folgerichtig, auch die Kostenregelungen als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, mit der Konsequenz, dass Auseinandersetzungen über sich hieraus ergebende Ansprüche gleichfalls vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen sind. Es wäre, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, nicht sachgerecht, den Rechtsweg auseinander zu reißen und die Folgekostenpflichten - gegebenenfalls beschränkt auf die Folgekostenpflichten im Zusammenhang mit den Nutzungsrechten gegenüber Dritten gemäß § 55 und 56 TKG 1996 - den ordentlichen Gerichten zuzuweisen."
Am 04.04.2005 sind die Verfahrensakten beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main als erkennendem Gericht eingegangen.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe die strittigen Arbeiten an ihren Telekommunikationsanlagen auf der Grundlage der Textziffer 4 der Vereinbarung vom 28.03.1989 auf eigene Kosten vornehmen müssen. Die aufgrund ihrer Kostenzusagen geleisteten Abschlagszahlungen seien lediglich vorbehaltlich einer gerichtlichen Klärung der endgültigen Zahlungsverpflichtung erfolgt und nebst angemessenen Zinsen zurückzuzahlen.
In der mündlichen Verhandlung trägt die Klägerin auf entsprechende Frage des Gerichts, worauf sie ihre Forderung nach Rückzahlung stütze, da die Beklagte die Kostenzusagen nicht gegengezeichnet hat, ergänzend vor, die Beklagte habe zwar die jeweiligen Kostenübernahmeerklärungen nicht gegengezeichnet, habe diese aber widerspruchslos entgegengenommen und sowohl gebaut als auch auf der Grundlage dieser Kostenübernahmeerklärungen abgerechnet. Soweit die Regelungen des Telekommunikationsgesetzes zur Anwendung gebracht werden sollten, sei allerdings hier § 53 Telekommunikationsgesetz alter Fassung (jetzt: § 72 TKG) einschlägig. Soweit § 56 Abs. 2 TKG a.F. herangezogen werde, sei unter Berücksichtigung des Satzes 2 dieser Vorschrift darauf hinzuweisen, dass die Beklagte ihr Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, die verlegten Leitungen hätten nicht lediglich dem Orts-, Vororts- oder Nachbarortsverkehr gedient, nicht belegt habe.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 85.677,54 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Punkten über Basiszins zu zahlen und zwar aus 63.497,17 Euro ab dem 16.05.2003 und aus 22.180,37 Euro ab dem 16.05.2003;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.159,69 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 13.11.2002 zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.157,28 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 13.11.2002 zu zahlen;
4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 57.412,61 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab 18.12.2002 zu zahlen;
5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 24.245,79 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab 18.12.2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, auf die Frage, wer die Kosten der umstrittenen Kabelverlegungsarbeiten zu tragen habe, sei Textziffer 5.2.1 der Vereinbarung der Rechtsvorgänger der Beteiligten vom 28.03.1989 anzuwenden. Danach müsse aber die Klägerin hier selbst alle Kosten übernehmen. Soweit man davon ausgehen wolle, dass diese Vereinbarung, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, eine Regelungslücke aufweise und § 56 Abs. 2 TKG a.F. als Rechtsgrundlage heranziehen wolle, verweise sie darauf, dass es sich vorliegend um Hauptkabel gehandelt habe, was belege, dass es sich um Telekommunikationslinien gehandelt habe, die nicht lediglich dem Orts-, Vororts- oder Nachbarortsverkehr gedient hätten. Mithin sei § 56 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F. heranzuziehen, die Verlegung sei nur unter Aufwendung unverhältnismäßiger Kosten möglich gewesen.
Die Beklagte erhebt Widerklage und beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 5.747,81 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basissatz aus 3.671,51 Euro seit dem 28.11.2002 sowie nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.076,30 Euro seit dem 29.11.2002 zu zahlen;
ferner die Klägerin kostenpflichtig zu verurteilen, an die Beklagte 23.324,76 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszins zu zahlen, und zwar für 12.581,86 Euro seit dem 19.03.2003, für 6.590,27 Euro seit dem 19.03.2003 und für 4.152,63 Euro seit dem 19.03.2003;ferner festzustellen, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten verpflichtet ist, die hinter den als Anlagen B 1, B 3, B 9, B 11 und B 12 stehenden abgesetzten Forderungen zu begleichen.
Zur Begründung trägt sie vor, es handele sich insoweit um Verwaltungskosten, welche ihr in Ausführung der Kabelverlegungsarbeiten, mit welcher die Klägerin sie beauftragt habe, entstanden seien. In ihren Kostenzusagen habe sich aber die Klägerin wie folgt verpflichtet: "Der Auftraggeber verpflichtet sich, für die Durchführung der oben bezeichneten Maßnahmen die Aufwendungen in Höhe der tatsächlich entstehenden und in Rechnung gestellten Beträge zu bezahlen". Der Klägerin sei im übrigen bekannt gewesen, dass die ihr übersandten Kostenvoranschläge, aufgrund derer die (Abschlags-) Zahlungen erfolgt seien, nicht abschließend gewesen seien und lediglich die planbaren Kosten erhalten hätten. Hierzu gehörten aber die Verwaltungskosten für die Ausführung eines Bauvorhabens nicht. Ferner enthalte die Widerklage die Beträge, die ihr neben der Verwaltung für die Planung und Bauüberwachung entstanden seien. Auch insoweit seien gemäß den Kostenübernahmeerklärungen diese Kosten zu erstatten.
Die Klägerin beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, ebenso wie die Kabelverlegungsarbeiten von der Beklagten zu tragen gewesen seien, gelte dies auch für die mit der Widerklage geforderten Kosten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (4 Bände), insbesondere das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 06.09.2005, ergänzend Bezug genommen.
Gründe
Soweit die Klage mit Schriftsatz vom 05.07.2005 durch Reduzierung des nunmehr als Klageantrag zu Ziffer 1) gestellten Betrages in Höhe von 3.287,25 Euro zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Dass hier eine Teilrücknahme in dieser Höhe vorliegt, ergibt sich aus einem Vergleich des Antrags zu 1) mit dem in der Klageschrift (Blatt 1 der Akte) gestellten Antrag zu 1a) (vgl. auch den Schriftsatz vom 15.07.2005, Blatt 436 der Gerichtsakte).
Die im übrigen zulässige Leistungsklage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange begründet, im übrigen - hinsichtlich der Zinsforderung - unbegründet.
Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin erhobene Rückforderung der von ihr an die Beklagte geleisteten Zahlungen zur Vorfinanzierung der von dieser durchzuführenden bzw. durchgeführten Kabelverlegungsarbeiten sind die Kostenübernahmeerklärungen der Klägerin vom 19.07.2001 und 29.08.2001 in Verbindung mit dem aus § 242 BGB abgeleiteten und auch im öffentlichen Recht Anwendung findenden Grundsatz von Treu und Glauben. Darin hat sich die Klägerin zu Vorauszahlungen bzw. Abschlagszahlungen verpflichtet, diese sogenannte "Vorfinanzierung" aber nur so lange aufrechterhalten zu wollen, "bis auf dem noch zu beschreitenden Rechtsweg eine endgültige Klärung der Kostentragungspflicht herbeigeführt ist". Weiter ist in diesen Schreiben die Erwartung niedergelegt auf "unverzügliche Rückzahlung", wenn die Auffassung der Klägerin "bezüglich der anzuwendenden Vorschrift aus der Vereinbarung von 1989 und deren Auslegung vor Gericht bestätigt wird ...".Zutreffend geht die Klägerin im Ansatz davon aus, dass die Beklagte ihre entlang bzw. in der planfestgestellten S-Bahn-Strecke vorhandenen Kabel auf eigene Kosten zu verlegen hatte.
Allerdings ist Grundlage dieser Kostenpflicht nicht Tz. 4 der Vereinbarung vom 28.03.1989 zwischen den Rechtsvorgängern der Beteiligten, sondern § 56 Abs. 2 Telekommunikationsgesetz alter Fassung (TKG a.F.), der § 75 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I Seite 1190 - TKG n.F.) entspricht.
Insoweit kann der in der mündlichen Verhandlung erörterte Gesichtspunkt, ob diese zwischen den Rechtsvorgängern der Beteiligten geschlossene Vereinbarung auf der Grundlage geltenden Rechts überhaupt noch Anwendung finden kann, für die Entscheidung des vorliegenden Falles dahinstehen. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 10.07.2003 geschilderten Vereinbarungen seit dem Beschluss des Norddeutschen Bundes vom 21.12.1868 (vgl. Blatt 222 ff. der Gerichtsakte) nebst späterer Liegenschaftsvereinbarungen erfolgten nämlich, wie auch die Vereinbarung aus dem Jahre 1989 mit ihrer Kostentragungsregelung, zu einer Zeit, als beide Vertragsschließende - Bundesbahn und Bundespost - Sondervermögen, seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland Sondervermögen der Bundesrepublik Deutschland, darstellten und großenteils gemeinsam aus Steuermitteln getragen wurden. Dies ist nunmehr nach der im Zuge von rechtlichen Umwandlungsprozessen erfolgten Privatisierung beider Beteiligter nicht mehr der Fall. Die Finanzierung erfolgt wesentlich vielschichtiger und unter Heranziehung der Kabel- bzw. Netzbenutzer zur Finanzierung des Netzangebotes. Insbesondere handelt es sich nunmehr um unterschiedliche Rechtsträger mit jeweils eigener Rechtspersönlichkeit und Kostenverantwortung, insbesondere auch gegenüber ihren Aktionären. Gewillkürte Verschiebungen von gesetzlich geregelten Kostentragungspflichten, die unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der verkehrlichen Infrastruktur in dem alten und neuen Telekommunikationsgesetz geregelt sind, könnten zu rechtlichen Bedenken an der Fortgeltung der Vereinbarung vom 28.03.1989 unter dem Gesichtspunkt führen, dass nunmehr der vom Gesetzgeber in den §§ 50 f. TKG a.F. gefundene Ausgleich der jeweiligen finanziellen Interessen, der den Regelungen auch des TKG n.F. entspricht, nicht grundsätzlich durch eine Vereinbarung zwischen den Beteiligten abweichend geregelt werden kann.
Diese Frage kann jedoch deshalb dahinstehen, weil jedenfalls in der vorbezeichneten Vereinbarung keine Regelung enthalten ist, unter welche die vorliegende Fallgestaltung subsumierbar wäre.
So handelt es sich weder, wie die Klägerin meint, ausschließlich um Maßnahmen an vorhandenen höhengleichen Kreuzungen im Sinne von Tz. 4 noch um eine Neubaumaßnahme, welche auf der Grundlage der Textziffer 5.2.1 der Vereinbarung zu betrachten wäre. Textziffer 5 ergeht nach seiner Überschrift zu Maßnahmen außerhalb des Bereichs von Kreuzungen. Umstritten sind im vorliegenden Fall aber nur noch die im Tatbestand im einzelnen bezeichneten Maßnahmen im Bereich von Kreuzungen von Verkehrswegen, in welchen ganz oder zum Teil Kabel der Beklagten bereits vorhanden gewesen waren. Es handelt sich um keine gänzliche Neuerrichtung der Schieneninfrastruktur der Klägerin im Zuge der Herstellung der sogenannten Rodgau-Strecke als in der Tat neuer Strecke, sondern um eine Änderung dergestalt, dass die vorhandene Strecke für den S-Bahn-Verkehr unter anderem durch Hinzufügung eines neuen zweiten Gleises ausgebaut wurde. Die vorhanden gewesenen Leitungen der Beklagten verliefen bahnparallel zur bereits vorhandenen Schienenstrecke. Dabei sollten die vorhandenen Telekommunikationslinien infolge einer zu Gunsten der Klägerin planfestgestellten Baumaßnahme "weichen". Mithin ist für die Beurteilung, ob die Beklagte im Zuge der Umsetzung der planfestgestellten Baumaßnahmen auf ihre Kosten folgepflichtig ist, auf die Gesamtmaßnahme abzustellen, nicht nur auf die hier in Rede stehenden strittig gebliebenen Teile des Streckenbaus als Umsetzung der Planfeststellungsbeschlüsse.
Es ist nicht ersichtlich, dass die von der Klägerin vorgelegte Vereinbarung vom 28.03.1989 diesen Fall erfasst. Dies gilt unabhängig davon, dass bereits die "Präambel" der Vereinbarung im Ausgangspunkt zweifelhaft ist, denn die dort niedergelegte Auffassung der Klägerin, welche danach unter anderem zum Vertragsschluss geführt hat, dass nämlich die §§ 5, 6 Telegraphen- und Wegegesetz - wortgleich mit den §§ 55, 56 TKG a.F. - deshalb nicht einschlägig seien, weil der Schienenweg der Deutschen Bundesbahn keine "besondere Anlage" im Sinne dieser Vorschriften sei, ist offensichtlich rechtsirrig, wie noch auszuführen sein wird.
Bestätigt wird der Umstand, dass die hier in Rede stehende Streckenbaumaßnahme der Klägerin nicht unter die vorbezeichnete Vereinbarung subsumierbar ist, durch den Umstand, dass die Beteiligten trotz jahrelanger intensiver Verhandlungen darin keine entsprechende Vorschrift finden konnten, auf die nach ihrer gemeinsamen Auffassung die Kostentragungspflicht hätte gestützt werden können.
Auszugehen ist von der plangestellten Gesamtmaßnahme, welche die Herstellung einer besonderen Anlage im Sinne des § 55 Abs. 1 TKG a.F. mittels teilweiser Umgestaltung einer bereits vorhandenen besonderen Anlage beinhaltet und die auf eine in dem benutzten Verkehrsweg bereits vorhandene Telekommunikationslinie trifft.
Zwar ist der in § 55 Abs. 1 TKG a.F. enthaltene Begriff der "besonderen Anlage" unscharf und enthält keine Legaldefinition. Insoweit gab es bereits im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung eine umfangreiche Rechtsprechung zur Konkretisierung des Begriffs (vgl. Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 2002, §§ 55/56 Rdnr. 63 ff.). Da aber die hier in Rede stehenden S-Bahn-Anlagen in den Regelbeispielen des § 55 Abs. 1 TKG a.F. expliziert aufgeführt sind ("Schienenbahnen") besteht diesbezüglich keine Unsicherheit, ob S-Bahn-Strecken zu den "besonderen Anlagen" im Sinne der § 55, 56 Telekommunikationsgesetz zählen. Davon, dass es sich vorliegend um eine Folgekostenstreitigkeit im Sinne der §§ 55, 56 Telekommunikationsgesetz handelt, geht auch der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 15. Februar 2002 aus, mit welchem der vorliegende Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen wurde (vgl. 372 ff. der Gerichtsakte). Unter anderem ergibt sich aus seinen Ausführungen unter Abschnitt 3 Buchstabe c (Seite 7 des Beschlusses, Blatt 378 der Gerichtsakte), dass es sich vorliegend um das Rechtsverhältnis zwischen einem nutzungsberechtigten Telekommunikationsunternehmen und dem Betreiber einer besonderen Anlage im Sinne der §§ 55, 56 TKG 1996 handelt. Wie aus dem voranstehenden Absatz dieses Beschlusses (3b) hervorgeht, ging auch der BGH davon aus, dass die Klägerin mit ihrer S-Bahnlinie eine besondere Anlage auf einem Verkehrsweg betreibt, die §§ 55, 56 TKG 1996 mithin die einschlägige Kollisionsregelung für das Zusammentreffen zwischen besonderen Anlagen auf Verkehrswegen und Telekommunikationslinien darstellen.
Bereits unter diesem Gesichtspunkt musste sich für die Beteiligten die Frage stellen, inwieweit neben diesen angesprochenen gesetzlichen Kollisionsregelungen vorliegend die Vereinbarung vom 28.03.1989 Anwendung finden kann. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung bis zum Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (TKG a.F.) galt das Telegraphenwegegesetz - TWG - (zuletzt geändert durch Artikel 38 des dritten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 28. Juni 1990 - BGBl. I Seite 1221 -), welches in seinen §§ 5 und 6 Vorschriften vorsah, die den §§ 55, 56 TWG a.F. entsprechen. Zu der in § 5 Abs. 1 enthaltenen Begriffsbestimmung der besonderen Anlagen, welche der des § 55 Abs. 1 TWG a.F. entspricht, zählten nach damaliger herrschender Meinung auch S-Bahnen sowie die Kreuzungen von Eisenbahnen im Sinne des Eisenbahnkreuzungsgesetzes (vgl. Eidenmüller, Post- und Fernmeldewesen, Loseblatt-Kommentar, Stand: März 1988, § 5 Anmerkung 3 m.w.N.). Nach § 6 Abs. 2 TWG, welcher § 56 Abs. 2 TKG entspricht, mussten auch hier vorhandene Fernmeldeanlagen weichen, wenn besondere Anlagen in der Definition des § 5 Abs. 1 TWG aus Gründen des öffentlichen Interesses errichtet werden sollten. Dementsprechend legte das Bundesverwaltungsgericht seiner grundlegenden Entscheidung vom 07.11.1975 - Az.: 7 C 25.73 - (NJW 1976, 906 ff) in einem Fall, in welchem die Errichtung einer Schnellbahnlinie im Lande Berlin die Verlegung vorhandener Fernmeldelinien erforderte, der Frage der Kostentragung der Verlegung von Fernmeldelinien in bestimmten Kreuzungsbereichen von Straßen oder Plätzen § 6 Abs. 2 TWG als maßgebliche Kollisionsnorm zugrunde. Nach alledem ist davon auszugehen, dass auf der Grundlage der § 6 TWG bzw. 56 TKG a.F. die Verlegung oder Veränderung einer vorhandenen Fernmeldelinie auf Kosten der Deutschen Bundespost bzw. ihrer Rechtsnachfolger bedeutet, dass die ältere Anlage einer jüngeren unter Übernahme sämtlicher Aufwendungen weichen muss. Diese Durchbrechung des Prioritätsgrundsatzes, wie er sich in den übrigen Regelungen des Fernmelderechts niederschlägt, hat zum Inhalt, dass der Wegeunterhaltspflichtige, der gemäß § 1 TWG bzw. § 50 TKG a.F. bzw. § 68 TKG geltender Fassung die unentgeltliche Benutzung des Verkehrsweges durch die Deutsche Bundespost bzw. ihre Rechtsnachfolger dulden muss, in einem bestimmten Rahmen bevorrechtigt ist, wenn er selbst oder unter seiner überwiegenden Beteiligung ein anderer aus Gründen des öffentlichen Interesses besondere Anlagen in, auf oder über dem Verkehrsweg errichten will (vgl. Eidenmüller, a.a.O. § 6 TWG Anmerkung 6).
Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass, wie in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, die Heranziehung des § 56 TKG a.F. zur Entscheidung des vorliegenden Falles ohne die Gewährung weiteren Schriftsatznachlasses für die Beteiligten eine "Überraschungsentscheidung" darstellte.
Soweit die Klägerin im Rahmen der Erörterung dieses Gesichtspunktes in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, wolle man überhaupt das Telekommunikationsgesetz zur Entscheidung des vorliegenden Falles heranziehen, sei nicht § 56 sondern § 53 TKG a.F. die einschlägige Rechtsnorm, ist dies unzutreffend. § 53 regelt den Sachverhalt, dass der Unterhaltspflichtige des Verkehrsweges eine Änderung des Verkehrsweges beabsichtigt, wo hingegen die vorliegende Sachverhaltsgestaltung so ist, dass die Herstellung einer "späteren besonderen Anlage" beabsichtigt war bzw. erfolgt ist, welche auf dem öffentlichen Weg errichtet und vom Wegeunterhaltspflichtigen dort zu dulden ist.
Dazu bestimmt § 56 Abs. 2 Satz 1 TKG a.F., dem Verlangen nach Verlegung oder Veränderung einer Telekommunikationslinie auf Kosten des Nutzungsberechtigten dieser Telekommunikationslinie (vgl. die Begriffsbestimmung in § 3 Ziffer 20 TKG a.F.) müsse stattgegeben werden, wenn sonst die Herstellung einer späteren besonderen Anlage unterbleiben müsste oder wesentlich erschwert werden würde, welche aus Gründen des öffentlichen Interesses, insbesondere aus volkswirtschaftlichen oder Verkehrsrücksichten, von den Wegeunterhaltungspflichtigen oder unter überwiegender Beteiligung eines oder mehrerer derselben zur Ausführung gebracht werden soll.
Die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift sind im vorliegenden Falle erfüllt. So hätte die Herstellung der planfestgestellten Eisenbahnstrecke (S-Bahn Rhein-Main, Rodgau-Strecken) unterbleiben müssen, wenn die im vorgesehenen Streckenabschnitt parallel zu den vorhandenen Gleisen im Gleiskörper liegende Telekommunikationslinie der Beklagten nicht verlegt worden wäre.
Die Errichtung dieser S-Bahnstrecke parallel zum vorhandenen Gleis im Verlaufe der planfestgestellten Trasse lag auch im öffentlichen Interesse. Dies ergibt sich aus den in den genannten Planfeststellungsbeschlüssen niedergelegten Planungszielen bzw. der Planrechtfertigung. So ist beispielsweise auf Seite 101 bis 102 des Planfeststellungsbeschlusses vom 29. August 1997 ausgeführt: "Die hier planfestgestellten Baulose sind Teilmaßnahmen des S-Bahn-mäßigen Ausbaus der bestehenden Rodgaustrecken. Die zukünftige S-Bahn Rodgau wird Teil des S-Bahn-Systems Rhein-Main, das Rückgrat des für den Ballungsraum Rhein-Main im Aufbau befindlichen öffentlichen Personennahverkehrsystem ist... Weiterhin ist es aus Gründen der Sicherheit und der Abwicklung des Verkehrs für alle Verkehrsteilnehmer auf den betrachteten Verkehrswegen erforderlich, die bestehenden höhengleichen Bahnübergänge ... zu beseitigen und durch die in den Planfeststellungsunterlagen detailliert beschriebenen Ersatzmaßnahmen zu ersetzen. Das mit dem Gesamtvorhaben verfolgte verkehrliche Ziel ist die Verbesserung der Verbindung der Siedlungsschwerpunkte im Rodgau mit dem Wirtschaftsschwerpunkt Frankfurt am Main (Pendlerströme) durch ein attraktives Nahverkehrsangebot, in dem die Rodgau-Strecken in das S-Bahn-Netz Rhein-Main integriert werden." (Tz. C.2.1.).Zur Planrechtfertigung ist unter Abschnitt C.2.2. ausgeführt: "Gemäß § 18 (1) AEG dürfen Schienenwege von Eisenbahnen einschließlich der für den Betrieb der Schienenwege notwendigen Anlagen und der Bahnstromfernleitungen (Betriebsanlagen der Eisenbahn) nur gebaut oder wesentlich geändert werden, wenn der Plan zuvor festgestellt worden ist. Dabei sind die vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen ... . Die zukünftige S-Bahn Rodgau dient als Teil des S-Bahn-Systems Rhein-Main der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und ist deshalb mit Zustimmung des Landes Hessen in das Programm des Bundesministers für Verkehr nach § 6 des Gemeinde-Verkehrs-Finanzierungs-Gesetzes (GVFG) aufgenommen worden."
Im Hinblick darauf, dass es sich vorliegend, wie oben ausgeführt, um das Verhältnis einer "bevorrechtigten" (oder "privilegierten") Anlage, nämlich einer im öffentlichen Verkehrsweg des Baulastträgers liegenden besonderen Anlage zu einer vorhandenen Telekommunikationslinie, welche ebenfalls kostenlos den Verkehrsweg zu nutzen berechtigt ist, handelt, wird ein qualifiziertes öffentliches Interesse an der Herstellung der späteren besonderen Anlage verlangt, um die Folgepflicht des Inhabers der Telekommunikationslinie bzw. des Lizenznehmers im Sinne des § 50 Abs. 2 TKG a.F. auszulösen (vgl. Scheurle/Mayen, a.a.O., §§ 55/56, Rdnr. 78 ff).Dieses qualifizierte öffentliche Interesse besteht dann, wenn der Wegeunterhaltspflichtige die besondere Anlage entweder selbst ausführt oder sich an der Ausführung, gegebenenfalls auch unter Einbeziehung sonstiger Dritter, beteiligt. Eine bestimmte gesellschaftliche Beteiligungsform wird allerdings nicht gefordert, da dem Gesetz nicht entnehmbar.
Unabhängig davon, ob man der Forderung nach Vorliegen eines qualifizierten öffentlichen Interesses in diesem Sinne folgen will (zu Zweifeln vgl. insoweit Scheurle/Mayen, a.a.O., §§ 55/56, Rdnr. 99), ist die Beteiligung der Träger der Straßenbaulast vorliegend jedenfalls gegeben. So enthält der Planfeststellungsbeschluss vom 29. August 1997 unter Abschnitt C.2.1 (Seite 102) die Aussage: "Über den Bau und die Finanzierung der für den S-Bahn-Betrieb auf den Rodgau-Strecken erforderlichen Anlagen wurde zwischen dem Land Hessen, der Stadt Offenbach (M), dem Kreis Offenbach sowie der Deutschen Bundesbahn (DB) als Rechtsvorgänger der Deutschen Bahn AG am 17.01.1991 ein Finanzierungsvertrag geschlossen ... ".
Dem mithin gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 TKG a.F. berechtigten Verlangen der Klägerin nach Verlegung der in der planfestgestellten Trasse vorhandenen Telekommunikationslinie der Beklagten hat diese erstmals in der mündlichen Verhandlung entgegengehalten, sie berufe sich auf den in § 56 Abs. 2 Satz 2 enthaltenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie hat unter Beweisantritt behauptet, bei der in Rede stehenden verlegten Telekommunikationslinie habe es sich um eine nicht lediglich dem Orts-, Vororts- oder Nachbarortsverkehr dienende kabelgebundene Telekommunikationslinie im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F. gehandelt.
Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F. (wortgleich mit § 75 Abs. 2 Satz 2 TKG geltender Fassung) kann die Verlegung einer nicht lediglich dem Orts-, Vororts- oder Nachbarortsverkehr dienenden kabelgebundenen Telekommunikationslinie nur dann verlangt werden, wenn die kabelgebundene Telekommunikationslinie ohne Aufwendung unverhältnismäßig hoher Kosten anderweitig ihrem Zwecke entsprechend untergebracht werden kann. Diese Vorschrift steht dem erhobenen (Rück-) Zahlungsanspruch der Klägerin nicht entgegen.
Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der vorhandenen Linie tatsächlich, wie behauptet, um ein Hauptkabel gehandelt hat, dessen Verlegung nicht ohne Aufwendung unverhältnismäßiger Kosten im Sinne der vorbezeichneten Vorschrift möglich war. Diese Ausnahme von der Verlegungspflicht dient dem Schutz der - gegenüber den örtlichen - technisch aufwändiger gebauten überörtlichen Fernmeldelinien und soll im Rahmen der in Rede stehenden Kollisionsnorm einen Ausgleich zwischen den Beteiligten herstellen. Die Vorschrift gibt dem Rechtsträger der vorhandenen Kommunikationslinie, hier der Beklagten, allerdings keinerlei Ausgleichs- oder Ersatzansprüche (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.11.1975, a.a.O.; VG Münster, Urteil vom 26.06.1985, DÖV 1987, 163 f). Vielmehr gibt § 56 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F. der Beklagten eine Einwendung, die sie als Betreiberin der Telekommunikationslinie dem Verlegungsanspruch zu Gunsten der bevorrechtigten Anlage entgegenhalten kann (vgl. die vorzitierten Entscheidungen sowie Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, a.a.O., §§ 55/56 Rdnr. 173). Diese Einwendung muss erhoben werden und hätte zur Folge, dass die Beklagte dem Verlangen der Klägerin auf Verlegung ihrer Telekommunikationslinie überhaupt nicht hätte nachkommen müssen.
Die nunmehrige Berufung der Beklagten auf § 56 Abs. 2 Satz 2 TKG erfolgt jedoch verspätet. Sie hat ihr Recht auf Geltendmachen dieser Einwendung verwirkt.
Dies folgt daraus, dass sie sich am Planfeststellungsverfahren ohne Geltendmachen dieser Einwendung beteiligt und die Verhandlungen mit der Klägerin ohne Geltendmachen dieser Einwendung geführt, auch nicht mitgeteilt hat, es handele sich um ein Hauptkabel, die Verlegung werde unverhältnismäßig hohe Kosten nach sich ziehen.
In diesem Rahmen ist auch darauf hinzuweisen, dass bei der Errichtung der vorbezeichneten S-Bahn-Strecke im gesamten Bereich die Verlegung der Telekommunikationslinie erforderlich geworden war, wobei es sich, falls die Behauptung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zuträfe, insgesamt um ein Hauptkabel gehandelt haben müsste. Somit hätte die Einwendung bzw. zumindest zunächst der Hinweis auf diese Tatsache bereits im Planfeststellungsverfahren geltend gemacht werden müssen, nicht erst im Rahmen bzw. nach der Ausführung der hier umstrittenen Verlegungsmaßnahmen im Bereich der Kreuzungen.
Die Geltendmachung dieser Einwendung mit der Folge des Untergangs der Folgepflicht (Kabelverlegungspflicht) war auch nicht wegen einer Zusage der Übernahme der Verlegungskosten durch die Klägerin entbehrlich geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.11.1975, a.a.O.). Eine derartige verbindliche Zusage hat die Klägerin nicht abgegeben.Es liegt damit keine der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.11.1975 (a.a.O.) vergleichbare Sachverhaltsgestaltung vor, denn die Klägerin hat der Beklagten in den Kostenübernahmeerklärungen aus dem Jahre 2001 nicht die Übernahme der Kosten für die hier umstrittenen Verlegungsmaßnahmen zugesichert, sondern nur eine Vorauszahlung bis zu dem Zeitpunkt, in welchem eine gerichtliche Klärung der umstrittenen Standpunkte stattgefunden haben sollte. Ferner hat sie ausdrücklich erklärt, die Zusage sei nur als Vorfinanzierung anzusehen, sie gehe weiterhin davon aus, dass grundsätzlich die Beklagte kostentragungspflichtig sei und erwarte nach gerichtlicher Klärung in ihrem Sinne die unverzügliche Rückzahlung der vorgeleisteten Beträge. Aufgrund dieser Zusage der Kostenvorfinanzierung war die Klägerin auch nicht im Sinne der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.11.1975 verpflichtet, trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F. und Erhebung ihrer Einwendung dem Verlangen der Klägerin nach Verlegung stattzugeben.
In den der Rückzahlungsforderung der Klägerin zugrunde liegenden Kostenzusagen vom 19.07. und 29.08.2001 heißt es, sie sei bereit, die anfallenden Kosten vorzufinanzieren, bis auf dem noch zu beschreitenden Rechtsweg eine endgültige Klärung der Kostentragungspflicht herbeigeführt sei. Nach Bestätigung ihrer Rechtsauffassung erwarte sie eine unverzügliche Rückzahlung der vorfinanzierten Beträge.
Dieser Umstand ist nunmehr eingetreten. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Beklagte zur Tragung der Kosten verpflichtet. Dies gilt unabhängig davon, dass die Klägerin bei der schriftlichen Abfassung ihrer Kostenübernahmeerklärungen von der, wie dargelegt, unzutreffenden Rechtsauffassung ausgegangen war, die Beklagte sei aufgrund Tz. 4 der Vereinbarung vom 28.03.1989 zur Kostentragung verpflichtet. Maßgeblich ist hier der Gesichtspunkt, dass die Klägerin im Ergebnis - ungeachtet der Frage, welche Rechtsgrundlage letztendlich die Kostentragungspflicht der Beklagten trägt - für alle Beteiligten erkennbar zum Ausdruck bringen wollte, dass sie ausschließlich zur Beschleunigung der Baumaßnahmen bereit sei, eine Vorfinanzierung der Kosten zu leisten, ohne ihren Rechtsstandpunkt aufzugeben, dass die Beklagte die umstrittenen Maßnahmen auf ihre eigenen Kosten durchzuführen habe.
Zwar hat die Beklagte die vorbezeichneten Kostenübernahmeerklärungen nicht gegengezeichnet, so dass kein Vertrag zwischen den Beteiligten über die Vorauszahlungen der Klägerin und die Rückzahlungspflicht der Beklagten zustande gekommen ist. Die Beklagte muss sich aber nach Treu und Glauben daran festhalten lassen, dass sie den Rückzahlungsklauseln in den vorbezeichneten Kostenübernahmeerklärungen nicht widersprochen und rein tatsächlich entsprechend den Kostenübernahmeerklärungen gehandelt hat. So hat sie entsprechend den Kostenübernahmeerklärungen gebaut, abgerechnet und auch ihre Widerklage auf diese Kostenübernahmeerklärungen gestützt. An keiner Stelle hat sie geäußert, nach einer gerichtlichen Klärung der umstrittenen Kostentragungspflicht im Falle ihres Unterliegens die entgegengenommenen Geldbeträge nicht zurückzahlen zu wollen. Auf der Grundlage des vorliegenden Sachverhaltes ist ersichtlich, dass sie zu keiner Zeit davon ausgehen konnte, die Klägerin werde die Abschlagszahlungen bzw. Vorauszahlungen der entstehenden Kosten auch dann an sie leisten, wenn klar sei, dass diese Beträge auch im Falle der gerichtlichen Bestätigung ihrer Auffassung, wonach die Beklagte die Kosten zu tragen habe, nicht wieder an sie zurückgewährt würden. Dies hätte nämlich der Aufgabe des Rechtsstandpunktes der Klägerin gleichgestanden, welche sie aber ausdrücklich ausgeschlossen hatte.
Dagegen ist die Klage insoweit unbegründet, als die Klägerin Zinsen für die an die Beklagte als "Vorauszahlung" geleisteten Geldbeträge begehrt.
Wie oben dargelegt, ist diesbezüglich eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen. Hinsichtlich der Zinsen ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich nach Treu und Glauben an der Erwähnung der Erwartung angemessener Zinszahlungen in den vorbezeichneten Kostenübernahmeerklärungen der Klägerin festhalten lassen müsste.
Da die Klägerin nämlich zusagte, eine Vorfinanzierung vorzunehmen, "bis" auf dem noch zu beschreitenden Rechtsweg eine endgültige Klärung der Kostentragungspflicht herbeigeführt sei, erscheint es vom Grundgedanken her widersprüchlich, im Nachhinein Zinsen für diese Vorauszahlungen zu verlangen. Sinn und Zweck der Kostenübernahmeerklärungen war nämlich, die Beklagte dazu zu veranlassen, vor der endgültigen Klärung der Kostentragungspflicht die von ihr verlangten Verlegungsarbeiten durchzuführen. Vor Ergehen eines rechtskräftigen oder vorläufig vollstreckbaren Urteils, mit welchem die Beklagte zur Vornahme der Verlegungsarbeiten (auf ihre Kosten) verpflichtet worden wäre, hätte diese die Verlegungsarbeiten nicht durchführen müssen. Dann wären ihr auch keine Kosten in diesem Zeitraum entstanden, so dass es unbillig erscheint, den Kostenzeitraum, für welchen die Beklagte einstehen muss, auf den Zeitpunkt der Vorausfinanzierung dieser Kosten zwecks Veranlassung vorzeitiger Verlegungsarbeiten zurückzuverlegen.
Die gemäß § 89 VwGO zulässige Widerklage der Beklagten ist unbegründet.
Da auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen die Beklagte gemäß § 56 Abs. 2 TKG a.F. zur Vornahme der von ihr geforderten Verlegungsarbeiten auf ihre Kosten verpflichtet war, besteht keine Rechtsgrundlage für die Forderung nach dem Ausgleich entstandener Bauplanungs-, Bauüberwachungs- oder Verwaltungskosten. Insbesondere geben die von der Beklagten insoweit als Rechtsgrundlage herangezogenen Kostenübernahmeerklärungen der Klägerin keinen Anhaltspunkt zur Stützung dieser Auffassung, da auf der Grundlage dieser Kostenübernahmeerklärungen Vorausfinanzierungszahlungen nur bis zur endgültigen Klärung der Kostentragungspflicht erfolgen sollten. Nachdem diese Klärung im Rahmen der vorliegenden Klage erfolgt ist, steht auf der Grundlage der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts fest, dass die Beklagte auch diese Kosten auf der Grundlage des § 56 Abs. 2 Satz 2 TKG a.F. selbst zu tragen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.Da die Beklagte nur zu einem geringen Teil obsiegt hat, nämlich nur bezüglich der von der Klägerin erhobenen Zinsforderungen, ist dieser Teil als "geringer Teil" im Sinne des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO anzusehen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 709 Satz 1 ZPO.
VG Frankfurt am Main:
Urteil v. 06.09.2005
Az: 10 E 1207/05
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