Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2001
Aktenzeichen: 9 W (pat) 41/99

(BPatG: Beschluss v. 22.01.2001, Az.: 9 W (pat) 41/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

Gründe

I.

Die Patentabteilung 15 des Deutschen Patentamtes hat nach Prüfung des Einspruchs das am 29. Januar 1992 angemeldete Patent mit der Bezeichnung

"Hydraulischer Motor"

mit Beschluß vom 1. Oktober 1997 in vollem Umfang aufrechterhalten. Ihrer Meinung nach ist der Einspruch zulässig, da nach der Freigabe des Patentes durch die Einsprechende an den Patentinhaber eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht vorliege. Das Patent sei aufrechtzuerhalten,

- da eine unzulässige Erweiterung des Patentes gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht gegeben sei,

- da der beanspruchte Gegenstand in der Patentschrift so deutlich und vollständig offenbart sei, daß ein Fachmann ihn ausführen könne, und - da der beanspruchte Gegenstand im Hinblick auf den im Verfahren befindlichen Stand der Technik patentfähig sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Einsprechende mit ihrer Beschwerde. Sie nennt eine Reihe weiterer Entgegenhaltungen und vor allem die DE 17 28 617 A1 zu einem Motortyp, der ihrer Meinung nach als einziger in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart sei. Demgegenüber beziehe sich das Patent zumindest nach dem Wortlaut der Beschreibung auf einen anderen Motortyp, wie er beispielsweise aus der DE 33 42 131 A1 oder der US 34 90 383 bekannt sei. In diesem Wechsel vom ursprünglich offenbarten zu einem anderen Motortyp liege eine unzulässige Erweiterung des Patentes gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen. Lege man die ursprünglich eingereichten Unterlagen zugrunde, so sei darin ein Motor offenbart, der für den zuständigen Fachmann technisch nicht ausführbar sei. Außerdem sei die Patentfähigkeit des beanspruchten Motors nicht gegeben, da ein Motor mit den im Patentanspruch 1 des Streitpatentes angegebenen Merkmalen dem Fachmann durch die aus der DE 33 42 131 A1 entnehmbare technische Lehre nahegelegt werde.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu widerrufen, hilfsweise wird angeregt, die Rechtsbeschwerde zu der in der mündlichen Verhandlung überreichten Rechtsfrage zuzulassen.

Diese Rechtsfrage hat folgenden Wortlaut:

"Bedeutet es eine unzulässige Änderung des Gegenstands des Patents gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG, wenn statt des in den ursprünglichen Unterlagen offenbarten hydraulischen Motors mit einem Rotorring, der aufgrund seiner Exzentrizität und der zwischen Rotorumfang und Innenwand des Gehäuses ausgebildeten Antriebskammer mit der Welle in Drehung versetzt wird (DE 42 02 466 A1 Spalte 1, Zeilen 26-36) unter entsprechender Abänderung der Beschreibung und der Zeichnung mit dem Patent Schutz für einen Hydraulikmotor beansprucht wird, der einen auf dem Rotor angeordneten exzentrisch umlaufenden Rotorring aufweist, also für einen Hydraulikmotor, bei dem der Rotorring sowohl relativ zu dem Gehäuse undrehbar gehalten ist als auch relativ zu diesem drehen kann€"

Der Patentinhaber und Beschwerdegegner stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Patentinhaber hat dem Vorbringen der Einsprechenden in allen Punkten widersprochen.

Der nach wie vor geltende Patentanspruch 1 erteilter Fassung lautet:

Hydraulikmotor mit einem auf einer Motorwelle (17) befestigten Rotor (4), der aufweist:

a) einen auf dem Rotor angeordneten exzentrisch umlaufenden Rotorring (5), der über eine Innenverzahnung mit einer Rotorverzahnung im Eingriff steht;

b) Verteilerscheiben (6, 9), die beidseits des Rotors (4) angeordnet und am Gehäuse (16) des Motors abgestützt sind; undc) Kammern (1, 2), die zwischen diesen Verteilerscheiben (6, 9) und dem Gehäuse (16) angeordnet sind;

dadurch gekennzeichnet, daß

d) die Verteilerscheiben (6, 9) im Gehäuse (16) in Achsrichtung der Welle (17) beweglich sind unde) zumindest in der einen Kammer (1) ein einstellbares Rückschlagventil (22) angeordnet ist, durch das ein gezielter Druckaufbau zumindest in der einen Kammer (1) mit der Folge eines Druckausgleichs an den Verteilerscheiben (6, 9) erfolgt.

An den Patentanspruch 1 schließen sich 5 Unteransprüche an.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig; in der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Der Einspruch ist zulässig.

Der Patentinhaber hat gegen den Beschluß der Patentabteilung 15, soweit darin die Zulässigkeit des Einspruchs festgestellt wird, keine Beschwerde eingelegt. Trotzdem ist vom erkennenden Senat nach ständiger Rechtsprechung die Zulässigkeit des Einspruchs als unverzichtbare Verfahrensvoraussetzung in jedem Verfahrensstadium zu prüfen.

Die Patentabteilung 15 hat in ihrem Beschluß dargelegt, daß die Einsprechende als (ehemaliger) Arbeitgeber des Patentinhabers nicht gehindert war, das Patent mit einem Einspruch anzugreifen. Dies habe zumindest ab dem Zeitpunkt nicht mehr gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, an dem die Einsprechende die beschränkt in Anspruch genommene Diensterfindung auch mit Wirkung für die Vergangenheit unter Verzicht auf das nicht ausschließliche Benutzungsrecht nach § 7 Abs 2 ArbEG vollständig freigegeben habe. Diese Freigabe habe im Laufe des Einspruchsverfahrens erfolgen können, da es für die Zulässigkeit eines justizmäßigen Verfahrens grundsätzlich ausreiche, wenn die Prozeß- und Zulässigkeitsvoraussetzungen spätestens zu dem Zeitpunkt vorlägen, der für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen maßgebend sei. Dies sei im Einspruchsverfahren der Zeitpunkt der Entscheidung über den Einspruch. An dieser Rechtslage ändere die Substantiierungspflicht nach § 59 Abs 1 S 4 PatG nichts, da dieses Erfordernis sich auf die rechtzeitige Begründung und Substantiierung eines Widerrufsgrundes und die damit zusammenhängenden Tatsachen und nicht auf Änderungen der rechtlichen Verhältnisse zwischen den Beteiligten beziehe. Diesen Feststellungen und der überzeugenden Begründung schließt sich der Senat voll inhaltlich an, so daß zur Vermeidung von Wiederholungen auf den diesbezüglichen Teil des angefochtenen Beschlusses verwiesen wird.

2. Der mit dem Patentanspruch 1 beanspruchte Gegenstand geht nicht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie beim Deutschen Patentamt ursprünglich eingereicht worden ist.

Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, daß alle Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart sind. Hierzu wird auf den ursprünglichen Anspruch 1 und jeweils auf den ersten Absatz auf S 3 und 4 der ursprünglichen Beschreibung hingewiesen. Nach Auffassung der Einsprechenden liegt jedoch eine unzulässige Erweiterung darin, daß in der Beschreibung der erteilten Fassung ein anderer Motortyp beschrieben werde als in der ursprünglichen Beschreibung offenbart sei.

Diese Auffassung hat den Senat nicht überzeugt. Die Offenbarung der Erfindung in einer Patentanmeldung ist keine Gebrauchsanweisung für jedermann, sondern wendet sich an den einschlägig vorgebildeten Fachmann. Das Fachwissen des jeweils zuständigen Fachmanns ist daher maßgebend dafür, wie ausführlich die Darstellung der technischen Lehre sein muß (Schulte, Patentgesetz, 5. Auflage, § 35 Rdn 153). Als zuständiger Fachmann ist hier ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau anzusehen, der über berufliche Erfahrung im Bereich der Zahnradpumpen und -motoren verfügt.

Wie die Einsprechende bereits im Einspruchsbeschwerdeverfahren zutreffend ausgeführt hat, kennt dieser Fachmann zwei unterschiedliche Typen von Hydraulikmotoren mit auf Motorwellen befestigten Rotoren, nämlich einen Typ, bei dem ein die Antriebswelle antreibender Rotorring relativ zum Gehäuse umläuft, und zum anderen einen Typ, bei dem der Rotorring relativ zum Gehäuse ohne Drehung zu diesem taumelt und durch diese Taumelbewegung dem Rotor eine Drehbewegung erteilt.

Ein hydraulischer Motor der ersten Art ist beispielsweise aus der DE 17 28 617 A1 bekannt. Bei diesem Motor wird ein aus einer Motorwelle 138 und einem Ritzel 146 bestehender Rotor von einem außenverzahnten Innenzahnrad 144 angetrieben, wobei das außenverzahnte Innenzahnrad 144, das einen umlaufenden Rotorring darstellt, relativ zu einem innenverzahnten Außenzahnrad 142, das gehäusefest gehalten ist, exzentrisch umläuft. Zwischen den Zähnen des gehäusefesten Außenzahnrads 142 und des mit diesem kämmenden außenverzahnten Innenzahnrads 144 sind Antriebskammern ausgebildet, in die auf der Hochdruckseite unter Druck stehende Flüssigkeit eingespeist wird. Dadurch wird das Innenzahnrad 144 in Drehung versetzt und treibt über das Ritzel 146 die Motorwelle 138 an (vgl insbesondere Fig 1, 4).

Die zweite Ausführungsform eines Hydraulikmotors ist beispielsweise aus der DE 33 42 131 A1 bekannt. Bei dieser Art taumelt ein mit einer Innen- und einer Außenverzahnung versehener Rotorring 4, dessen Außenverzahnung dieselbe Zähnezahl aufweist wie die Innenverzahnung des gegenüberliegenden gehäusefesten Zahnrads, relativ zum Gehäuse 1, 2, wobei der Mittelpunkt des Rotorrings 4 eine Kreisbewegung um den Mittelpunkt des gehäusefesten Zahnrads beschreibt. Zwischen der Innenverzahnung des Rotorrings 4 und der Außenverzahnung eines auf einer Motorwelle 7 angeordneten außenverzahnten Rotors 3 sind Antriebskammern gebildet, die auf der jeweiligen Hochdruckseite A mit unter Druck stehendem Fluid beaufschlagt werden und zu einer Drehung des Rotors 3 und der Motorwelle 7 führen.

Bei beiden Ausführungsformen sind auf beiden Seiten des Rotors und des Rotorrings Verteilerscheiben angeordnet. Diese haben eine doppelte Funktion: zum einen ermöglichen Bohrungen, die üblicherweise in einer der beiden Verteilerscheiben vorgesehen sind, die Zu- und die Abfuhr des Arbeitsfluids wie zB Hydrauliköl zu und von den Antriebskammern. Zum anderen dichten die Verteilerscheiben die Antriebskammern in axialer Richtung ab, um einen Übertritt des Arbeitsfluids von der Hoch- zur Niederdruckseite des Motors weitgehend zu vermeiden. Um diese Dichtheit sicherzustellen, werden die Verteilerscheiben mit erheblichen Anpresskräften gegen den Rotor und den Rotorring gepresst.

Bei der Erfindung geht es nun darum, diese Anpresskräfte zu verringern. Dazu ist vorgesehen, auf der von Rotor und Rotorring abgewandten Seite der Verteilerscheiben einen Druck gezielt so aufzubauen, daß ein Druckausgleich an den Verteilerscheiben ermöglicht wird.

Der zuständige Fachmann, der diesen Kerngedanken der Erfindung den ursprünglich eingereichten Unterlagen unbestritten entnehmen kann, erkennt ohne weiteres, daß sich diese Lösung sowohl beim ersten als auch beim zweiten Motortyp realisieren läßt. In beiden Fällen führen nämlich die gegenüber dem Stand der Technik verringerten Anpresskräfte der Verteilerscheiben offensichtlich zu einer Verringerung des Verschleißes zwischen Verteilerscheiben und Rotor bzw Rotorring. Dementsprechend enthält auch der ursprünglich eingereichte Patentanspruch 1 keine Merkmale, die das Schutzbegehren auf einen dieser beiden Motortypen beschränken. Denn beansprucht ist ein "hydraulischer Motor mit einem exzentrischen Rotorring auf der Motorwelle und beiderseits des Rotors an diesem anliegenden Verteilerscheiben, die am Motorgehäuse abgestützt sind, und mit Kammern zwischen diesen Verteilerscheiben und dem Gehäuse". Wie aus der vorstehenden Beschreibung der Motortypen folgt, weisen beide Motortypen diese Merkmale auf.

Der Einsprechenden wird darin gefolgt, daß der erste Motortyp den ursprünglich eingereichten Unterlagen als offenbart zu entnehmen ist. Die pauschale Angabe, daß die "Erfindung einen hydraulischen Motor mit einem exzentrischen Rotor auf der Motorwelle betrifft", deutet nämlich auf einen Motor mit einem exzentrisch ausgebildeten Rotor hin. Entgegen der Auffassung der Einsprechenden ist aber auch der zweite Motortyp in den ursprünglich eingereichten Unterlagen eindeutig offenbart. Denn den Fig 1 bis 3 der ursprünglichen Unterlagen ist ein auf einer Motorwelle 17 verkeilter Rotor 4 zu entnehmen, der von einem Rotorring 4' umgeben ist. Der Rotorring 4' steht über eine Innenverzahnung mit einer Verzahnung des Rotors 4 im Eingriff, so daß - wie an den Querlinien in Fig 1 zu erkennen ist - unterschiedlich große Räume zischen Rotor 4 und Rotorring 4' ausgebildet sind. Entgegen der Auffassung der Einsprechenden handelt es bei diesen Räumen um die Antriebskammern. In der Beschreibung ist nämlich angegeben, daß "von der Ölzufuhr A eine Leitung durch das Gehäuse und die Verteilerplatte zur Hauptdruckkammer" und "auf der anderen Seite eine entsprechende Leitung von der Hauptdruckkammer zum Ölrücklauf B" führt (S 2, Ende von Abs 2 der ursprünglich eingereichten Beschreibung). Wie allen Figuren eindeutig zu entnehmen ist, münden diese Leitungen nicht im Zwischenraum zwischen der Außenseite des Rotorrings und dem Gehäuse, sondern im Bereich der Verzahnung zwischen Rotor und Rotorring, so daß der zuständige Fachmann die Antriebskammern, die in der Anmeldung auch als Hauptdruckkammern bezeichnet werden, als in diesem Bereich angeordnet erkennt. Jede andere Anordnung würde der zuständige Fachmann im Hinblick auf diese Leitungsführung von vornherein ausschließen. Hinzu kommt, daß nach Fig 2 und 3 die Verteilerscheiben einen kleineren Durchmesser als der Innendurchmesser des Gehäuses aufweisen. Die Verteilerscheiben könnten unter der Annahme, daß die Antriebsräume bis zum Gehäuse reichen, ihre eigentliche Funktion der Abdichtung der Antriebskammern nicht erfüllen. Da Sinn und Zweck der Verteilerscheiben gerade in der Zu- und Abfuhr des Arbeitsfluids und in der Abdichtung der Antriebskammern liegt, ist für den zuständigen Fachmann offensichtlich, daß bei der in den Fig 1 bis 3 dargestellten Ausführungsform nur die Räume zwischen Rotor und Rotorring als Antriebsräume in Betracht zu ziehen sind. Insoweit ist die Bezugslinie des Bezugszeichens 3 für die Antriebskammer offensichtlich falsch eingezeichnet.

Ausgehend von der Offenbarung beider Motortypen in den ursprünglich eingereichten Unterlagen stellt die Änderung der Beschreibung und der Figuren eine Beschränkung auf eine der beiden offenbarten Ausführungsformen dar, wobei der offensichtliche Fehler hinsichtlich der Anordnung der Antriebskammer korrigiert wurde. Eine derartige Beschränkung in der Beschreibung auf eines von zwei ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispielen ist nach ständiger Rechtsprechung zulässig.

3. Das Patent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

Die Einsprechende führt hierzu aus, daß nach Merkmal a) des Patentanspruchs 1 der auf der Motorwelle 17 befestigte Rotor 4 einen auf dem Rotor angeordneten exzentrisch umlaufenden Rotorring 5 aufweisen solle, der über eine Innenverzahnung mit einer Rotorverzahnung im Eingriff stehe. Eine solche Konstruktion sei aber nicht möglich, wenn zwischen dem Rotor 4 und dem Rotorring 5 eine Antriebskammer ausgebildet sei, wie es in den Zeilen 67 und 68 in Sp 1 der Patentbeschreibung angegeben sei. Sei nämlich die Antriebskammer zwischen dem Rotorring und dem Rotor ausgebildet, könne der Rotorring nur taumeln, um den Rotor 4 in Drehung zu versetzen, wie es aus Fig 2 der DE 33 42 131 A1 ersichtlich sei. Weiterhin sei es unmöglich, daß der Rotorring 5 über eine Innenverzahnung mit einer Rotorverzahnung im Eingriff stehe, wenn zwischen Rotor 4 und Rotorring 5 eine Antriebskammer 3 ausgebildet sei.

Der Einsprechenden ist zuzustimmen, daß bei dem zweiten Motortyp, der im Streitpatent ausführlich erläutert ist, der Rotorring nicht umläuft. Dies ist dem Fachmann jedoch geläufig, beispielsweise aus der DE 33 42 131 A1. Er versteht daher das Merkmal des Patentanspruchs 1 "exzentrisch umlaufender Rotorring" im Hinblick auf dieses Ausführungsbeispiel in dem Sinne, daß der Mittelpunkt des Rotorrings exzentrisch um die Mittelachse des Rotors rotiert. Bei diesem exzentrischen Umlauf des Mittelpunktes des Rotorrings gleiten Innenverzahnung des Rotorrings und Außenverzahnung des Rotors aneinander entlang und stehen zumindest bereichsweise im Eingriff miteinander. Der zuständige Fachmann erhält somit unter Berücksichtigung seines Fachwissens und in dem Bemühen, die Erfindung verstehen zu wollen, eine hinreichend klare Lehre, die ihm eine Ausführung der beanspruchten Erfindung ermöglicht.

4. Der mit dem Patentanspruch 1 beanspruchte Hydraulikmotor ist neu und gewerblich anwendbar. Dies wurde von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestritten.

Der beanspruchte Hydraulikmotor ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit, da ein derart gestalteter Motor dem zuständigen Fachmann durch die von der Einsprechenden angeführte DE 33 42 131 A1 in Verbindung mit seinem Fachwissen nicht nahegelegt wird.

Der bereits vorstehend näher abgehandelte Hydraulikmotor gemäß der DE 33 42 131 A1 weist unstreitig die Merkmale des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 auf. Die zu beiden Seiten des Rotors 3 und des Rotorrings (Ringkolben 4) angeordneten Verteilerscheiben (Ventilscheibe 8, Steuerscheibe 9) sind ebenso wie der Rotor 3 in Achsrichtung der Welle 7 beweglich (aaO S 12, Abs 1). Die einlaßseitige Verteilerscheibe 9 liegt an der einlaßseitigen Gehäusehälfte 1 an (aaO S 13, Abs 1). Die gegenüberliegende Verteilerscheibe 8 ist durch eine Ringfeder 10 belastet (aaO S 12, Abs 1). Zwischen diesen Verteilerscheiben und dem Gehäuse 1, 2 sind Kammern angeordnet, die über Abflußkanäle 30, 31 und Rückschlagventile 32, 33 mit den Zu- und Abflußleitungen für das Arbeitsfluid verbunden sind. Die Rückschlagventile 32, 33 dienen der Sicherung der Leitungen 34, 35, die in die Zu- und Abflußleitungen 12, 13 münden (aaO S 13, Abs 3). Da bei Drehrichtungsumkehr des Motors Zu- und Abflußleitung vertauscht sind, wird durch die Rückschlagventile verhindert, daß Arbeitsmedium von der jeweiligen Hochdruckseite in das Gehäuse eintreten kann und erreicht, daß zur Niederdruckseite hin immer ein Abfließen der über Leckagen in das Gehäuse eintretenden Flüssigkeit ermöglicht ist. Eine Einstellung der Rückschlagventile im Sinne des Streitpatentes mit dem Ziel, daß in den Kammern zwischen Verteilerscheiben und Gehäuse ein gezielter Druckaufbau erfolgt mit der Folge eines Druckausgleichs an den Verteilerscheiben, ist offensichtlich nicht vorgesehen. Denn es ist bereits kein Druckausgleich an den Verteilerscheiben angestrebt. Vielmehr ist die Ringfeder 10 so ausgelegt, daß das gesamte Paket aus den beiden Verteilerscheiben 9, 8 und dem dazwischen eingespannten Rotor 3 immer gegen die einlaßseitige Gehäusehälfte 1 gedrückt wird (aaO S 13, Abs 1). Lediglich bei überraschend auftretenden Überdrücken in den Antriebskammern, beispielsweise bei plötzlichem Blockieren des Motors, kann sich die ringfederseitige Verteilerscheibe 8 vom Rotor abheben, so daß das überschüssige Druckmittel zur Niederdruckseite des Motors zurückfließen kann (aaO S 13, Abs 3). Dieser Gedanke, daß auf die Verteilerscheiben so hohe Anpresskräfte ausgeübt werden müssen, daß in allen üblichen Betriebszuständen ein dichtes Anliegen an den Rotor gewährleistet ist, ist im Streitpatent aufgegeben worden. Denn beim Anfahren des Motors tritt zunächst Flüssigkeit zumindest in eine der Kammern 1, 2 ein, so daß sich in dieser und damit an den Außenseiten der Verteilerscheiben so lange ein Druck aufbaut, bis ein Druckausgleich an den Verteilerscheiben erfolgt. Die von beiden Seiten auf die Verteilerscheiben wirkenden Kräfte sind somit etwa ausgeglichen. Dies führt zu der mit der Erfindung angestrebten Verringerung des Verschleißes zwischen Rotor bzw Rotorring und den Verteilerscheiben.

Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften und die von der Einsprechenden angeführten offenkundigen Vorbenutzungen spielten in der mündlichen Verhandlung keine Rolle mehr. Sie liegen vom Beanspruchten offensichtlich noch weiter ab, so daß hierauf nicht näher eingegangen wird.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist daher patentfähig. Ihm können sich die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 6 anschließen.

5. Die von der Einsprechenden angeregte Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt - unabhängig von den in § 100 Abs 2 Nr 1 und 2 PatG genannten Voraussetzungen - schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beantwortung der vorgelegten Frage nicht entscheidungserheblich ist (vgl BPatGE 13, 204, 223f).

Wie oben dargelegt wurde, sind beide in der Rechtsfrage genannten Motortypen ursprünglich offenbart worden. Die Frage, ob eine unzulässige Änderung iSd § 21 Abs 1 Nr 4 PatG darin liege, wenn statt des ursprünglich offenbarten einen Motortyps nunmehr Schutz für den anderen Motortyp beansprucht werde, ist im vorliegenden Zusammenhang daher irrelevant.

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BPatG:
Beschluss v. 22.01.2001
Az: 9 W (pat) 41/99


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