Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Dezember 2003
Aktenzeichen: 9 W (pat) 364/03
(BPatG: Beschluss v. 17.12.2003, Az.: 9 W (pat) 364/03)
Tenor
Die Erinnerung und der Antrag der Einsprechenden auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Einspruchsgebühr werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Einsprechende hat versäumt, die tarifmäßige Gebühr innerhalb der gesetzlichen Frist von 3 Monaten nach der am 27. März 2003 erfolgten Veröffentlichung der Patenterteilung zu entrichten. Daraufhin hat die Rechtspflegerin des Senats durch Beschluß vom 10. November 2003 festgestellt, dass der Einspruch vom 16. April 2003 als nicht erhoben gilt.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Erinnerung der Einsprechenden, die unter Nachentrichtung der Einspruchsgebühr die Fristversäumung zu entschuldigen bittet.
Sie trägt vor, mangels anwaltlicher Vertretung nicht gewusst zu haben, die Gebühr ohne gesonderte Aufforderung durch das Deutsche Patent- und Markenamt zahlen zu müssen. Auch in einem telefonischen Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Amtes sei von einer derartigen Gebühr nicht die Rede gewesen.
II.
Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat die Rechtspflegerin des Senats festgestellt, dass der Einspruch als nicht erhoben gilt. Gemäß § 59 Abs 1 Satz 1 PatG, § 6 Abs 1 PatKostG war die Einspruchsgebühr innerhalb der Einspruchsfrist von 3 Monaten zu entrichten. Dies hat die Einsprechende versäumt. Demgemäß gilt der Einspruch als nicht erhoben, da es sich bei der Einspruchseinlegung um eine "Handlung" im Sinne von § 6 Abs 2 PatKostG handelt. Dies folgt aus § 3 Abs 1 PatKostG, wonach die "Gebühren mit der Einreichung einer Anmeldung, eines Antrags, der Einlegung eines Einspruchs, ....." fällig werden. Damit unterscheidet diese Bestimmung ausdrücklich zwischen Antrag und Einspruch, so dass die Einspruchseinlegung kein "Antrag" im Sinne von § 6 Abs 2 PatKostG ist.
Dass der Einspruch kein "Antrag" im Sinne von § 6 Abs 2 PatKostG ist, wonach Anträge bei nicht fristgerechter Zahlung einer Gebühr als zurückgenommen gelten, hat der Gesetzgeber zudem in der amtlichen Begründung zu den später als § 6 PatKostG in Kraft getretenen § 125 a Abs 1 Nr 2 PatG klargestellt. Danach sind Anträge oder sonstige Handlungen oder Erklärungen (wie z.B. Widerspruch oder Beschwerde) als elektronisches Dokument einzureichen (BlPMZ 2002, 298). Da der Einspruch ohne weiteres mit dem Widerspruch nach § 42 MarkenG und der Beschwerde vergleichbar ist, weil es sich wie beim Einspruch um Rechtsbehelfe handelt, ergibt sich aus dieser beispielhaften Aufzählung in der amtlichen Begründung zu § 125 a Abs 1 Nr 2 PatG, dass der Gesetzgeber auch den Einspruch als "Handlung" im Sinne von § 6 Abs 2 PatKostG qualifiziert.
Für eine Qualifizierung als "Handlung" spricht darüber hinaus die Änderung von § 24 Abs 1 Nr 4 RPflG, wonach der Rechtspfleger des BPatG die Zuständigkeit für den Ausspruch hat, dass eine Beschwerde oder eine Klage als nicht erhoben gilt. Hieraus ergibt sich, daß der Gesetzgeber die Beschwerde als "Handlung" einstuft; dass der Einspruch nicht erwähnt ist, beruht allein darauf, dass die erstinstanzliche Zuständigkeit für die Bearbeitung von Einsprüchen durch das BPatG nach § 147 PatG auf die Dauer von 3 Jahren begrenzt worden ist. Im übrigen ist auch kaum vorstellbar, dass der Gesetzgeber eine gegenüber Art 99 Abs 1 Satz 3 EPÜ abweichende Regelung hat treffen wollen, wonach ein Einspruch erst als eingelegt gilt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. Ohne erkennbaren trifftigen Grund hätte der deutsche Gesetzgeber kaum etwas anderes regeln wollen. Ein derartiger Grund ist indes nicht ersichtlich.
Die Bitte der Einsprechenden, die Fristversäumnis zu entschuldigen, ist als Wiedereinsetzungsantrag nach § 123 PatG auszulegen. Dieser Antrag hat indes keinen Erfolg.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist schon nicht zulässig. Nach § 123 Abs 1 Satz 2 PatG ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen, wenn der Einsprechende die Frist zur Erhebung des Einspruchs versäumt hat. Damit ist auch eine Wiedereinsetzung ausgeschlossen, wenn die Einspruchsgebühr nicht fristgerecht eingezahlt worden ist. Denn gilt ein - rechtzeitig eingelegter - Einspruch mangels fristgerechter Entrichtung der Einspruchsgebühr als nicht erhoben, so fehlt es kraft gesetzlicher Fiktion auch an einem fristgerecht eingelegten Einspruch. Mit dem Antrag strebt die Einsprechende daher nicht nur eine Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Einspruchsgebühr, sondern auch in die - kraft gesetzlicher Fiktion versäumte - Frist zur Einlegung des Einspruchs an. Eine solche Wiedereinsetzung ist indes nach § 123 Abs 1 Satz 2 PatG ausgeschlossen. Damit erfasst der Ausschluß der Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung des Einspruchs zwangsläufig auch die Fälle nicht fristgerecht entrichteter Einspruchsgebühren.
Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtsprechung des BGH zu den Fällen, in denen ein Einsprechender die Beschwerdegebühr nach Zurückweisung des Einspruchs nicht fristgerecht eingezahlt hatte. Insoweit hat der BGH unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte von § 123 Abs 1 Satz 2 PatG und den damit verfolgten Zweck der Rechtssicherheit festgestellt, dass eine Wiedereinsetzung auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Einsprechende die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr nicht gewahrt hat (BGH GRUR 1984, 337, 338 f. - Schlitzwand).
Im übrigen hätte der Wiedereinsetzungsantrag auch keinen Erfolg haben können. Eine mangelnde Gesetzeskenntnis ist grundsätzlich kein Wiedereinsetzungsgrund, da die Unkenntnis gesetzlicher Bestimmungen kein entschuldbares Verhalten im Sinne von § 123 Abs 1 Satz 1 PatG darstellt (vgl Schulte PatG 6. Aufl, § 123, Rdn 144; BPatGE 26, 1, 9). Insoweit obliegt es einem Einsprechenden, sich vor Einlegung des Einspruchs über dessen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu informieren. So hätte sich die Einsprechende bei dem Telefongespräch mit der Mitarbeiterin des Deutschen Patent- und Markenamts erkundigen können, was bei der Einlegung des Einspruchs zu beachten ist. Umgekehrt bestand demgegenüber keine Verpflichtung dieser Mitarbeiterin, auf das Erfordernis einer Einspruchsgebühr (ohne ausdrückliche Zahlungsaufforderung) hinzuweisen, da sie davon ausgehen durfte, dass Einsprechende sich vor Einlegung eines Einspruchs über dessen Zulässigkeitsvoraussetzungen vergewissern.
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BPatG:
Beschluss v. 17.12.2003
Az: 9 W (pat) 364/03
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