Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. September 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 193/04
(BPatG: Beschluss v. 21.09.2005, Az.: 26 W (pat) 193/04)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Juni 2004 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Kunstharze im Rohzustand, Kunststoff im Rohzustand; Feuerlöschmittel; Mittel zum Härten und Löten von Metallen; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Haarwässer; Zahnputzmittel; Mundwasser, Mundspray" zurückgewiesen worden ist.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Register als dreidimensionale Marke angemeldet ist die folgende Darstellungfür die Waren und Dienstleistungen Klasse 37:
Reinigung von Bekleidungsstücken und Textilien aller Art; Reinigung von Stein, Porzellan, Glas, Metall, Holz, Kunststoff Klasse 1:
Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, photographische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze im Rohzustand, Kunststoff im Rohzustand; Düngermittel; Feuerlöschmittel; Mittel zum Härten und Löten von Metallen; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmittel; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke;
Klasse 3:
Seifen, Wasch- und Bleichmittel, Wäscheeinweichmittel, Waschmittel-Zusätze, Farbzusätze zur Wäsche, Putz-, Polier-, Reinigungs- und Spülmittel, Maschinengeschirrspülmittel, Glanzmittel, Fleckentfernungsmittel; Reinigungsmittel für Maschinen, chemische Produkte zum Entfetten, Entölen und Reinigen von Metallen, Holz, Stein, Porzellan, Glas, Kunststoff und Textilien; Entkalkungsmittel für Haushaltszwecke, Wasserenthärtungsmittel, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Parfümeriewaren; ätherische Öle; Haarwässer; Zahnpflegemittel, Zahnputzmittel, Reinigungsmittel für dritte Zähne und Zahnspangen (auch in Form von Tabletten oder Pulver); Produkte für die Mundhygiene, Mundwasser, Mundspray; Mittel mit Zusätzen für die Zahnpflege und/oder Mundhygiene in Tablettenform, insbesondere für kosmetische Zwecke (soweit in Klasse 3 enthalten).
Der Anmeldung ist als Beschreibung beigefügt:
Die Marke zeigt eine Tablette in einer Schwarz-Weiß-Darstellung. Die Tablette weist eine in etwa quaderförmige Gestalt auf, wobei jedoch die kurzen Seiten giebelförmig nach außen hervorspringen und einen insgesamt sechseckigen Grundriss herstellen und wobei die sechs Umfangskanten angefasst und die sechs Kanten entlang des Mantels abgerundet sind.
Die Tablette ist in drei Schichten unterschiedlicher Farbe so unterteilt, dass die Schichten über der größten Seitenfläche der Tablette aufgeschichtet sind.
Die Markenstelle hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete dreidimensionale Marke, die eine (Reinigungs-)Tablette darstelle, sei zwar nicht schon nach § 3 Abs 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, dennoch fehle ihr die Eignung, als Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Nur wenn sich die Anmeldung aus dem Bereich rein technischer, funktionaler oder ästhetischer Merkmale herausheben bzw vergleichsweise auffällige und originelle Besonderheiten aufweisen würde, könnten sie auch die flüchtigen Verkehrsteilnehmer als spezifisches Unternehmenskennzeichen werten. Solche herkunftshinweisenden Gestaltungselemente weise die angemeldete Marke jedoch nicht auf. Auf dem betreffenden Warengebiet sei der Verkehr an eine Vielzahl von Gestaltungselementen und deren Kombination gewöhnt, so dass er eine neue Kombination nur als eine beliebige Abwandlung, nicht jedoch als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen werde. Der zweischichtige Aufbau, die sechseckige Form, die an den Seiten hervorspringenden giebelförmigen Ecken entsprächen offenkundig nur dem Bestreben nach einem ästhetisch ansprechenden Design.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, der 6-eckige Grundriss der von ihr angemeldeten Warenform stelle ein besonderes Gestaltungsmerkmal dar, das im Vergleich zu den bisher gängigen quaderförmigen oder runden gepressten Waschmitteltabletten nicht nur eine beliebige Ausschmückung bewirke, sondern einen originellen und phantasievollen Überschuss beinhalte, auf Grund dessen der Verkehr die angemeldete Marke als Herkunftshinweis werte.
Demgemäß beantragt sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Sie regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in Bezug auf die im Tenor dieses Beschlusses aufgeführten Waren begründet. Für die übrigen Waren und Dienstleistungen fehlt der angemeldeten Marke dagegen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung besitzt eine Marke nur dann, wenn sie geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt ist, als von einem bestimmten Unternehmen kommend zu kennzeichnen und diese Produkte und Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2002, 804 - Philips).
Nach EuGH GRUR Int 2004, 631 - TABS; BPatG BlPMZ 2005, 235 - Waschmitteltablette genügt ein bloßes Abweichen von der Norm oder Branchenüblichkeit noch nicht, dreidimensionalen Marken, die aus der Form der Waren bestehen, die erforderliche Unterscheidungskraft zuzubilligen, vielmehr ist eine erhebliche Abweichung davon erforderlich. Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass die Durchschnittsverbraucher nicht daran gewöhnt sind, aus der Form einer Ware auf die Herkunft der Ware zu schließen. Die Warenform muß es ihnen ermöglichen, die betreffenden Waren auch ohne analysierende und vergleichende Betrachtungsweise sowie ohne besondere Aufmerksamkeit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden. Weist das Warenumfeld bereits eine große Vielfalt an Formen und Farben auf, in die sich die angemeldete Marke ohne weiteres einfügt, so ist die Unterscheidungskraft zu verneinen, sofern sich nicht - ausnahmsweise - feststellen lässt, dass der Verkehr die Produkte der verschiedenen Hersteller auf dem betreffenden Warengebiet anhand der Form und/oder der Farbe voneinander unterscheidet. Im übrigen wird auf die bereits im Senatsbeschluss vom 25. August 2004 - 26 W (pat) 67/01 - gegenüber der Anmelderin dargelegten Kriterien verwiesen.
Hiervon ausgehend weist die angemeldete dreidimensionale, aus einer quaderförmigen, zweischichtigen und sechseckigen Tablette mit giebelförmig nach außen hervorspringenden Seiten bestehende Marke für die versagten Waren und Dienstleistungen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen im bereits zitierten Senatsbeschluss verwiesen, der ebenfalls eine Waschmitteltablette zum Gegenstand hatte.
Ergänzend wird ausgeführt, dass auch die von der Anmelderin angeführten beiden an den kurzen Quaderseiten giebelförmig vorspringenden Dreiecke weder für sich noch im Zusammenhang mit den übrigen Gestaltungsmerkmalen eine erhebliche Abweichung von den bisher gängigen Waschmitteltabletten darstellen. Üblich sind bereits mehrschichtige, rechteckige oder runde Wasch- und Reinigungstabletten. Aus der Sicht der Durchschnittsverbraucher stellen die vorspringenden Dreiecke lediglich eine weitere, naheliegende Formenvariante dar, die die bekannten rechteckigen "Quader" nur erweitert, weshalb er keinen Anlass hat, sie als herkunftshinweisende Besonderheit zu werten.
Damit fehlt der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft für alle Reinigungsmittel, die zumindest ohne weiteres in Tablettenform angeboten werden können.
Soweit es sich um Waren handelt, die nicht üblicherweise oder naheliegend in der Form der beanspruchten Marke angeboten werden, war der Beschwerde dagegen wie aus dem Tenor ersichtlich stattzugeben.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs 2 MarkenG lagen angesichts der in Bezug genommenen Rechtsprechung offensichtlich nicht vor.
Kraft Reker Friehe-Wich Pü
BPatG:
Beschluss v. 21.09.2005
Az: 26 W (pat) 193/04
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