Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juni 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 107/00
(BPatG: Beschluss v. 26.06.2001, Az.: 27 W (pat) 107/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Als Anmeldemarke eingetragen für "Geräte für die Kommunikations- und Informationstechnik; elektronische Bauelemente und daraus zusammengesetzte Baugruppen; elektrische und elektronische Ablesegeräte; elektrische und elektronische Sende- und Empfangsanlagen" ist die Darstellungsiehe Abb. 1 am Ende Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der ua für "elektronisch lesbare Datenträger in Form von Identitätskarten; Drucksachen, Formulare, .... Karten, nämlich Kredit-, Scheck- und Lastschriftkarten, auch in codierter Form; Travellerschecks....; Dienstleistungen im Bereich des Finanzwesens, nämlich Ausgabe von Kredit-, Scheck- und Lastschriftkarten, auch in codierter Form, sowie Ausgabe von Travellerschecks....; Abwicklung von Kreditgeschäften in Verbindung mit Kreditkarten, Scheckkarten, Lastschriftkarten und Travellerschecks...." registrierten Marke 2 095 479 siehe Abb. 2 am Ende Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat zunächst in einem Erstbeschluß eine Verwechslungsgefahr bejaht. Zur Begründung ist ausgeführt, daß zwischen den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke und den angegriffenen Waren wegen möglichen Verwendungszusammenhangs ein beachtlicher und entscheidungserheblicher Grad von Ähnlichkeit bestehe. Bei einem Zeichenvergleich komme es auf den Gesamteindruck der Marken an, wobei zu bedenken sei, daß diese dem Verkehr regelmäßig nicht gemeinsam begegneten und er gerade bei Bildmarken oft nur einen ungefähren Eindruck im Gedächtnis behalte. Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat Erfolg gehabt: Der Erinnerungsprüfer verweist auf einen nicht unbeachtlichen Abstand der Vergleichswaren und hält die Unterschiede der Vergleichsmarken für ausreichend, selbst wenn man einen erhöhten Schutzumfang der Widerspruchsmarke aufgrund intensiver Benutzung unterstellen wolle. Zwar zeigten beide Marken als Grundstruktur zwei sich teilweise überschneidende Kreise, besäßen aber dennoch einen hinreichend unterschiedlichen Gesamteindruck. Dies beruhe auf der klar unterschiedlichen graphischen Gestaltung der Kreisflächen (schwarze und weiße Fläche gegenüber zwei einheitlich gestreiften Flächen) und ihrer unterschiedlichen Lage zueinander.
Gegen den Erinnerungsbeschluß hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Markeninhaberin ausdrücklich die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, wozu die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung und weiteres Material vorgelegt hat.
Die Widersprechende hält die Vergleichsmarken für verwechselbar. Sie ist der Ansicht, daß aufgrund des von ihr vorgelegten Benutzungsmaterials nicht nur eine ausreichende, sondern sogar eine besonders umfangreiche Verwendung der Widerspruchsmarke dargetan sei. Sie meint ferner, daß nicht nur Waren- (und Dienstleistungs-)Nähe (wegen möglichen engen Verwendungszusammenhangs der Geräte des jüngeren Warenverzeichnisses einerseits und der Datenträger bzw Dienstleistungen der Widerspruchsmarke andererseits), sondern teilweise sogar Warengleichheit bestehe, weil elektronisch lesbare Datenträger auch Chipkarten sein könnten und deren Chips wiederum eindeutig unter den Begriff "elektronische Bauelemente" fielen. Auch die Marken selbst seien überaus ähnlich, weil sie in ihrer Grundstruktur (zwei sich überlappende Kreise) voll übereinstimmten, wobei die jeweilige Schnittmenge auffälligerweise sogar gleich groß sei und überdies beide Marken waagerechte Schraffierung zeigten. Demgegenüber falle die unterschiedliche Verteilung der Schraffur auf die einzelnen Teilflächen sowie die unterschiedliche Anordnung der Kreise zueinander kaum ins Gewicht, zumal letzteres von dem Betrachtungswinkel abhänge, der sich selbstverständlich auch ändern könne. Die Widerspruchsmarke sei keinesweg originär kennzeichnungsschwach; vielmehr zeige die umfangreiche Benutzung, daß sie eine überdurchschnittliche Bekanntheit aufweise.
Die Markeninhaberin ist dem entgegengetreten. Sie bezweifelt nach wie vor eine rechtserhaltende Benutzung, weil aus dem Vortrag der Widersprechenden nicht klar geworden sei, wer die Marke benutzt habe und wo sie benutzt worden sei; es sei auch unklar, von welcher Marke überhaupt die Rede sei, ob sie in Alleinstellung oder mit Zusätzen verwendet worden sei usw. Außerdem fehlt es nach ihrer Meinung bereits an einer Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, weil weder die Datenträger noch die damit zusammenhängenden Dienstleistungen der Widerspruchsmarke einen hinreichend konkreten Bezug zu den Ablesegeräten, Sende- und Empfangsanlagen usw der jüngeren Marke hätten, der die Vorstellungen des Verkehrs entsprechend beeinflussen könnte. Es sei aber auch keine Markenähnlichkeit gegeben: Gerade die unterschiedlichen Details beeinflußten den Unterschied des Gesamteindrucks der Marken entscheidend, zumal bildliche Abweichungen regelmäßig leichter zu erfassen seien als Unterschiede in Wörtern. Es gebe auch keinen sich lediglich auf die Grundstruktur der Vergleichsmarken beziehenden Motivschutz. Im übrigen sei die aus einfachsten geometrischen Formen zusammengesetzte Wwiderspruchsmarke kennzeichnungsschwach. Diese Schwäche habe sie auch nicht aufgrund umfangreicher Benutzung überwinden können, da sie offensichtlich stets mit sie teilweise verdeckenden Wortbestandteilen eingesetzt werde. Eine erhöhte Kennzeichnungskraft hat die Markeninhaberin folgerichtig ausdrücklich bestritten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde mußte in der Sache erfolglos bleiben, da die Vergleichsmarken nicht verwechselbar im Sinne des Markengesetzes (§ 9 Abs 1 Nr 2) sind.
Es bestehen schon erhebliche Bedenken wegen einer rechtserhaltenden Benutzung, die von der Markeninhaberin zulässigerweise bestritten worden ist (§§ 43 Abs 1, 26 MarkenG). Selbst wenn keine letztlich relevanten Zweifel daran bestehen sollten, wer benutzt hat und wo benutzt wurde, so ist doch weitgehend unklar, welche Marke benutzt worden sein soll, dh, ob wirklich die eingetragene Widerspruchsmarke und nicht nur verschiedene Marken eingesetzt worden sind, die dieser bloß ähnlich sind. Aus den Benutzungsunterlagen ist nämlich zu entnehmen, daß (lediglich) eine der Widerspruchsmarke ähnliche Darstellung in ganz unterschiedlichen Farbgebungen (die auch meist nicht der Hell-Dunkel-Verteilung der Widerspruchsmarke entsprechen) und vor allem meist zusammen mit (unterschiedlichen) Wörtern (MasterCard, Maestro, Cirrus) verwendet wurde, die die Kreisdarstellungen oft sehr stark überdecken und ihnen den kennzeichnenden Charakter nehmen oder den Kreis verändern. Insoweit kann aufgrund des Vortrags der Widersprechenden eher nicht davon ausgegangen werden, daß die hier zu berücksichtigende Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt worden ist.
Aber auch wenn man eine hinreichende Benutzung der Widerspruchsmarke zugunsten der Widersprechenden unterstellt, ist eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.
Zwar wird man wohl eine Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren (und eventuell Dienstleistungen) nicht ohne weiteres verneinen können; sie ist jedoch keineswegs so eng (oder gar eine Warengleichheit), wie die Widersprechende meint. Die (sehr speziellen) Datenträger (Scheckkarten, Kreditkarten etc) der Widersprechenden (und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen) können selbstverständlich in (oder mit Einsatz von) Geräten, wie sie die Markeninhaberin anbietet, Verwendung finden, und es können Chipkarten auch elektronische Bauteile enthalten. Dennoch ist gerade auch in der maßgeblichen Vorstellung des Verkehrs eine Kreditkarte oder eine damit zusammenhängende Dienstleistung von der hierfür erforderlichen "Hardware" recht verschieden, so daß von einer Warennähe nicht gesprochen werden kann. Von daher gesehen sind jedenfalls keine strengen Maßstäbe an einen Zeichenvergleich anzulegen.
Der Widerspruchsmarke ist ein normaler Schutzumfang zuzugestehen. Auch wenn sie sich aus einfachen geometrischen Formen zusammensetzt, kann man das Motiv zweier sich teilweise überschneidender Kreise kaum als verbraucht (oder in irgendeiner Weise beschreibend) ansehen. Andererseits vermag der Senat einen erhöhten Schutzumfang nicht zu erkennen. Zum einen ist solche erhöhte Kennzeichnungskraft von der Markeninhaberin ausdrücklich bestritten worden, zum andern aber hat die Widersprechende (vgl hierzu oben) keineswegs eine Marke (nämlich die Widerspruchsmarke) benutzt, sondern Marken unterschiedlichen Aussehens, zusammen mit meist stärker prägenden (unterschiedlichen) Wortteilen und überdies in ganz unterschiedlichen Farbgebungen verwendet. Demnach kann diese Benutzungslage jedenfalls nicht zugunsten der Kennzeichnungskraft der hier streitgegenständlichen Widerspruchsmarke gewertet werden.
Schließlich vermag der Senat aber selbst dann eine noch relevante Verwechslungsgefahr nicht zu erkennen, wenn man zugunsten der Widersprechenden von einer gut eingeführten Marke ausgeht. Daß die Grundstruktur der Vergleichsmarken (zwei sich schneidende Kreise) gleich sein mag, sagt über eine mögliche Verwechslungsgefahr nichts aus, da es einen "Motivschutz" im Markenrecht nicht gibt (vgl zB Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 119). Über dieses "Grundmotiv" hinaus weisen die Vergleichsmarken aber erhebliche Unterschiede in ihrer Ausgestaltung auf, wie dies der Erinnerungsprüfer im einzelnen zutreffend beschrieben und gewürdigt hat. Vor allem ist zu berücksichtigen, daß dem Markenvergleich grundsätzlich die Marken, so wie sie registriert sind, in ihrer Gesamtheit zugrundegelegt werden müssen. Zur "Gesamtheit" einer Bildmarke gehört selbstverständlich auch ihre "Lage", die man nicht beliebig verändern kann. Es ist ganz offensichtlich, daß es sich bei der Widerspruchsmarke um zwei auf einer Waagerechten nebeneinander liegende (sich schneidende) Kreise handelt, während bei der Anmeldemarke diese Kreise schräg untereinander liegen, was ihr ein völlig anderes Aussehen verleiht. Das würde sich auch dann nicht ändern, wenn man meint, bei einem Zeichenvergleich auch einen "veränderten Blickwinkel" berücksichtigen zu müssen, die Anmeldemarke also (unzulässigerweise) in eine waagerechte Lage verdreht. Denn durch die dann schräg über die ganze Darstellung verlaufende Schraffierung entsteht wiederum ein deutlich anderer, von der Widerspruchsmarke abweichender Eindruck, wie nachstehendem Vergleich unschwer zu entnehmen ist:
siehe Abb. 3 am Ende Die Marken enthalten nämlich, wie bereits gesagt und wie auch vom Erinnerungsprüfer richtig dargelegt, weitere, ihren Gesamteindruck wesentlich bestimmende unterschiedliche Merkmale: es ist, auch für einen oberflächlichen Betrachter und auch aus flüchtiger Erinnerung heraus kaum zu übersehen, daß die Widerspruchsmarke zwei unterschiedlich gefärbte Kreisflächen (weiß und schwarz), die Anmeldemarke hingegen zwei gleichermaßen waagerecht gestreifte Kreisflächen aufweist; also ist nicht nur, wie die Widersprechende dies vielleicht sehen möchte, die graphische Darstellung der Kreis- und der Schnittflächen "vertauscht". Letztlich bleibt an gemeinsamen Merkmalen nur jene "Grundstruktur" zweier sich teilweise schneidender Kreise, also ein "Motiv" auf das allein eine Verwechslungsgefahr (unmittelbarer oder mittelbarer Art) nicht gestützt werden kann.
Die Beschwerde war sonach zurückzuweisen.
Wegen der Kosten wird auf § 71 Abs 1 MarkenG verwiesen.
Dr. Schade Friehe-Wich Albert Mr/Ko Abb.1 http://agora/bpatgkollision/docs/D92969.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/D92970.3.gif Abb.3
BPatG:
Beschluss v. 26.06.2001
Az: 27 W (pat) 107/00
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