Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Februar 2011
Aktenzeichen: 12 W (pat) 320/05

(BPatG: Beschluss v. 22.02.2011, Az.: 12 W (pat) 320/05)

Tenor

Das Patent 103 20 292 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten: Patentansprüche 1 bis 4, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2011, Beschreibung und Zeichnung gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Gegen das am 5. Januar 2005 veröffentlichte Patent 103 20 292 mit der Bezeichnung "Verfahren zum Regeln einer Solaranlage" hat die R... GmbH in H..., am 5. April 2005 Einspruch eingelegt.

Die Einsprechende hat geltend gemacht, der Gegenstand des erteilten Anspruchs sei nicht neu, zumindest beruhe er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Im Verfahren sind folgende, von der Einsprechenden genannte Literaturstellen D1 bis D3 und die im Prüfungsverfahren berücksichtigte Druckschrift D4 zu berücksichtigen:

D1 Montageund Betriebsanleitung für den Systemregler "Sundra" der Firma Steca GmbH, Memmingen Mit Eingabe vom 22. August 2005 hat die Einsprechende den Einspruch zurückgenommen.

D2 Bedienungsanleitung für den Solarregler "SunGo XL" der Firma Wagnerund Co., Cölbe/Marbung D3 Montageund Bedienungsanleitung für den den universellen Systemregler Resol RS600 der Firma Resol -Elektronische Regelungen GmbH, Hattingen D4 DE 41 12 758 A1.

Die Patentinhaberin hat dem schriftsätzlichen Vorbringen der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung widersprochen. Sie verteidigt das Patent mit geänderten Ansprüchen und beantragt in der mündlichen Verhandlung zuletzt, das Patent 103 20 202 mit den im Tenor genannten Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.

Der verteidigte Patentanspruch 1 lautet (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung in Kursivschrift):

1. Verfahren zum Regeln einer Solaranlage für Warmwasserbereitung und / oder Heizungsunterstützung, bestehend aus mindestens einem Sonnenkollektor, einem Regelgerät, mindestens einem Warmwasserspeicher mit einem integrierten Wärmetauscher für den Solarkreislauf, einer Pumpe im Solarkreislauf sowie einem Temperaturfühler zur Erfassung der Temperatur des Wärmeträgermediums am Vorlauf des mindestens einen Sonnenkollektors, wobei die Pumpe im Solarkreislauf bei Temperaturen über etwa 120¡C am Vorlauf des Sonnenkollektors als Überhitzungsschutz für die Anlage aus dem Normalbetrieb der Regelung herausgenommen wird und/oder nicht mehr anläuft, wobei die Pumpe nach dem Erreichen und Überschreiten eines als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwertes (SÜ) am Vorlauf des mindestens einen Sonnenkollektors, bei dem sich im Sonnenkollektor Dampf gebildet hat, so lange getaktet und/oder mit einer sehr geringen Fördermenge betrieben wird, um ganz allmählich Dampf aus dem Bereich des Sonnenkollektors auszutreiben, bis der als Überhitzungsschutz vorgesehene Temperaturwert (SÜ) wieder erreicht oder unterschritten ist und der Normalbetrieb eintritt, wobei ein Temperaturfühler für die Wassertemperatur im Warmwasserspeicher in Verbindung mit der Regelung das Takten oder den Betrieb der Pumpe im Solarkreislauf mit einer sehr geringen Fördermenge auslöst, sobald nach dem Erreichen und Überschreiten des als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwertes (SÜ) am Vorlauf des mindestens einen Sonnenkollektors gleichzeitig ein unter dem Sollwert liegender Wert für die Wassertemperatur im Warmwasserspeicher detektiert wird.

Hieran schließen sich die nachfolgend wiedergegebenen Unteransprüche 2 bis 4 an:

2.

Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der taktende Betrieb der Pumpe nach dem Erreichen und Überschreiten eines als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwertes (SÜ) variabel gestaltet ist, wobei vorzugsweise die Laufzeit in jeweils einem Takt über einen Zeitraum zunimmt und die Pausenzeit in jeweils einem Takt abnimmt.

3.

Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der taktende Betrieb der Pumpe nach dem Erreichen und Überschreiten eines als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwertes (SÜ) variabel gestaltet ist, wobei vorzugsweise die Laufzeit sowie die Pausenzeit in jeweils einem Takt vorgegeben ist, indem ein durch Versuche ermittelter Zyklus im Regelgerät hinterlegt ist.

4.

Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der taktende Betrieb der Pumpe nach dem Erreichen und Überschreiten eines als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwertes (SÜ) variabel gestaltet ist, wobei vorzugsweise die Laufzeit sowie die Pausenzeit in jeweils einem Takt von den aktuell gemessenen Temperaturwerten (TK) am Vorlauf des mindestens einen Sonnenkollektors abhängig sind.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

Nach der Zurücknahme des Einspruchs ist das Verfahren von Amts wegen ohne die Einsprechende fortzusetzen (§ 61 Abs. 1 Satz 2 PatG).

1.

Der formund fristgerecht eingelegte Einspruch war zulässig.

2.

Das Patent ist wie beantragt beschränkt aufrechtzuerhalten.

a) Der geltende Anspruch 1 lässt sich wie folgt gliedern:

V1 Verfahren zum Regeln einer Solaranlage für Warmwasserbereitungund/oder Heizungsunterstützung; M die Solaranlage besteht aus M1 mindestens einem Sonnenkollektor, M2 einem Regelgerät, M3 mindestens einem Warmwasserspeicher M3.1 mit einem integrierten Wärmetauscher für den Solarkreislauf, M4 einer Pumpe im Solarkreislauf sowie M5 einem Temperaturfühler zur Erfassung der Temperatur des Wärmeträgermediums am Vorlauf des mindestens einen Sonnenkollektors und M6 einem Temperaturfühler für die Wassertemperatur im Warmwasserspeicher;

V2 die Pumpe im Solarkreislauf wird bei Temperaturen über etwa 120¡C am Vorlauf des Sonnenkollektors als Überhitzungsschutz für die Anlage aus dem Normalbetrieb der Regelung herausgenommen und/oder läuft nicht mehr an, V3 in Verbindung mit der Regelung wird ein Betrieb der Pumpe im Solarkreislauf mit einer sehr geringen Fördermenge oder ein getakteter Betrieb der Pumpe durch den Temperaturfühler für die Warmwassertemperatur im Warmwasserspeicher ausgelöst, sobald nach dem Erreichen und Überschreiten eines als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwertes (SÜ) am Vorlauf des mindestens einen Sonnenkollektors gleichzeitig ein unter dem Sollwert liegender Wert für die Warmwassertemperatur im Warmwasserspeicher detektiert wird;

V4 die Pumpe wird nach dem Erreichen und Überschreiten des als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwertes (SÜ) am Vorlauf des mindestens einen Sonnenkollektors so lange getaktet und/oder mit einer sehr geringen Fördermenge betrieben, V4.1 bis der als Überhitzungsschutz vorgesehene Temperaturwert (SÜ) wieder erreicht oder unterschritten ist und der Normalbetrieb eintritt;

V4.2 das Erreichen und Überschreiten des als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwertes (SÜ) ist durch die Bildung von Dampf im Sonnenkollektor gekennzeichnet, und der Betrieb der Pumpe oberhalb des als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwertes dient dem allmählichen Austreiben des Dampfes aus dem Bereich des Sonnenkollektors.

b) Als Fachmann ist vorliegend ein Ingenieur (FH) des Studiengangs Gebäudetechnik mit der Studienrichtung Heizung-Lüftung-Klima angesprochen, mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Regelung von Solaranlagen für Warmwasserbereitung.

c) Zum Verständnis des geltenden Anspruchs 1 Bei Solaranlagen für Warmwasserbereitung mit einem Aufbau entsprechend der Merkmalsgruppe M, bei der die Pumpe im Solarkreislauf im Normalbetrieb als Stellglied in die Regelung einbezogen ist, ist es lt. der Patentschrift üblich, die Pumpe im Solarkreislauf entsprechend Merkmal V2 nicht mehr weiter zu betreiben, weil sich in dem Sonnenkollektor bei Überhitzung bildender Dampf zu schädlichen Dampfschlägen jedenfalls dann führen könnte, wenn die Pumpe aus einem derartigen Überhitzungszustand heraus mit normaler Fördermengenleistung betrieben würde, vgl. Absatz 0003, Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Absatz 0004, Satz 2.

Eine derartiges, auf dem am Vorlauf des Sonnenkollektors gemessenen Temperaturwert basierendes Aussetzen des Pumpenbetriebs weist den Nachteil auf, dass die Pumpe auch dann im Solarkreislauf gesperrt bleibt, wenn bei detektiertem Überhitzungszustand die Temperatur im Warmwasserspeicher durch eine Warmwasserentnahme abgefallen ist und somit eine Einbringung von Solarwärme für einen günstigen Wirkungsgrad prinzipiell möglich wäre, vgl. Absatz 0004, Sätze 3 bis 5.

Dem erfindungsgemäßen Verfahren liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Regelung einer die Merkmale der Gruppe M aufweisenden Solaranlage zu schaffen, bei dem trotz eines sicheren Überhitzungsschutzes der Wirkungsgrad optimiert werden kann, vgl. Absatz 0005.

Unter der Voraussetzung einer unter dem Sollwert für die Warmwassertemperatur im Warmwasserspeicher liegenden Temperatur für die weitere Einbringung von Solarwärme gemäß diesem Teil des Merkmals V3 kann lt. der Patentschrift die anfänglich ja hohe Temperatur ohne Dampfschläge im System allmählich abgebaut werden, weil die Pumpe gemäß der Merkmalsuntergruppe V4 getaktet, d. h. mit kurzen Pumpenlaufzeiten zwischen Pausenzeiten und/oder mit einer sehr geringen Fördermenge betrieben wird, vgl. Absatz 0004, Sätze 1 und 3 in Verbindung mit Absatz 0009 sowie Absatz 0008, Satz 2.

Aus dem Merkmal V4.2 folgt für das Verständnis des Merkmals V3 zwingend, dass die Pumpe auch noch bei einer erhöhten Temperatur des Wärmeträgermediums betrieben wird, die über der als Überhitzungsschutz gemäß Merkmal V2 definierten Temperatur liegt, bei der von einer Verdampfung des Wärmeträgermediums ausgegangen werden muss.

d) Das so verstandene Patentbegehren gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 sowie der Ansprüche 2 bis 4 gemäß Antrag ist zulässig.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der beantragten Fassung leitet sich aus einer Zusammenfassung der Ansprüche 1 und 5 in der erteilten Fassung gemäß DE 103 20 292 B3 ab.

Die richtigstellende Verwendung des Bezugszeichens "SÜ" (im Merkmal V4) für den als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwert folgt aus Absatz 0013, Satz 1 im Zusammenhang mit der Figur.

Die die Bildung und das Austreiben von Dampf betreffenden Ergänzungen (Merkmal V4.2) gegenüber dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung folgen aus Absatz 0013, Satz 3; nach dem gebotenen Verständnis ist im Betrieb die Entstehung von Dampf zulässig -als Vorraussetzung für dessen allmähliches Austreiben gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der verteidigten Fassung geht somit über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht hinaus (§ 21

(1) 4. PatG) und wurde durch die Hinzunahme von Merkmalen gegenüber dem Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung auch beschränkt.

Die Ansprüche 2 bis 4 sind gegenüber der erteilten Fassung im Wortlaut unverändert.

e) Der Gegenstand des Patents in seiner verteidigten Fassung ist patentfähig nach den §§ 1 bis 5 PatG (§ 21 (1) 1. PatG). Der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der als Entgegenhaltung D1 vorliegenden "Montageund Betriebsanleitung" für einen "Systemregler für thermische Solaranlagen" geht ein Verfahren zum Betreiben einer entsprechend den Merkmalen der Gruppe M ausgeführten Solaranlage hervor, vgl. die Figur im Abschnitt 3.2.1, bei dem eine fördermengenveränderliche Pumpe P1 u. a. in Abhängigkeit von Messwerten eines entsprechend dem Merkmal M5 angeordneten Temperaturfühlers T1 geregelt wird, vgl. Abschnitt 3.2.4. Dort ist zwar im Rahmen einer "Kollektortemperaturbegrenzung" - jedoch zur Vermeidung einer Verdampfung des Wärmeträgermediums im Kollektorfeld - der Betrieb der Solarkreispumpe mit einer "verringerten Pumpendrehzahl" vorgesehen; dieser Betrieb "wird solange fortgeführt, bis [...] die Temperatur im Kollektor auf 130¡C angestiegen ist. Bei Temperaturen größer 130¡C im Kollektorkreis muss von einer Verdampfung des Wärmeträgermediums ausgegangen werden. Deshalb erfolgt durch die Regelung ein sicheres Abschalten der Solarkreispumpe" und die Pumpe kann auch "nicht automatisch eingeschaltet werden, da sich Dampf im Kollektorkreis befinden kann", vgl. Abschnitt 3.2.3, vorletzter Satz. Entsprechend dieser Vorgabe ist der dort als Überhitzungsschutz vorgesehene Schwellwert der Temperatur auch nur in einem Bereich von 80 bis max. 120¡C einstellbar, vgl. die Tafel "Parametereinstellungen" im Abschnitt 10.

Demnach schließt das der D1 entnehmbare Verfahren einen Betrieb der Pumpe entsprechend Merkmal V4 bei Temperaturwerten im Bereich der Dampfbildung entsprechend Merkmal V4.2 ausdrücklich aus. In Kenntnis dessen war der Fachmann abgehalten, eine Förderung des Wärmeträgermediums bei einer gegenüber der als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturschwelle SÜ weiter erhöhten Temperatur entsprechend Merkmal V4.2 überhaupt in Erwägung zu ziehen.

Zudem sieht die in D1 beschriebene Kollektortemperaturbegrenzungsfunktion eine Rückkehr "zum Normalbetrieb" erst nach Abkühlung der Kollektortemperatur "auf einen Wert kleiner 100¡C" vor, vgl. den letzten Absatz im Abschnitt 3.2.4, während beim erfindungsgemäßen Verfahren der Normalbetrieb gemäß Merkmal V4.1 bei absinkender Temperatur bereits wieder beim Erreichen des als Überhitzungsschutz vorgesehenen Temperaturwerts (SÜ) eintreten soll. Für eine Abkehr von diesem in D1 vorgeschlagenen Kriterium für die Wiederzulassung des Pumpenbetriebs bietet diese Entgegenhaltung ebenfalls keinen Anlass.

Die übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen kommen dem Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nicht näher; eine nähere Diskussion erübrigt sich somit.

Anspruch 1 nach Hauptantrag ist daher gewährbar.

f) Patentansprüche 2 bis 4 werden vom Anspruch 1 getragen und können sich diesem anschließen.

Dr. Ipfelkofer Bayer Dr. Baumgart Dr. Krüger Vorsitzender Richter Dr. Ipfelkofer ist in den Ruhestand getreten und deswegen verhindert zu unterschreiben.

Bayer Me






BPatG:
Beschluss v. 22.02.2011
Az: 12 W (pat) 320/05


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