Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen:
Beschluss vom 20. Juli 2015
Aktenzeichen: L 7/14 AS 64/14 B
(LSG Niedersachsen-Bremen: Beschluss v. 20.07.2015, Az.: L 7/14 AS 64/14 B)
Tenor
Die Beschwerde des Erinnerungsführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 21. August 2014 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Höhe der dem Erinnerungsführer zustehenden Prozesskostenhilfe-Vergütung und dabei insbesondere darum, ob eine Terminsgebühr nach Ziffer 3106 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) entstanden ist.
Der Erinnerungsführer wurde mit Beschluss des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 23. April 2014 in dem Verfahren S 49 AS 452/14 dem dortigen Kläger als Rechtsanwalt beigeordnet. In diesem Rechtsstreit stritten die dortigen Beteiligten um die Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 Satz 1 Zweites Buches Sozialgesetzbuch sowie um die darlehensweise Bewilligung einer Mietkaution. Der Beklagte erklärte sich schließlich mit Schriftsatz vom 25. März 2014 bereit, die Kaltmiete in der tatsächlichen Höhe von 271,70 EUR anzuerkennen sowie die Mietkaution auf Darlehensbasis entsprechend der gesetzlichen Vorschriften zu übernehmen und letztendlich auch die hälftigen Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Klage gerichtet auf Verurteilung zur Abgabe der gewünschten Zusicherung sei dagegen unzulässig, weil der Mietvertrag bereits vor Einlegung des Widerspruchs gegen den die Zusicherung ablehnenden Bescheid geschlossen worden sei. Der Erinnerungsführer teilte daraufhin mit Schriftsatz vom 9. April 2014 für den Kläger mit, dass eine Erledigung des Rechtsstreits gemäß des Angebots des Beklagten vergleichsweise in Betracht komme, sofern zuvor über den Antrag auf Prozesskostenhilfe entschieden werde. Mit weiterem Schriftsatz vom 5. Mai 2014 erklärte der Erinnerungsführer für den Kläger, dass er den "Vergleichsvorschlag des Beklagten aus dem Schriftsatz vom 25.03.2014" annehme und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Am 7. Mai 2014 beantragte der Erinnerungsführer beim SG die Festsetzung seiner Vergütung. Er machte dabei eine Verfahrensgebühr nach der Ziffer 3102 VV RVG in Höhe von 300,00 Euro abzüglich einer Anrechnung von 75,00 Euro, eine Terminsgebühr gemäß Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG in Höhe von 270,00 Euro sowie eine Einigungsgebühr nach der Ziffer 1006 RVG in Höhe von 300,00 Euro zuzüglich 20,00 Euro Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Ziffer 7002 VV RVG geltend. Zuzüglich der Umsatzsteuer nach Ziffer 7008 VV RVG in Höhe von 154,85 Euro belief sich der Vergütungsfestsetzungsantrag somit auf 969,85 Euro.
Mit Beschluss vom 19. Mai 2014 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG die dem Erinnerungsführer zustehende Prozesskostenhilfevergütung auf 648,55 Euro fest. Er entsprach dabei dem Antrag des Erinnerungsführers hinsichtlich der Verfahrens- und der Einigungsgebühr einschließlich der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen. Die vom Erinnerungsführer angesetzte Terminsgebühr in Höhe von 270,00 Euro setzte der Urkundsbeamte dagegen nicht an. Die Terminsgebühr sei nicht entstanden, weil hierfür ein förmlicher Beschluss des Vorsitzenden erforderlich gewesen wäre. Durch die Kürzung reduzierte sich im Übrigen die Umsatzsteuer auf 103,55 EUR.
Hiergegen hat der Erinnerungsführer am 3. Juni 2014 Erinnerung eingelegt. Es sei nicht ersichtlich, welcher Beschluss des Vorsitzenden noch erforderlich wäre. Das abgegebene Anerkenntnis sei schließlich angenommen worden. Rein vorsorglich beantrage er eine entsprechende Feststellung durch den Vorsitzenden.
Mit Beschluss vom 21. August 2014 hat das SG Hannover die Erinnerung zurückgewiesen. Die angefochtene Entscheidung des Urkundsbeamten sei rechtmäßig. Im vorliegenden Fall sei keine der Voraussetzungen des Gebührentatbestandes der Terminsgebühr nach Ziffer 3106 VV RVG erfüllt. Die Beteiligten hätten zur Beendigung des Verfahrens übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben. Ein schriftlicher Vergleich im Sinne der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG sei dadurch nicht geschlossen worden. Nach der Legaldefinition des § 101 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) setze das Vorliegen eines Vergleiches voraus, dass die Beteiligten zur Niederschrift des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können. Ein gerichtlicher Vergleich könne ferner dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich gegenüber dem Gericht annehmen. Beide Handlungsalternativen seien aber nicht erfolgt, so dass der Gebührentatbestand der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG nicht erfüllt sei. Der im Erinnerungsverfahren vorgetragene Einwand, die fiktive Terminsgebühr falle nach Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG auch für die Annahme eines Anerkenntnisses an, sei angesichts des Wortlauts der Norm nicht nachvollziehbar. Im Übrigen wäre aber auch der Tatbestand der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG nicht erfüllt, weil der Rechtsstreit nicht durch ein angenommenes Anerkenntnis, sondern durch übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten mit nur teilweisem Obsiegen des Klägers geendet habe.
Gegen den ihm am 23. August 2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 8. September 2014 beim SG Hannover eingegangene Beschwerde des Erinnerungsführers.
Er ist der Auffassung, dass der angefochtene Beschluss rechtswidrig sei. Das SG habe zu Unrecht die Terminsgebühr nach der Ziffer 3106 VV RVG nicht angesetzt. Im vorliegenden Fall habe der Beklagte mit Schriftsatz vom 25. März 2014 einen Einigungsvorschlag unterbreitet, der vom Kläger mit Schriftsatz vom 5. Mai 2014 angenommen worden sei. Das Zustandekommen dieses Vergleiches, der den Rechtsstreit beendet habe, sei zwar (noch) nicht durch die Kammer förmlich festgestellt worden. Dies unterbleibe jedoch häufig und sei aus gebührenrechtlicher Sicht auch entbehrlich, weil es nur darauf ankomme, ob tatsächlich ein Vergleichsvertrag im Wege des gegenseitigen Nachgebens vertragsrechtlich wirksam zustande gekommen sei und den Rechtsstreit beendet habe. Dies sei vorliegend der Fall, weil der Beklagte gemeint habe, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Um das sich daraus ergebende Klagerisiko und ein gegebenenfalls erneutes Verwaltungsverfahren zu vermeiden, habe der Beklagte den Einigungsvorschlag unterbreitet, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und das Mietkautionsdarlehen bei nur hälftiger Kostenerstattung zu übernehmen. Die Einigungsgebühr sei somit in Anlehnung an die Verfahrensgebühr auch in Höhe der Mittelgebühr entstanden. Die fiktive Terminsgebühr sei dem Wortlaut nach für den Abschluss des schriftlichen Vergleichs entstanden. Jedenfalls wäre sie auch für die Annahme eines Anerkenntnisses in Höhe von 90 Prozent der Verfahrensgebühr entstanden. Es sei jedoch aufgefallen, dass der in den überreichten Kopien aus dem Gesetzeskommentar enthaltende Gesetzestext falsch wiedergegeben sei und die entscheidende Passage (" [ ] nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet [ ]") nicht enthalten sei.
Der Erinnerungsgegner hat zu der Beschwerde keine Stellungnahme abgegeben.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 12. September 2014).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakte S 49 AS 452/14 verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Der gemäß § 1 Abs. 3, § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG erforderliche Beschwerdewert von 200,00 EUR ist aufgrund der Nichtansetzung der Terminsgebühr in Höhe von 270,00 EUR durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und der nachfolgenden Zurückweisung der Erinnerung durch das SG überschritten.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Beschluss des SG Hannover vom 21. August 2014 ist rechtmäßig. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG hat zu Recht die geltend gemachte Terminsgebühr in Höhe von 270,00 Euro nicht im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses angesetzt.
Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 VV RVG entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Ziffer 3106 VV RVG sieht in Satz 2 vor, dass die Terminsgebühr auch entsteht, wenn 1. in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird, 2. nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann oder 3. das Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.
Im vorliegenden Fall endete das Klageverfahren, ohne dass zuvor eine mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht stattgefunden hatte. Die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen durch den Erinnerungsführer wurde weder vorgetragen noch ist sie ersichtlich. Für die Entstehung der Terminsgebühr ist hier daher allein eine Prüfung der Ziffer 3106 Satz 2 VV RVG maßgeblich.
Von den dort genannten drei Varianten kommen lediglich die Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG und die Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG in Betracht, weil das Verfahren nicht durch Gerichtsbescheid beendet wurde.
1. Die Terminsgebühr ist nicht nach Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG entstanden. Der Rechtsstreit wurde weder durch ein Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden noch haben die Beteiligten des Ausgangsklageverfahrens einen schriftlichen Vergleich unter Mitwirkung des Sozialgerichts geschlossen. Vielmehr hat der Erinnerungsführer für den Kläger lediglich einen Vergleichsvorschlag des dortigen Beklagten aufgegriffen und angenommen.
Ein "schriftlicher Vergleich" im Sinne der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG ist nur ein unter Mitwirkung oder auf Veranlassung des Gerichts geschlossener Vergleich nach § 202 SGG in Verbindung mit § 278 Abs. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) und ab dem 25. Oktober 2013 nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG (ebenso Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. März 2015 - L 9 AL 277/14 B, juris, Rn 18; Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.05.2015 - L 15 SF 115/14 E, juris, Rn 21). Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Gebührenziffer.
a) Nach der Begründung des Entwurfs zum 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG) sollte durch die Ergänzung der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG eine Angleichung an Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. VV RVG erfolgen (vgl. BT-Drucks 17/11471, S. 275, zu Nr. 29, zu Buchstabe a, zu Doppelbuchstabe aa). Nach der ganz herrschenden Rechtsprechung zu Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. VV RVG ist ein "schriftlicher Vergleich" nur ein solcher, der nach § 278 Abs. 6 ZPO oder § 106 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) unter konstitutiver Mitwirkung des Gerichts geschlossen wird (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 27.10.2005 - III ZB 42/05 -, juris Rn. 9 und Leitsatz; Beschl. v. 03.07.2006 - II ZB 31/05 -, juris 8 und Leitsatz; Beschl. v. 10.07.2006 - II ZB 28/05 -, juris Rn. 6 und Leitsatz 1; OVG Berlin, Beschl. v. 16.03.2009 - OVG 1 K 72.08 -, juris Rn. 8; VG Berlin, Beschl. v. 23.06.2008 - 14 KE 227.06, 14 V 29.05 -, juris Rn. 6). Es ist davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber diese herrschende Praxis bekannt war und er diese in die Neufassung von Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG übernehmen wollte (so auch LSG Nordrhein Westfalen, aaO., und Bayerisches LSG, aaO.). b) Bei der Auslegung der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1, 2. Alt. VV RVG ist der systematische Zusammenhang insbesondere zu der Ziffer 1000 VV RVG zu beachten. Ziffer 1000 VV RVG nennt die dort geregelte Gebühr die "Einigungsgebühr", die für die Mitwirkung beim Abschluss eine Vertrags entsteht, durch den u.a. der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Diese Formulierung stellt die fast wörtliche Wiedergabe des "Vergleichs" im Sinne des § 779 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar. Lediglich das Kriterium des "gegenseitigen Nachgebens" wird nicht erwähnt. Der Gesetzgeber hat bereits bei der Einführung des RVG bewusst das Kriterium des gegenseitigen Nachgebens aufgegeben, um den unter der Geltung des früheren § 23 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) häufig ausgetragenen Streit darüber, welche Abrede noch und welche nicht mehr als gegenseitiges Nachgeben zu werten ist, im Rahmen der Kostenfestsetzung zu vermeiden (BT-Drucks. 15/1971, S. 147 und S. 204, zu Nummer 1000).
Vor dem Hintergrund dieser Entstehungsgeschichte muss die Verwendung des Terminus "Vergleich" in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG und Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. VV RVG einen bereits seiner äußeren Form nach als "Vergleich" erkennbaren Prozessvergleich meinen. Würde in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG und Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. VV RVG dagegen jeder außergerichtliche Vergleich eine fiktive Terminsgebühr auslösen, würde der Streit über die Frage, ob die Anforderungen des § 779 BGB erfüllt sind, den der Gesetzgeber bei der Einigungsgebühr nach Ziffer 1000 VV RVG vermeiden wollte, bei der Terminsgebühr wieder aufflammen (diese Prüfung explizit verlangend: Hartmann, Kostengesetze, 45. Auflage 2015, 3104 VV Rn. 30). Damit würde das Anliegen des Gesetzgebers jedoch konterkariert (so schon VG Berlin, Beschluss vom 23.06.2008 - 14 KE 227.06, 14 V 29.05 - juris, Rn. 6; LSG Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 11. März 2015 - L 9 AL 277/14 B, juris, Rn 21). Von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers, weil dieser statt des Begriffs der "Einigung" in Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. VV RVG den Begriff des "Vergleichs" verwendet hat (so Bischof in: Bischof/Jungbauer, RVG, 6. Auflage 2014, Nr. 3104 VV Rn. 54), kann daher nicht ausgegangen werden.
Ergänzend zeigt das Erfordernis der "Schriftlichkeit", dass nur Vergleiche nach § 278 Abs. 6 ZPO, § 106 Satz 2 VwGO und § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG gemeint sein können. In diesen Vorschriften wird gleichfalls die "Schriftlichkeit" des Vergleichsvorschlags bzw. seiner Annahme betont. Dies legt nahe, dass nur die in diesen Vorschriften geregelten "schriftlichen" Prozessvergleiche eine fiktive Terminsgebühr nach Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG und Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. VV RVG auslösen können. Anderenfalls wäre die Formulierung eine überflüssige, weil auf eine Selbstverständlichkeit bezogene Forderung, wenn die geforderte "Schriftlichkeit" auch außergerichtlich durch Einhaltung der einfachen Schriftform erfüllbar wäre (so auch VG Berlin, a.a.O.; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
c) Schließlich entspricht die Beschränkung auf gerichtliche Vergleiche nach § 278 Abs. 6 ZPO, § 106 Satz 2 VwGO und § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG auch dem Sinn und Zweck von Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 und Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG.
Dieser besteht nicht etwa darin, einen Anreiz dafür zu setzen, dass der Rechtsanwalt auf eine gütliche Einigung hinwirkt (so aber Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage 2013, VV 3104 Rn. 69;). Diesen Zweck verfolgen allein die Ziffern 1000 ff. VV RVG (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.) sowie die Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alt. VV RVG, wonach die Terminsgebühr auch für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts entsteht (BT-Drucks. 15/1971, zu Teil 3, S. 209). Die fiktive Terminsgebühr dient dagegen allein dazu, dem Anwalt das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins zu nehmen (BT-Drucks. 17/11471, S. 275, zu Nummer 28 Buchstabe a, S. 276, zu Doppelbuchstabe dd). Dies wird besonders deutlich durch die Änderungen der Ziffern 3104 Abs. 1 Nr. 2 und 3106 Satz 2 Nr. 2 VV RVG durch das 2. KostRMoG vom 23. Juli 2013 - BGBl. I Nr. 42, 2586 -, wonach die fiktive Terminsgebühr bei Entscheidungen durch Gerichtsbescheid nur noch entsteht, wenn die mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Nach der Gesetzesbegründung soll die Entstehung der Terminsgebühr dadurch konsequent auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Rechtsanwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann, weil nur in diesem Fall eine Steuerungswirkung notwendig sei (BT-Drucks. 17/11471, S. 275, Zu Nummer 28, zu Buchstabe a). Zentrales Anliegen der fiktiven Terminsgebühr ist also die Schonung gerichtlicher Ressourcen (so auch T. Winkler in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2014, Nr. 3104 VV RVG Rn. 18).
In den Fällen, in denen die Beteiligten einen Vergleich bereits außergerichtlich geschlossen haben und damit die mündliche Verhandlung entbehrlich geworden ist, gibt es keine Notwendigkeit mehr für die Gewährung einer fiktiven Terminsgebühr, weil auch hier die Steuerungswirkung der fiktiven Terminsgebühr nicht benötigt wird. Lediglich in den Fällen, in denen die Beteiligten einen gerichtlichen Vergleich wünschen, zum Beispiel um einen vollstreckbaren Titel zu erhalten, ist die fiktive Terminsgebühr als Steuerungsinstrument erforderlich. Durch die Zusprechung der fiktiven Terminsgebühr auch bei Abschluss des gerichtlichen Vergleichs im schriftlichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO, § 106 Satz 2 VwGO und § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG wird dem Rechtsanwalt der Anreiz genommen, allein zwecks Protokollierung des Vergleichs in die mündliche Verhandlung zu gehen. Nur in diesem Fall erscheint die fiktive Terminsgebühr zur Schonung der gerichtlichen Ressourcen geboten und angemessen.
d) Soweit das SG Oldenburg in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. Beschlüsse vom 14.03.2012 - S 10 SF 170/11 E - und vom 21.06.2007 - S 10 SF 103/07) die fiktive Terminsgebühr auch für außergerichtliche Vergleiche zuspricht, sofern sich diese als angenommenes Teilanerkenntnis mit gleichzeitiger Erledigungserklärung darstellen, überzeugt die Begründung hierfür nicht.
Das SG geht davon aus, dass der Gesetzgeber - anders als in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG - in der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG den schriftlichen Vergleich für die Entstehung der fiktiven Terminsgebühr bis zum 2.KostRMoG absichtlich nicht aufgenommen habe. Denn in sozialgerichtlichen Verfahren habe es den schriftlichen Vergleich bis zur Einführung des § 101 Satz 2 SGG nicht gegeben, weshalb der Gesetzgeber auf die Nennung des schriftlichen Vergleichs in der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG verzichtet habe (so im Übrigen auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 09.12.2010 - L 6 AS 438/10 B). Es gebe aber keinen sachlichen Grund, den schriftlichen Vergleich in den Fällen, in denen Wertgebühren entstehen, anders zu behandeln als in den Fällen, in denen Betragsrahmengebühren entstehen. Aus Sicht des SG könne daher aus der unterlassenen Einbeziehung des Vergleichs in der Fassung der Ziffer 3106 VV RVG vor dem 2. KostRMoG nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Verfahrensbeendigung durch gegenseitiges Nachgeben nicht zum Entstehen einer fiktiven Terminsgebühr im Sinne der Ziffer 3106 VV RVG führen könne. Die Einbeziehung des im Wege der Annahme eines Teilanerkenntnisses mit nachfolgender Rücknahme des restlichen Rechtsstreits zustande gekommenen schriftlichen Vergleichs in den Anwendungsbereich der fiktiven Terminsgebühr entspreche auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung der Ziffer 3106 Satz 2 VV VRG. Ziel sei es nach der Gesetzesbegründung, es zu honorieren, wenn der Anwalt es unterlasse, einen gerichtlichen Verhandlungstermin anzustreben und dort einen ausgehandelten Vergleich nach Erörterung der Sach- und Rechtslage zu protokollieren, um eine Verhandlung- und Erörterungsgebühr auszulösen. Dieses Ziel könne jedoch bei der im sozialgerichtlichen Verfahren sehr häufigen außergerichtlichen Erledigung durch Teilanerkenntnis und Rücknahme nur dann erreicht werden, wenn auch diese Erledigungsform in den Geltungsbereich der Ziffer 3106 VV RVG einbezogen werde.
Bereits der Ansatz der Argumentation des SG Oldenburg geht fehl. Den Gesetzesmaterialien jedenfalls lässt sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen bei der Schaffung des RVG in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG der schriftliche Vergleich aufgenommen wurde, in Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG dagegen nicht. Vielmehr wurde in der Gesetzesbegründung zu Ziffer 3106 VV RVG lediglich auf die Begründung zu Ziffer 3102 VV RVG verwiesen, der sich der Behauptung des SG Oldenburg entsprechende Aussagen nicht entnehmen lassen (BT-Drucks. 15/1971, Zu Nummer 3106, S. 213). Es ist auch fraglich, ob diese Behauptung inhaltlich zutreffend ist. Denn vor der Schaffung des § 101 Satz 2 SGG war es jedenfalls umstritten, ob ein schriftlicher gerichtlicher Vergleich im sozialgerichtlichen Verfahren nicht auch über § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO in der gleichen Weise geschlossen werden konnte, wie in zivilgerichtlichen Verfahren (zustimmend Bayerisches LSG, Beschluss vom 11.03.2010 - L 9 AL 352/06; LSG Baden-Würtemberg, Urteil vom 17.07.2012 - L 13 AS 500/12; BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 17/13 R; ablehnend z.B. Sächsisches LSG, Beschluss vom 09.12.2010 - L 6 AS 438/10 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.08.2013 - L 20 SO 50/12).
Jedenfalls verkennt das SG Oldenburg bei seiner Argumentation, dass in Ziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG allein der gerichtliche Vergleich als schriftlicher Vergleich gemeint ist, weshalb eine entsprechende Anwendung dieser Gebührenziffer auf den außergerichtlichen Vergleich ausscheidet. Bei der Annahme eines Teilanerkenntnisses mit nachfolgender Rücknahme oder Erledigterklärung außerhalb der mündlichen Verhandlung kann es sich jedoch höchstens um einen außergerichtlichen Vergleich handeln. Das SG Oldenburg verkennt hier die grundlegenden Unterschiede zwischen dem außergerichtlichen Vergleich, der lediglich der Schriftform genügt, und dem gerichtlichen, schriftlichen Vergleich.
Darüber hinaus vermischt das SG Oldenburg die Gebührenziffern 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG und 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG, indem es das angenommene Teilanerkenntnis mit nachfolgender Rücknahme oder Erledigterklärung mit einem schriftlichen Vergleich gleichsetzt. Diese Gleichsetzung ist jedoch nicht nachvollziehbar. Bei einem Vergleich handelt es sich gemäß § 779 Abs. 1 BGB um einen Vertrag zwischen zwei oder mehreren Parteien, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Bei einem angenommenen Teilanerkenntnis mit nachfolgender Rücknahme oder Erledigterklärung fehlt es gerade an dem vertraglichen Element. 2. Es ist auch keine fiktive Terminsgebühr nach Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG entstanden.
In der Literatur wird überwiegend (Meyer in: Gerold/Schmidt/Müller-Rabe/Meyer/Burhoff, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, Kommentar, 21. Auflage 2013, § 3 Rdnr. 54; Curkovic/Klipstein in: Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Klipstein/Klüsener/Uher, RVG Kommentar, 6. Auflage 2014, Nr. 3106 VV Rdnr. 14; Hartmann, Kostengesetze, Kommentar, 45. Auflage 2015, 3104 VV Rdnr. 32) und in der Rechtsprechung teilweise (SG Oldenburg, Beschluss vom 14.03.2012 - S 10 SF 170/11 E) die Auffassung vertreten, die Annahme eines Teilanerkenntnisses mit nachfolgender Erledigungserklärung lasse die fiktive Terminsgebühr nach Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG entstehen, weil auch bei dieser Variante das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung geendet habe.
a) Es ist bereits fraglich, ob die Erklärung des Beklagten in seinem Schreiben vom 25. März 2014 überhaupt ein Teilanerkenntnis war. Der Senat tendiert dazu, in dem Schreiben des Beklagten vom 25. März 2014 eher einen Vergleichsvorschlag als ein Teilanerkenntnis zu sehen, weil der Beklagte in dem Schreiben das Teilanerkenntnis nicht unbedingt abgab, was für eine Prozesserklärung jedoch notwendig gewesen wäre (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Auflage 2014, § 101 Rdnr. 20). Zudem erklärte sich der Beklagte in dem Schreiben nur bereit, die Kaltmiete in der tatsächlichen Höhe von 271,70 EUR anzuerkennen sowie die Mietkaution auf Darlehensbasis entsprechend der gesetzlichen Vorschriften zu übernehmen und letztendlich auch die hälftigen Kosten des Verfahrens zu tragen. Im letzten Satz des Schreibens führte der Beklagte schließlich aus: "Insofern möge der Kläger prüfen, ob eine Erledigung des Rechtsstreits auf dieser Basis möglich ist". Damit dürfte der Beklagte hinreichend deutlich gemacht haben, dass er nur ein Verhandlungsangebot zur vergleichsweisen Beendigung des Rechtsstreits unterbreiten wollte, nicht aber ein Teilanerkenntnis abgeben. Dies hat offenbar auch der Erinnerungsführer so verstanden, denn in dem Schreiben vom 9. April 2014 teilte er mit, dass "eine Erledigung des Rechtsstreits gem. des Angebots der Beklagten vom 25.03.2014 vergleichsweise in Betracht komme". Mit Schreiben vom 5. Mai 2014 nahm der Erinnerungsführer schließlich den "Vergleichsvorschlag des Beklagten aus dem Schriftsatz vom 25.03.2014 an".
b) Letztlich kann dies hier dahinstehen, denn für die Annahme eines Teilanerkenntnisses mit nachfolgender Erledigungserklärung fällt keine fiktive Terminsgebühr nach Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG an (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.12.2013 - L 19 AS 1972/13 B; Hessisches LSG, Beschluss vom 03.05.2011 - L 2 SF 140/10 E; Sächsisches LSG, Beschluss vom 09.09.2014 - L 8 AS 1192/12 B KO; Thüringer LSG, Beschluss vom 29.07.2009 - L 6 B 15/09 SF; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.03.2014 - L 5 SF 43/14 B E; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.07.2008 - L 6 B 93/07).
Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber in Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG lediglich verlangt, dass das Verfahren "nach" angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung geendet haben muss und nicht "durch" angenommenes Anerkenntnis. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Wortlaut für eine Einbeziehung des Teilanerkenntnisses mit nachfolgender Erledigungserklärung in den Anwendungsbereich der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG spricht (so aber SG Oldenburg, Beschluss vom 14.03.2012 - S 10 SF 170/11 E). Denn auch bei der Beschränkung der fiktiven Terminsgebühr nach Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG auf das angenommene volle Anerkenntnis bleibt die Formulierung inhaltlich korrekt. Hinzu kommt, dass in der Gebührenziffer ausdrücklich lediglich vom "angenommenem Anerkenntnis" die Rede ist, nicht dagegen vom "angenommenem Teilanerkenntnis". Sofern der Gesetzgeber auch das angenommene Teilanerkenntnis als Entstehungsgrund für die fiktive Terminsgebühr hätte ausreichen lassen wollen, hätte es nahe gelegen, dieses in der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG ausdrücklich zu erwähnen. Davon hat der Gesetzgeber jedoch abgesehen, trotz der bekannten Rechtsprechung der Landessozialgerichte (siehe oben) auch im Zuge des 2. KostRMoG.
Insbesondere die systematische Auslegung der Ziffer 3106 Satz 2 VV RVG spricht gegen eine Einbeziehung des Teilanerkenntnisses mit nachfolgender Erledigungserklärung in den Anwendungsbereich der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG. Sämtliche Fälle der fiktiven Terminsgebühr der Ziffer 3106 Satz 2 VV RVG setzen voraus, dass die Verfahren, für die eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beendet wurden. Anderenfalls wäre keine fiktive Terminsgebühr angefallen, sondern eine echte Terminsgebühr nach Ziffer 3106 Satz 1 VV RVG. Darüber hinaus knüpfen alle Fälle der fiktiven Terminsgebühr jedoch nicht an die Abgabe einer Beendigungserklärung an, sei es durch Klagerücknahme, sei es durch Erledigterklärung, sondern an die Beendigungswirkung des jeweiligen Ereignisses. Sowohl das Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG als auch der gerichtliche, schriftliche Vergleich nach § 101 Satz 2 SGG oder die Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG führen zu einem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens, ohne dass es noch einer gesonderten Erledigungserklärung des Rechtsanwalts bedarf. Nur eine Auslegung der Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG, nach der lediglich das angenommene vollständige Anerkenntnis zur Entstehung der fiktiven Terminsgebühr führt, nicht aber das angenommene Teilanerkenntnis, fügt sich in diese Systematik ein. Denn beim angenommenen Teilanerkenntnis bleibt der Rechtsstreit, soweit er sich nicht durch das Teilanerkenntnis erledigt hat, weiterhin anhängig. Es reduziert sich lediglich quantitativ der Streitgegenstand. Für die Beendigung des Verfahrens ist eine weitere prozessuale Erklärung seitens des Klägers erforderlich, deren Abgabe seiner freien Disposition unterliegt (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.12.2013 - L 19 AS 1972/13 B; Sächsisches LSG, Beschluss vom 09.09.2014 - L 8 AS 1192/12 B KO).
Diese Auslegung steht auch mit dem Sinn und Zweck der fiktiven Terminsgebühr im Einklang. Wie bereits oben dargelegt, besteht dieser allein in der Schonung gerichtlicher Ressourcen durch Steuerung des anwaltlichen Verhaltens, indem dem Rechtsanwalt das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins genommen wird. Zwar wäre der Sinn und Zweck, überflüssige mündliche Verhandlungen entbehrlich zu machen, auch erfüllt, wenn bereits die Klagerücknahme oder Erledigterklärung im Vorfeld einer mündlichen Verhandlung zum Entstehen der fiktiven Terminsgebühr führen würden. Davon hat der Gesetzgeber jedoch unstreitig abgesehen. Die fiktive Terminsgebühr ist gerade keine Belohnungsgebühr für die Rücknahme der Klage oder die Erledigterklärung, die zur Entbehrlichkeit der mündlichen Verhandlung führt (ebenso Sächsisches LSG, Beschluss vom 09.09.2014 - L 8 AS 1192/12 B KO). Der Gesetzgeber hat als Entstehungsgrund für die fiktive Terminsgebühr gerade nicht an die Rücknahme oder Erledigterklärung angeknüpft, obwohl diese Form der Anreizsetzung dem Gesetzgeber aus anderen Kostenvorschriften, zum Beispiel in Form der Reduzierung der Gerichtskosten im Falle der Rücknahme der Klage, Berufung oder Revision (vgl. Ziffer 7111, 7113 oder 7115 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz) bekannt war. Zudem würde sich anderenfalls auch der Wertungswiderspruch ergeben, dass eine vollständige Rücknahme einer Klage ohne Erfolgsaussichten mit Schonung gerichtlicher Ressourcen keine fiktive Terminsgebühr entstehen lassen würde, die Rücknahme einer genauso aussichtslosen, quantitativ durch ein angenommenes Teilanerkenntnis reduzierten Klage aber schon. Der für die Entstehung der fiktiven Terminsgebühr entscheidende Unterschied wäre in diesem Fall allein eine Teilbegründetheit der Ausgangsklage. Dieser Umstand hat aber keinen Bezug zur Systematik in Ziffer 3106 Satz 2 VV RVG. Der Gesetzgeber hat vielmehr in der Ziffer 3106 Satz 2 VV RVG an die Beendigungswirkung bestimmter prozessualer Instrumente angeknüpft. Nur in den Fällen, in denen die Nutzung dieser prozessualen Instrumente durch das Gericht oder die Zustimmung der Beteiligten zum Einsatz dieser prozessualen Instrumente unmittelbar zur Schonung der gerichtlichen Ressourcen durch Wegfall der mündlichen Verhandlung führt, soll die fiktive Terminsgebühr entstehen. Dies ist beim angenommenen Teilanerkenntnis aufgrund der fortbestehenden Anhängigkeit des (Rest-)Rechtsstreits nicht der Fall.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar, § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG.
LSG Niedersachsen-Bremen:
Beschluss v. 20.07.2015
Az: L 7/14 AS 64/14 B
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/326581254f72/LSG-Niedersachsen-Bremen_Beschluss_vom_20-Juli-2015_Az_L-7-14-AS-64-14-B