Oberlandesgericht Hamburg:
Beschluss vom 20. Oktober 2011
Aktenzeichen: 5 W 134/11
(OLG Hamburg: Beschluss v. 20.10.2011, Az.: 5 W 134/11)
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 28.9.2011 wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 22.9.2011 (Az. 407 HKO 113/11) abgeändert:
Im Wege der einstweiligen Verfügung der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung wird der Antragsgegnerin bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000. , Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)
verboten,
im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher zu werben, ohne gleichzeitig die Identität und die Anschrift des Unternehmens mit anzugeben, wenn dies geschieht, wie in dem diesem Beschluss als Anlage beigefügten Prospekt ...
2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beschwerde hat die Antragsgegnerin nach einem Streitwert von € 20.000, zu tragen.
Gründe
I.
Die gemäß § 567 I Ziff.2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist begründet, denn ihm steht ein Verfügungsanspruch zu und es besteht ein Verfügungsgrund.
1. Der Antragsteller kann von der Antragsgegnerin gemäß §§ 3, 5a II, III Nr.2, 8 I, III Ziff.2 UWG verlangen, dass diese es unterlässt, in der im Tenor bezeichneten Weise gegenüber Verbrauchern zu werben, ohne ihre Identität und ihre Anschrift anzugeben; hierdurch hat die Antragsgegnerin ihr vom Gesetz auferlegte Informationspflichten verletzt.
a. Nach § 5a II UWG handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, so gelten gemäß § 5a III Nr.2 UWG u.a. die Identität und Anschrift des Unternehmers als wesentlich im Sinne vom § 5a II UWG. Dies ist bereits dann zu beachten, wenn dem Verbraucher die -e... n...- in Gestalt des beworbenen Produktes und des Verkaufspreises bekannt gemacht werden, so dass er in die Lage versetzt wird, eine Entscheidung über den Erwerb zu treffen (vgl. OLG München, B. v. 31.3.2011 - Az. 6 U 3517/10 Anl ASt 8). So verhält es sich hier: Im angegriffenen Werbeprospekt sind verschiedene Bekleidungsstücke abgebildet und zum Teil mit Preisen versehen.
b. Unstreitig und ersichtlich enthält der angegriffene Werbeprospekt zur Bezeichnung der Antragsgegnerin lediglich die Angabe -...-. Hierin liegt keine vollständige Bezeichnung der Identität der Antragsgegnerin und erst recht keine Angabe einer Anschrift. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin und des Landgerichts ergeben sich hier aber Identität und Anschrift der Antragsgegnerin auch nicht im erforderlichen Umfang unmittelbar aus den Umständen. Zwar kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Bezeichnung -...- eine überragende Bekanntheit genießt, so dass allenfalls wenige Verbraucher hiermit nichts werden anfangen können, zumal wenn diese im Zusammenhang mit Werbung für Bekleidung auftaucht. Damit dürften die angesprochenen Verkehrskreise in der Tat nahezu einhellig den Schluss ziehen, dass die angegriffene Werbung von dem großen Unternehmen der Modebranche stammt, dass die als -...- bezeichneten, zahlreichen Filialen betreibt. Zweifellos werden auch zumindest nicht wenige Verbraucher annehmen, dass dieses Unternehmen den Bestandteil -...- in der Unternehmensbezeichnung führt, und schließen, dass es sich hierbei um die Antragsgegnerin handelt.
Damit ist den Erfordernissen des § 5a III Nr.2 UWG aber nicht genügt. Zweck dieser Vorschrift ist es nicht nur, dem Verbraucher eine Zuordnung eines Angebotes zu einer bestimmten Verkaufsstelle zu ermöglichen. Das - lebensnah zu unterstellende - Wissen großer Teile der angesprochenen Verkehrskreise um die Lage der nächsten -...- Filiale genügt demnach nicht den gesetzlichen Anforderungen. Ebenso wenig genügt es, dass die genaue Unternehmensbezeichnung des Unternehmens, das hinter diesem Filialnetz steht, für den Verbraucher - mit mehr oder weniger Aufwand - ermittelbar ist. Vielmehr soll die Informationspflicht nach § 5a III Nr.2 UWG dem Verbraucher klare und unmissverständliche Angaben darüber verschaffen, mit wem er gegebenenfalls in geschäftlichen Kontakt tritt (Dreyer in Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, 2.Aufl., § 5a Rz.61). Diese Informationen sollen es dem Verbraucher ermöglichen, ohne Schwierigkeiten Kontakt mit dem anbietenden Unternehmen aufzunehmen (Köhler / Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 5a Rz.33). Damit soll nicht nur der Abschluss des angestrebten Kaufes ermöglicht, sondern u.a. auch verhindert werden, dass der Verbraucher im Falle einer Auseinandersetzung die exakte Identität und eine Anschrift seines Vertragspartners erst ermitteln muss, an die gegebenenfalls eine Zustellung von Schriftverkehr erfolgen kann. Dementsprechend müssen bei Handelsunternehmen jedenfalls die vollständige Firma und die Rechtsform angegeben werden (vgl. OLG Hamm B. v. 11.8.2011 - Az. I-4 W 66/11 Anl ASt 4).
Schon diesen Anforderungen genügt der angegriffene Werbeprospekt ersichtlich nicht. Ob daneben auch die Angabe des gesetzlichen Vertreters erforderlich ist, kann demnach hier dahinstehen. Die zu nennende Anschrift der Antragsgegnerin muss nach den obigen Ausführungen zudem eine postalische Zustellung ermöglichen, also eine nach Ort, Postleitzahl und Straße bestimmte Adresse sein; auch dies ist hier nicht erfüllt.
Dass die genaue Identität und Anschrift der Antragsgegnerin möglicherweise ermittelbar sind, genügt nach den vorstehenden Ausführungen nicht den Anforderungen, unter denen nach § 5a III UWG ausnahmsweise eine solche Angabe entbehrlich ist, nämlich wenn sich diese unmittelbar aus den Umständen ergeben. Hier kommt hinzu, dass es unstreitig drei Unternehmen gibt, die den Bestandteil -...- in der Unternehmensbezeichnung führen, so dass der Verbraucher auch nach dem Vortrag der Antragsgegnerin zumindest über zusätzliche Informationen zu den genauen Geschäftsfeldern dieser drei Unternehmen verfügen müsste, um sicher erkennen zu können, dass gerade nur die Antragsgegnerin als Anbieterin für die im streitgegenständlichen Prospekt beworbenen Artikel in Betracht kommt.
c. Ist eine der besonderen Informationspflichten nach § 5a III UWG verletzt, steht nach dem Zusammenspiel zwischen § 5a II, III und IV UWG fest, dass dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten worden ist. Denn die in § 5a III und IV aufgeführten Informationspflichten -gelten ... als wesentlich im Sinne des Absatzes 2-. Mit der Verletzung der Informationspflicht nach § 5a III oder IV UWG steht damit ebenfalls fest, dass die Verletzung der Informationspflicht zu einer relevanten Fehlvorstellung führt (Köhler / Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 5a Rz.57).
2 . Auch ein Verfügungsgrund liegt vor. Anhaltspunkte, die der Dringlichkeitsvermutung des § 12 II UWG hier entgegenstehen könnten, sind nicht vorgebracht oder ersichtlich.
3. Der Senat hat der einstweiligen Verfügung gemäß § 938 ZPO abweichend vom Antrag eine Farbkopie des angegriffenen Werbeprospektes als Anlage beigefügt, um eine genaue Identifizierung der konkreten Verletzungsform zu gewährleisten.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt § 3 ZPO und orientiert sich an der Festsetzung des Wertes des Erlassverfahrens durch das Landgericht, die die Parteien nicht angegriffen haben.
OLG Hamburg:
Beschluss v. 20.10.2011
Az: 5 W 134/11
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