Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 4. Februar 2004
Aktenzeichen: 13 U 124/03

(OLG Köln: Urteil v. 04.02.2004, Az.: 13 U 124/03)

Tenor

Die Berufung der Beklagten (Widerkläger) gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18.12.2002 - 20 O 641/01 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben auch die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger, der als Rechtsanwalt bereits die Interessen mehrerer Anleger hinsichtlich des Objekts "Wohnpark M." vertrat, wurde Ende 1997 von den Beklagten beauftragt, ihre Erfolgsaussichten zu prüfen, von einem der Projektbeteiligten dieses Objekts, in dem die Beklagten eine von der Sparkasse N. (jetzt Sparkasse R.-N.-N.) finanzierte Eigentumswohnung erworben hatten, Schadensersatz zu bekommen oder sonstwie aus dem Projekt aussteigen zu können. Wegen des hierzu vom Kläger erteilten rechtlichen Rates wird auf dessen Schreiben vom 22.01.1998 (Bl. 6 ff. GA) Bezug genommen. Nach telefonischen Kontakten vom 12.06. und 17.11.1998 informierte der Kläger die Beklagen darüber, dass die von ihm für andere Mandanten mit der Sparkasse N. geführten Vergleichsverhandlungen in der Angelegenheit Wohnpark M. vor einem Abschluss stünden und forderte sie auf, ihm bei Interesse an einem solchen Vergleich eine Vertretungsvollmacht zu erteilen. Die Beklagten gingen hierauf nicht ein, nahmen jedoch in der Folgezeit ein Vergleichsangebot an, das ihnen die Sparkasse N. mit gleichem Inhalt, wie sie es mit dem Kläger für dessen Mandanten ausgehandelt hatte, unterbreitete. Mit Schreiben vom 16.01.2001 (Bl. 14 ff. GA) erhoben die Beklagten durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten, die sie am 04.01.2001 mandatiert hatten, gegen den Kläger den Vorwurf, die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung gegen die Sparkasse N. infolge unzureichender Prüfung fehlerhaft beurteilt und sie dadurch zu einem Vergleich mit der Sparkasse N. veranlasst zu haben, durch den ihnen ein Schaden von rd. 250.000 DM entstanden sei. Gleichzeitig forderten sie den Kläger wegen der möglicherweise bereits am 22.01.2001 ablaufenden Verjährungsfrist auf, einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu erklären. Mit Antwortschreiben vom 18.01.2001 (Bl. 53 f. GA) wies der Kläger die Schadensersatzforderung der Beklagten zurück, ohne auf den geforderten Verzicht auf die Verjährungseinrede einzugehen, und forderte die Beklagten wegen der aus seiner Sicht nicht nur unberechtigten, sondern auch unredlichen Anspruchserhebung zum Ausgleich seiner beigefügten Kostennote über 2.591,21 DM (Bl. 18 GA) für die Abwehr dieses Haftungsbegehrens auf. Da die Beklagten dieser Aufforderung nicht nachkamen, hat der Kläger beim Amtsgericht Bonn Klage auf Zahlung von 2.591,21 DM (nebst Zinsen) gegen die Beklagten erhoben. Mit Beschluss vom 10.10.2001 (Bl. 32 f. GA) hat dieses Gericht den Rechtsstreit zuständigkeitshalber an das Amtsgericht Köln verwiesen, das die Sache nach Eingang der Widerklage wegen sachlicher Unzuständigkeit an das Landgericht Köln weiter verwiesen hat. Dort haben die Parteien im Verhandlungstermin vom 11.12.2002, nachdem die Beklagten die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Köln gerügt hatten, die Klage übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und sodann streitig zur Widerklage verhandelt.

Die Beklagten haben mit der am 17.11.2001 bei Gericht eingegangenen, dem Kläger nur formlos übermittelten Widerklage beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 97.576,34 € (190.842,73 DM) nebst 9,26% Zinsen seit dem 22.01.2001 zu zahlen, festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, den Beklagten sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihnen künftig in Zusammenhang mit dem Erwerb des in M., eingetragen im Wohnungseigentumsgrundbuch des Amtsgerichts Hainichen, Wohnungsgrundbuchblatt xxxx, bezeichneten 24/10.000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an dem Appartement, im Aufteilungsplan bezeichnet mit App. 910, sowie einem Kellerraum, bezeichnet mit 910, entstehen, die Beklagten übertragen den in M., eingetragen im Wohnungseigentumsgrundbuch des Amtsgerichts Hainichen, Wohnungsgrundbuchblatt xxxx, bezeichneten 24/10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an dem Appartement, im Aufteilungsplan bezeichnet mit App. 910, sowie einem Kellerraum, bezeichnet mit 910, Zug um Zug gegen Erfüllung des Widerklageantrages zu 1. an den Kläger.

Der Kläger hat die Zurückweisung der Widerklage beantragt.

Die Parteien streiten um die örtliche Zuständigkeit des Kölner Gerichts, um die Berechtigung der vom Kläger erhobenen Einrede der Verjährung und um die Begründetheit der Widerklage.

Mit Urteil vom 18.12.2002, auf das hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und seiner rechtlichen Würdigung durch die Zivilkammer Bezug genommen wird, hat das Landgericht - wie bereits zuvor in einem Hinweisbeschluss vom 01.07.2002 - die von den Beklagten erhobene Rüge der örtlichen Unzuständigkeit für ungerechtfertigt erklärt und die Widerklage wegen Verjährung der mit ihr erhobenen Schadensersatzforderung abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihre Widerklage unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Sie halten ihre Unzuständigkeitsrüge aufrecht. Hinsichtlich der Verjährung habe sich das Landgericht zu Unrecht darüber hinweggesetzt, dass zwischen den Parteien unstreitig gewesen sei, dass das dem Kläger erteilte Mandat erst am 17.11.1998 beendet gewesen sei, so dass die am 17.11.2001 bei Gericht eingereichte Widerklage die Verjährung rechtzeitig unterbrochen habe. Bei richtiger Bewertung der unstreitigen Umstände ergebe sich, dass das Mandatsende sogar erst erhebliche Zeit nach dem 17.11.1998 liege. Jedenfalls sei die Berufung auf die Verjährungseinrede rechtsmissbräuchlich.

Die Beklagten beantragen,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung an das Landgericht Leipzig zu verweisen, hilfsweise, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung an das Landgericht Köln zurück zu verweisen, weiter hilfsweise für den Fall einer eigenen Sachentscheidung des Senats, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils

a) den Kläger zu verurteilen, an die Beklagten als Gesamtgläubiger 95.686,46 € (= 187.146,44 DM) nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem diesem entsprechenden Basiszins der Europäischen Zentralbank seit dem 22.01.2001 zu zahlen,

b) wie Anträge zu 2. und 3. erster Instanz.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung. Er verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Angriffen der Berufung entgegen.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Berufung stand.

Die mit der Berufung weiterverfolgte Rüge der örtlichen Unzuständigkeit des Landgerichts Köln bleibt erfolglos.

a) Nach § 513 Abs.2 ZPO kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe. Ob die Rüge ausnahmsweise zulässig bleibt, wenn das erstinstanzliche Gericht seine örtliche Zuständigkeit objektiv willkürlich bejaht hat (so in Anlehnung an die von der Rechtsprechung angenommene fehlende Bindungswirkung eines willkürlichen Verweisungsbeschlusses nach § 281 ZPO z.B. OLG Oldenburg, NJW-RR 1999, 865 zu § 512a ZPO a.F.; and. Ans. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., Rz. 10 zu § 513 n.F.), kann dahinstehen, da hier weder der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 10.10.2001 auf Willkür beruht noch das Landgericht Köln aus willkürlichen Erwägungen von einer Weiterverweisung an das Landgericht Leipzig - wie von den Beklagten beantragt - abgesehen hat. Willkürlich wäre die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit der Kölner Gerichte nur dann, wenn sie auf Erwägungen beruht, die nicht mehr verständlich oder offensichtlich unhaltbar sind (vgl. BGH, NJW 2003, 3201). Davon kann hier keine Rede sein. Gegenstand der Klage war die Anwaltsvergütung, die der Kläger für die Abwehr der von den Beklagten - nach Auffassung des Klägers sowohl unredlich als auch unberechtigt - gegen ihn erhobenen Schadensersatzforderung wegen angeblicher Fehlberatung berechnet hat. Unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen in dem unberechtigten Vorwurf einer anwaltlichen Fehlberatung eine zum Schadensersatz verpflichtende Verletzung des Anwaltsvertrages durch den Mandanten liegen kann (z.B. LG Zweibrücken, NJW-RR 1998, 1105; Friedrich, JurBüro 1999, 620; AG Bonn, JurBüro 2000, 34 m. Anm. Wedel), genügt hier die Feststellung, dass der Kläger einen solchen nachvertraglichen Schadensersatzanspruch aus dem beendeten Anwaltsvertrag geltend gemacht hat. Amts- und Landgericht haben hierfür in gleicher Weise wie für die gegen den Anwalt gerichtete Schadensersatzklage wegen Schlechterfüllung des (beendeten) Anwaltsvertrages (z.B. BayObLG, MDR 1996, 850 und AnwBl. 2002, 430) den damaligen Kanzleisitz des Klägers als Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 Abs.1 ZPO) angenommen. Das entsprach der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verbreiteten Tendenz, bei Vertragstypen, bei denen der Schwerpunkt des Vertrags wegen der besonderen Ortsbezogenheit der vertragstypischen Leistung an einem bestimmten Ort liegt, diesen als Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen - seien es Haupt- oder Nebenpflichten - anzusehen (z.B. NJW 2003, 3418 m.w. Nachw.; anders für anwaltliche Gebührenforderungen jetzt Beschluss vom 11.11.2003 - X ARZ 91/03 -, NJW 2004, 54). Die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit der Kölner Gerichte beruht daher jedenfalls auf sachlichen, nachvollziehbaren Erwägungen, die es ausschließen, den Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn und den Umstand, dass sich das Landgericht - wie bereits im Hinweisbeschluss vom 01.07.2002 zum Ausdruck gebracht - gemäß § 281 Abs.2 S.4 ZPO hieran gebunden gesehen hat, als schlechthin unhaltbar zu erachten. Dass das Landgericht im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Klageanspruchs die Schlüssigkeit dieses Anspruchs verneint hat, steht damit nicht in Widerspruch; denn die Schlüssigkeit des geltend gemachten Anspruchs ist erst bei der Prüfung der Begründetheit festzustellen. Für die Zuständigkeitsprüfung kommt es allein darauf an, ob für den geltend gemachten Anspruch die den Erfüllungsort begründenden Tatsachen vorliegen.

b) Es kann daher dahinstehen, ob eine Verweisung des Rechtsstreits wegen örtlicher Unzuständigkeit der Kölner Gerichte für die Klage überhaupt noch zulässig gewesen wäre, nachdem die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Anerkanntermaßen ist, wenn die Klage in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist - unbeschadet noch offener Kostenentscheidung - die Erhebung einer Widerklage unzulässig (BGH, NJW-RR 2001, 60 m.w.Nachw.). Erhoben worden ist die dem Kläger nicht förmlich zugestellte Widerklage indessen erst durch die Antragstellung hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2002, nachdem zuvor die Klage in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden war. Lediglich bei Annahme einer Rückwirkung (entsprechend §§ 270 Abs.3 ZPO a.F., 167 ZPO n.F.) aufgrund der rügelosen Verhandlung des Klägers zur Widerklage (§ 295 ZPO) könnte die örtliche Zuständigkeit für die Klage daher den besonderen Gerichtsstand der Widerklage (§ 33 ZPO) begründet haben, der dann auch nach Beendigung der Rechtshängigkeit der Klage bestehen blieb (§ 261 Abs.3 Nr.2 ZPO).

In der Sache hat das Landgericht den Schadensersatzanspruch der Beklagten zu Recht als verjährt angesehen. Das hält jedenfalls insoweit der Überprüfung stand, als die Verjährung gemäß § 51b Fall 2 BRAO darauf gestützt wurde, dass das Mandat des Klägers zum Zeitpunkt der Einreichung der Widerklage (am 17.11.2001) bereits seit mehr als 3 Jahren beendet war.

a) Wann ein Mandat, das nicht ausdrücklich gekündigt wird, endet, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere dem Inhalt des Mandats und dem Verhalten des Anwalts und seines Mandanten ab (BGH, NJW 1979, 264). Das Mandatsverhältnis endet grundsätzlich mit der Erledigung des Auftrags (OLG Hamm, OLGR 1999, 17, 22; OLG Schleswig, OLGR 2002, 331, 335; Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl., § 50 Rz. 12). Auch bei objektiv unvollständiger Bearbeitung endet das Mandat, wenn der Anwalt dem Mandanten anzeigt, dass er von einer Beendigung ausgeht (BGH, Beschluss vom 12.03.2002 - IX ZR 34/01 -), etwa durch Mitteilung einer Schlussrechnung (BGH, VersR 1984, 162). Der Zeitpunkt der Fälligkeit der Anwaltsvergütung ist indessen für die Beendigung des Auftrags nicht ausschlaggebend (BGH, Beschluss vom 15.07.1999 - IX ZR 4/98 -). Bei einmaliger Inanspruchnahme des Rechtsanwalts zu einer Beratung endet das Mandat regelmäßig schon, wenn der Anwalt dem Mandanten den erbetenen Rat erteilt hat (Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und des Notars, 6. Aufl., Rz. I 26; Feuerich/Weyland, a.a.O., Rz. 13). Spricht der Mandant geraume Zeit später den Anwalt in derselben Sache noch einmal an, so lassen auch etwa bei dieser Gelegenheit erteilte ergänzende Auskünfte das Mandat nicht ohne weiteres wieder aufleben, selbst wenn es sich um die Erfüllung nachvertraglicher Pflichten des Anwalts handelt (OLG Bamberg, VersR 1978, 329; OLG Schleswig, a.a.O.; Feuerich/Weyland, Rz. 24 zu § 51b BRAO).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann nicht zweifelhaft sein, dass das Mandatsverhältnis zwischen dem Kläger und den Beklagten mit der Erteilung der schriftlichen Rechtsauskunft vom 22.01.1998 endete:

aa) Das dem Kläger erteilte Beratungsmandat war auf die Erteilung einer Rechtsauskunft über die Erfolgsaussichten der Beklagten gerichtet, "von einem der Projektbeteiligten Schadensersatz zu bekommen oder sonstwie aus dem Projekt aussteigen zu können" (so die Umschreibung des Mandats in der zur Rechtslage erteilten schriftlichen Auskunft des Klägers vom 22.01.1998). Die Auskunft fiel für die Beklagten negativ aus, so dass sie zunächst von einer Inanspruchnahme Projektbeteiligter absahen und dem Kläger auch kein Mandat zu ihrer außergerichtlichen (Mit-)Vertretung bei den vom Kläger für andere Mandanten geführten Vergleichsverhandlungen mit der Sparkasse N. erteilten. Es ist zwar richtig, dass die mit Schreiben vom 22.01.1998 erteilte Rechtsauskunft des Klägers lediglich eine Entscheidungshilfe für die Beklagten darstellte und durchaus die Möglichkeit offen ließ, dass sich die Beklagten für eine Beauftragung des Klägers mit einer Rechtsverfolgung gegen Projektbeteiligte, insbesondere die Sparkasse N., entschieden. Daraus folgt indessen nicht, dass der Kläger - wie die Beklagten meinen - bis zur ihrer Entscheidung über die Klageerhebung mandatiert war. Weder im Schreiben des Klägers vom 22.01.1998 noch in seinem nachfolgenden Verhalten kommt die Bereitschaft zum Ausdruck, die Beklagten bis zu einer solchen Entscheidung (wann immer diese getroffen werden würde) beratend zu begleiten. Es bedarf keiner Entscheidung, ob bei einer weiterführenden Beauftragung innerhalb eines angemessenen Überlegungszeitraums von einem "nahtlosen" Übergang des Beratungsauftrages in einen Auftrag zur (außergerichtlichen oder gerichtlichen) Vertretung auszugehen wäre; denn so liegen die Dinge hier nicht. Nach Erhalt der Rechtsauskunft vom 22.01.1998 kam es erstmals am 12.06.1998 zu einem erneuten Kontakt der Parteien. An diesem Tag rief die beklagte Ehefrau im Büro des Klägers an und teilte mit, dass sie wegen echter Zahlungsschwierigkeiten in der nächsten Woche einen Termin mit ihrer Hausbank habe. Der Mitarbeiter des Klägers wies sie auf die nach bisherigen Erfahrungen bestehende Bereitschaft der Sparkasse N. hin, in solchen Fällen Entgegenkommen zu zeigen. Die Beklagte wollte sich daraufhin erklärtermaßen selbst darum bemühen, die Sparkasse N. zu einem Entgegenkommen zu bewegen, und sich ggf. nochmals beim Kläger melden. Wenn nicht schon der seit der Rechtsauskunft verstrichene Zeitraum eine Fortdauer des Beratungsauftrages ausschließt, so begründet spätestens die bei diesem Telefongespräch bekundete Absicht der Beklagten, selbst eine - sei es auch nur zeitlich begrenzte - Kompromisslösung mit der Sparkasse N. zu suchen, eine Zäsur, die zur Erledigung des Beratungsauftrages führt. Tatsächlich haben die Beklagten in der Folgezeit auch eine solche zeitlich begrenzte Einigung erzielt, wie die beklagte Ehefrau dem Büro des Klägers in einem weiteren Telefonat am 17.11.1998 mitteilte. Diese nachträglichen telefonischen Kontakte ändern nichts daran, dass der Beratungsauftrag mit der schriftlichen Auskunft vom 22.01.1998 erledigt war (zur Abgrenzung siehe auch OLG Hamm, OLGR 1999, 17, 23; OLG Schleswig, OLGR 2002, 331, 335). Wenn sich auch die beklagte Ehefrau bei dem Telefonat vom 17.11.1998 nach dem Stand der vom Kläger für andere Mandanten betriebenen Angelegenheit "Wohnpark M." im Hinblick auf eine etwaige abschließende Vergleichsvereinbarung mit der Sparkasse N. erkundigt haben mag, so begründet dies keine Fortsetzung des Beratungsmandats, sondern ist im Zusammenhang mit einer etwaigen Beauftragung des Klägers zur Mitvertretung der Beklagten zu sehen. So teilte der Kläger den Beklagten denn auch noch mit Schreiben vom 01.03.1999 (unter dem Betreff: "B. Beratung Wohnpark M.; hier: Vergleichsverhandlungen mit der Sparkasse N.") mit, dass die Vergleichsverhandlungen mit der Sparkasse N. in den nächsten Tagen vor einem Abschluss stünden, und forderte die Beklagten auf, ihm bis spätestens zum 17.03.1999 eine entsprechende Vollmacht hereinzureichen, falls sie weiterhin an einem entsprechenden Vergleich mit der Sparkasse interessiert seien. Unstreitig haben die Beklagten hierauf nicht reagiert. Dass sie stattdessen in der Folgezeit ein Vergleichsangebot angenommen haben, das ihnen die Sparkasse N. nach Maßgabe des mit dem Kläger ausgehandelten Ergebnisses unterbreitete, gibt für eine Fortsetzung des Beratungsmandats ebenso wenig her wie das Rundschreiben vom 19.07.1999 (mit dem Betreff: "Mandantenmitteilung WEG M."), mit welchem der Kläger auch die Beklagten über den Verlauf einer WEG-Versammlung vom 10.07.1999 informierte, in der er etliche seiner Mandanten vertreten hatte. Auch der Umstand, dass der Kläger den Beklagten keine Honorarrechnung über die Beratungstätigkeit erteilt und die ihm seinerzeit von den Beklagten zur Prüfung der Rechtslage überreichten Unterlagen erst im Jahr 2000 zurückgegeben hat, ist hier für die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem das Beratungsmandat endete, unmaßgeblich.

bb) Entgegen der Ansicht der Berufung war das Landgericht nicht etwa deshalb an der eigenständigen Beurteilung des Zeitpunkts der Beendigung des Beratungsmandats gehindert, weil sich der Kläger vor Erhebung der Verjährungseinrede wiederholt selbst am Datum des 17.11.1998 für das Ende des Beratungsmandats orientiert hat (siehe Bl. 3 ff., 53, 602 GA). Dafür, dass der Kläger im nachhinein "spätestens" (Bl. 602 GA) diesen Zeitpunkt als Mandatsende bewertet hat, war maßgeblich, dass die Beklagten ihm an diesem Tage mitgeteilt hatten, selbst eine - wenn auch noch nicht abschließende - Vergleichsvereinbarung mit der Sparkasse N. abgeschlossen zu haben, so dass seine damalige Mitarbeiterin, die das Telefonat entgegen genommen hatte, zunächst keinen Sinn mehr darin sah, die Beklagten in die Vergleichsverhandlungen mit der Sparkasse N. einzubeziehen (siehe Bl. 4 GA und den Telefonvermerk Bl. 11 GA). Zur Begründung der am Ende des Schriftsatzes vom 15.02.2002 (Bl. 612 GA) erhobenen Verjährungseinrede hat der Kläger unmissverständlich auf den 22.01.1998 als Verjährungsbeginn abgestellt ("Etwaige Ansprüche der Beklagten sind am 22.01.2001 verjährt. Mit Schreiben vom 22.01.1998 hat der Kläger die Beklagten nach deren Auffassung unrichtig über die Chancen einer Rechtsverfolgung gegen die Sparkasse N. belehrt"). Darauf, ob der Kläger zu Recht auch den geltend gemachten Regressanspruch bereits als in diesem Zeitpunkt entstanden angesehen hat, kommt es nicht an, da die Verjährung nach der Hilfsregelung des § 51b Fall 2 BRAO gerade dann bereits ab Mandatsende läuft, wenn erst danach der Schaden aus der anwaltlichen Pflichtverletzung entsteht, so dass die Verjährung hier früher eintritt als nach der Hauptregelung des § 51b Fall 1 BRAO; das entspricht dem Wortlaut der Bestimmung und dem Willen des Gesetzgebers (BGH, NJW 1985, 2250; NJW 1992, 836; NJW 1996, 2929, 2931). Dass es bei der Festlegung des Zeitpunkts der Mandatsbeendigung um eine rechtliche Bewertung auf der Grundlage der aufgezeigten Tatsachen geht, räumt die Berufung letztlich selbst ein, wenn sie geltend macht, dass die Mandatsbeendigung "tatsächlich" erst erheblich nach dem 17.11.1998 erfolgt und insoweit "die rechtliche Wertung auch des Beklagtenvertreters" im ersten Rechtszug möglicherweise nicht richtig gewesen sei (Seite 9 der Berufungsbegründung = Bl. 730 GA).

c) Die sog. Sekundärverjährung spielt hier - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat (Seite 8 UA) und auch von der Berufung nicht in Frage gestellt wird (Bl. 776 GA) - keine Rolle.

Der Kläger war auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) gehindert, die Verjährungseinrede zu erheben. Wegen des Zwecks der für den geschädigten Mandanten überaus strengen Verjährungsregelung des § 51b BRAO, den Anwalt davor zu bewahren, durch die Folgen hoher berufstypischer Risiken in unübersehbarer Weise auf unangemessen lange Zeit wirtschaftlich bedroht zu werden, sind an den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung strenge Anforderungen zu stellen (BGH, NJW 2001, 3543, 3545 m.w.Nachw.). Ein solch grober Verstoß gegen Treu und Glauben kommt in Betracht, wenn der Anwalt den (ehemaligen) Mandanten durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten oder zu der Annahme veranlasst hat, sein Anspruch werde auch ohne Rechtsstreit erfüllt oder nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft. In solcher Weise hat sich der Kläger nicht verhalten. Er hat auf das Anwaltsschreiben der Beklagten vom 16.01.2001 noch mit Schreiben vom 18.01.2001 endgültig ablehnend reagiert, ohne auf das Verlangen der Beklagten einzugehen, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Dass sich die Beklagten des möglichen Ablaufs der Verjährungsfrist zum 22.01.2001 bewusst waren, ergibt sich unmissverständlich aus deren Anwaltsschreiben vom 16.01.2001, in dem es hierzu heißt (Seite 4 = Bl. 17 GA): "Da nach den vorliegenden Unterlagen der Anspruch bereits am nächsten Montag, den 22.01.2001 möglicherweise verjähren könnte, sehen wir uns in diesem Falle veranlasst, Sie zunächst einmal aufzufordern, bis spätestens Freitag, den 19.01.2001 10.00 Uhr, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Die kurze Fristsetzung ist hier nicht unangemessen wegen des möglichen Ablaufs der Verjährung. Wir würden uns andernfalls gezwungen sehen, bereits am Montag gegen Sie Klage einzureichen." Allein dem Umstand, dass der Kläger in seinem Antwortschreiben vom 18.01.2001 das Ende des Beratungsmandats am Datum des 17.11.1998 festgemacht hat, weil Frau B. an diesem Tage telefonisch mitgeteilt hatte, dass sie mit der Sparkasse bereits unmittelbar eine Regelung für die nächsten zwei Jahre getroffen habe, kann nicht entnommen werden, dass die Beklagten dadurch von der rechtzeitigen Erhebung der Regressklage abgehalten werden sollten. Wenn die anwaltlich beratenen Beklagten glaubten, im Hinblick auf diese unverbindliche rechtliche Bewertung des Mandatsendes durch den Kläger mit verjährungsunterbrechenden Maßnahmen - hierzu hätte eine Feststellungsklage genügt - noch zuwarten zu können, so begründet dies nicht den Einwand unzulässiger Rechtsausübung gegenüber der Verjährungseinrede. Es braucht daher bei der Beurteilung der Verjährungsfrage nicht darauf eingegangen zu werden, wann der von den Beklagten geltend gemachte Schaden als Voraussetzung für die Entstehung des Ersatzanspruchs eingetreten ist (vgl. die Rechtsprechungsübersicht zur Schadensentstehung bei Zugehör, NJW-Beilage zu Heft 21/1995, S. 13 f.), ferner, ob die am 17.11.2001 bei Gericht eingegangene Widerklage unbeschadet der unterbliebenen förmlichen Zustellung infolge der rügelosen Verhandlung zur Widerklage im Termin vom 11.12.2002 trotz vorheriger Erhebung der Verjährungseinrede geeignet war, eine etwa an jenem Tage (17.11.2001) oder zumindest vor dem 11.12.2002 ablaufende Verjährungsfrist zu unterbrechen oder zu hemmen.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch aus Gründen der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf (§ 543 Abs.2 ZPO n.F.). Wie vorstehend aufgezeigt, wirft der Rechtsstreit keine bislang ungeklärten Rechtsfragen auf, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht und deren Klärung im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung für die von den Beklagten angeregte Revisionszulassung sprechen könnten. Es ist insbesondere allgemein anerkannt - und wird auch von der Berufung so gesehen -, dass es von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere dem Inhalt des Mandats und dem Verhalten des Anwalts und seines Mandanten abhängt, wann ein Mandat durch Erledigung des Auftrags endet. Dass es hierzu für den außergerichtlichen Tätigkeitsbereich weniger veröffentlichte Einzelfalljudikatur gibt als für den Bereich der gerichtlichen Interessenwahrnehmung, rechtfertigt es nicht, der Streitsache grundsätzliche Bedeutung beizumessen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Streitwert der Berufung: 116.138,14 €.

(95.686,46 € für den Zahlungsantrag und weitere 20.451,68 € - entspricht 40.000 DM - für den insoweit in Übereinstimmung mit dem Landgericht bewerteten Feststellungsantrag; die Zugum-Zug-Einschränkung zum Zahlungsantrag erhöht den Streitwert nicht).






OLG Köln:
Urteil v. 04.02.2004
Az: 13 U 124/03


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