Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 9. Oktober 1996
Aktenzeichen: 2 Ws 413-414/96
(OLG Köln: Beschluss v. 09.10.1996, Az.: 2 Ws 413-414/96)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
G R Ó N D E
I.
Der Untergebrachte F. W. B. befindet
sich im Maßregelvollzug in der R. Landesklinik aufgrund Urteils des
Landgerichts Wuppertal vom 27. November 1986, durch das wegen
versuchter Vergewaltigung eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und
sechs Monaten verhängt sowie die Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist. Weiterhin ist
noch eine Restfreiheitsstrafe (von ursprünglich fünf Jahren) aus
einem Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 10. August 1983 zu
vollstrecken.
Für das Verfahren auf Prüfung der
Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung zur
Bewährung (§§ 67 d Abs. 2, 67 e StGB; damaliges Aktenzeichen: 63
StVK 317/88 LG Aachen) hat der Vorsitzende der
Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen dem
Untergebrachten mit Verfügung vom 7. Dezember 1988 Rechtsanwalt R.
(der zuvor seit dem 19. November 1987 als Wahlverteidiger tätig
gewesen war) als Pflichtverteidiger beigeordnet.
In der Folgezeit hat Rechtsanwalt R.
den Untergebrachten in den regelmäßigen Verfahren gemäß §§ 67 d
Abs. 2, 67 e StGB vertreten. Das Landgericht Aachen hat es
wiederholt abgelehnt, die weitere Vollstreckung der Unterbringung
in einem psychiatrischen Krankenhaus aus dem Urteil des
Landgerichts Wuppertal vom 27. November 1986 zur Bewährung
auszusetzen. Erstmals durch Beschluß der Strafvollstreckungskammer
vom 3. Dezember 1991 (sowie dann auch in der Folgezeit) ist es in
den Beschlüssen der Strafvollstreckungskammer zusätzlich auch
abgelehnt worden, die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus
dem Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 10. August 1983 zur
Bewährung auszusetzen.
Der Pflichtverteidiger hat unter dem 6.
Januar 1992 für das Óberprüfungsverfahren des Jahres 1991 eine
Gebühr in Höhe von 120,-- DM gemäß § 91 i.V.m. § 97 BRAGO
abgerechnet, die (zuzüglich Auslagenersatz) antragsgemäß
festgesetzt worden ist.
In der Folgezeit hat der
Pflichtverteidiger auch für das Verfahren 63 StVK 506-507/93 unter
dem 6. Januar 1994 eine Gebühr gemäß § 91 BRAGO (nunmehr in Höhe
von 160,-- DM) geltend gemacht. Auch diese ist unter dem 22.
Februar 1994 antragsgemäß festgesetzt worden, wenngleich wegen
Verrechnung mit den Gebühren aus dem Verfahren des Vorjahres nur
ein Betrag von 45,54 DM zur Auszahlung gelangt ist (Bl. 375, 375 R
V-Heft).
Mit Schriftsatz vom 21. April 1995 hat
sich der Pflichtverteidiger darauf berufen, daß die Gebühren nach §
112 BRAGO zu ermitteln seien; im übrigen hat er die Ansicht
vertreten, daß es sich wegen der Aussetzung der Unterbringung aus
dem Urteil des Landgerichts Wuppertal und der Restfreiheitsstrafe
aus dem Urteil des Landgerichts Bielefeld um zwei getrennte
Angelegenheiten handele, so daß die Gebühren gemäß § 112 Abs. 2
Nr. 1 und Nr. 2 BRAGO jeweils doppelt anzusetzen seien.
Demgemäß hat der Pflichtverteidiger mit
Kostenfestsetzungsanträgen vom 21. April 1996 folgende Beträge
geltend gemacht:
für das Verfahren 63 StVK 506/93 385,83
DM (zwei Gebühren zu je 120,-- DM nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und Nr.
2 BRAGO zuzüglich Auslagen);
für das Verfahren 63 StVK 507/93 310,50
DM (zwei Gebühren zu je 120,-- DM nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und Nr.
2 BRAGO zuzüglich Auslagen);
für das Verfahren 63 StVK 442/94 402,50
DM (zwei Gebühren zu je 160,-- DM nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und Nr.
2 BRAGO zuzüglich Auslagen);
für das Verfahren 63 StVK 443/94 575,--
DM (zwei Gebühren zu je 160,-- DM nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und Nr.
2 BRAGO zuzüglich Auslagen).
Weiterhin hat er mit Antrag vom 28.
Juni 1995 für das Beschwerdeverfahren 2 Ws 180/95 (zu: 63 StVK 442-
443/94) 297,25 DM geltend gemacht (eine Gebühr zu 160,-- DM
zuzüglich Auslagen).
Der Rechtspfleger hat durch Beschlüsse
vom 27. Oktober 1994 für das Verfahren 63 StVK 506-507/93 nur eine
Gebühr zu 160,-- DM gemäß § 91 Nr. 2 BRAGO angesetzt;
einschließlich Auslagen ist die Festsetzung mit 286,93 DM erfolgt.
Für das Verfahren 63 StVK 442- 443/94 hat er eine Gebühr gemäß § 91
Nr. 2 BRAGO in Hö-he von 200,-- DM angesetzt; einschließlich
Auslagen ist eine Festsetzung in Höhe von 523,25 DM erfolgt. Für
das Beschwerdeverfahren 2 Ws 180/95 ist die Festsetzung einer
Gebühr abgelehnt worden; nur im Hinblick auf Auslagen hat der
Pflichtverteidiger hier 86,25 DM erhalten.
Der Rechtspfleger hat die Ansicht
vertreten, daß insgesamt nur jeweils eine Angelegenheit pro
Óberprüfungsverfahren vorgelegen habe. Hierfür falle jeweils nur
eine Gebühr nach § 91 Nr. 2 BRAGO an; hiermit sei auch das
Beschwerdeverfahren abgegolten.
Gegen diese Festsetzungen hat der
Pflichtverteidiger unter dem 16. November 1995 Erinnerung
eingelegt. Er ist der Meinung, daß die Óberprüfung der Aussetzung
der Maßregel aus dem Urteil des Landgerichts Wuppertal und der
Restfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Bielefeld nicht
als einheitliche Angelegenheit zu betrachten sei. Im übrigen seien
jedenfalls für das Maßregelvollstreckungsverfahren die Gebühren -
auch aus verfassungsrechtlichen Gründen - nach § 112 und nicht nach
§ 91 BRAGO zu bestimmen.
Der Vorsitzende der
Strafvollstreckungskammer hat durch Beschluß vom 7. März 1996 die
Erinnerung (auch unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung
des Senats) verworfen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich
die von Rechtsanwalt R. unter dem 15. März 1996 eingelegte
Beschwerde, die - nachdem die Sache dem Senat im August 1996
vorgelegt worden war - unter dem 6. September 1996 im einzelnen
näher begründet worden ist.
II.
Das Rechtsmittel ist als Beschwerde
nach § 98 Abs. 3 BRAGO statthaft und auch sonst zulässig; der
Beschwerdewert (§ 304 Abs. 3 Satz 2 StPO) ist erreicht.
In der Sache ist die Beschwerde nicht
begründet.
Die dem Pflichtverteidiger aus der
Staatskasse zu gewährende Vergütung ist unter dem 27. Oktober 1995
zutreffend festgesetzt worden. Die Vergütung des Rechtsanwalts in
dem Verfahren auf Óberprüfung, ob die weitere Vollstreckung der
Unterbringung zur Bewährung auszusetzen ist (§§ 67 d Abs. 2, 67 e
StGB), richtet sich nach § 91 und nicht nach § 112 BRAGO. Dies
entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluß
vom 12. November 1991, 2 Ws 275/91), die auch mit der Ansicht etwa
des OLG Koblenz (NStZ 90, 345) übereinstimmt. Der
entgegenstehenden, auf die Anwendbarkeit des § 112 BRAGO
abstellenden Meinung (OLG Düsseldorf JurBüro 85, 729; OLG Stuttgart
MDR 94, 312 = StV 93, 653 = Rechtspfleger 94, 126; dem folgend
nunmehr - ohne gesonderte Begründung - Gerold-Schmidt/Madert,
BRAGO, 12. Aufl., § 112 Rdnr. 1 und Hartmann, Kostengesetze, 26.
Aufl., § 112 BRAGO Rdnr. 14) vermag der Senat nicht zu folgen.
Weil das Rechtsmittel aus den
nachstehenden Gründen ohnehin keinen Erfolg hat, kann dahinstehen,
ob für das Verfahren 63 StVK 506-507/93 eine (erneute)
Kostenfestsetzung auf die Anträge vom 21. April 1995 hin auch
schon deswegen ausgeschlossen war, weil für dieses Verfahren -
sowohl von dem Pflichtverteidiger als auch bei dem Landericht
Aachen unbemerkt geblieben - die Kostenfestsetzung bereits unter
dem 2. Februar 1994 (Bl. 375 R V-Heft) erfolgt war und der Antrag
vom 21. April 1995 auch nicht etwa als Erinnerung gegen die
vorangegangene Kostenfestsetzung verstanden worden ist.
1.
Die Tätigkeit des Rechtsanwalts, der
einen Untergebrachten in dem Verfahren zur Óberprüfung, ob die
weitere Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus zur Bewährung auszusetzen ist, vertritt, ist eine
Tätigkeit in Strafsachen, die dem Sechsten Abschnitt (§§ 83 bis
103) der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte unterfällt. Es
handelt sich hierbei gebührenrechtlich - da das Verfahren in der
Hauptsache mit dem erkennenden Urteil abgeschlossen ist und somit
nicht die §§ 83 bis 90 BRAGO zur Anwendung kommen - um eine
Einzeltätigkeit nach § 91 BRAGO (ebenso OLG Koblenz NStZ 90, 345;
dort von der Rechtsprechung des hier entscheidenden Senats
abweichend nur zu der - vorliegend nicht entscheidungserheblichen -
Frage, ob die Gebühr nach §§ 91 Nr. 2, 97 BRAGO dem
Pflichtverteidiger für jedes Óberprüfungsverfahren oder insgesamt
nur einmal zusteht).
Für das Verfahren über eine
Reststrafenaussetzung zur Bewährung nach § 57 StGB entspricht es
einhelliger Ansicht, daß sich die Vergütung des Rechtsanwalts - wie
auch bei sonstigen Strafvollstreckungssachen - nach § 91 BRAGO
richtet (vgl. BayObLG NJW 62, 358; OLG Oldenburg NJW 63, 170; OLG
München Rechtspfleger 77, 377; Göttlich-Mümmler, BRAGO, 18. Aufl.,
Stichwort "Strafsachen" Anm. 8, 2 b; Hartmann, § 91 BRAGO Rdnr.
13; Gerold-Schmidt/Madert § 91 Rdnr. 7; Riedel-Sußbauer/Fraunholz,
BRAGO, 7. Aufl., § 91 Rdnr. 4 und 9; Madert, Anwaltsblatt 82,
177).
Nichts anderes kann für das Verfahren
betreffend eine Aussetzung der weiteren Unterbringung zur
Bewährung gelten. Es sind nicht nur materiellrechtlich die
Voraussetzungen des § 67 d Abs. 2 StGB denen des § 57 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 StGB gleichgestellt (nämlich, ob verantwortet werden kann zu
erproben, ob der Untergebrachte/Verurteilte außerhalb des Vollzugs
keine rechtswidrigen Taten/Straftaten mehr begehen wird). Auch
prozessual zeigt die Verweisung des § 463 Abs. 3 StPO auf § 454
StPO, daß das Verfahren über die Aussetzung der Vollstreckung von
Maßregeln der Besserung und Sicherung dem Verfahren über die
Aussetzung eines Strafrestes gleichsteht. Zwar verkennt auch der
Senat nicht, daß sich die Tätigkeit des Verteidigers in
Maßregelvollstreckungssachen - gerade bei der Unterbringung in
einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB - im Einzelfall
auch sehr umfangreich gestalten kann; der Verteidiger muß sich
nicht nur mit dem die Unterbringung anordnenden Urteil, sondern
auch mit psychiatrischen Sachverständigengutachten und den
ärztlichen Stellungnahmen des jeweiligen Landeskrankenhauses
auseinandersetzen; auch können gerade in Unterbringungssachen die
Anhörungstermine oft zeitaufwendig sein. Doch wird hierdurch nicht
in rechtlicher Hinsicht ein qualitativer Unterschied zur Tätigkeit
des Verteidigers in Strafvollstreckungssachen begründet, wie
insbesondere ein Vergleich mit der Regelung des § 57 a StGB ergibt:
Auch bei der Frage der Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger
Freiheitsstrafe - die gebührenrechtlich gleichfalls dem § 91 BRAGO
unterliegt - ist in der Regel die Befassung mit einem komplexen
Sachverhalt (insbesondere auch zur Frage des § 57 a Satz 1 Nr. 2
StGB) und die Auseinandersetzung mit einem
Sachverständigengutachten (§ 454 Abs. 1 Satz 5 StPO) geboten; auch
hier können je nach Einzelfall sogar mehrere Gutachten
vorliegen.
Es ist für die Einordnung der
Gebührenansprüche des Verteidigers schließlich auch ohne Bedeutung,
daß - worauf sich der Beschwerdeführer unter anderem beruft - bei
der Óberprüfung nach §§ 67 d Abs. 2, 67 e StGB die Fortdauer der -
grundsätzlich unbefristeten - Unterbringung weitgehend vom
zugrundeliegenden Strafverfahren gelöst sei, und daß eine
Beendigung der Unterbringung auch nach dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit in Betracht komme, während eine vorzeitige
Entlassung aus der Strafhaft immer eine "Endstrafe" voraussetze.
Zum einen zeigt gerade die Fallgestaltung des § 57 a StGB, daß auch
eine Reststrafenaussetzung nicht nur zeitige Freiheitsstrafen
betrifft. Zum anderen ist die Bewertung der Tätigkeit des
Verteidigers - und damit ihr Charakter als Einzeltätigkeit im Sinne
des § 91 BRAGO - nicht von der Begründung der dann in der
gerichtlichen Entscheidung auszusprechenden Rechtsfolge - ob
Beendigung der Unterbringung wegen günstiger Sozialprognose oder
aus Gründen der Verhältnismäßigkeit oder ob Ablehnung von beidem -
abhängig.
2.
Ergibt sich schon aus dem Vorstehenden,
daß § 91 BRAGO Anwendung findet, so ist hiermit der
entgegenstehenden Ansicht des OLG Stuttgart (MDR 94, 312; dem
folgend Hartmann § 112 BRAGO Rdnr. 14) die Grundlage entzogen,
wonach die Vergütung der Tätigkeit des Verteidigers im
Óberprüfungsverfahren nach § 67 e StGB in der BRAGO nicht
ausdrücklich geregelt sei und zur Schließung dieser
"Regelungslücke" eine entsprechende Anwendung des § 112 BRAGO
geboten sei.
Eine Regelungslücke besteht gerade
nicht. Einschlägig ist § 91 BRAGO (wobei in dieser Bestimmung etwa
auch die Fälle der §§ 57, 57 a StGB nicht ausdrücklich genannt sind
und dennoch von ihr umfaßt werden), weil es beim Untergebrachten
wie beim Verurteilten um dessen Verteidigung wegen einer
Folgeentscheidung in einer Strafsache geht. Von einer
Regelungslücke kann auch nicht deswegen ausgegangen werden, weil -
so OLG Stuttgart a.a.0. - bei einem sachgerechten Verständnis der
umfassend gebotenen Tätigkeit des Verteidigers im
Unterbringungsverfahren diese mit den Gebühren des § 91 BRAGO
"nicht ausreichend abgegolten" sei. Die Festlegung der Höhe der
Gebühren obliegt dem Gesetzgeber; solange eine - möglicherweise
wünschenswerte - Differenzierung und Festlegung höherer Gebühren
für bestimmte von § 91 BRAGO erfaßte Tätigkeitsbereiche nicht
erfolgt ist, ist das Gericht hieran gebunden. Im übrigen kann - wie
der Senat auch schon in seiner Entscheidung vom 12. November 1991,
2 Ws 475/91, festgehalten hat - dem Umfang der Tätigkeit des
Pflichtverteidigers auch in Maßregelvollstreckungssachen durch
einen Antrag auf Bewilligung einer Erhöhung der Vergütung nach §
99 BRAGO entsprochen werden, falls im Einzelfall die nach § 91 Nr.
2 BRAGO angefallene gesetzliche Vergütung keinen angemessenen
Ausgleich für eine besonders umfangreiche oder schwierige Tätigkeit
darstellt. Wegen dieser Möglichkeit eines Ausgleichs nach § 99
BRAGO greifen auch die von dem Beschwerdeführer geäußerten
verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung des § 91 statt
des § 112 BRAGO nicht durch.
Erst recht wäre eine unmittelbare
Anwendung des § 112 BRAGO (so wohl - dies aber schon voraussetzend
und nicht eigentlich begründend - OLG Düsseldorf JurBüro 85, 729;
dem folgend - wiederum ohne eigene Begründung -
Gerold-Schmidt/Madert § 112 Rdnr. 1) ausgeschlossen:
§ 112 Abs. 1 BRAGO betrifft
gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen, wie sie
bundesrechtlich zunächst durch das Gesetz über das gerichtliche
Verfahren bei Freiheitsentziehungen - FEVG - vom 29. Juni 1956
(BGBl. I S. 599) geregelt worden und wie sie darüber hinaus in
Gesetzen und Verordnungen der Länder normiert sind; ferner werden
nach § 112 Abs. 5 BRAGO vormundschaftsgerichtliche
Unterbringungsmaßnahmen erfaßt (vgl. Hartmann, § 112 BRAGO Rdnr.
1; Riedel-Sußbauer/Fraunholz § 112 Rdnr. 1; Mümmler JurBüro 81,
235). Die Gebührenbestimmung des § 112 BRAGO gilt somit (nur) für
Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (einschließlich
Verfahren in Abschiebungshaftsachen, hierzu OLG Düsseldorf JurBüro
81, 234 mit zust. Anm. Mümmler), nicht also für Strafsachen
(Hartmann § 112 BRAGO Rdnr. 1; ebenso - und somit in Widerspruch zu
der an selber Stelle zur Óberprüfung der Unterbringung nach § 67 e
StGB vertretenen Ansicht - Gerold-Schmidt/Madert § 112 Rdnr. 1).
Der Anwendungsbereich des § 112 BRAGO ist daher, soweit es um
Bundesrecht geht, ebensogroß wie der des FEVG
(Riedel-Sußbauer/Fraunholz a.a.0.). Die strafrechtlichen
(Folge-)Entscheidungen nach §§ 67 d Abs. 2, 67 e StGB können
daher hiervon nicht erfaßt sein.
Folglich kann sich auch die Vergütung
speziell eines Pflichtverteidigers nicht nach § 112 BRAGO richten.
Der Beschwerdeführer wurde als Pflichtverteidiger nach § 140 Abs. 2
(für das Vollstreckungsverfahren: analog) StPO beigeordnet; nicht
hingegen ist er beigeordneter Rechtsanwalt im Sinne des § 112 Abs.
4 BRAGO (der zwar "wie" ein Pflichtverteidiger Gebühren geltend
machen kann, Gerold-Schmidt/Madert § 112 Rdnr. 10, der aber eben
nicht Pflichtverteidiger ist). Beiordnungen nach § 112 Abs. 4 BRAGO
kommen nach Landesrecht in Betracht (Hartmann § 112 BRAGO Rdnr.
16); darum geht es hier nicht. Somit bestimmt sich die
Pflichtverteidigervergü-tung des nach § 41 Abs. 2 StPO bestellten
Beschwerdeführers unmittelbar nach § 97 Abs. 1 BRAGO und daher
nach dem in dieser Vorschrift in Bezug genommenen § 91 BRAGO.
3.
Infolge der Anwendbarkeit des § 91
BRAGO (und nicht des § 112 BRAGO mit der dortigen Differenzierung
in Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2) erhält der Beschwerdeführer die Gebühr
des § 91 Nr. 2 BRAGO i.V.m. § 97 Abs. 1 BRAGO für das jährliche
Óberprüfungsverfahren jeweils nur einmal. Zu dem Verfahren auf
Óberprüfung der Fortdauer der Unterbringung (ebenso wie zu einem
Verfahren über eine bedingte Straufaussetzung zur Bewährung)
gehört wegen der in § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO (i.V.m. § 463 Abs. 3
Satz 1 StPO) getroffenen Regelung auch die mündliche Anhörung des
Verurteilten und für den Pflichtverteidiger die Teilnahme an dem
Anhörungstermin. Weil die Gebühren des § 91 BRAGO Pauschgebühren im
Sinne des § 13 Abs. 1 BRA-GO sind, decken sie die gesamte Tätigkeit
des Rechtsanwalts vom Anfang bis zur Erledigung der Angelegenheit
ab. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers in dem Verfahren vor der
Strafvollstreckungskammer stellte deshalb jeweils eine Einheit dar
und wird durch eine Gebühr abgegolten. Diese ist zutreffend mit
200,-- DM festgesetzt worden.
Auch eine besondere Gebühr für das
Beschwerdeverfahren 2 Ws 180/95 ist nicht angefallen. Die Tätigkeit
des Verteidigers im Beschwerdeverfahren wird durch die Gebühr der
Instanz, gegen deren Entscheidung sich die Beschwerde richtet,
abgegolten; insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen zu
Ziffer 2 des angefochtenen Beschlusses vom 14. Juni 1996 und die
dortigen Nachweise. Hat der Rechtsanwalt Anspruch auf eine Gebühr
nach § 91 Nr. 2 BRAGO, so wird dadurch auch die Einlegung des
Rechtsmittels (die nur dann nach § 91 Nr. 1 BRAGO anfällt, wenn dem
Rechtsanwalt nicht "sonst die Verteidigung übertragen ist") mit
umfaßt (vgl. Gerold-Schmidt/Madert § 91 Rdnr. 6).
4.
Unbegründet ist die Beschwerde
schließlich auch, soweit der Pflichtverteidiger meint, die
Óbrprüfung nach §§ 67 d Abs. 2, 67 e StGB (zu dem Urteil des
Landgerichts Wuppertal) und nach § 57 Abs. 1 StGB (zu dem Urteil
des Landgerichts Bielefeld) sei nicht als einheitliche
Angelegenheit zu betrachten.
Dabei kommt es nicht nur darauf an, daß
- was allerdings in dem angefochtenen Beschluß zutreffend
festgestellt ist - die Pflichtverteidigerbestellung vom 7.
Dezember 1988 sich nur auf das Unterbringungsverfahren bezog (auch
der Beschluß der Strafvollstreckungskammer vom selben Tage betrifft
ausschließlich die Ablehnung der Aussetzung der weiteren
Unterbringung zur Bewährung). Auch kann offenbleiben, ob für die
Strafvollstreckungskammer (wie seit dem 3. Dezember 1991
gehandhabt) Veranlassung bestand, in die ablehenden
Entscheidungen auch die Ablehnung der Reststrafaussetzung aus dem
Urteil des Landgerichts Bielefeld mit einzubeziehen; jedenfalls
hat der Pflichtverteidiger - entgegen der jetzigen
Beschwerdebegründung - keine entsprechenden Anträge gestellt.
Die von der Strafvollstreckungskammer
jeweils enheitlich entschiedene Frage der Aussetzung der
Vollstrekkung der weiteren Unterbringung bzw. der
Restfreiheitsstrafe stellt auch gebührenrechtlich eine Einheit
dar, obwohl ihr zwei gesonderte Akten und Urteile zugrundeliegen.
Die Fallgestaltung liegt nicht anders als bei der Frage der
Reststrafaussetzung bezüglich zweier Freiheitsstrafen; auch hier
kann in Ansehung des § 454 b Abs. 3 StPO nur einheitlich
entschieden werden. Die Argumentation des Beschwerdeführers, daß
wegen des für die Unterbringung geltenden Gesichtspunkts der
Verhältnismäßigkeit "beide Verfahren" zu getrennten Ergebnissen
führen könnten, läßt außer acht, daß es nur auf die Veranlassung
der Óberprüfung, nicht auf das Verfahrensergebnis abzustellen
ist.
5.
Das Verfahren über die Beschwerde ist
gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 89 Abs. 4
BRAGO).
OLG Köln:
Beschluss v. 09.10.1996
Az: 2 Ws 413-414/96
Link zum Urteil:
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