Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. März 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 83/02

(BPatG: Beschluss v. 23.03.2004, Az.: 24 W (pat) 83/02)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke Gastro-Zymist unter der Nummer 398 68 370 für folgende Waren in das Register eingetragen worden:

"Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische Erzeugnisse, ausgenommen Antibiotika und Chemotherapeutika, und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke, Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide; Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Salatsaucen; Konserven, diätetische Nahrungsergänzungsmittel in Form von Fruchtkonzentraten, bestehend aus Früchten, Magermilchpulver und Vitaminen, diätetische Lebensmittel, die zur Verwendung als Mahlzeit oder anstelle einer Mahlzeit oder als Tagesration für Übergewichtige bestimmt sind, vorgenannte Waren für nichtmedizinische Zwecke, soweit in Klasse 29 enthalten; Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, Backwaren, Speiseeis; Honig; Hefe, Backpulver; Senf; Essig, Saucen (ausgenommen Salatsaucen); diätetische Lebensmittel, die zur Verwendung als Mahlzeit oder anstelle einer Mahlzeit oder als Tagesration für Übergewichtige bestimmt sind, vorgenannte Waren für nichtmedizinische Zwecke, soweit in Klasse 30 enthalten".

Die Veröffentlichung erfolgte am 11. März 1999.

Hiergegen ist Widerspruch erhoben von der Inhaberin der Marke 623 506 Gastrobindie seit 16. Juli 1952 für

"Arzneimittel, chemische Erzeugnisse für Heilzwecke und Gesundheitspflege, pharmazeutische Drogen, Pflaster, Verbandstoffe, Entkeimungs- und Entwesungsmittel (Desinfektionsmittel)"

eingetragen ist.

Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ist bestritten worden.

Mit Beschluß vom 22. Januar 2002 hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß es zwischen den Vergleichsmarken auch dann nicht zu Verwechslungen kommen könne, wenn sie sich auf identischen Waren begegneten. Der in beiden Marken enthaltene Zeichenteil "Gastro-" werde sowohl von Fachleuten als auch von erheblichen Teilen des Allgemeinpublikums als beschreibender Hinweis auf eine Magen-Darm-Indikation der Waren verstanden, so daß sich die Aufmerksamkeit auf die Endungen der Zeichenwörter richte. Insoweit unterschieden sich die Lautfolgen "-Zym" und "-bin" hinreichend voneinander, zumal die von den Marken erfaßten Waren einen Bezug zur Gesundheit aufwiesen, so daß mit einer gesteigerten Aufmerksamkeit zu rechnen sei.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, daß die Widerspruchsmarke für Magentabletten und für Magen-Darm-Tees benutzt werde. Zur Glaubhaftmachung hat sie eine eidesstattliche Versicherung vom 28. August 2002 und mehrere Verpackungsmuster und Preislisten zu den Akten gereicht. Im Hinblick auf die Identität bzw. enge Ähnlichkeit der von den Vergleichsmarken erfaßten Waren und die zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand nicht ein. Der Gesamteindruck der Zeichenwörter stimme weitgehend überein. Von einer Verwechslungsgefahr sei im übrigen auch dann auszugehen, wenn man den Zeichenbestandteil "Gastro-" jeweils als kennzeichnungsschwach einstufe.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der Marke 398 68 370 anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für Magentabletten und für Magen-Darm-Tee anerkannt, ist jedoch der Auffassung, daß Verwechslungen nicht zu besorgen seien. Der Zeichenbestandteil "Gastro-" sei auf dem vorliegenden Warengebiet stark verbraucht und weise einen beschreibenden Sinngehalt auf. Die Endsilben "-Zym" und "-bin" seien hinreichend verschieden, um Verwechslungen sicher entgegenzuwirken. Im übrigen verfüge die Markeninhaberin über eine Serie von Marken mit der Endsilbe "-zym". Dieser Bestandteil werde daher vom Verkehr als Hinweis auf die Markeninhaberin erkannt.

Die Widersprechende ist dem entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die Markenstelle hat eine Verwechslungsgefahr zutreffend verneint (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfaßten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 "Lloyd"; GRUR 1998, 387, 389 "Sabèl/Puma"; BGH GRUR 2004, 235, 237 "Davidoff II"; GRUR 2002, 1067, 1068 "DKV/OKV", jeweils mit weiteren Nachw.). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.

Die Widerspruchsmarke wird unstreitig für Magentabletten und für Magen-Darm-Tee benutzt. Die weitergehende und insoweit aufrechterhaltene Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin ist nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG zulässig. Da eine Benutzung über die genannten Waren hinaus weder behauptet noch glaubhaft gemacht worden ist, können auf seiten der Widerspruchsmarke lediglich "Magen-Darm-Mittel" im Sinne der entsprechenden Hauptgruppe der Roten Liste berücksichtigt werden (vgl. BPatG GRUR 1997, 840, 841 "Lindora/Linola" m.w.N.; vgl auch BGH GRUR 2002, 59, 62 f "ISCO").

Die angegriffene Marke ist u.a. für "pharmazeutische Erzeugnisse, ausgenommen Antibiotika und Chemotherapeutika" eingetragen. Insoweit können sich die Marken auf identischen Waren begegnen.

Des weiteren kann mit der Markenstelle ungeachtet beschreibender Anklänge (s. dazu nachfolgend) von einer insgesamt durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werden. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft ist von der Widersprechenden nicht geltend gemacht worden und in Anbetracht der dargelegten Jahresumsätze von durchschnittlich ca. 500.000 € für Magentabletten und 170.000 € für Magen-Darm-Tee auch nicht ersichtlich.

Bei dieser Ausgangslage hat die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand von der Widerspruchsmarke einzuhalten, der jedoch sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht noch gewahrt ist.

Beide Marken weisen am Wortanfang den übereinstimmenden Bestandteil "Gastro-" auf. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich dabei um einen sowohl für Fachkreise (Ärzte, Apotheker) als auch für den durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher verständlichen beschreibenden Hinweis auf die Indikation der von der Widerspruchsmarke erfaßten Magen-Darm-Mittel. Der Bestandteil "Gastro-" ist insoweit auch verbraucht, wie die große Zahl von in der Klasse 5 eingetragenen "Gastro"-Marken belegt, welche die Markeninhaberin aufgezeigt hat. Der Bestandteil "Gastro-" der Widerspruchsmarke weist daher eine deutliche Kennzeichnungsschwäche auf, die sich gerade in den Warenbereichen auswirkt, in denen die angegriffene Marke der Widerspruchsmarke besonders nahe kommt, wie etwa bei den pharmazeutischen und diätetischen Erzeugnissen der Klasse 5 oder den diätetischen Lebensmitteln der Klassen 29 und 30. Die Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise wird daher zwangsläufig auf die übrigen Zeichenbestandteile gelenkt. Insoweit stehen sich die Endsilben "-Zym" und "-bin" gegenüber. Diese Endsilben stimmen in keinem Laut identisch überein. Zwar weisen die Mittelvokale "y" und "i" ebenso wie die Endkonsonanten "m" und "n" eine gewisse Ähnlichkeit auf. Die Konsonanten "z" und "b" sind jedoch so verschieden, daß sie dem durchschnittlich aufmerksamen Verkehr auch im Gesamtklang eine hinreichend sichere Differenzierung der Marken erlauben.

Auch in schriftbildlicher Hinsicht sind die Vergleichsmarken ohne weiteres auseinanderzuhalten, weil sowohl die Buchstaben "Z/z" und "B/b" als auch "Y/y" und "I/i" deutlich voneinander abweichen. Hinzu kommt die getrennte Schreibweise der angegriffenen Marke, die in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet.

Soweit die angegriffene Marke für Waren beansprucht wird, bei denen der beschreibende Sinngehalt des Wortbestandteils "Gastro-" nicht zum Tragen kommt, wie z.B. bei den Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege oder den Desinfektionsmitteln, ist der warenmäßige Abstand zu den Magen-Darm-Mitteln der Widerspruchsmarke so groß, daß auch unter diesem Gesichtspunkt Verwechslungen nicht zu besorgen sind.

Es bestand kein Anlaß, einer der Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

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BPatG:
Beschluss v. 23.03.2004
Az: 24 W (pat) 83/02


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