Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. April 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 65/04
(BPatG: Beschluss v. 19.04.2005, Az.: 24 W (pat) 65/04)
Tenor
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke HAIR IS OUR PASSION ist für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 8, 11, 20, 21, 26, 41, 42 und 44 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Mit Beschluß vom 6. Februar 2004 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren und Dienstleistungen:
"Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, handbetätigte Geräte für Haarschneidezwecke; Messerschmiedewaren; Scheren, soweit in Klasse 08 enthalten; elektrische Haarschneidemaschinen; Rasierapparate; Haartrockenhauben, Haarbedampfungsgeräte, Haarbestrahlungsgeräte, Handhaartrockner; Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Geräte für die Körper- und Schönheitspflege, soweit in Klasse 21 enthalten; Haarteile, Perücken, Wasserwellklammern, Lockenwickler (nicht elektrisch), Haarklemmen und Haarklammern, Haarspangen, Haarclips; Ausbildung, Organisation und Durchführung von kulturellen und/oder sportlichen Veranstaltungen im Friseur- und Kosmetikbereich, Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern und Zeitschriften; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, gewerbsmäßige Beratung über Internet (ausgenommen Unternehmensberatung), Design von Homepages für das Internet; Dienstleistungen eines Friseurs, Dienstleistungen eines Kosmetiksalons, Dienstleistungen eines Friseurgeschäftes".
Zur Begründung führt die Prüferin aus, auch Wortfolgen mit lediglich beschreibendem Inhalt oder Werbeaussagen allgemeiner Art könne die Unterscheidungskraft fehlen. Im vorliegenden Fall handele es sich um einen Slogan, der sich aus breiten deutschen Verkehrskreisen verständlichen englischen Wörtern zusammensetze und als Werbemotto nur die Aussage enthalte, daß der Anbieter der Waren und Dienstleistungen das Haar und alle damit zusammenhängenden Waren und Dienstleistungen zu seiner Leidenschaft erkläre. Da das Wort "Leidenschaft" in der Werbung häufig als Produkt- und Wertversprechen Verwendung finde, werde der Verkehr, der derartige plakative und gefühlsbetonte Werbeaussagen gewöhnt sei, in der Wortfolge lediglich eine übliche Anpreisung der Waren und Dienstleistungen sehen, nicht aber einen Hinweis auf einen bestimmten Betrieb. Damit unterscheide sich die vorliegende Anmeldung von Zeichen, die wegen ihrer Mehrdeutigkeit unterscheidungskräftig seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, die angemeldete Wortfolge sei in Hinblick auf die von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleistungen in keiner Weise beschreibend. Außerdem handele es sich um eine relativ kurze, originelle und prägnante Wortfolge, die außerdem in Alleinstellung eine gewisse Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit aufweise, weil der Bedeutungsinhalt "Haar ist unsere Leidenschaft" unscharf sei und ergänzender konkretisierender Angaben bedürfe.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf die Internet-Recherche des Senats, die der Anmelderin übersandt worden ist, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats steht der Eintragung der angemeldeten Marke - soweit verfahrensgegenständlich - das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl ua EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr 35 - "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 - Nr 40 - "Linde ua"; GRUR 2004, 428, 431- Nr. 48 - "Henkel"; GRUR 2004, 1027, 1029 - Nr. 33, 42 - "DAS PRINZIP DER BE-QUEMLICHKEIT"). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl ua EuGH aaO - Nr 41 - "Linde ua "; aaO - Nr 50 - "Henkel"). Ferner ist dieses Eintragungshindernis im Licht des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt (vgl. ua. EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr 77 - "Philips"; EuGH GRUR 2003, 604, 607 " - Nr. 51 - "Libertel"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Nr 68 - "Postkantoor"; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - Nr. 34 - "BIOMILD"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Nr 86 - "Postkantoor"). Allerdings ist der Anwendungsbereich der Bestimmung des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG nicht auf Bezeichnungen beschränkt, welche konkret die Art oder Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen beschreiben. Vielmehr kann einer Bezeichnung die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl EuGH aaO - Nr 70 u 86 - "Postkantoor"; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - Nr. 19 - "BIO-MILD"; GRUR 2004, 1027, 1030 - Nr. 44 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICH-KEIT").
Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit von Werbesprüchen sind an die Unterscheidungskraft grundsätzlich dieselben Kriterien anzulegen wie bei anderen Markenkategorien. Allerdings kann sich im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Kriterien zeigen, daß nicht jede Markenform von den maßgeblichen Verkehrskreisen notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wird, und es daher schwieriger sein kann, die Unterscheidungskraft der Marken bestimmter Kategorien nachzuweisen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der betreffenden Marke festgestellt wird, daß sie eine Werbefunktion ausübt, die z. B. darin besteht, die Qualität der betreffenden Ware anzupreisen, und daß diese Funktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist. Denn in einem solchen Fall kann bei der Entscheidung dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die Durchschnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren schließen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1030 - Nr. 34, 35, 36 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). Dies ist hier der Fall.
Zwar vermögen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge Indizien für die Eignung sein, die Waren eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage können einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten (vgl. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 f. "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft"). Die hier zu beurteilende angemeldete Kennzeichnung ist jedoch sprach- und werbeüblich gebildet und beschränkt sich auf eine rein sachbezogene Angabe ohne erkennbaren herkunftshinweisenden Gehalt. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat und die ergänzende Internetrecherche des Senats belegt, spricht die Werbung häufig Gefühle an und versucht durch Aussagen, daß Hersteller von Waren oder Anbieter von Dienstleistungen bzw. deren Mitarbeiter sich zu den von ihnen hergestellten Produkten oder ihrer Tätigkeit bekennen und besonders motiviert sind, auf eine besondere Qualität der betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen hinzuweisen. Diese Werbegepflogenheiten sind auf vielen Waren- und Dienstleistungsgebieten, insbesondere auch auf dem Gebiet der Kosmetika und Haarpflege, festzustellen, wie etwa folgende deutsch- und englischsprachigen Beispiele aus der Internet-Datenbank "Slogans.de" (http://www.slogans.de) belegen, die der Anmelderin übersandt worden sind: "Leistung aus Leidenschaft.; Leidenschaft ist unser Antrieb.; aus Leidenschaft für den Garten.; Ideen aus Leidenschaft; Kaffee aus Leidenschaft; Feinste Papiere sind unsere Passion; Your pet, our passion.; Your aspiration. Our passion" oder auf dem hier angesprochenen Gebiet "Together. A passion for hair.; Feel the passion; Bräune ist unsere Stärke". Allen diesen Fundstellen ist gemeinsam, daß - ebenso wie mit der angemeldeten Wortfolge - positive Eigenschaften der Waren bzw. Dienstleistungen durch die Aussage signalisiert werden, daß die betreffenden Anbieter leidenschaftlich bei der Sache sind, also ihr Bestes bei der Herstellung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen geben. Die dabei gewählten Formulierungen lassen zwar verschiedene, aber stets sachbezogene Auslegungen zu. Auch die hier zu beurteilende Wortfolge wird als ein solcher Werbespruch aufgefaßt werden. Ihre Bedeutung ist auch breiten deutschen Verkehrskreisen erkennbar, weil es sich um Wörter des einfachstem englischen Grundwortschatzes handelt, die in der Werbung auf den einschlägigen Sektoren sehr häufig vorkommen und außerdem starke Anklänge an die entsprechenden deutschen Begriffe aufweisen. Bei der Aussage "HAIR IS OUR PASSION" handelt es sich daher in Zusammenhang mit den von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleistungen, die sämtlich der Pflege und Verschönerung der Haare dienen bzw. diese zum Gegenstand haben, oder von Friseuren erbracht werden, um eine ohne weiteres erkennbare werbliche Anpreisung der Ware ohne betriebskennzeichnenden Charakter, der deshalb die Unterscheidungskraft fehlt.
Hiergegen kann die Anmelderin nicht einwenden, der Slogan weise eine gewisse begriffliche Unschärfe und Interpretationsbedürftigkeit auf und eigne sich dadurch als betrieblicher Herkunftshinweis (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; BGH GRUR 2003, 1050 "Cityservice"). Die Werbung bedient sich - wie oben dargestellt - häufig neuer plakativer, das Gefühl ansprechender Wortfolgen, die zwar die Waren nicht mit größter sprachlicher Exaktheit beschreiben, aber doch erkennbar bloße Anpreisungen und keine Hinweise auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb darstellen.
Ströbele Kirschneck Guth Bb
BPatG:
Beschluss v. 19.04.2005
Az: 24 W (pat) 65/04
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