Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Dezember 2006
Aktenzeichen: 24 W (pat) 51/05

(BPatG: Beschluss v. 12.12.2006, Az.: 24 W (pat) 51/05)

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke UMAMI ist am 28. Mai 2002 für die Waren und Dienstleistungen

"Konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse, Gelees, Konfitüren, Fruchtmuse, Speiseöle und -fette; Kaffee, Tee, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze; alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und -säfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Verpflegung von Gästen."

unter der Nr. 301 69 538 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden.

Die Antragstellerin hat am 27. Februar 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke 301 69 538 wegen absoluter Schutzhindernisse nach §§ 50 Abs. 1 Nr. 3 (a. F.), 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG beantragt. Der Begriff "UMAMI" sei die auch in Deutschland seit einiger Zeit bekannte, aus Japan stammende Bezeichnung einer fünften Geschmacksqualität, die durch den Geschmacksverstärker Glutamat hervorgerufen werde. Da "Umami"-Essenzen in jeder Art von Nahrungsmittel enthalten sein könnten oder jedes Nahrungsmittel auf "Umami"-Art zubereitet werden könne, beschreibe die Marke lediglich die Art und Beschaffenheit der registrierten Waren und Dienstleistungen.

Die Antragsgegnerin hat dem ihr vom Deutschen Patent- und Markenamt am 30. März 2003 per Einschreiben zugestellten Löschungsantrag innerhalb von zwei Monaten mit am 28. Mai 2003 beim Amt eingegangenem Schriftsatz widersprochen.

Mit Beschluss vom 18. Oktober 2004 hat die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der Marke 301 69 538 angeordnet. Der zulässige Löschungsantrag sei begründet (§§ 50 Abs. 1 und 2, 54 MarkenG), da der Eintragung der Marke ein aktuelles Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegengestanden habe, welches auch im Entscheidungszeitpunkt noch bestehe. Wie sich aus der Internet-Recherche der Markenabteilung ergebe, bezeichne der Ausdruck "Umami" eine zuerst von dem japanischen Forscher Kikunae Ikeda beschriebene Geschmacksqualität, die neben den vier üblichen Geschmacksrichtungen "süß, sauer, salzig" und "bitter" stehe. Träger des Umami-Geschmacks sei die Glutaminsäure, die als Geschmacksverstärker auch in Europa Verwendung finde und i. d. R. in Gewürzmischungen sowie einer Vielzahl von Fertiggerichten und Halbfertiggerichten beinhaltet sei sowie gerne in Großküchen zur Intensivierung des Geschmacks verwendet werde. Damit bestehe die angegriffene Marke ausschließlich aus einer Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der geschützten Waren und Dienstleistungen dienen könne. Entscheidend für die Beurteilung einer Bezeichnung als freihaltebedürftige Angabe sei insoweit das Interesse der Mitbewerber auf dem beanspruchten Sektor an der Verwendung der betreffenden Bezeichnung für ihre Waren oder Dienstleistungen, wobei schon das Interesse eines relativ kleinen Teils des Gesamtverkehrs ausreiche.

Hiergegen richtet sich Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie trägt zur Begründung vor, die Markenabteilung habe zu Unrecht eine beschreibende freihaltebedürftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG angenommen. Bei dem Markenwort "UMAMI" handle es sich um einen fremdsprachigen japanischen Ausdruck, der als solcher dann nicht eintragungsfähig sei, wenn er einen unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt aufweise, den die insoweit maßgeblichen inländischen Verkehrskreise ohne Weiteres erkennen würden. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Das Wort "Umami" habe im Japanischen verschiedene Bedeutungen. U. a. sei es die Bezeichnung für einen Geschmack, der von bestimmten Nahrungsinhaltsstoffen, nämlich der Glutaminsäure, ausgehe. Es handle sich dabei um ein von dem Japaner Kikunae Ikeda zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschaffenes, an das japanische Adjektiv "umami" (= geschmackvoll, wohlschmeckend) angelehntes Kunstwort, welches in der Lebensmittelchemie als Fachbegriff verwendet werde. Zwar sei sicherlich einem kleinen Teil des Verkehrs bekannt, welchen Bedeutungsumfang der Begriff "Umami" tatsächlich habe. Dem Begriff wohne in diesem Sinn jedoch schon keine Merkmale der konkret betroffenen Waren und Dienstleistungen beschreibender Charakter inne. Denn mit Ausnahme von gekochtem Gemüse (Spargel und Tomaten) befänden sich im Verzeichnis der angegriffenen Marke keine Lebensmittel, die Trägersubstanzen (Glutamat) des "Umami"-Geschmacks enthielten. Bei allen anderen Waren und insbesondere den Dienstleistungen fehle bereits ein hinreichend enger beschreibender Bezug zu dem Begriff "Umami". Abgesehen davon sei weiten Teilen der angesprochenen deutschen Verkehrskreise, auf die abzustellen sei, ein beschreibender Begriffsinhalt des Wortes "Umami" völlig fremd. Es ergebe sich aus keinem der in das Verfahren eingeführten oder über das Internet zugänglichen Belege, dass der japanische Begriff "Umami" von den Herstellern und Händlern in irgendeiner Weise zur Bezeichnung von Eigenschaften einschlägiger Waren oder Dienstleistungen verwendet werde. Nachdem es bei der Entscheidung über die Löschung auf den Zeitpunkt der Eintragung der Marke ankomme, könnten i. Ü. nur Belege berücksichtigt werden, deren Erscheinen vor der Eintragung der Marke am 28. Mai 2002 liege. Das japanische Wort "Umami" existiere in der deutschen Umgangssprache nicht. Es werde, wie auch die Fundstellen z. B. durch die Verwendung in Anführungsstrichen oder mit Rufzeichen zeigten, in der deutschen Sprache als Fremdkörper empfunden. So sage etwa niemand "Das schmecke umami" oder "Da ist Umami drin". Auch sei, anders als bei englischen oder französischen Begriffen, kein japanisches Wort ersichtlich, das als Gattungsbezeichnung für Gegenstände verwendet würde, die nicht dem japanischen Kulturkreis zurechenbar seien. Diese sprachlichen und kulturspezifischen Besonderheiten stünden einer beschreibenden Verwendung des Wortes "Umami" im deutschen Verkehr entgegen. Dafür, dass die Bezeichnung beim Im- oder Export-Verkehr der betroffenen Waren benötigt würde, gebe es keine Anhaltspunkte.

Die Antragsgegnerin beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragsstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung hat die Markenabteilung zu Recht die Löschung der Marke "UMAMI" angeordnet. Wie sich aus den von der Antragstellerin eingereichten Belegen ergebe, bezeichne der Begriff "UMAMI" ganz allgemein eine Geschmacksqualität und zwar für alle verarbeiteten und unverarbeiteten Lebensmittel, die Glutaminsäure enthielten. Nachdem sich ein Fachbegriff nicht "über Nacht" entwickle, könnten auch die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Eintragung stehenden Fundstellen berücksichtigt werden. Außerdem datierten etliche Nachweise aus der Zeit vor der Eintragung, insbesondere der entsprechende Eintrag in Römpp Lexikon Chemie, 10. Aufl., 1999. Für das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sei ferner nicht maßgeblich, ob der fragliche Begriff bereits zur Beschreibung einschlägiger Waren oder Dienstleistungen verwendet werde. Es genüge vielmehr, dass er zur Beschreibung dienen könne. Dies aber sei für den Fachbegriff "Umami" im Hinblick auf die verschiedensten Veröffentlichungen sowohl in der allgemeinen Presse als auch in der Fachliteratur anzunehmen. Da es offenbar in der deutschen Sprache kein entsprechendes Wort zur Bezeichnung der in Rede stehenden Geschmacksrichtung neben süß, sauer, salzig und bitter gebe, sei der Verkehr auf den unmittelbar aus dem Japanischen in die deutsche Sprache übernommenen Ausdruck "Umami" angewiesen, um für jegliche Art von Speisen darauf hinzuweisen, dass diese eben wie "Umami" schmeckten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf die von den Beteiligten eingereichten sowie von der Markenabteilung und dem Senat in das Verfahren eingeführten Unterlagen, verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats ist die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden (§ 50 Abs. 1 MarkenG bzw. § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG a. F.). Da das Schutzhindernis noch fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG), ist die Entscheidung der Markenabteilung, auf den nach §§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1 MarkenG zulässigen Löschungsantrag die Löschung der Marke anzuordnen, zu Recht erfolgt.

Nach dem genannten Schutzhindernis sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für welche die Eintragung beantragt wird. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfolgt die mit Art. 3 Buchstabe c Markenrichtlinie übereinstimmende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 (Nr. 25) "Chiemsee"; GRUR 2004, 146, 147 (Nr. 31) "DOUBLEMINT"; GRUR 2004, 674, 676 (Nr. 54, 56) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 35, 36) "BIOMILD"). Als eine i. d. S. bereits im Eintragungszeitpunkt für die registrierten Waren und Dienstleistungen feststellbare merkmalsbeschreibende Angabe ist die angegriffene Wortmarke "UMAMI" zu beurteilen.

Wie sich aus den in das Verfahren eingeführten Unterlagen zweifelsfrei entnehmen lässt und auch von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt wird, handelt es sich bei dem Wort "U(u)mami" um die Bezeichnung der von dem japanischen Wissenschaftler Kikunae Ikeda Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten und so benannten, zusätzlich zu den bisher bekannten vier Grundgeschmacksarten "süß, salzig, sauer" und "bitter" existierenden, weiteren fünften Geschmacksrichtung, die durch bestimmte Stoffe, hauptsächlich durch das Natrium-L-Glutamat (auch Mononatriumglutamat, Natriumglutamat oder kurz Glutamat), das Natriumsalz der Glutaminsäure, hervorgerufen werden kann. Der Umami-Geschmack ist als solcher schwer zu definieren und wird häufig mit Worten wie würzig, prickelnd, fleischig oder voll, aber auch mit streng oder als eine seltsame Mischung aus süßlich und salzig beschrieben (vgl. u. a. Römpp Lexikon Chemie, 10. Aufl., 1999, S. 4740; auf der Internet-Seite www.landwirtschaftmlr.badenwüerttemberg.de/... den Artikel "Umami, die neue Geschmacksart", Quelle: Aid-PresseInfo Nov. 2000; auf der Internet-Seite www.wissenschaft.de/... die Meldung vom 28. Januar 2000 aus dem Bereich Hirnforschung: "Salzig, sauer, süß, bitter und umami"; in der Zeitschrift "Wirtschaftswoche", Nr. 20, 10. Mai 2001, den Artikel "Antennen für Glutamat ... Süß, sauer, salzig, bitter - und Umami. Immer mehr Feinschmecker entdecken den fünften Geschmack" sowie in der Zeitschrift "test Spezial Ernährung" v. 30. Mai 2001, den Artikel "Alles umami€ ... Kann man gute Laune essen€ Viele sind schon gut drauf, weil das kalte Büffet so köstlich war. War es vielleicht umami€ Das ist der fünfte Geschmack den die Forschung jetzt geortet hat.").

In dieser Bedeutung eignet sich das Markenwort "UMAMI" nicht nur zur Merkmalsbeschreibung von gekochtem Gemüse (Spargel, Tomaten), wie die Antragsgegnerin meint, sondern von sämtlichen für die angegriffene Marke registrierten Lebens- und Genussmitteln. So wird Glutamat, der chemische Stoff, der hauptsächlich für den Umami-Geschmack verantwortlich ist, als Geschmacksverstärker vielen Lebensmitteln zugesetzt, vor allem konservierten Lebensmitteln, wie Fertiggerichten jeder Art, Würzsoßen, Extrakten, Knabbereien, Wurst, Schinken etc.. Freies und gebundenes Glutamat kommt außerdem in vielen Lebensmitteln auch in natürlicher Form vor, so in größeren Mengen insbesondere in reifen Tomaten, Spargel, Fleisch und Käse, aber auch beispielsweise in Trauben, Pflaumen, getrockneten Aprikosen, sowie in geringeren Mengen in Äpfeln, Birnen, Kartoffeln, Möhren, Hühnchen, Fisch, Eiern, Milch, Sahne, Butter, Speiseeis, Brot, Nudeln, süßem Gebäck, Kuchen, Fruchtsäften, Tee, Kaffee, Kakao (vgl. hierzu u. a. in der Zeitschrift "Wirtschaftswoche", Nr. 20, 10. Mai 2001, den Artikel "Antennen für Glutamat ... Süß, sauer, salzig, bitter - und Umami" und in dem von der Antragsgegnerin eingeführten Textauszug von John Emsley über "Mononatriumglutamat", S. 9/10, 15 sowie insb. die Tab. auf S. 24). Unter den für die angegriffene Marke eingetragenen verschiedenen Lebens- und Genussmitteln ist danach keines feststellbar, in welchem Glutamat, sei es als zugefügter Geschmacksverstärker, sei es in natürlicher Form, nicht enthalten sein könnte. Alle in Rede stehenden Lebensmittel können daher den Umami-Geschmack aufweisen bzw. umami schmecken.

In Bezug auf die weiter im Verzeichnis der Marke enthaltene Dienstleistung "Verpflegung von Gästen" bezeichnet das Wort "UMAMI" zwar nicht Art oder Beschaffenheit der Dienstleistung selbst, sondern den Geschmack und damit ein Merkmal der im Rahmen der Gästeverpflegung angebotenen Speisen und Getränke. Dies steht jedoch der Annahme einer beschreibenden Angabe nicht entgegen. Denn eine solche liegt auch bei einer Bezeichnung vor, die sich auf Umstände bezieht, welche die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen selbst nicht unmittelbar betreffen, wenn durch die Bezeichnung ein enger beschreibender Bezug zu den Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 19) i. V. m. 856 (Nr. 33) "FUSSBALL WM 2006"). Davon ist vorliegend auszugehen. Bei Dienstleistungen, die im Wesentlichen auf die Speisezubereitung und die Verpflegung von Gästen mit Speisen und Getränken ausgerichtet sind, stellt der Hinweis auf den - besonderen - Geschmack der Speisen und Getränke, hier auf den Umami-Geschmack, einen wichtigen sachlichen Aspekt dar, der in einem so engen beschreibenden Bezug zu den Verpflegungsdienstleistungen steht, dass die angesprochenen Verkehrskreise - die Kenntnis des Wortes "Umami" unterstellt - den der Marke zukommenden beschreibenden Aussagegehalt sofort und zweifelsfrei erfassen werden.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass eine beschreibende Verwendung des Begriffs "Umami" in der dargelegten Bedeutung für Lebensmittel und Dienstleistungen der hier fraglichen Art im Geschäftsverkehr nicht belegt ist. Denn das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfordert nicht, dass die Angabe, aus der die Marke besteht, in dem für die Entscheidung über die Schutzfähigkeit maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Eintragung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen verwendet wird. Es genügt vielmehr, wie sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, dass eine derartige Benutzung als Sachangabe nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist, da auch in einem derartigen Fall die Voraussetzung gegeben ist, dass die in der Marke liegende Angabe zu diesem Zweck "dienen kann" (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 726 (Nr. 31) "Chiemsee"; GRUR 2004, 674, 676 (Nr. 56) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 38) "BIOMILD"; BGH GRUR 1998, 813, 814 "CHANGE"; GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"). Angesichts der dargelegten, für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen glatt beschreibenden Bedeutung des Markenwortes "UMAMI" und dem nachfolgend noch näher zu erläuternden Verständnis dieser Bedeutung bei einem beachtlichen Teil der beteiligten Verkehrskreise konnte im Eintragungszeitpunkt von einem dahingehenden vernünftigerweise zu erwartenden merkmalsbeschreibenden Einsatz des Wortes im Verkehr ausgegangen werden.

Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wird weiterhin nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Wort "U(u)mami" der japanischen Sprache entstammt. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass "U(u)mami" kein nur in der japanischen Sprache gebräuchliches Wort und damit kein rein fremdsprachliches Wort ist, sondern es in seiner hier in Rede stehenden Bedeutung als Bezeichnung der besagten fünften Geschmacksrichtung schon vor der Eintragung der angegriffenen Marke als Terminus des - wissenschaftlichen - Fachwortschatzes belegt ist (vgl. Römpp, a. a. O.). Darüber hinaus lässt sich seine Verbreitung im Inland auch beim allgemeinen Publikum bereits vor dem maßgeblichen Eintragungszeitpunkt über die Medien in - populärwissenschaftlichen - Artikeln und Fernsehsendungen nachweisen (zusätzlich zu den o. g. Fundstellen vgl. das Thema "Umami - der neue Geschmack" einer in 3sat am 12. Mai 2000 ausgestrahlten Fernsehsendung; den Artikel "Tückische Substanz.Forscher haben einen fünften Geschmack entdeckt. Viele Speisen schmecken nicht süß, salzig, sauer oder bitter, sondern umami." in der Zeitschrift DER SPIEGEL, Heft 6/2000; den Artikel "Das Geheimnis der italienischen Küche", der über die fünfte Geschmacksrichtung "Umami" berichtet und der in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht wurde, und zwar in der "Top Shop Reginalpost" am 9. August 2001, in dem "Blitz-Tip Frankfurt-Nord" sowie der "Hanauer Wochenpost" jeweils am 15. August 2001, in der Wochenpost am 21. August 2001 und im "Kreis Kurier", Lüdinghausen, am 4. Oktober 2001; in der Zeitschrift "Die Welt" vom 29. April 2002 den Artikel "Scharfer Chili stört die Geschmackssinne feiner Gaumen", in welchem der Begriff "U(u)mami" zur Bezeichnung des fünften Geschmacks gebraucht wird; in dem Dental-Magazin "ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis" vom Mai 2002 den Artikel "Wie schmeckt man umami€"). Mittlerweile ist sogar der Eingang des Wortes "U(u)mami" in den allgemeinen deutschen Sprachschatz lexikalisch dokumentiert (vgl. Duden, Die deutsche Rechtschreibung, Band 1, 24. Aufl., 2006, S. 1040: "umami <jap.> (eine Geschmacksrichtung)"). Im Hinblick darauf, dass die Aufnahme eines Begriffs in ein Wörterbuch die Entwicklung des Sprachgebrauchs stets mit einer zeitlichen Verzögerung nachvollzieht, lässt die Fundstelle aus dem Jahr 2006 durchaus den Rückschluss zu, dass das Wort "U(u)mami" auch schon in dem vier Jahre zurückliegenden Eintragungszeitpunkt der Marke bei der deutschen Bevölkerung in gewissem Umfang bekannt war.

Dabei hindert auch die japanische Wortform, wenngleich sie zunächst ungewöhnlich wirken mag, nicht die - beschreibende - Verwendung des Wortes "U(u)mami" in Deutschland. Worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist, gibt es nur den aus dem Japanischen stammenden Ausdruck "U(u)mami" zur Bezeichnung des fünften Geschmacks. Wie die oben aufgeführten Fundstellen dokumentieren, wird er in eben dieser Bedeutung - und nicht etwa als Gattungsbezeichnung für einen Gegenstand des japanischen Kulturkreises - entsprechend den deutschen Bezeichnungen für die anderen Geschmacksrichtungen "süß, sauer, salzig" und "bitter" als Fremdwort in der deutschen Sprache gebraucht.

Zwar wird man aufgrund der getroffenen Feststellungen im Eintragungszeitpunkt und auch heute noch nicht von einem Fremdwort ausgehen können, welches überwiegenden Teilen der angesprochenen inländischen Verkehrskreise, insbesondere der überwiegenden Zahl der breiten Verbraucherschichten, geläufig ist. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfordert jedoch, entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin, keine einhellige oder überwiegende Verkehrsauffassung (vgl. BPatG GRUR 2005, 865, 869 "SPA"). So hat der Europäischen Gerichtshofs in seinem Urteil "Matratzen Concord/Hukla" (GRUR 2006, 411 ff.), in dem er sich mit der Schutzfähigkeit fremdsprachiger, in der jeweiligen (EU-)Fremdsprache die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreibender Wörter befasst, für die Annahme des Schutzhindernisses des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c Markenrichtlinie (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) darauf abgestellt, ob die beteiligten Verkehrskreise in dem Mitgliedstaat, in dem die Eintragung beantragt wird, im Stande sind, die Bedeutung des - fremdsprachigen - Wortes zu erkennen (EuGH a. a. O. (Nr. 26) "Matratzen Concord/Hukla"). Die "beteiligten Verkehrskreisen" sind hierbei nicht stets als die Gesamtheit aller mit den Waren oder Dienstleistungen in Berührung kommender Verkehrsteilnehmer zu verstehen. Vielmehr kann, nachdem der Europäische Gerichtshof insofern zwischen dem Handel und/oder dem Durchschnittsverbraucher differenziert (vgl. EuGH a. a. O. (Nr. 24) "Matratzen Concord/Hukla"), markenrechtlich beachtlich schon das Verständnis nur eines Teils der beteiligten Verkehrskreise sein, insbesondere nur das der am Handel beteiligten Fachverkehrskreise (vgl. hierzu auch Ströbele MarkenR 2006, 433, 435). Angesichts der zur fraglichen Zeit im Mai 2002 vorhandenen zahlreichen Belege für den Gebrauch des Begriffs "U(u)mami" in den deutschen Medien sowie als biochemischer und neurophysiologischer Fachterminus konnte aber zumindest von den in markenrechtlicher Hinsicht beachtlichen beteiligten Fachverkehrskreisen der Lebensmittelhändler und -hersteller und der Gastronomie-Unternehmen, sowie darüber hinaus auch von einer gewissen Zahl einschlägig interessierter und informierter Verbraucher erwartet werden, dass sie schon im Zeitpunkt der Eintragung im Stande waren und es heute erst recht sind, die Bedeutung des Wortes Wort "U(u)mami" als Bezeichnung des fünften Geschmacks zu erkennen.

Der Senat sah keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Zu befinden war vielmehr allein auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung über die Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Marke aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Falles. Insbesondere bedarf die Frage nach den bei die Beurteilung eines fremdsprachigen Wortes als beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu berücksichtigenden Verkehrskreisen im Hinblick auf das hierzu ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofes "Matratzen Concord/Hukla" (vgl. a. a. O.) keiner weiteren Klärung durch den Bundesgerichtshof.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG).






BPatG:
Beschluss v. 12.12.2006
Az: 24 W (pat) 51/05


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