Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. November 2005
Aktenzeichen: 21 W (pat) 53/03
(BPatG: Beschluss v. 24.11.2005, Az.: 21 W (pat) 53/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. September 2003 aufgehoben.
Das Patent 199 40 624 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 und 7, eingegangen am 12. September 2001, Patentansprüche 2 bis 6 und 8 bis 12 gemäß Patentschrift, Beschreibung Spalten 1 bis 5 gemäß Patentschrift und 1 Blatt Zeichnungen gemäß Patentschrift.
Gründe
I Auf die am 27. August 1999 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent 199 40 624 mit der Bezeichnung "Sicherheitsvorrichtung für eine Blutbehandlungsvorrichtung und Verfahren zur Erhöhung der Sicherheit einer Blutbehandlungsvorrichtung" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Erteilung ist am 16. November 2000 erfolgt.
Die Patentabteilung 41 hat das Streitpatent nach Prüfung des für zulässig erklärten Einspruchs mit Beschluss vom 1. September 2003 widerrufen.
Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, dass die Gegenstände der am 12. September 2001 eingegangenen nebengeordneten Patentansprüche 1 und 7, mit welchen die Patentinhaberin das Streitpatent verteidigt, angesichts des aus der Druckschrift D1: F. von der Haar et al.: "Mikroprozessorgeregelte volumetrische Ultrafiltration bei einem Hämodialysegerät" in: Biomedizinische Technik, Band 29, Heft 6/1984, Seiten 141 bis 146 bekannten Standes der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruhe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.
Im Einspruchsverfahren ist ferner auf die Entgegenhaltungen D2: Gebrauchsanleitung des Dialysegerätes "Dialog" der Firma B. Braun Melsungen AG, Ausgabedatum der Kapitel 1 bis 3.7 und 3.10 bis 3.22: 1/98 Ausgabedatum der Kapitel 3.2, 3.8 und 3.9: 8/98 sowie D3: Gebrauchsanleitung des Dialysegerätes "HD-secura" der Firma B. Braun Melsungen AG, Seiten 53 bis 73 und 129 bis 145, Druckver- merk 005.07.89/1 verwiesen worden. Die Einsprechende hat außerdem eine offenkundige Vorbenutzung des vorstehend genannten Dialysegerätes "HD-secura" geltend gemacht, zu deren Nachweis sie das Dokument D4: eidesstattliche Versicherung des Herrn K... in V..., vom 8. Februar 2001 vorgelegt und Zeugenbeweis angeboten hat.
Im Prüfungsverfahren ist die Entgegenhaltung DE 42 39 937 C2 in Betracht gezogen worden. Des Weiteren wird in der Streitpatentschrift zum Stand der Technik auf die Druckschrift DE 34 16 057 A1 verwiesen.
Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, die Druckschrift D1 könne dem Fachmann die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 7 nicht nahe legen.
Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den mit Schreiben vom 10. September 2001 geltend gemachten Patentansprüchen 1 und 7, im Übrigen den erteilten Ansprüchen 2 bis 6 und 8 bis 12 der Patentschrift sowie den übrigen Unterlagen gemäß Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.
Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der geltende, mit Gliederungspunkten versehene Patentanspruch 1 lautet:
M1 Sicherheitsvorrichtung für eine extrakorporale Blutbehandlungsvorrichtung, die aufweist:
M2 eine durch eine semipermeable Membran in eine erste und eine zweite Kammer getrennte Austauscheinheit, M3 eine Ultrafiltrationseinrichtung zum Entziehen von Ultrafiltrat aus der Austauscheinheit mit einer Ultrafiltrationsrate, die über eine Einrichtung zum Einstellen der Ultrafiltrationsrate verfügt, die während der Behandlung veränderbar ist, wobei die Sicherheitsvorrichtung aufweist:
M4 eine Messeinrichtung (24) zum Messen des Transmembrandrucks TMP, M5 eine Einrichtung (25) zum Festlegen eines oberen und/oder unteren Grenzwertes für den Transmembrandruck TMP und M6 eine Einrichtung (26) zum Vergleichen des gemessenen Transmembrandrucks TMP mit dem oberen und/oder unteren Grenzwert, L1, L2, dadurch gekennzeichnet, dass M7 die Einrichtung (25) zum Festlegen des oberen und/oder unteren Grenzwertes für den Transmembrandruck TMP eine Recheneinheit (25a) zum fortlaufenden Berechnen des sich bei der momentan vorgegebenen Ultrafiltrationsrate UFR einstellenden Transmembrandrucks TMP und M8 zum fortlaufenden Berechnen des unteren und/oder oberen Grenzwertes L1, L2 auf der Grundlage des berechneten Transmembrandrucks aufweist, M9 wobei die Recheneinheit (25a) derart ausgebildet ist, dass der sich bei der momentan vorgegebenen Ultrafiltrationsrate UFR einstellende Transmembrandruck TMP aus dem Quotienten der Ultrafiltrationsrate UFR und dem Ultrafiltrationskoeffizienten UFK bestimmbar ist.
Der geltende, mit Gliederungspunkten versehene Patentanspruch 7 lautet:
N1 Verfahren zur Erhöhung der Sicherheit einer extrakorporalen Blutbehandlungsvorrichtung, die aufweist:
N2 eine durch eine semipermeable Membran in eine erste und eine zweite Kammer getrennte Austauscheinheit, N3 eine Ultrafiltrationseinrichtung zum Entziehen von Ultrafiltrat aus der Austauscheinheit mit einer Ultrafiltrationsrate, die über eine Einrichtung zum Einstellen der Ultrafiltrationsrate verfügt, die während der Behandlung veränderbar ist, N4 wobei der Transmembrandruck TMP gemessen und N5 ein oberer und/oder unterer Grenzwert für den Transmembrandruck TMP festgelegt und N6 der gemessene Transmembrandruck TMP mit dem oberen und/oder unteren Grenzwert verglichen wird, dadurch gekennzeichnet, dass N7 der sich bei der momentan vorgegebenen Ultrafiltrationsrate einstellende Transmembrandruck TMP fortlaufend berechnet N8 und der untere und/oder obere Grenzwert auf der Grundlage des berechneten Transmembrandrucks fortlaufend bestimmt wird, N9 wobei der sich bei der momentan vorgegebenen Ultrafiltrationsrate einstellende Transmembrandruck TMP aus dem Quotienten der Ultrafiltrationsrate UFR und dem Ultrafiltrationskoeffizienten UFK berechnet wird.
Hinsichtlich der geltenden Unteransprüche 2 bis 6 sowie 8 bis 12 wird auf die Streitpatentschrift, hinsichtlich weiterer Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents, da sich die Gegenstände der verteidigten nebengeordneten Patentansprüche 1 und 7 nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als patentfähig erweisen.
1.) Die seitens des Senats von Amts wegen vorzunehmende Überprüfung des Einspruchsvorbringens hat ergeben, dass der Einspruch zulässigerweise erhoben worden ist. Denn der auf mangelnde Patentfähigkeit der Streitpatentgegenstände gestützte Einspruch ist innerhalb der gesetzlichen Einspruchsfrist im Sinne des § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG ausreichend substantiiert worden. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von der Patentinhaberin im Übrigen nicht bestritten worden.
2.) Die verteidigten Patentansprüche 1 bis 12 sind zulässig.
a) Gegen die Zulässigkeit der verteidigten Patentansprüche 1 und 7 (§ 22 Abs. 1; § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) bestehen keine Bedenken, da sie ihre inhaltliche Stütze sowohl in der Streitpatentschrift als auch in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen finden.
So umfassen die erteilten Patentansprüche 1 und 7 die Merkmale der ursprünglichen Patentansprüche 1 und 2 bzw. 8 und 9. In den verteidigten Patentansprüchen 1 und 7 sind - vgl. die vorstehenden Merkmalsgliederungen - lediglich noch die in den Merkmalen M3 und M7 bis M9 bzw. den Merkmalen N3 und N7 bis N9 jeweils kursiv geschriebenen Ergänzungen hinzugekommen, welche allesamt ihre Stütze in der ursprünglichen Beschreibung (vgl. Seite 2, vorletzter Absatz, Seite 3, 2. und 3. Absatz, Seite 4, 1. Absatz und Seite 7, letzter Absatz bis Seite 9, 2. Absatz, 3. Zeile ) bzw. in der Streitpatentschrift (vgl. Spalte 1, vorletzter Absatz, Spalte 2, Zeilen 13 - 27, Spalte 2, Zeilen 44 - 51 und Spalte 4, Zeile 51 bis Spalte 5, Zeile 38) finden und welche den Schutzbereich der erteilten Patentansprüche 1 und 7 nicht erweitern.
b) Die verteidigten Patentansprüche 2 bis 6 und 8 bis 12 entsprechen - in dieser Reihenfolge - den ursprünglichen Patentansprüchen 3 bis 7 und 10 bis 14.
Die Zulässigkeit der verteidigten Patentansprüche ist von der Einsprechenden im Übrigen nicht bestritten worden.
3.) Das Streitpatent betrifft eine Sicherheitsvorrichtung für eine extrakorporale Blutbehandlungsvorrichtung, insbesondere eine Hämodialyse-, Hämofiltrations- oder Hämodiafiltrationsvorrichtung und ein Verfahren zur Erhöhung der Sicherheit einer extrakorporalen Blutbehandlungsvorrichtung (Streitpatentschrift Spalte 1, Zeilen 3 bis 7).
Nach den Angaben in der Streitpatentschrift (Spalte 1, Zeilen 16 bis 29) ist der Entzug von überschüssigem Körperwasser durch Ultrafiltration ein wesentlicher Bestandteil der Dialysetherapie. Bei der heutigen Standardtherapie werde entweder eine feste Ultrafiltrationsrate UFR oder aber ein fester zeitlicher Verlauf der Ultrafiltrationsrate (UF-Profil) vorgegeben. Die Menge des während der Behandlung zu ultrafiltrierenden Volumens sowie die Ultrafiltrationsrate wirkten sich auf die Flüssigkeitskompartiments des Körpers sowie die Kreislaufregulation aus. Daher sei die Ultrafiltration sicherheitskritisch. Bei unkontrolliertem Flüssigkeitsentzug von einigen l/h könne bereits nach einigen Minuten ein für die Kreislaufregulation kritisches Blutvolumen erreicht sein und ein schwerer Blutdruckabfall ausgelöst werden, der intensivmedizinische Maßnahmen erforderlich mache.
Wie in der Streitpatentschrift (Spalte 1, Zeilen 30 bis 39) weiter ausgeführt wird, nimmt die Ultrafiltrationsrate UFR eines Dialysators proportional mit dem bestehenden Transmembrandruck TMP zu, wobei der Transmembrandruck der Druckunterschied zwischen dem mittleren blutseitigen und dem mittleren dialyseseitigen Druck sei. Dabei gebe der Ultrafiltrationskoeffizient an, welcher Wasserentzug (Ultrafiltrationsmenge) pro Stunde und mmHg Transmembrandruck erzielt werden könne (Dimension ml/h x mmHg). Aus Ultrafiltrationskoeffizient UFK und gewünschtem Wasserentzug ergebe sich somit der einzustellende Transmembrandruck TMP.
Zur Erhöhung der Sicherheit des Patienten verfügen die bekannten Blutbehandlungsvorrichtungen nach den Angaben in der Streitpatentschrift (Spalte 1, Zeilen 40 bis 57) über eine Sicherheitsvorrichtung, die den während der Blutbehandlung gemessenen Transmembrandruck dahingehend überwacht, ob er einen oberen und unteren Grenzwert über- bzw. unterschreitet, die einen Fensterbereich definieren. Bei Verlassen des Fensterbereichs werde ein Alarm gegeben. Das Erreichen des oberen Grenzwertes könne auf eine Verstopfung des Dialysators hinweisen, das Erreichen des unteren Grenzwertes auf ein Leck des Flüssigkeitssystems. Bei einer Blutbehandlung mit konstanter Ultrafiltrationsrate UFR werde der Fensterbereich vor Beginn der Blutbehandlung manuell anhand der Messwerte des Transmembrandrucks eingestellt. Ändere sich die Ultrafiltrationsrate jedoch während der Blutbehandlung, müsse das Fenster nachgeführt werden. Bei Blutbehandlungsvorrichtungen, die ein stufenartiges Ultrafiltrationsprofil vorgeben, erfolge eine automatische Nachführung des Fensters anhand der neuen Messwerte.
Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, eine Sicherheitsvorrichtung für eine extrakorporale Blutbehandlungsvorrichtung zu schaffen, die eine Überwachung des Transmembrandrucks auch bei einer kontinuierlichen Regelung der Ultrafiltrationsrate mit hoher Zuverlässigkeit erlaubt. Ferner soll ein Verfahren zur Erhöhung der Sicherheit einer extrakorporalen Blutbehandlungsvorrichtung angegeben werden, mit dem eine Überwachung des Transmembrandrucks auch bei einer kontinuierlichen Regelung der Ultrafiltrationsrate mit hoher Zuverlässigkeit möglich ist (Streitpatentschrift Spalte 2, Zeilen 13 bis 27).
Diese Aufgabe wird durch die Vorrichtung und das Verfahren mit den in den verteidigten Patentansprüchen 1 und 7 angegebenen Merkmalen gelöst.
Es kommt beim Streitpatent demnach entscheidend darauf an, dass die Ultrafiltrationsrate weder konstant ist, noch einen festen zeitlichen Verlauf (UF-Profil) aufweist (vgl. Streitpatentschrift Spalte 1, Zeilen 18 bis 20). Vielmehr soll die Ultrafiltrationsrate gemäß dem Merkmal M3 bzw. N3 während der Behandlung veränderbar sein, indem beispielsweise der Arzt aktiv in den Dialysevorgang eingreift. Dieser gewollten Änderung wird das Streitpatent dadurch gerecht, dass es lehrt, wie gleichwohl die Alarmfunktion bei Über- bzw. Unterschreitung der Grenzwerte des Transmembrandrucks sichergestellt werden kann. Zu diesem Zweck soll der die jeweilige Ultrafiltrationsrate repräsentierende Transmembrandruck gemäß Merkmal M7 bzw. N7 fortlaufend aus der Ultrafiltrationsrate berechnet werden. Aus diesem Sollwert werden sodann der obere und untere Grenzwert des Transmembrandrucks gemäß Merkmal M8 bzw. N8 ermittelt.
4.) Den Gegenständen der verteidigten Patentansprüche 1 und 7 stehen Schutzhindernisse nicht entgegen. Denn die im Patentanspruch 1 beanspruchte - zweifelsohne gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) Sicherheitsvorrichtung ist gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik neu (§ 3 PatG ) und beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) des zuständigen Durchschnittsfachmanns, der hier als ein mit der Entwicklung von Dialysegeräten befasster, berufserfahrener Diplom-Physiker zu definieren ist, der bei seiner Arbeit in ständigem Kontakt zu einem auf dem Gebiet der Blutbehandlung tätigen Arzt steht. Entsprechendes gilt für das im nebengeordneten Patentanspruch 7 beanspruchte Verfahren.
a) Die Gegenstände der verteidigten Patentansprüche 1 und 7 sind gegenüber dem im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik neu.
aa) Die Entgegenhaltung D1 befasst sich mit einem Verfahren zur volumengeregelten Ultrafiltration bei der Hämodialyse. Wie in dieser Druckschrift (vgl. Seite 144, rechte Spalte, letzter Absatz ) ausgeführt ist, müsste das hierfür erforderliche Messverfahren zur kontinuierlichen Erfassung des Ultrafiltrationsflusses in der Lage sein, beispielsweise einen Volumenstrom von 8 l/min mit einer Genauigkeit von 0,24 ml/min zu erfassen. Erschwerend sei der relativ hohe Grundwert von 500 ml/min, dem sich der zu messende Ultrafiltrationsfluss überlagere. Daraus errechne sich eine Messprinzipsgenauigkeit von 0,05 %. Dieses Problem soll beim Stand der Technik nun durch das im Flussdiagramm Bild 4 (vgl. Seite 145) dargestellte Verfahren gelöst werden. Hierbei wird zwar zunächst ein Wert TMP0 für den Transmembrandruck zu Beginn der Dialyse aus der gewünschten Ultrafiltrationsrate berechnet. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wird der neue Sollwert TMP2 jedoch nicht mehr aus der Ultrafiltrationsrate, sondern aus der Füllzeit t2 einer Messkammer mit bekanntem Volumen ermittelt. Liegt diese Füllzeit innerhalb eines vorgegebenen Toleranzfensters, dann wird - nach einer Wartezeit von 15 min - mit dem ursprünglichen Transmembrandruck weiterverfahren. Andernfalls wird die Behandlung mit dem zuletzt aus t2 berechneten Transmembrandruck TMP2 fortgesetzt.
An das dem Streitpatent zugrunde liegende Problem einer während der Behandlung veränderbaren Ultrafiltrationsrate entsprechend dem Merkmal M3 bzw. N3 ist in der Entgegenhaltung D1 ersichtlich nicht gedacht. Entgegen der von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung kann insofern von einer fortlaufenden Berechnung des Transmembrandrucks TMP2 aus der momentan vorgegebenen Ultrafiltrationsrate - wie dies insoweit durch die Merkmale M7 und M8 bzw. N7 und N8 der verteidigten Patentansprüche 1 und 7 gelehrt wird - beim Stand der Technik gemäß Druckschrift D1 nicht die Rede sein. Dies ist unmittelbar auch daraus zu ersehen, dass der Transmembrandruck TMP2 gemäß dem in der D1 hierfür angegebenen Algorithmus (Seite 145, rechte Spalte, oben) jedenfalls nicht explizit zeitabhängig ist. Auch ist gemäß dieser Entgegenhaltung nicht vorgesehen, die oberen und unteren Grenzwerte des Transmembrandrucks entsprechend dem Merkmal M8 bzw. N8 fortlaufend aus dem jeweils berechneten Transmembrandruck zu ermitteln. Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung demgegenüber geltend gemacht, die Druckschrift D1 weise den Fachmann auf eine solche Vorgehensweise hin. Denn im Abschnitt "Software" (Seite 145, rechte Spalte, unten und Seite 146, rechte Spalte, oben) fänden sich bei der Auflistung der beim Stand der Technik vorgesehenen Funktionen auch die beiden Punkte "6. Plausibilitätsprüfung (Größe der TMP-Verstellung )" sowie "7. TMP-Begrenzung". Dieser Beurteilung des Offenbarungsgehaltes der D1 durch die Einsprechende vermag sich der Senat nicht anzuschließen, da der Druckschrift keinerlei weitere Angaben hinsichtlich dieser Funktionen zu entnehmen sind. Darüber hinaus ist es, wie eingangs schon erwähnt, das erklärte Ziel der D1, eine volumengeregelte Ultrafiltration mit dem Transmembrandruck als Regelgröße durchzuführen (Abstract und Seite 146, rechte Spalte, letzter Absatz ). Insofern kann bei diesem Stand der Technik jedenfalls nicht von einer während der Behandlung veränderbaren Ultrafiltrationsrate ausgegangen werden, aus welcher fortlaufend der Sollwert des Transmembrandrucks bestimmt wird.
bb) Es kann dahinstehen, ob das in der D3 beschriebene Dialysegerät "HD-secura" der Firma B. Braun Melsungen AG - wie die Einsprechende in ihrem Einspruchsschriftsatz geltend gemacht hat - offenkundig vorbenutzt worden ist oder nicht. Denn auch dieses Dokument vermag die Patentfähigkeit der Gegenstände der verteidigten Patentansprüche 1 und 7 nicht in Frage zu stellen. Insofern bestand für den Senat keine Veranlassung, den von der Einsprechenden benannten Zeugen zur mündlichen Verhandlung zu laden. Im Übrigen hat die Einsprechende die behauptete Vorbenutzung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffen.
Die Druckschrift D3 (vgl. insbesondere die Seiten 54, 55, 65 und 143) lehrt, die jeweils für einen bestimmten Anwendungsfall erwünschte Ultrafiltrationsrate durch eine Vielzahl möglicher Werte des Transmembrandrucks zu realisieren, der seinerseits durch fest vorgegebene Grenzwerte beschränkt werden muss. Ebenso wie bei Entgegenhaltung D1 ist es auch das erklärte Ziel dieses Standes der Technik, eine volumengeregelte Ultrafiltration mit einem innerhalb einer bestimmten Zeit zu füllenden Messvolumen durchzuführen. An eine Berechnung des Transmembrandrucks in Abhängigkeit von einer veränderbaren Ultrafiltrationsrate ist somit in Druckschrift D3 ersichtlich nicht gedacht.
b) Die Gegenstände der verteidigten Patentansprüche 1 und 7 beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des vorstehend definierten Durchschnittsfachmanns.
aa) Die Druckschrift D1, aus der - wie dargelegt - die Merkmale M3 und M7 bis M9 bzw. N3 und N7 bis N9 der verteidigten Patentansprüche 1 und 7 nicht zu entnehmen sind, vermag für sich genommen den Fachmann nicht dazu anzuregen, die beanspruchte Lehre zu verwirklichen. Dieser Entgegenhaltung lassen sich nämlich keinerlei Hinweise entnehmen, dass es von Vorteil sein könnte, von dem dort beschriebene Dialysegerät bzw. -verfahren abzurücken, indem von einer veränderbaren Ultrafiltrationsrate ausgegangen wird, aus welcher fortlaufend der Transmembrandruck sowie dessen oberer und unterer Grenzwert berechnet werden, wie dies insoweit durch die verteidigten Patentansprüche 1 und 7 gelehrt wird.
bb) Aber auch durch Einbeziehung der D3 gelangt der zuständige Fachmann nicht zur beanspruchten Lehre, da diese Druckschrift - wie vorstehend erörtert - nicht über den Offenbarungsgehalt der D1 hinausgeht, sondern ebenso wie diese lediglich eine wiederholte Berechnung des Transmembrandrucks aus der Füllzeit einer Messkammer beschreibt.
cc) Die verbleibenden, eingangs genannten Druckschriften liegen von den Gegenständen der verteidigten Patentansprüche 1 und 7 ebenfalls weit ab. Sie haben in der mündlichen Verhandlung im Übrigen keine Rolle gespielt.
5.) Die auf die Patentansprüche 1 und 7 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 6 und 8 bis 12 betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen der Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 bzw. des Verfahrens gemäß Patentanspruch 7. Sie haben deshalb zusammen mit diesen beiden Patentansprüchen Bestand.
Dr. Winterfeldt Engels Dr. Maksymiw Dr. Häußler WA
BPatG:
Beschluss v. 24.11.2005
Az: 21 W (pat) 53/03
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