Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 22. Februar 2000
Aktenzeichen: 4 O 234/99

(LG Düsseldorf: Urteil v. 22.02.2000, Az.: 4 O 234/99)

Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres auf die Ausführung von Industriemontagen und Montagen im Rohrleitungsbereich einschließlich der

Arbeitnehmerüberlassung hierfür ausgerichteten

Geschäftsbetriebes die Kennzeichnung

X

zu benutzen, insbesondere unter diesem Zeichen die vorgenannten Dienstleistungen anzubieten oder zu

erbringen oder dieses Zeichen in Geschäftspapieren,

Anzeigen oder in der Werbung zu benutzen;

2.

der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in

welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe

- der erzielten Umsätze sowie

- der betriebenen Werbung, aufgegliedert nach Werbeträgern und unter Angabe von deren Auflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.

II.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin wurde 1969 mit der Firma "X" im Handelsregister eingetragen. Seit 1975 firmiert sie als "X". Sie ist Inhaberin der nachstehend wiedergegebenen, am 30. April 1981 angemeldeten und am 22. Februar 1983 eingetragenen deutschen Marke X (vgl. Anlage B 8; nachfolgend: Klagemarke), deren Eintragung am 15. April 1983 veröffentlicht wurde.

Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Klagemarke lautet wie folgt: "Waren aus unedlen Metallen, nämlich Absperr-, Regel- und Sicherheitsarmaturen für Industrieanlagen, Großbehälter und Rohrleitungen; Reparatur und Instandhaltung vorgenannter Waren sowie von Maschinenanlagen und deren Teilen; Werkstoffprüfung und technische Beratung".

Die letzte Verlängerung der Schutzdauer der Klagemarke erfolgte am 30. April 1991 für zehn Jahre. Als Inhaberin der Klagemarke ist noch die X eingetragen (vgl. Anlage K 1), deren persönlich haftende Gesellschafterin die Klägerin war. Die Kommanditistin der X übertrug ihre Kommanditeinlage auf die Klägerin. Die X wurde dadurch aufgelöst, und die Klägerin wurde deren Rechtsnachfolgerin.

Der Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist in erster Linie auf die Montage, Reparatur und Wartung von Armaturen für Industrieanlagen gerichtet, wobei die Klägerin ihre Dienstleistungen vornehmlich in chemischen Anlagen, petrochemischen Anlagen, Raffinerien, konventionellen Kraftwerken und auch Kernkraftwerken erbringt und für diese Bereiche anbietet.

Die Beklagte ist ein mittelständisches Unternehmen, das seit dem 3. März 1988 mit dem Unternehmensgegenstand "die gewerbliche Überlassung von Arbeitnehmern" unter der Nummer X im Handelsregister des Amtsgerichts Bochum eingetragen ist (vgl. Anlage B 3). Sie ist eingetragene Inhaberin der nachfolgend wiedergegebenen deutschen Marke X, die am 17. Juni 1998 angemeldet und am 16. September 1998 für "Gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung" im Markenregister eingetragenen wurde. Die Veröffentlichung der Eintragung im Markenblatt erfolgte am 15. Oktober 1998.

Die Beklagte ist seit dem 30. Januar 1988 im Besitz einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (vgl. Anlage B 1) und auf diesem Gebiet tätig. Arbeitnehmer setzt sie nach eigenen Angaben zur Montage und Wartung von Sprinklergeräten und sonstigen Brandschutzanlagen ein. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte die Überlassung von Arbeitnehmern darüber hinaus auch auf dem Gebiet der Industriemontagen und des Rohrleitungsbaus anbietet. Ferner besteht zwischen den Parteien auch Streit darüber, ob die Beklagte ausschließlich im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung tätig ist oder ob sie sich auch als Montageunternehmen mit der Ausführung von Industriemontagen und Montagen im Rohrleitungsbau beschäftigt.

An einen potentiellen Kunden richtete die Beklagte das nachfolgend wiedergegebene Schreiben, in dem sie sich der Bezeichnung "X" zur Kennzeichnung ihres Unternehmens bediente.

Die Beklagte tritt ferner mit der Bezeichnung "X" in Stellenanzeigen auf, die sie in der X schaltet. Solche Stellenanzeigen, von denen nachfolgend eine wiedergegeben wird, erschienen ausweislich der Anlage K 3 und dem von der Beklagten überreichten Anlagenkonvolut B 4 unter anderem am 14. Juli 1989, 19. September 1990, 10. Juli 1991, 7. März 1998 und 12. August 1998.

Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung der Klagemarke und ihres Unternehmenskennzeichens.

Sie macht geltend, daß die Beklagte mit der Bezeichnung "X" eine mit der Klagemarke verwechslungsfähige Bezeichnung benutze. Der Klagemarke komme durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Die Kennzeichnung sei von der Beklagten identisch übernommen worden. Darüber hinaus bestehe zwischen den für die Klagemarke eingetragenen Waren- und Dienstleistungen und den von der Beklagten angebotenen Dienstleistungen zum Teil Identität, zum Teil starke Ähnlichkeit. Bei der Beurteilung der Dienstleistungsähnlichkeit sei zu beachten, daß sich das Warenverzeichnis der Klagemarke neben verschiedenen Armaturen auch auf Großbehälter und Rohrleitungen aus unedlen Metallen sowie als weitere Dienstleistungsklasse auf deren Reparatur und Instandhaltung beziehe. Die Beklagte biete ihre Tätigkeit in einem identischen oder zumindest ähnlichen Dienstleistungssektor an. Dies gilt schon für die von ihr angeblich ausschließlich abgedeckten Tätigkeitsbereiche "Brandschutz" und "Sprinkleranlagen". Hierbei handele es sich jedoch nur um einen Teil der derzeitigen Tätigkeit der Beklagten. Die Beklagte bezeichne sich selbst, wie aus den Anlagen K 2 und K 3 hervorgehe, als Unternehmen für Industriemontagen, tätig bei Revisions- und Wartungsarbeiten, im Rohrleitungsbau etc.. Schon insoweit herrsche Identität mit den im Verzeichnis der Klagemarke aufgeführten Dienstleistungen der Reparatur und Instandhaltung von Maschinenanlagen, Rohrleitungen etc.. Soweit die Beklagte darüber hinaus ihr Personal auf der Basis des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes an Dritte überlasse, sei zumindest von einer Dienstleistungsähnlichkeit auszugehen. Hieraus ergebe sich eine Verwechslungsgefahr bezüglich der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen.

Ihr stehe darüber hinaus ein Schutz der Bezeichnung "X" als geschäftliche Bezeichnung zu. Den Firmenbestandteil "X" verwende sie seit ihrer Eintragung im Handelsregister als Kennzeichnung ihrer selbst sowie ihrer Waren- und Dienstleistungen. Auch insoweit sei sie vor der Verwendung ihres Firmenbestandteils durch Dritte geschützt.

Von der Marken- bzw. Kennzeichenverletzung durch die Beklagte habe sei erst 1997 erfahren, woraufhin sie die Beklagte abgemahnt habe.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie stellt eine Marken- und/oder Kennzeichenverletzung in Abrede. Die Beklagte macht geltend, daß keine Verwechslungsgefahr bestehe. Was die Klagemarke anbelange, sei die beanstandete Bezeichnung "X" mit dieser nicht identisch, weil es sich bei der Klagemarke um eine Wort-Bild-Marke mit einer besonderen grafischen Ausgestaltung handele. Eine gewisse Zeichenähnlichkeit könne allenfalls hinsichtlich des Wortbestandteils der Klagemarke angenommen werden. Darüber hinaus fehle es auch an einer hinreichenden Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit. Die Klagemarke sei nur für verschiedene Armaturen geschützt, die an Rohrleitungen, Industrieanlagen und Großbehältern angebracht würden. Darüber hinaus genieße die Klagemarke Schutz für die Reparatur und Instandhaltung solcher Armaturen. Daneben sei die Dienstleistung "Reparatur und Instandhaltung von Maschinenanlagen und deren Teile, Werkstoffprüfung und technische Beratung" für die Klägerin geschützt. Dagegen umfasse ihr Geschäftsbereich die gewerbliche Überlassung von Arbeitnehmern. Sie sei lediglich auf diesem Gebiet tätig. Daß sie Arbeitnehmer an Unternehmen vermittle, die im Bereich Brandschutz tätig seien, ändere an der mangelnden Dienstleistungsnähe nichts. Selbst wenn man aus dem Einsatzbereich der überlassenen Arbeitnehmer Schlüsse auf die Dienstleistungsnähe ziehen könnte, bleibe zu beachten, daß zwischen Brandschutz und Sprinkleranlagenmontage und der Reparatur und Instandhaltung von Armaturen bestenfalls erhebliche Dienstleistungsferne angenommen werden könne. Die Klagemarke besitze im übrigen nur eine durchschnittliche bis leicht verminderte Kennzeichnungskraft. Ihre Kennzeichnungsschwäche beruhe auf dem Umstand, daß es bereits diverse Marken "X" gebe, die für Waren oder Dienstleistungen geschützt seien, die denen der unter der Klagemarke registrierten Waren- und Dienstleistungen ähnlich seien. Eine kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr sei damit ausgeschlossen. Dies gelte auch insoweit, als die Klägerin die erhobenen Ansprüche auf ihr Firmenkennzeichen stütze.

Etwaige kennzeichenrechtliche Ansprüche der Klägerin seien im übrigen auch lange verwirkt. Sie, die Beklagte, sei bereits seit 1987 tätig und habe ihre Umsätze seither kontinuierlich steigern können. Die Klägerin habe die Verwendung ihres intensiv beworbenen "Firmenschlagwortes" im Markt nunmehr seit nahezu 12 Jahren geduldet. Die Klägerin könne sich nach 12 Jahren nicht mehr auf formale Kennzeichenrechte berufen und den inzwischen von ihr geschaffenen wertvollen Besitzstand vernichten. Der von ihr geschaffene wertvolle Besitzstand lasse sich durch erhebliche Umsatzsteigerungen belegen. Sie habe ihren Umsatz von 800.000,00 DM im Jahre 1988 auf 3.600.000,00 DM im Jahre 1998 gesteigert. Bereits im zweiten Jahr ihres Bestehens habe sie einen Umsatz von 800.000,00 DM erreicht. Dies sei für ein neu gegründetes kleines und lediglich lokal tätiges Unternehmen eine beachtliche Leistung. Im Jahre 1989 habe sie diesen Umsatz auf 1.500.000,00 DM nahezu verdoppeln können. Auch dies sei eine beachtliche Leistung. Über einen Zeitraum von 12 Jahren habe sie ihren Umsatz auf im Jahre 1998 3.600.000,00 DM gesteigert. Des weiteren habe sie unter ihrem "Firmenschlagwort" erheblichen Werbeaufwand betrieben. Seit 1988 habe sei nahezu monatlich in der X durch Stellenanzeigen für ihr Unternehmen geworben (vgl. Anlagen B 4 und B 5). Aus der Dauer der Verwendung ihres "Firmenschlagwortes", immerhin nahezu 12 Jahre, und der permanenten Werbung während dieses Zeitraums sei ihr "Firmenschlagwort" in den beteiligten Verkehrskreisen, aber auch in der Allgemeinheit bekannt. Sie habe berechtigterweise annehmen können, daß die Klägerin trotz ihres prioritätsälteren Rechtes der Benutzung ihres Firmenschlagwortes nicht mehr entgegentreten werde. Insoweit sei insbesondere auch zu beachten, daß die Klägerin sie bereits mit Schreiben vom 6. April 1998 abgemahnt, aber erst am 30. April 1999 Klage erhoben habe. Allein dieser Zeitraum reiche unter den hier gegebenen Umständen zur Annahme einer Verwirkung aus.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht gemäß §§ 14 Abs. 2 Ziff. 2, Abs. 5, Abs. 6 sowie §§ 5, 15 Abs. 2, Abs. 4, Abs. 5 Markengesetz (MarkenG) und § 242 BGB zu, weil die Beklagte die Marken- und Kennzeichenrechte der Klägerin schuldhaft verletzt.

I.

Indem die Beklagte die Bezeichnung "X" für ihr Unternehmen und die von ihr angebotenen Dienstleistungen benutzt, ruft sie die Gefahr von Verwechslungen mit der Klagemarke hervor.

Verwechslungsgefahr für den angesprochenen Verkehrskreis kann sich gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wegen der Identität oder Ähnlichkeit des angegriffenen Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen ergeben.

Nach der Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, GRUR Int. 1998, 56, 57 = WRP 1998, 39 - Sabèl/Puma; vgl. auch EUGH, GRUR Int. 1999, 734, 736 - Lloyd), die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschriften der §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu beurteilen. Hierzu gehören insbesondere der Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, die gedankliche Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen (vgl. MarkenRL Erwägungsgrund 10). Bei der umfassenden Beurteilung ist, wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften des weiteren ausgeführt hat, hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden (prägenden) Elemente zu berücksichtigen sind. Hierbei kommt es maßgebend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren wirkt. Darüber hinaus wird eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren impliziert, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der von ihnen erfaßten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der erfaßten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH, GRUR 1997, 221 - CANON; GRUR Int. 1999, 734, 736 - Lloyd). Diese Auslegung der vorerwähnten Richtlinienbestimmung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Markengesetz, nach der darüber hinaus bei der Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auch weiterhin die schon in der bisherigen Rechtsprechung zum Warenzeichengesetz anerkannten Erfahrungssätze Bedeutung haben (vgl. BGH, GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze; BGHZ 131, 122, 124 f. - Innovadiclophlont; BGH, GRUR 1998, 924 - salvent/Salventerol; GRUR 1998, 927, 928 - COMPO-SANA; GRUR 1998, 932, 933 - Meisterbrand; zur Wechselbeziehung insbesondere: BGH, GRUR 1995, 216, 219 - Oxygenol II; GRUR 1999, 241, 242/243 - Lions; GRUR 1999, 245, 246 - LIBERO; GRUR 1999, 496, 497 - Tiffany; GRUR 1999, 733, 734 - LION DRIVER; GRUR 1999, 735, 736 - MONOFLAM/POLYFLAM; GRUR 1999, 990, 991 - Schlüssel; GRUR 1999, 995, 997 - Honka).

Hiervon ausgehend besteht im Streitfall eine zeichenrechtliche Verwechslungsgefahr.

1.

Der Klagemarke "X", bei der es sich ausweislich des von der Beklagten als Anlage B 8 überreichten Auszuges aus dem Warenzeichenblatt X um eine Wort-Bild-Marke handelt, kommt durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

Die Klagemarke wird von dem Wortbestandteil "X" geprägt. Zwar ist die Bezeichnung "X" auf einem dunkelfarbigen Rechteck graphisch gestaltet in hellerer Farbe wiedergegeben, wobei der Buchstabe "A" in seinen Schenkeln ausläuft und ein umgekipptes, zur linken Seite offenes und im Bereich des Buchstaben "A" unterbrochenes "U" unter dem Wortbestandteil "X" gebildet wird. Diese graphische Ausgestaltung wirkt jedoch nur als Beischmuck bzw. Ausschmückung der Bezeichnung "X", auf die der Betrachter sein Augenmerk richtet und die er sich allein einprägt. Bei der Bezeichnung "X" handelt es sich um eine Phantasiebezeichnung, die keinen Bezug zu den Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, erkennen läßt. Sowohl aufgrund ihrer Kürze als auch wegen des Wechsels von Konsonant und Vokal ist die Bezeichnung einprägsam und daher gut wieder zu erkennen.

Daß die Kennzeichnungskraft der Klagemarke aufgrund von identischen oder ähnlichen Drittzeichen geschwächt ist, hat die für den Schwächungseinwand darlegungs- und beweispflichtige Beklagte weder konkret dargetan, noch belegt.

2.

Mit der angegriffenen Bezeichnung "X" benutzt die Beklagte ein in mit der Klagemarke klanglich identisches und in (schrift)bildlicher Hinsicht hochgradig ähnliches Zeichen, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Übereinstimmung bereits in einer Hinsicht ausreichen würde (BGHZ 21, 320, 324 - Quick/Glück; BGH, GRUR 1990, 367, 368 - Alpi/Alpa Moda). Diese noch unter der Geltung des Warenzeichengesetzes entwickelte Rechtsprechung gilt weiterhin. Denn die Frage der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken ist auch unter der Geltung des Markengesetzes nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)gehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (EuGH GRUR 1998, 387, 390 Tz. 23 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions; GRUR 1990, 991 - Schlüssel).

3.

Zwischen den Dienstleistungen, für die die Klagemarke eingetragen ist, und den Dienstleistungen, für die die Beklagte die angegriffene Bezeichnung benutzt, besteht eine hinreichende Ähnlichkeit.

Die Klagemarke ist sowohl für Waren als auch für Dienstleistungen eingetragen. Das Warenverzeichnis umfaßt "Waren aus unedlen Metallen, nämlich Absperr-, Regel- und Sicherheitsarmaturen für Industrieanlagen, Großbehälter und Rohrleitungen" und das Dienstleistungsverzeichnis umfaßt die "Reparatur und Instandhaltung vorgenannter Waren sowie von Maschinenanlagen und deren Teilen" sowie die "Werkstoffprüfung und technische Beratung". Zwar ist unklar, ob sich das Warenverzeichnis der Klagemarke hiernach neben "Absperr-, Regel- und Sicherheitsarmaturen für Industrieanlagen aus unedlen Metallen" auch auf "Großbehälter und Rohrleitungen aus unedlen Metallen" oder aber auf "Armaturen für Großbehälter und Rohrleitungen" bezieht. Für das letztere Verständnis könnte insbesondere sprechen, daß der Geschäftsbetrieb der vormaligen Markeninhaberin in dem als Anlage B 8 überreichten Auszug aus dem Warenzeichenblatt X mit "Herstellungs-, Reparatur- und Wartungsbetrieb für Armaturen mit Vor-Ort-Service, Werkstoffprüf- und Beratungsdienst" angegeben ist. Ob das Warenverzeichnis der Klagemarke entsprechend diesem Geschäftsbetrieb nur diverse Armaturen aus unedlen Metallen umfaßt, bedarf hier jedoch letztlich keiner abschließenden Entscheidung. Denn auch wenn man entgegen der Auffassung der Klägerin und mit der Beklagten annimmt, daß sich das Warenverzeichnis der Klagemarke nicht auf "Großbehälter und Rohrleitungen", sondern bloß auch auf die genannten "Armaturen für Großbehälter und Rohrleitungen" bezieht, so daß sich das Dienstleistungsverzeichnis der Klagemarke - neben der Reparatur und Instandhaltung von Maschinenanlagen und deren Teilen, der Werkstoffprüfung und der technische Beratung - dementsprechend auch nur auf die "Reparatur und Instandhaltung von Absperr-, Regel- und Sicherheitsarmaturen für Industrieanlagen, für Großbehälter und für Rohrleitungen" bezieht, wozu die Kammer neigt und wovon nachfolgend ausgegangen werden soll, besteht gleichwohl eine hinreichende Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen.

Denn die Beklagte ist nicht nur auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätig und ihre Arbeitnehmer werden von ihr auch nicht bloß zur Montage und Wartung von Sprinkleranlagen und sonstiger Brandschutzanlagen eingesetzt. Hierbei handelt es sich ersichtlich nur um einen Teil der von der Beklagten angebotenen Tätigkeiten. Wie aus dem von der Klägerin als Anlage K 2 überreichten Angebotsschreiben der Beklagten, in dem diese die angegriffene Bezeichnung zur Kennzeichnung ihres Unternehmens verwendet hat, tritt die Beklagte am Markt mit einem deutlich weitergehenden Angebot auf. Das Angebotsschreiben gemäß Anlage K 2 betrifft "Montagen im Rohrleitungsbau" und die "Ausführung von Industriemontagen". In dem Schreiben gibt die Beklagte an, daß sie ein "Montageunternehmen" ist und ihre Mitarbeiter bei "Revisions- und Wartungsarbeiten in Kraftwerken", "im Rohrleitungsbau", bei "Montagen von Sprinkleranlagen", im "Lüftungsbau" sowie im "Stahl- und Apparatebau" eingesetzt sind. Aus dem Schreiben geht eindeutig hervor, daß die Beklagte insoweit nicht ausschließlich auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung, sondern auch als "Montageunternehmen" auftritt und als solches die Ausführung von Industriemontagen und Montagen im Rohrleitungsbau als Werkleistungen anbietet. Zudem setzt die Beklagte auch in ihren Stellenanzeigen (vgl. Anlage K 3, Anlage B 4) zu ihrer Firma den Zusatz "Industriemontagen". Unterstrichen wird dieses Auftreten schließlich noch durch die von der Beklagten am 17. Juni 1998 angemeldete und am 16. September 1998 im Markenregister eingetragene deutsche Wort-Bild-Marke X, welche die beschreibenden Wortbestandteile "Industriemontagen" und "Rohrleitungsbau", aber keinen Hinweis auf Arbeitnehmerüberlassung aufweist. All dies belegt, daß sich die Beklagte nicht nur mit der Montage und Wartung von Sprinkleranlagen sowie sonstiger Brandschutzanlagen befaßt, sondern sie ihre Tätigkeit vielmehr auch allgemein auf dem Gebiet der Industriemontagen und des Rohrleitungsbaus anbietet, und zwar nicht nur auf der Basis des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Vielmehr bietet sie ausweislich der Anlage K 2 auch an, selbst Montagen auf dem Gebiet der Industriemontagen und im Rohrleitungsbau als "Montageunternehmen" durchzuführen. Gemäß dem Angebotsschreiben nach Anlage K 2 ist die Beklagte nur auch in der Lage, ihren Kunden auf den vorgenannten Gebieten ihr Personal auf der Basis des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zu überlassen. Hierauf beschränkt sich ihr Angebot aber nicht.

Zwischen der für die Klagemarke eingetragenen Dienstleistungen, nämlich der "Reparatur und Instandhaltung von Maschinenanlagen und deren Teilen" und der "Reparatur und Instandhaltung von Absperr-, Regel- und Sicherheitsarmaturen für Industrieanlagen, für Großbehälter und für Rohrleitungen" einerseits und den von der Beklagten als Werkleistung angebotenen Ausführung von Industriemontagen und Montagen im Rohrleitungsbau andererseits besteht jedenfalls eine hohe Ähnlichkeit.

Soweit die Beklagte darüber hinaus ihr Personal in den vorgenannten Bereichen auch auf der Basis des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes an Dritte überläßt, ist ebenfalls eine hinreichende Dienstleistungsähnlichkeit gegeben. Zwar bestehen insoweit in rechtlicher Hinsicht erhebliche Unterschiede zwischen der Erbringung von Werkleistungen und der Überlassung von Arbeitnehmern auf der Basis des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Es sind jedoch, wie das Oberlandesgericht München in der von den Parteien erörterten Entscheidung "X" (GRUR 1993, 491, 492) ausgeführt hat, Fälle denkbar, in denen für den Auftraggeber offen ist, welche Form von Fremdpersonaleinsatz er wählt, und er erst im konkreten Fall angesichts unterschiedlicher Gesichtspunkte entscheidet, ob lediglich Arbeitskräfte angefordert werden oder er einen Werkvertrag abschließt. Im Streitfall kommt hinzu, daß die Beklagte nicht nur ganz allgemein auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätig ist, sondern sich insoweit auf ganz bestimmte Bereiche spezialisiert hat, zu denen gemäß dem Angebotsschreiben nach Anlage K 2 die Bereiche Industriemontagen und Montagen im Rohrleitungsbau gehören. Zudem erwähnt die Beklagte ausweislich der Anlage K 2 in ihren Angeboten die Arbeitnehmerüberlassung nur untergeordnet und bietet ihren potentiellen Kunden vorrangig an, die entsprechenden Industriemontage- und/oder Rohrleitungsbauarbeiten selbst als Montageunternehmen auszuführen. Sie vermengt insoweit die Bereiche Arbeitnehmerüberlassung und unmittelbare Auftragsausführung noch weit mehr, als dies bei dem der vorzitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts München zugrundeliegenden Sachverhalt der Fall gewesen ist.

Angesichts der normalen Kennzeichnungskraft der von der Bezeichnung "X" geprägten Klagemarke, der Identität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit der zu vergleichenden Zeichen und der festgestellten Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen kann am Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kein Zweifel bestehen.

Die Beklagte benutzt das angegriffene Zeichen auch unbefugt. Sofern sich die Benutzer gleicher, ähnlicher bzw. verwechslungsfähiger Zeichen streiten, ist insoweit grundsätzlich der zeitliche Vorrang maßgebend (§ 6 Abs. 1 bis 3 MarkenG). Diese Priorität steht hier der Klägerin zu, weil die Klagemarke bereits am 15. Dezember 1981 angemeldet worden ist.

II.

Außerdem verletzt die Beklagte durch den Gebrauch der angegriffenen Bezeichnung "X" auch das Unternehmenskennzeichenrecht der Klägerin.

Der Klägerin steht ein Kennzeichenrecht an der Bezeichnung "X" zu, weil es sich hierbei um den einzigen unterscheidungskräftigen Bestandteil ihrer Firma handelt.

Für einen Teil einer Firmenbezeichnung kann der Schutz als Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG beansprucht werden, sofern es sich hierbei um einen unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen. Ist dies zu bejahen, kommt es nicht mehr darauf an, ob die fragliche Kurzbezeichnung tatsächlich als Firmenschlagwort in Alleinstellung verwendet worden ist oder ob sie sich im Verkehr durchgesetzt hat (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, GRUR 1997, 468, 469 - NetCom; GRUR 1997, 845 - ImmoData; GRUR 1999, 492, 493 - Altberliner).

Die vorstehenden Voraussetzungen erfüllt der Firmenbestandteil "X". Er ist als einprägsame Phantasiebezeichnung ohne weiteres geeignet, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis für das Unternehmen der Klägerin durchzusetzen. Die Bezeichnung ist überdies als Marke für die Klägerin geschützt. Die weiteren Bestandteile der Firma der Klägerin haben hingegen keinerlei Unterscheidungskraft. Sie beschreiben lediglich den Gegenstand sowie die Rechtsform des Unternehmens.

Die Benutzung des angegriffenen Zeichens durch die Beklagte ist geeignet, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung der Klägerin hervorzurufen, § 15 Abs. 2 MarkenG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 16 UWG, die für die Nachfolgevorschriften der §§ 5, 15 MarkenG gleichermaßen gilt, liegt Verwechslungsgefahr bei geschäftlichen Bezeichnungen vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise durch die einander gegenüberstehenden Bezeichnungen zu der irrigen Annahme verleitet werden, die Waren stammten aus demselben Geschäftsbetrieb bzw. die Dienstleistungen würden von demselben Geschäftsbetrieb erbracht (Verwechslungsgefahr im engeren Sinne) oder zwischen den beteiligten Unternehmen bestünden irgendwelche wirtschaftlichen Zusammenhänge (Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich zum einen nach der Kennzeichnungskraft der Schutz beanspruchenden Geschäftsbezeichnung und der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen und zum anderen nach dem wirtschaftlichen Abstand der Geschäftsbereiche, in denen die betroffenen Unternehmen unter ihren Bezeichnungen tätig sind. Dabei besteht zwischen den genannten Kriterien eine Wechselwirkung dergestalt, daß je höher die Kennzeichnungskraft ist und je ähnlicher die einander gegenüberstehenden Bezeichnungen sind, desto weniger nah verwandt die Branchen sein müssen, in denen die beteiligten Unternehmen tätig sind, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen, und umgekehrt (BGH, GRUR 1966, 267 269 - White Horse; GRUR 1975, 606, 609) - IFA; GRUR 1990, 1042, 1044 - Datacolor; GRUR 1991, 863, 864 - Avon; GRUR 1997, 470 - NetCom; BGH, GRUR 1999, 492, 494 - Altberliner). Bei der Beurteilung der Branchennähe zweier Unternehmen ist grundsätzlich der Schwerpunkt der Tätigkeit entscheidend (BGH, GRUR 1990, 1042, 1044 f. - Datacolor). Randsortimente, die für sie weniger charakteristisch und auch dem Verkehr weniger bekannt sind, sind von geringerer Bedeutung. Dies gilt aber uneingeschränkt nur dann, wenn die Geschäftsbezeichnungen einander nur wenig ähnlich sind oder die Schutz beanspruchende Bezeichnung nur über geringe Kennzeichnungskraft verfügt. Je weiter die Bezeichnungen einander angenähert sind und desto kennzeichnungskräftiger die Schutz beanspruchende Bezeichnung ist, desto eher genügen auch Berührungen der Tätigkeitsgebiete in Randbereichen oder bei einzelnen Produkten (BGH, GRUR 1986, 253, 256 - Zentis; GRUR 1991, 863, 865 - Avon; Großkomm-Teplitzky, UWG, § 16 UWG, Rdnr. 269). Diese zu § 16 UWG entwickelte Rechtsprechung gilt entsprechend auch für die Beurteilung der Verwechselungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG.

Danach ist im Streitfall auch Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG gegeben. Denn der Bezeichnung "X" kommt aus den bereits genannten Gründen normale Kennzeichnungskraft zu und die Beklagte benutzt zur Kennzeichnung ihres Unternehmens eine mit der geschützten Bezeichnung identische Bezeichnung. Ferner besteht auch eine deutliche, jedenfalls aber hinreichende Branchennähe. Gemäß ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag im Verhandlungstermin beschäftigt sich die Klägerin vornehmlich mit der Montage, Reparatur und Wartung von Armaturen für Industrieanlagen sowie für Großbehälter und Rohrleitungen. Insoweit ist sie als "X" tätig, wobei sie gemäß ihren unwidersprochenen Angaben auch im Rahmen dieser Tätigkeit benötigte Rohrleitungen baut. Da die Beklagte, wie bereits dargelegt, die Ausführung von Industriemontagen und Montagen im Rohrleitungsbau anbietet, sind die Parteien insoweit in identischen Branchen tätig. Jedenfalls besteht insoweit eine starke Branchennähe. Angesichts der normalen Kennzeichnungskraft der geschützten Bezeichnung, der Identität der gegenüberstehenden Bezeichnungen und der Identität bzw. Nähe der gegenseitigen Geschäftsbereiche wird für den Verkehr die Vorstellung nahegelegt, daß es sich bei der Beklagten um die Klägerin handelt, weshalb Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG besteht.

Nichts anderes gilt im Ergebnis aus den Gründen, die zur Bejahung der Dienstleistungsähnlichkeit im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geführt haben, soweit die Beklagte darüber hinaus ihr Personal in den vorgenannten Bereichen auch auf der Basis des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes an Dritte überläßt. Insoweit wird der Verkehr zumindest annehmen, daß zwischen beiden Unternehmen organisatorische und/oder wirtschaftliche Zusammenhänge bestehen.

III.

1. Da die Beklagte unbefugt ein mit der Klagemarke sowie der geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin verwechslungsfähiges Zeichen benutzt, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, §§ 14 Abs. 5, 15 Abs. 4 MarkenG.

2. Die Beklagte hat der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten, §§ 14 Abs. 6, 15 Abs. 5 MarkenG. Denn sie hat die Marken- und Kennzeichenrechte der Klägerin auch schuldhaft verletzt, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hätte die Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, hätte sie sich vor der Aufnahme der Benutzung des rechtsverletzenden Zeichens im geschäftlichen Verkehr über entgegenstehende Rechte Dritter vergewissert. Wer eine neue Kennzeichnung in Gebrauch nehmen will, muß sich gewissenhaft davon überzeugen, daß er kein besseres Recht eines anderen verletzt. Er hat sich sorgfältig über das Vorhandensein gleicher oder verwechslungsfähiger Zeichen zu unterrichten (vgl. hierzu BGH, GRUR 1960, 186, 188 - Arctos; GRUR 1974, 735, 737 - Pharmamedan; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Vor §§ 14-19 Rdnr. 61). Hätte die Beklagte dieser Sorgfaltspflicht durch eine Recherche nach eingetragenen Marken und in den Handelsregistern verzeichneten Firmennamen entsprochen, wäre sie auf die Klagemarke und den Firmennamen der Klägerin gestoßen. Die Verwechslungsfähigkeit des angegriffenen Zeichens mit der Klagemarke und der Firma der Klägerin hätte ihr dann auch bei gewissenhafter Überprüfung nicht verborgen bleiben können.

Da es hinreichend wahrscheinlich ist, daß der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 Zivilprozeßordnung (ZPO).

3. Steht die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz fest, so ist die Beklagte außerdem zur Auskunftserteilung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

IV.

Die zuerkannten Ansprüche sind nicht verwirkt.

Die Voraussetzungen für eine Verwirkung gemäß § 21 Abs. 1 MarkenG sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die darin vorgesehene Frist von fünf Jahren nach § 153 Abs. 2 MarkenG erst mit dem 1. Januar 1995 zu laufen beginnt. Im übrigen trägt die Beklagte auch nicht vor, daß die Klägerin die Benutzung der angegriffenen Bezeichnung während eines Zeitraumes von fünf aufeinanderfolgenden Jahren "in Kenntnis" dieser Benutzung geduldet habe, was eine positive Kenntnis des Verletzten von der Benutzung erfordert. Kennenmüssen ist insoweit nicht ausreichend, auch eine grobfahrlässige Unkenntnis schadet insoweit nicht (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 21 Rdnr 9), wobei der Klägerin hier, wie noch ausgeführt wird, im übrigen auch gar keine Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden kann.

Die Voraussetzungen für eine Verwirkung nach allgemeinen Grundsätzen, die gemäß § 21 Abs. 4 MarkenG von der Regelung der Absätze 1 bis 3 dieser Vorschrift unberührt bleiben, liegen ebenfalls nicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verstößt die Geltendmachung eines kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruches insbesondere dann gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn der Berechtigte über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl er die Verletzung seiner Rechte kannte oder bei der gebotenen Wahrung seiner Interessen kennen mußte, so daß der Verpflichtete damit rechnen durfte, etwaige Berechtigte duldeten sein Verhalten, und sich daraufhin einen wertvollen Besitzstand geschaffen hat, der für ihn einen beachtlichen Wert hat, ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben muß und den auch der Verletzte ihn nicht mehr streitig machen kann, weil er durch sein Verhalten diesen Zustand erst ermöglicht hat (BGH, GRUR 1985, 72, 73 - Consilia; GRUR 1989, 449, 452 - Maritim; GRUR 1990, 151, 153 - Universitätsemblem; GRUR 1988, 776, 778 - PPC; GRUR 1993, 913, 914 - KOWOG). Maßgeblich für die Bestimmung des Wertes, den der durch die Benutzung der angegriffenen Kennzeichnung entstandene wettbewerbliche Besitzstand für seinen Benutzer hat, sind der Grad der Bekanntheit, den die Benutzung der angegriffenen Kennzeichnung verschafft hat, sowie der Umsatz, den der Benutzer unter ihrer Verwendung erzielt hat, wobei der Umsatz gleichzeitig einen Anhaltspunkt für den erreichten Bekanntheitsgrad und die Erfolgsauswirkungen dieser Bekanntheit bietet. Daneben lassen auch Art und Umfang der unter Verwendung der angegriffenen Kennzeichnung betriebenen Werbung Rückschlüsse auf den Bekanntheitsgrad der Bezeichnung und den Wert des Besitzstandes zu (BGH, GRUR 1989, 449, 451 - Maritim; 1963, 478, 481 - Bleiarbeiter). Der Wert des erworbenen Besitzstandes ist nicht nach seiner absoluten Größe zu bestimmen, sondern nach seiner objektiven Bedeutung für den Benutzer (BGH GRUR 1993, 151, 154 - Universitätsemblem; GRUR 1993, 913, 915 - KOWOG; GRUR 1990, 1042, 1046 - Datacolor). Die Voraussetzungen des Verwirkungstatbestandes bzw. die Anforderungen daran stehen hierbei in enger Wechselbeziehung zueinander (vgl. auch Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 21 Rdnr. 19). An den Umfang und die Bedeutung eines Besitzstandes sind um so geringere Anforderungen zu stellen, je schutzwürdiger das Vertrauen des Benutzers in seine Berechtigung ist. Hat er über einen sehr langen Zeitraum in redlichem Glauben an die Duldung seines Verhaltens durch Berechtigte gehandelt und ist das dadurch begründete Vertrauen in eine kontinuierliche Weiterverwendung in beträchtlichem Maße schutzwürdig geworden, können auch bereits ein relativ geringer Umfang und eine geringe Bedeutung des Besitzstandes für die Annahme der Verwirkung genügen (BGH, GRUR 1992, 45, 48 - Cranpool; 1993, a.a.0. - Universitätsemblem). Auch anfängliche Bösgläubigkeit schließt eine spätere redliche Benutzung nicht aus; sie verschärft aber die Anforderungen daran, ob und ab wann der Benutzer darauf vertrauen darf, gegen die Verwendung der Bezeichnung bestünden keine Einwände oder würden nicht geltend gemacht (BGH, GRUR 1993, 913, 914 - KOWOG). Nach § 21 Abs. 4 MarkenG sind diese noch unter der Geltung der am 31. Dezember 1994 außer Kraft getretenen Rechtsvorschriften entwickelten Grundsätze weiterhin anwendbar.

Hiervon ausgehend kann der gegenüber dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch erhobene Verwirkungseinwand im Streitfall schon deshalb keinen Erfolg haben, weil zu den Voraussetzungen der Verwirkung eines kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruches gehört, daß durch eine länger andauernde ungestörte Benutzung der angegriffenen Kennzeichnung ein Zustand geschaffen ist, der für den Benutzer einen beachtlichen Wert hat. Erforderlich ist also, daß durch die Benutzung der verletzenden Kennzeichnung ein für den Benutzer wertvoller Besitzstand entstanden ist (vgl. BGH, GRUR 1988, 776, 778 - PPC; GRUR 1989, 449, 451 - Maritim). Die Beklagte hat indes weder substantiiert dargetan noch belegt, daß der von ihr behauptete Besitzstand gerade durch die Benutzung der beanstandeten Bezeichnung "X" entstanden ist. Nach ihrem Vorbringen hat sie die Bezeichnung vor allem in Stellenanzeigen benutzt. Üblicherweise erreicht die Beklagte ihre Kunden aber nicht über Stellenanzeigen. Ihren Kunden wird sie daher im Regelfall unter ihrer Firma "X" entgegentreten. Wird ein Zeichen aber nicht als primäres Zeichen benutzt, sondern spielt es nur eine untergeordnete Rolle, kann der Bekanntheitsgrad des Zeichens und der Wert des Besitzstandes nur aus dem Umsatz, der durch die Benutzung des angegriffenen Zeichens erzielt worden ist, gefolgert werden (vgl. hierzu BGH, GRUR 1988, 776, 778 - PPC; GRUR 1975, 69, 71 - Marbon). Insoweit fehlt es aber an weiterem Vorbringen der Beklagten, weshalb nicht auszuschließen ist, daß die von der Beklagten behaupteten Umsätze im wesentlichen unter der Firma "X" erwirtschaftet worden sind. Diese Umsätze können deshalb als Grundlage für einen relevanten wertvollen Besitzstand, der durch die Benutzung des beanstandeten Zeichens entstanden ist, nicht ohne weiteres herangezogen werden. Zwar ergibt sich aus dem von der Klägerin im Verhandlungstermin überreichten, vollständigen Angebotsschreiben der Beklagten gemäß Anlage K 2, daß sie die angegriffene Bezeichnung auch in ihren Geschäftspapieren verwendet. Die Beklagte hat jedoch weder dargetan noch belegt, seit wann dies der Fall ist und in welchem Umfang dies bisher geschehen ist. Damit fehlt es bereits an dem für den Erfolg des Verwirkungseinwandes gegenüber dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderlichen Nachweis eines durch die Kennzeichenbenutzung geschaffenen schützenswerten Besitzstandes.

Der Verwirkungseinwand hat aber, und zwar hinsichtlich aller von der Klägerin erhobenen Ansprüche, auch deshalb keinen Erfolg, weil die Beklagte weder dargetan noch belegt hat, daß die Klägerin über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl sie die Verletzung ihrer Rechte kannte oder bei der gebotenen Wahrung ihrer Interessen kennen mußte.

Nach ihren unwiderlegten Angaben hat die Klägerin erst 1997 erfahren, daß die Beklagte die Bezeichnung "X" benutzt. Daß die Klägerin bereits vorher Kenntnis hiervon gehabt habe, behauptet die Beklagte nicht, und hierfür sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Was die für die Verwirkung erforderliche Untätigkeit des Rechtsinhabers gegenüber Zuwiderhandlungen gegen seine Rechte anbelangt, ist für eine Verwirkung nach § 242 BGB zwar - anders als bei der Verjährung des § 20 MarkenG und bei § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG - keine positive Kenntnis erforderlich, vielmehr genügt auch Kennenmüssen (vgl. BGH, GRUR 1966, 623, 626 - Kupferberg; GRUR 1985, 72, 73 - Consilia; GRUR 1988, 776, 778 - PPC; GRUR 1989, 449, 452 - Maritim; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 21 Rdnr. 22). Den Inhaber eines Kennzeichenrechts trifft also eine Marktbeobachtungspflicht (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 21 Rdnr. 22). An die Erfüllung dieser der dem Rechtsinhaber obliegenden Pflicht sind jedoch keine so strengen Anforderungen zu stellen wie an die Sorgfaltspflicht bei der Aufnahme der Benutzung eines neuen Zeichens. Vielmehr genügt der Zeicheninhaber seiner Marktbeobachtungspflicht grundsätzlich durch übliche Überwachungsmaßnahmen, wie die Kollisionsüberwachung bei Marken, die regelmäßige Durchsicht von Fachzeitschriften und die Instruktion seines Außendienstes, auf Konkurrenzprodukte und/oder Konkurrenzunternehmen zu achten. Hat der Verletzte seiner Marktbeobachtungspflicht durch die üblichen Überwachungsmaßnahmen genügt, spielt es keine Rolle, ob bei noch weiteren Aktivitäten das verletzende Zeichen hätte gefunden werden können (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 21 Rdnr. 22).

Im Streitfall läßt sich nicht feststellen, daß die Klägerin ihrer allgemeinen Überwachungspflicht nicht nachgekommen ist. Denn die im Juni 1998 angemeldete und im September 1998 eingetragene Wort-Bild-Marke der Beklagten ist erst am 15. Oktober 1998 veröffentlicht worden. Ferner ist die Beklagte bisher - soweit ersichtlich - vorrangig in Stellenanzeigen mit dem rechtsverletzenden Zeichen aufgetreten. Von einer umfassenden werblichen Benutzung der angegriffenen Bezeichnung kann insoweit keine Rede sein. Die Durchsicht von Stellenanzeigen gehört grundsätzlich aber nicht zu den dem Rechtsinhaber obliegenden üblichen Überwachungsmaßnahmen.

Ist demnach davon auszugehen, daß die Klägerin erst 1997 von der Marken- und Kennzeichenrechtsverletzung erfahren hat und sie die Rechtsverletzung auch bei der gebotenen Wahrung ihrer Interessen nicht vorher kennen mußte, so reicht der Zeitraum bis zur Einreichung der Klage im April 1999 für eine Verwirkung nicht aus. Da sich nicht feststellen läßt, daß die Beklagte die angegriffene Bezeichnung in diesem Zeitraum intensiv genutzt und/oder den Umfang der Benutzung deutlich gesteigert hat und auch die Marke der Beklagten erst am 15. Oktober 1998 veröffentlicht worden ist, ist der in Rede stehende Zeitraum nicht lang genug, um eine Verwirkung der geltend gemachten Ansprüche rechtfertigen zu können. Dies gilt um so mehr, als die Beklagte mit patentanwaltlichem Schreiben vom 6. April 1998 (Anlage B 6) von der Klägerin wegen Marken- und Kennzeichenrechtsverletzung abgemahnt worden ist. Hinzu kommt, daß im Anschluß an diese Abmahnung zwischen den Parteien unstreitig Vergleichsverhandlungen geführt worden sind, die ausweislich des als Anlage B 7 überreichten Schreibens der Beklagten vom 17. September 1998 erst im September 1998 endgültig gescheitert sind.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert beträgt 250.000,-- DM.

Dr. Meier-Beck

Dr. Becker

Fricke






LG Düsseldorf:
Urteil v. 22.02.2000
Az: 4 O 234/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/33bd90476f92/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_22-Februar-2000_Az_4-O-234-99




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