Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 18. Februar 2003
Aktenzeichen: 13 B 2175/02
(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 18.02.2003, Az.: 13 B 2175/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte und ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 125.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin und der Beigeladenen ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 1 K 5937/02 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2002 - BK 4c-02-011/Z 28.03.02 - zu Recht stattgegeben. Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus, weil die angefochtene Zusammenschaltungsanordnung vom 11. Juni 2002 voraussichtlich keinen Bestand behalten wird und die Antragstellerin die Risiken eines zeitunabhängig tarifierten Vorleistungsprodukts Online-Verbindung unter den Gegebenheiten der Anordnung bis zur Hauptsacheentscheidung nicht zu tragen hat sowie das Interesse der Beigeladenen als Wettbewerberin keiner sofortigen Verwirklichung der Anordnung bedarf.
Allerdings vermag der Senat entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 11. Juni 2002 wegen fehlerhaft angezogener Ermächtigungsgrundlage und fehlender Voraussetzungen der vermeintlichen Ermächtigungsgrundlage nicht festzustellen. Die Antragsgegnerin hat den angefochtenen Bescheid auf § 37 TKG gestützt. In der gegebenen Fallkonstellation hat sie diese Vorschrift, unabhängig von den Fragen des Vorliegens ihrer Voraussetzungen und der Beanstandungsfreiheit des Anordnungsinhalts, zu Recht angezogen. Die Anwendbarkeit des § 37 TKG tritt vorliegend nicht aus den vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 25. April 2001 - 6 C 6.00 -, BVerwGE 114, 160/169, beiläufig angeführten Gründen hinter § 33 TKG zurück. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt: "Die Anordnungsbefugnis nach § 37 TKG steht dabei nicht ohne weiteres gleichberechtigt neben der Missbrauchsaufsicht des § 33 TKG, wenn ein monopolartig den Markt beherrschendes Unternehmen beteiligt ist. Liegen gleichzeitig die Voraussetzungen des § 33 und des § 37 TKG vor, so wird die Regulierungsbehörde im Hinblick auf die gesetzgeberische Absicht, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb zu fördern und sicherzustellen, grundsätzlich vorrangig nach § 33 TKG gegen das beteiligte marktbeherrschende Unternehmen einzuschreiten haben." Bereits die Formulierung "... nicht ohne weiteres..." lässt vermuten, dass das Bundesverwaltungsgericht eine Gleichberechtigung des § 37 TKG neben § 33 TKG nicht grundsätzlich ausschließt und nur für den beschriebenen Fall in Zweifel zieht. Dieser Fall ist aus Sicht des Senats gegeben, wenn eindeutig der Missbrauchstatbestand des § 33 Abs. 2 u. 1 TKG feststeht. An einer solchen Eindeutigkeit fehlt es, wenn das marktbeherrschende Unternehmen grundsätzlich Zugang oder Zusammenschaltung gewährt oder dazu bereit ist, aber eine Einigung der Parteien über einzelne Zugangsbedingungen bzw. Zusammenschaltungsmodalitäten aus sachbezogenen Gründen nicht zustande kommt und die Regulierungsbehörde zur vermittelnden Streitbeilegung wie in Art. 6 Abs. 5 RL 97/33/EG vom 30. Juni 1997, ABl. EG Nr. L 199/32, vorgesehen angerufen wird. Ein Fall des § 33 TKG kann aus Sicht des Senats von vorn herein nicht vorliegen, wenn Fragen des Entgelts für Leistungszugang oder Zusammenschaltung strittig sind, weil das Entgelt keine dem marktbeherrschenden Unternehmen intern eingräumte Bedingung der Nutzung der Leistung ist und seine Prüfung und Festsetzung nach dem Gesetz einem besonderen Verfahren vorbehalten ist. Für den Fall der nachgefragten Streitbeilegung hält der Senat § 37 für die direktere, ohne Abmahnung schnellere und eine umfassende Problembewältigung ermöglichende, mithin speziellere Regelung. So liegt der Fall hier: Die Antragstellerin verweigert der Beigeladenen nicht den Zugang zu ihrem Netz als Verbindung für Online-Verkehr im Schmalband zwischen den Endkunden und der Internet-Plattform der Beigeladenen, worüber diese Internet-Service-Providern (ISP) die Zuführung von Online-Verkehr anbietet. Eine Zusammenschaltung der Netze existiert bereits und Online- Verbindungsleistungen werden in verschiedenen Modifikationen erbracht. Strittig ist zwischen den Parteien lediglich, ob von der Antragstellerin auch eine Verbindungsleistung für Online-Verkehr gegen zeitunabhängiges Entgelt (Flatrate) zudem in der Form der Netzkoppelung an 475 Zusammenschaltungspunkten über spezielle leistungsbeschränkte Interconnectionanschlüsse (ICAs) zu gewähren ist. Zumindest die Zahl der Zusammenschaltungspunkte und die Zusammenschaltungstechnik sind Bedingungen bzw. Modalitäten der Zusammenschaltung. Ein Missbrauch wird gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 TKG vermutet, wenn der marktbeherrschende Anbieter sich selbst den Zugang zu seinen intern genutzten und zu seinen am Markt angebotenen Leistungen zu günstigeren als den seinen Wettbewerbern eingeräumten Bedingungen ermöglicht. Die Antragstellerin ermöglicht sich bei der zu betrachtenden Verbindungsleistung jedoch keine günstigeren Bedingungen als sie der Beigeladenen anbietet. Eher schon beansprucht die Beigeladene günstigere Bedingungen als die von der Antragstellerin in Anspruch genommenen, um Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Es liegen denn auch augenfällig die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 nicht vor. Die Beigeladene begehrt gerade nicht Zugang zu einer Leistung zu den - gleichen - Bedingungen, die sich die Antragstellerin selbst zur Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen gewährt, sondern zu anderen Bedingungen, nämlich Verbindungsleistungen über ICAs an 475 Zusammenschaltungspunkten; insoweit ist der vorliegende Fall auch nicht mit dem vom Bundesverwaltungsgericht, aaO, entschiedenen Fall vergleichbar. Wollte man in dieser Situation gleichwohl einen Vorrang des § 33 gegenüber § 37 TKG annehmen, wäre ein behördliches Eingreifen von vornherein grundsätzlich ausgeschlossen.
§ 37 Abs. 1 TKG setzt als Voraussetzung einer behördlichen Zusammenschaltungsanordnung das Nichtzustandekommen einer Zusammenschaltungsvereinbarung zwischen den Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze voraus; Abs. 2 bestimmt Umfang und Geltungsdauer der Anordnung. Der Senat lässt offen, ob schon deshalb von einer zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen bereits zu Stande gekommenen und eine Anordnung nach § 37 TKG ausschließenden Vereinbarung oder zumindest von noch nicht gegebener Entscheidungsreife für eine solche Streitbeilegungsmaßnahme auszugehen ist, weil zwischen beiden Parteien Verträge vom 11. April 2001 über das Produkt OVF und das Produkt OVF-N geschlossen worden sind, wobei die Unwirksamkeit des OVF-N-Vertrages auf Grund der Kündigung der Antragstellerin im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides nicht feststand - und auch gegenwärtig noch nicht feststeht (vgl. hierzu Landgericht Köln, Urteil vom 11. Juli 2002 - 81 O (Kart) 17/02 -). Selbst wenn man die kurz vor der Kündigung des OVF- N-Vertrages durch die Antragstellerin (25. September 2001) erfolgte und endgültig gescheiterte Nachfrage der Beigeladenen nach einer pauschal tarifierten Verbindungsleistung an 475 VE:N als ein anderes neues Zusammenschaltungsbegehren wertete und die angefochtene Zusammenschaltungsanordnung hierauf bezöge, unterläge diese ebenfalls Bedenken, und zwar inhaltlicher Art. Ihr Kernstück ist die Zusammenschaltung der Netze gegen zeitunabhängige Tarifierung.
Rechtliche Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid bestehen zunächst wegen der Festsetzung der Entgeltstruktur der pauschalen Tarifierung in ein und demselben Zusammenschaltungsbescheid. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Entgeltregulierung für Zusammenschaltungsleistungen einem Entgeltverfahren nach §§ 39, 25, 28 TKG vorbehalten, um dem zusammenschaltungspflichtigen Unternehmen eine eigene Entgeltkalkulation zu ermöglichen; nimmt es diese Gelegenheit in gesetzter Frist nicht wahr, kann die Regulierungsbehörde das Entgelt ihrerseits festsetzen. Die Erhebung eines pauschalen Entgelts für ein Produkt ist wie jede andere Entgeltstrukturentscheidung eine vorrangig dem Unternehmen selbst vorbehaltene Entscheidung, nämlich die, ob es das Risiko einer die Kalkulation der Pauschale überschreitenden Nachfragemenge zu tragen bereit ist. Dass die Bestimmung des pauschalierten Entgelts, wie die Antragsgegnerin vorträgt, zwingend mit der Bestimmung der technischen Anschlusskonfiguration verbunden sei und deshalb in einem Akt zu erfolgen habe, überzeugt nicht. Ebenso überzeugt nicht, dass in einem separaten Entgeltverfahren eine Kontrolle des Entgelts und seiner Ausrichtung am Maßstab des § 24 TKG nicht möglich sei. Denn wenn das marktbeherrschende Unternehmen Verbindungsleistungen für Online-Verkehr im Rahmen eines OVF-Vertrages gegen ein an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientiertes und zugleich pauschaliertes Entgelt erbringen kann, wird es zur Vermeidung des Vorwurfs eines Verstoßes gegen § 24 Abs. 2 TKG auch die übrigen Bezieher desselben oder ähnlichen Produkts zu einem vergleichbaren pauschalierten Entgelt beliefern müssen.
Die Antragsgegnerin stützt die Anordnung der pauschalierten Entgeltberechnung u.a. auf § 35 Abs. 2 Satz 1 TKG. Dies wirft unabhängig von den zuvor dargestellten Gesichtspunkten weitere rechtliche Bedenken auf. Die - vereinbarte oder angeordnete - Zusammenschaltung ist nach nationalem Recht ein Unterfall des besonderen Netzzugangs. Insbesondere der besondere Netzzugang muss den Vorgaben des § 35 Abs. 2 Satz 1 TKG entsprechen. Die Regelung verlangt einen "gleichwertigen" Zugang zum Netz des zusammenschaltungspflichtigen Unternehmens. Der Begriff der Gleichwertigkeit hat erst durch die Stellungnahme des Ausschusses für Post und Telekommunikation Eingang in das Gesetz gefunden und ist an die Stelle der Entwurfs-Formulierung "... gleicher Zugang ..." getreten.
Vgl. BT-Drucks. 13/4864 Seite 24 f u. 78 zu § 34.
Die Antragsgegnerin versteht unter dem Begriff des gleichwertigen Zugangs einen diskriminierungsfreien Zugang im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG und diesen wiederum im Sinne einer materiellen Gleichheit beim Netzzugang sowie einer Freiheit von unbilliger Beeinträchtigung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB. Ob dies den Vorstellungen des Gesetzgebers entspricht, mag offen bleiben. Immerhin könnte der auch vom Gesetzgeber geübte allgemeine Sprachgebrauch vermuten lassen, dass ein und derselbe Begriffsinhalt in demselben Gesetz auch mit einem einheitlichen Begriff zum Ausdruck gebracht wird, dass andererseits aber mit der Wahl unterschiedlicher Begriffe verschiedene Inhalte verbunden sind. So könnte - nicht unbedingt Identität bedeutende - Gleichwertigkeit des Netzzugangs auch auf einen "gleich wertvollen" Zugriff auf die vollständigen Leistungen des anderen Netzes zielen. Ein solches Verständnis würde die Frage aufwerfen, ob und weshalb eine Zusammenschaltung in der im OVF-Vertrag oder im OVF-N-Vertrag vorgesehenen Modalität im Hinblick auf den Zugriff auf die Leistungen des Netzes der Antragstellerin nicht oder von geringerem Wert ist oder die angeordnete Modalität im Hinblick auf den Netzugriff von höherem Wert ist.
Andererseits könnte insbesondere mit Blick auf das Gemeinschaftsrecht einiges für eine Auslegung des Begriffs Gleichwertigkeit im Sinne von Diskriminierungsfreiheit sprechen. Zur Einhaltung der Nichtdiskriminierung sollen Organisationen mit beträchtlicher Marktmacht gegenüber zusammengeschalteten Organisationen ... gleichwertige Bedingungen anwenden und Zusammenschaltungsleistungen ... zu denselben Bedingungen ... bereitstellen (Art. 6 Buchst. a) RL 97/33/EG vom 30. Juni 1997 aaO). Unter Diskriminierungsfreiheit versteht der Senat das Gebot einer formellen und materiellen Gleichbehandlung, nicht aber auch das Verbot der unbilligen Beeinträchtigung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB.
Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2003 - 13 B 2130/00 -.
Die Antragstellerin stellt jedoch ihre Leistungen der Beigeladenen zu denselben Bedingungen, nämlich denen des OVF-Vertrages und des T-O.12-Vertrages, bereit; ferner hat die Beigeladene Anspruch auf Leistungen nach dem OVF-N-Vertrag. Von letzterem muss der Senat ausgehen, solange dieser Vertrag wie bisher nicht wirksam aufgelöst ist, und die Beigeladene sogar gerichtlich um seinen Fortbestand kämpft. Diese Bedingungen sind auch grundsätzlich gleichwertig hinsichtlich der vollen Leistungsbreite des Netzes, aber auch dann, wenn die Wertigkeit im Hinblick auf die Erstellung eines Flatrate-Plattformproduktes der Beigeladenen an die ISP entsprechend dem TICOCflat-Produkt der Antragstellerin bezogen wird. Die Antragstellerin stellt unter Verwendung des Vorleistungsprodukts OVF und T-O.12 das vorgenannte Plattformprodukt für die von ihr bedienten ISP gegen ein pauschales Entgelt her, wobei sie bausteinartig nach den Gegebenheiten des Marktes auf das eine oder andere flat- oder minutentarifierte Vorprodukt zurückgreift und daraus ein das Risiko einer Übernachfrage deckendes Pauschalentgelt kalkuliert. Bei der ihr gebotenen Vorleistungspalette dürfte die Beigeladene bei der hier nur möglichen überschlägigen Betrachtung die gleiche Möglichkeit zur Erstellung eines zeitunabhängig tarifierten Plattformprodukts haben und das auch bei weit überwiegendem Einsatz von ICAs an Stelle von Primärmultiplexanschlüssen (PMxAs). Im Hinblick auf die Nutzung des Netzes der Antragstellerin als Verbindung für Online-Verkehr dürften daher die gegebenen Bedingungen der Zusammenschaltung für die Beigeladene von gleichem Wert sein, so dass es bei überschlägiger Betrachtung der Anordnung einer Zusammenschaltung gegen pauschal tarifiertes Entgelt und unter Verwendung spezieller ICAs mit dem Ziel einer Endkundenflatrate nicht bedurfte.
Im Übrigen fiele es bei der hier nur möglichen Betrachtungsweise schwer, in der von der Antragstellerin angebotenen Palette von Vorleistungsprodukten für die Zuführung von Online-Verkehr eine unbillige Behinderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Alt. 2 GWB zu sehen. Eine solche dürfte nur anzunehmen sein, wenn der Marktbeherrscher ein Verhalten an den Tag legte, das als "wettbewerbsfremd" zu bezeichnen ist.
Vgl. hierzu Bechthold, GWB, § 20 Rdn. 35 f.
Solches dürfte im Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht erkennbar sein. Die Beigeladene hat selbst durch Einschaltung der Regulierungsbehörde dazu beigetragen, dass die Antragstellerin das OVF-Produkt (PMxAs) entwickelt hat - womit entgegen dem von der Beigeladenen zitierten Kommissionsbericht diese als "etablierter Betreiber ... ihren Endkunden keinen pauschalen Schmalband-Internetzugang anbietet" - . Das OVF-Produkt (PMxAs) enthält "keine Anforderungen an die Netzarchitektur ..., die ... von der Mehrheit der Marktneulinge nicht mehr erfüllt werden können", wie die Tatsache zeigt, dass die Beigeladene diese zunächst selbst verfolgt hat. Wenn dieses Produkt hernach unattraktiv geworden ist, weil die Beigeladene etwa ihr technischstrategisches Konzept geändert hat, ist das jedenfalls nicht auf ein Verhalten der Antragstellerin zurück zu führen. Falls die Beigeladene das von ihren Kunden (ISP) nachgefragte pauschalierte Plattformprodukt bisher nicht angeboten hat, weil sie eventuell die Möglichkeiten zur Kalkulation einer Flatrate nicht erkannt hat oder das Risiko nicht hat übernehmen wollen, liegt das in ihrer Verantwortungsphäre.
Auch das Verhandlungsziel der Verbesserung von Kommunikation der Nutzer verschiedener öffentlicher Telekommunikationsnetze untereinander (§ 36 Satz 2 TKG) rechtfertigt die angefochtene wesentliche Zusammenschaltungsanordnung bei überschlägiger Betrachtung nicht. Die Verbesserungsklausel ist ausgehend von ihrem Wortlaut auf den Austausch von Zeichen, Sprache, Bildern und Tönen zwischen den Nutzern (Telekommunikation), also auf einen technischen Vorgang bezogen. Soll dieser verbessert werden, kann das nur seine Qualität einschließlich seiner Handhabbarkeit betreffen, nicht aber auf ökonomische Effekte bei Diensteerbringern oder Endkunden zielen. Eine Gewinnerweiterung oder - optimierung beim Wettbewerber als Nutzer einer Zusammenschaltungsleistung und damit zusammenhängend eine Optimierung des Kosten-Preis-Verhältnisses für ein Dienstleistungsprodukt stellen noch keine Verbesserung der Telekommunikation dar.
Vgl. hierzu auch Etling-Ernst, TKG, § 36 Rdn. 4.
Eine "Verbesserung" des technischen Vorgangs der Kommunikation kann auch nicht gleichgesetzt werden mit der von der Antragsgegnerin erwünschten "Vermehrung" von Kommunikation zwischen den Endkunden und dem Internet. Wäre Solches Anliegen des Gesetzgebers, wäre eine entsprechende Formulierung im Verhandlungsziel des § 36 Satz 2 TKG zu erwarten. Im Übrigen muss sich eine vermehrte Nachfrage nach Online-Verbindungen nicht zwangsläufig positiv auf die Kommunikation auswirken, sondern kann durchaus auch zu Beeinträchtigungen der Qualität einschließlich der schnellen Herstellung von Kommunikation führen. So gesehen ist nicht dargelegt, inwiefern eine Vorleistungsflatrate der Antragstellerin und darauf aufbauend ein zeitunabhängig tarifiertes Plattformprodukt der Beigeladenen an die ISP sowie ein ebenso zeitunabhängig tarifiertes Angebot der ISP an die Endkunden für diese zu einer Qualitätssteigerung oder Anwendungserleichterung oder Beschleunigung der Verbindungsherstellung bei Online-Verkehr führt.
Vor diesem Hintergrund fällt die Abwägung der widerstreitenden Interessen zu Gunsten des Interesses der Antragstellerin an einer aufschiebenden Wirkung der Klage aus. Die Antragstellerin hat das Risiko einer von einem pauschalierten Entgelt nicht gedeckten Online-Verkehrsmenge nicht zwingend zu übernehmen. Das gilt ebenso für das auch unter Berücksichtigung des WIK-Gutachtens nicht von der Hand zu weisende, gegenwärtig nicht überschaubare Risiko von beeinträchtigenden Verkehrskonzentrationen an wenigen Zusammenschaltungspunkten. Der Beigeladenen dürfte als Plattformbetreiberin bereits gegenwärtig und jedenfalls für die Zeit des Haupsacheverfahrens möglich sein, ein Plattformprodukt an die ISP bei pauschalierter Tarifierung auf der Grundlage der gegenwärtigen Netzgegebenheiten anzubieten. Ein solches ist unabhängig von der Zahl der Anschlusspunkte. Im Übrigen verfügt sie über weit mehr als 1.000 ICAs, die sie auch gegenwärtig im Rahmen der Vorleistungsprodukte T-O.12 und OVF-N - wie es sich im Senat darstellt - in separater Funktion verwenden kann, zudem über eine begrenzte Anzahl von PMxAs und kann Anschlüsse auf PoPs bündeln. Im Übrigen verfügt das in der Umgestaltung begriffene gegenwärtige Netz der Antragstellerin nicht einmal über 1.622 zur Zusammenschaltung geeignete Punkte. Soweit die Beigeladene durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage an einer Umgestaltung ihres Netzes gehindert sein sollte, ist das bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren hinnehmbar. Von dieser Abwägung zu Gunsten der Antragstellerin ist die angefochtene Zusammenschaltungsanordnung als Ganzes erfasst, weil alle getroffenen Anordnungen in einem inneren Sachzusammenhang stehen und der isolierte Fortbestand der einen oder anderen Anordnung bei überschlägiger Betrachtung nicht sinnvoll erscheint. Unberücksichtigt bleibt deshalb, ob die Beigeladene von der Antragstellerin einen nachfragegerechten Zugang über - leistungsfähigere und ausfallsichere - ICAs und überdies an 475 Punkten gemäß § 2 Satz 2 NZV beanspruchen und dies im Wege einer separaten Zusammenschaltungsanordnung durchgesetzt werden könnte. Denn der Schwerpunkt der angefochtenen Zusammenschaltungsanordnung liegt nach dem erklärten Ziel der Antragsgegnerin, ein Flatrate-Produkt für die Endkunden zu ermöglichen, in der Aufforderung an die Antragstellerin, ihrerseits ein Vorleistungsprodukt gegen zeitunabhängig tarifiertes Entgelt anzubieten.
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO sowie aus §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 18.02.2003
Az: 13 B 2175/02
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