Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. November 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 187/03

(BPatG: Beschluss v. 16.11.2004, Az.: 33 W (pat) 187/03)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Widersprechende trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgt die Widersprechende ihren Antrag auf Kostenauferlegung weiter.

Gegen die Eintragung der Wortmarke 302 15 077 FOCCUS für Werbungist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 395 46 204 FOCUS geschützt u.A. für Kl. 16: Druckereierzeugnisse; Informationsmaterial in Form von Druckereierzeugnissen, nämlich Druckschriften;

Kl. 35: Dienstleistungen einer Werbeagentur einschließlich Vermittlung und Durchführung sowie Produktion von Telekommunikations-, Hörfunk- und Fernsehwerbesendungen auch im Online-Service; Marktforschung und -analyse; Werbemittlung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Öffentlichkeitsarbeit und zugehörige Dienstleistungen; Vermittlung und Durchführung von Werbeveranstaltungen

(Fassung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nach rechtskräftigem Abschluss der gegen die Widerspruchsmarke gerichteten Widerspruchsverfahren).

Mit der Erhebung des Widerspruchs hat die Widersprechende beantragt, der Markeninhaberin die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen. Sie meint, die Inhaberin der jüngeren Marke hätte aufgrund der Bekanntheit der Widerspruchsmarke erkennen müssen, dass die Eintragung einer Marke "Foccus" für "identische bzw. nahezu identische Produkte der Klasse 42" keine Aussicht auf Erfolg haben könne. Ohne weiteren Schriftsatzaustausch hat die Markeninhaberin daraufhin mit Schriftsatz vom 28. März 2003 den Verzicht auf die angegriffene Marke erklärt, wobei sie dem Kostenantrag der Widersprechenden mit dem Hinweis entgegengetreten ist, dass sie die jüngere Marke nur für die Dienstleistung "Werbung" angemeldet habe, während die Kennzeichnung "Focus" allein für eine Zeitschrift bekannt sei, die aber von vornherein einer anderen Klasse zuzuordnen sei.

Mit Beschluss vom 14. Mai 2003 hat die Markenstelle für Klasse 35 durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes den Antrag auf Auferlegung der Kosten zurückgewiesen. Zur Begründung verweist die Markenstelle auf die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen, aus denen sich eine Bekanntheit der Widerspruchsmarke in erster Linie für eine Zeitschrift bzw. ein Nachrichtenmagazin, nicht aber für die maßgeblichen Dienstleistungen im Rahmen der Werbung ergebe, für die die jüngere Marke lediglich angemeldet sei. Zudem unterscheide sich die angegriffene Marke von der Widerspruchmarke durch die Schreibweise, was auch eine verschiedene Aussprache bedinge. Trotz gewisser Parallelen der Marken und ihrer Dienstleistungen sei ein Eingriff in ein anderes Schutzrecht nicht offensichtlich. Außerdem habe die Markeninhaberin zwei Monate, nachdem ihr der Widerspruch bekannt gegeben worden sei, ohne weiteren Schriftwechsel auf ihre Marke verzichtet.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur Begründung führt sie aus, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke eine offenkundige Verletzung der älteren Rechte der Widersprechenden dargestellt habe. Die Marken "FOCUS" und "Foccus" seien offensichtlich ähnlich, in klanglicher Hinsicht sogar identisch. Eine anderweitige Aussprache "Foccus" sei umständlich und werde vom Verkehr nicht praktiziert. Zudem seien die Marken begrifflich identisch. Außerdem bestehe eine offensichtliche Identität der beiderseitigen Dienstleistungen im Bereich der Klasse 35.

Ebenso sei es offenkundig, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um ein berühmtes Kennzeichen handele. Dies habe etwa das Landgericht München I in seiner Entscheidung vom 22. März 2001 (4 HK O 2554/01) unter Anwendung des § 291 ZPO als gerichtsbekannt festgestellt. Ergänzend zu dem bereits im Verfahren vor der Markenstelle vorgelegten Material verweist die Widersprechende auf ein Gutachten der Infratest Burke Rechtsforschung von 2001, in dem der Marke "FOCUS" ein überragender Bekanntheitsgrad von 98,1 % attestiert worden sei, und auf Brockhaus Enzyklopädie 20. Aufl., in der das Stichwort "Focus" als "seit 1993 wöchentlich in München erscheinendes Nachrichtenmagazin" erläutert werde.

Es sei davon auszugehen, dass die Inhaberin der jüngeren Marke als im Werbebereich tätiges Unternehmen eine überdurchschnittliche Kenntnis der Medienlandschaft habe und daher auch die Berühmtheit der Marke "FOCUS" kenne. Außerdem sei es hinlänglich bekannt, dass die Widersprechende als Herausgeberin von Zeitschriften Werbung für dritte Unternehmen anbiete. Daher habe die Inhaberin der jüngeren Marke davon ausgehen müssen, dass die Widersprechende ihre Marke "FOCUS" auch für den Bereich der Werbung eingetragen habe. Somit sei es für sie offensichtlich gewesen, dass sie mit der Anmeldung ihrer Marke die Rechte der Widersprechenden verletze. Damit sei zugleich eine Verteidigung im Widerspruchsverfahren von vornherein aussichtslos gewesen. Dies habe die Markeninhaberin auch so gesehen und unverzüglich nach Erhebung des Widerspruchs auf ihre Marken verzichtet.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Widerspruchs- und Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im vorliegenden Verfahren auf die ihr zugestellte Beschwerde und Beschwerdebegründung nicht geäußert. Im Verfahren 33 W (pat) 186/03, das eine parallel angemeldete Wort-/Bildmarke "FOCCUS" betrifft, hat sie darauf hingewiesen, dass die Anmeldung ausschließlich für die Dienstleistung "Werbung" vorgenommen worden. Es sei nicht evident, dass die Widersprechende hierfür ebenfalls eine Eintragung der Marke "Focus" erwirkt habe. Mit dieser Kennzeichnung werde, wie die Widersprechende selbst dargelegt habe, das seit 1993 erscheinende Nachrichtenmagazin, nicht aber eine der Dienstleistung "Werbung" zuordenbare Tätigkeit verbunden. Außerdem führe die Verdoppelung des Buchstabens "c" in der jüngeren Marke dazu, dass der vorhergehende Vokal "o" kurz gesprochen werde, während er in der Widerspruchsmarke lang ausgesprochen werde. Im Gegensatz zur Behauptung der Widersprechenden werde der Verkehr die jüngere Marke nicht als Abwandlung des Wortes "Focus" auffassen. Im Übrigen habe die Markeninhaberin auf ihre Marke nach sorgfältiger Abwägung der Sach- und Rechtslage und nicht wegen offensichtlicher Verletzung der Widerspruchsmarke verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Die Markenstelle hat den Kostenauferlegungsantrag der Widersprechenden zu Recht zurückgewiesen.

Nach § 63 Abs. 1 MarkenG kann das Patentamt bestimmen, dass die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht, wobei eine Bestimmung über die Kostenauferlegung auch dann getroffen werden kann, wenn die Eintragung der Marke wegen Verzichts im Register gelöscht wird (§ 63 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Wie sich aus der Vorschrift des § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG ergibt, trägt grundsätzlich jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 63, Rdn. 8, § 71, Rdn. 13). Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände, die insbesondere dann gegeben sind, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtlosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (a.a.O., § 71 Rdn. 25 m.w.N.).

So stellt etwa die Anmeldung einer Marke ohne vorherige Recherche nach älteren Rechten keinen Grund für eine Kostenauferlegung dar. Jedoch gibt der Inhaber einer jüngeren Marke Anlass für eine Kostenauferlegung zu seinen Lasten, wenn er vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf eine eindeutig verwechselbare ältere Marke hingewiesen worden ist, er aber gleichwohl die Marke aufrecht erhält und damit Veranlassung für einen erfolgreichen Widerspruch gibt (vgl. a.a.O., Rdn. 28 m.w.N.).

Zwar neigt der Senat mit der Widersprechenden dazu, diese Grundsätze auch auf Fälle zu erweitern, in denen der Anmelder einer jüngeren Marke vor der Anmeldung zwar nicht ausdrücklich auf die Existenz einer verwechselbaren älteren Marke hingewiesen worden ist, er diese aber aufgrund ihrer erheblichen Bekanntheit hätte kennen müssen, so dass er Veranlassung zu einem erfolgreichen Widerspruch gegeben hat. Denn vom Anmelder einer Registermarke kann grundsätzlich ein fachliches Interesse und damit eine gewisse Kenntnis der auf dem Markt vorhandenen Kennzeichnungen erwartet werden. Bei bekannten älteren Marken bedarf es daher keines vorherigen Hinweises auf ihre Existenz, um einen Anmelder bei Beachtung der prozessualen Sorgfaltspflichten anzuhalten, die Anmeldung einer offensichtlich verwechselbaren Marke sorgsam zu überdenken, um einen evident erfolgversprechenden Widerspruch oder eine Löschungsklage zu vermeiden. Andernfalls würden die Inhaber bekannter Marken, die erfahrungsgemäß häufig Annäherungen an ihre Marken ausgesetzt sind und dementsprechend zahlreiche Widersprüche erheben, in einem Umfang mit Kosten belastet werden, der dem vom Markenrecht bezweckten Schutz starker Marken zuwiderlaufen würde.

Voraussetzung hierfür ist jedoch nicht nur die evidente Erfolgsaussicht eines Widerspruchs sondern auch eine Bekanntheit der älteren Marke, die so groß ist, dass ihre Kenntnis vom Anmelder einer jüngeren Marke, und damit (auch) im Bereich der Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke, erwartet werden kann. Der Senat hat bereits gewisse Zweifel, ob hier die erste Voraussetzung, d.h. die evidente Erfolgsaussicht des Widerspruchs vorliegt. Denn diese muss, da es um die prozessualen Sorgfaltspflichten der Markeninhaberin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke geht, auch schon am Anmeldetag der jüngeren Marke bestanden haben. Zu diesem Zeitpunkt war die Widerspruchsmarke jedoch noch selbst mit mehreren gegen ihre Eintragung gerichteten Widersprüchen aus anderen Focus-Marken behaftet. Aus damaliger Sicht konnte ihre jetzige Verfahrensgegnerin also nicht davon ausgehen, dass die Widerspruchsmarke später völlig unbehelligt der jüngeren Marke gegenüber stehen würde, was dann angesichts einer durchaus umfangreichen Teillöschung der Widerspruchsmarke, bei der insbesondere die Oberbegriffe "Marketing" und "Verkaufsförderung" in der Klasse 35 wegfielen, auch nicht mehr der Fall war. Diese Frage soll hier allerdings dahingestellt bleiben, zumal es auch zweifelhaft sein kann, ob ein gegen die Eintragung einer bereits bekannten Kennzeichnung gerichtetes Widerspruchsverfahren eine Art Freibrief für Dritte sein darf, die bekannte Bezeichnung ihrerseits anzumelden und sich mit Hinweis darauf etwaigen späteren Kostenfolgen zu entziehen.

Jedenfalls fehlt es an der weiteren Voraussetzung, nämlich der Bekanntheit der Widerspruchsmarke für Waren oder Dienstleistungen, die mit der Dienstleistung "Werbung" der jüngere Marke identisch oder ähnlich sind, und die ein Anmelder auf dem Waren- und Dienstleistungsgebiet der jüngeren Marke hätte kennen müssen. Als mit der Dienstleistung "Werbung" der angegriffenen Marke identisch bzw. ähnlich kommen die Dienstleistungen der Klasse 35 der Widerspruchsmarke in Betracht. Nach der Teillöschung der Widerspruchsmarke sind dies noch "Dienstleistungen einer Werbeagentur einschließlich Vermittlung und Durchführung sowie Produktion von Telekommunikations-, Hörfunk- und Fernsehwerbesendungen auch im Online-Service; Marktforschung und -analyse; Werbemittlung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Öffentlichkeitsarbeit und zugehörige Dienstleistungen; Vermittlung und Durchführung von Werbeveranstaltungen".

Für diese Werbedienstleistungen kann eine gesteigerte Kennzeichnungskraft oder gar Berühmtheit der Widerspruchsmarke nicht festgestellt werden. Zwar hat die Inhaberin der jüngeren Marke die Behauptung der Berühmtheit der Widerspruchsmarke jedenfalls insoweit nicht bestritten, als es um die Waren "Druckereierzeugnisse, Zeitschriften" geht. Allerdings hat sie mit ihrem Vortrag, allein die von vornherein einer anderen "Dienstleistungsklasse" zuzuordnende Zeitschrift "Focus" sei bekannt (Schriftsatz vom 28. März 2003), sinngemäß eine Berühmtheit, zugleich eine aufgrund intensiver Benutzung erhöhte Bekanntheit der Widerspruchsmarke für Dienstleistungen der Klasse 35 bestritten.

Eine Berühmtheit, Bekanntheit oder auch nur intensive Benutzung der Marke "FOCUS" für Werbedienstleistungen geht auch nicht aus dem von der Widersprechenden vorgelegten Material hervor. Aus diesen Auszügen aus Nachschlagewerken, Untersuchungen eines Meinungsforschungsinstituts, Übersichten über Werbeaufwendungen, Nutzungen eines Online-Angebots und Marken der Widersprechenden sowie verschiedenen Amts- und Gerichtsentscheidungen lässt sich allenfalls eine Bekanntheit für die Waren "Druckereierzeugnisse" (nämlich Zeitschriften) entnehmen, nicht aber für Werbedienstleistungen. Dies gilt auch, soweit etwa in der Untersuchung von Infratest Burke aus dem Jahr 1997 u.A. eine Bekanntheit der Bezeichnung "FOCUS" für "Werbung" abgefragt und bestätigt wird, da es dabei um Werbung für "FOCUS" geht, d.h. der Inhaber der Kennzeichnung wird insoweit als Kunde, nicht aber als Erbringer von Werbedienstleistungen untersucht. Ebenso gibt die Übersicht der Werbeaufwendungen für die Jahre 1993 bis 2000 nur Aufschluss über die Werbeaufwendungen für die Zeitschrift.

Die Widersprechende könnte somit aus ihrer für "Druckereierzeugnisse, Zeitschriften" unbestrittenen Berühmtheit nur etwas herleiten, wenn sich dieser Warenbegriff im Hinblick auf Zeitschriftenwerbung mit den für sie eingetragenen Werbedienstleistungen in Form einer "Teilidentität" überlappt. Schon bei der bloßen Betrachtung der Waren- und Dienstleistungsbegriffe scheidet dies jedoch bei der im Widerspruchsverfahren gebotenen förmlichen registerrechtlichen Beurteilung aus. Die für die Widersprechende eingetragenen "Druckereierzeugnisse; Informationsmaterial in Form von Druckereierzeugnissen nämlich Druckschriften, Zeitschriften" können schon deshalb nicht teilidentisch mit den in der Klasse 35 für sie eingetragenen Werbedienstleistungen sein, weil zwischen körperlichen Waren und unkörperlichen Dienstleistungen nach der Rechtsprechung ein grundlegender, natürlicher Unterschied besteht. Selbst eine bloße Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen wird daher nur unter besonderen Umständen angenommen (vgl. BGH GRUR 1999, 731, 733 - Canon II; GRUR 1999, 586 - White Lion; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9, Rdn. 126), so dass eine Teilidentität erst recht nicht in Betracht kommen kann. Ob dies auch für das Verhältnis der Dienstleistung "Herausgabe und Veröffentlichung von Zeitschriften" (Kl. 41) mit Werbedienstleistungen gelten würde, bedarf hier keiner Klärung, da solche Herausgabe- oder Veröffentlichungsdienstleistungen für die Widersprechende nicht eingetragen sind (vgl. im Übrigen Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl., S. 398, re. Sp.: Werbung nicht gleichartig mit Druckereierzeugnissen oder mit Herausgabe von Fachzeitschriften für Computer). Bei dieser Ferne der betreffenden Waren und Dienstleistungen scheidet auch eine Ausstrahlung der Bekanntheit der Widerspruchsmarke für Zeitschriften auf Werbedienstleistungen aus.

Ob bei der Frage der Beurteilung der prozessualen Sorgfaltpflichten auch eine andere Betrachtungsweise angezeigt ist, die nicht an die Identität oder Ähnlichkeit von Waren- und Dienstleistungen i.S.d. § 9 Abs. 1 MarkenG anknüpft, sondern es erweiternd erlaubt, die zur Produktion der Waren erforderlichen Einzeltätigkeiten (hier: Annahme und Veröffentlichung von Werbeanzeigen im eigenen Druckwerk für eigene Rechnung) mit einzubeziehen, etwa weil sich eine Berühmtheit für Zeitschriften auch hierauf erstrecken kann, dürfte im Rahmen des vorliegenden registerrechtlichen Verfahrens zu verneinen sein, bedarf hier aber ebenfalls keiner abschließenden Beurteilung. Denn zum einen erscheint es zweifelhaft, ob die bei der Erstellung und Produktion von Zeitschriften anfallende Bearbeitung von Werbeanzeigen unter den Begriff "Werbung" fällt, wie er in der Werbebranche verstanden wird. Werbung ist ein planmäßiges Vorgehen, das darauf abzielt, Menschen für sich oder für etwas zu gewinnen (vgl. Geml/Geisbüsch/Lauer: Das kleine Marketing-Lexikon, S. 400) bzw. alle bewussten Versuche, Menschen unter Einsatz spezifischer Werbemittel im Sinne der Marketingziele zu beeinflussen (Vahlens Großes Wirtschaftlexikon, S. 2344; vgl. a. Gabler Wirtschaftslexikon, 15. Aufl., S. 3454: versuchte Meinungsbeeinflussung durch besondere Kommunikationsmittel im Hinblick auf jeden beliebigen Gegenstand). Die Hereinnahme und Veröffentlichung von Werbeanzeigen Dritter erfüllt zumindest nicht das Kriterium der Planmäßigkeit bzw. Zielgerichtetheit der Werbung. Die eigentliche Werbung bzw. Tätigkeit eines Werbetreibenden in Zusammenhang mit Printmedien besteht vielmehr in der zielgruppenorientierten Auswahl des Werbemediums (Mediaselektion), während die Zeitschrift nur das Werbemedium, also ein Werbemittel (Hilfsmittel) für Werbung darstellt (vgl. a. BPatG Mitt. 1989, 218, 219 re. Sp. u.).

Doch selbst, wenn man nicht ausschließt, dass der entgeltliche Abdruck fremder Werbeanzeigen unter den Begriff "Werbung" fällt, und eine Bekanntheit für eine Zeitschrift zugleich auch eine Bekanntheit für die (Zeitschriften-) "Werbung" mit einschließt, so dürfte diese Tätigkeit kaum unter die speziellen Agentur-, Forschungs-/Analyse-, Werbemittlungs-, Verteilungs-, Öffentlichkeitsarbeits-, Vermittlungs- und Durchführungsdienstleistungen fallen, die für die Widerspruchsmarke in der Klasse 35 eingetragen sind. Es kann unter diesen Umständen im Rahmen der prozessualen Sorgfaltsanforderungen jedenfalls nicht von der Inhaberin der angegriffenen Marke verlangt werden, dass sie ohne vorherigen Hinweis von der Anmeldung ihrer Marke für "Werbung" absieht.

Die Markenstelle hat den Kostenauferlegungsantrag der Widersprechenden daher zu Recht zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nach § 71 Abs. 1 MarkenG der Widersprechenden aufzuerlegen. In Nebenverfahren, wie isolierten Kostenbeschwerden, entspricht es in der Regel der Billigkeit, dem Obsiegenden die ihm entstandenen Kosten zu erstatten. Nur auf diese Weise werden wirtschaftlich akzeptable Ergebnisse erzielt, da ansonsten der in einem Nebenverfahren Obsiegende durch die Belastung mit seinen eigenen Kosten letztlich gleichwohl einen wirtschaftlichen Schaden erleiden würde, was ihn von der Durchsetzung oder Verteidigung berechtigter Ansprüche abhalten könnte (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 71, Rdn. 38).

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 16.11.2004
Az: 33 W (pat) 187/03


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