Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Urteil vom 18. Juni 2009
Aktenzeichen: 3 C 2604/08.N

(Hessischer VGH: Urteil v. 18.06.2009, Az.: 3 C 2604/08.N)

Die hessische Sozialministerin war berechtigt, die Weiterbildung und Prüfung in der Osteopathie für Physiotherapeuten, Masseure und medizinische Bademeister sowie Heilpraktiker durch eine Rechtsverordnung zu regeln und die Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath" einzuführen.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. DerAntragsteller darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung inHöhe der festzusetzenden Kosten abwenden, sofern der Antragsgegnernicht vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höheleistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Hessische Sozialministerin erließ am 4. November 2008 die "Verordnung einer Weiterbildungs- und Prüfungsordnung im Bereich der Osteopathie (WPO-Osteo)", die im GVBl. I vom 21. November 2008 (Seiten 949 bis 961) verkündet wurde. Die Verordnung regelt die Weiterbildung in der Osteopathie sowie die Prüfung und die Staatliche Anerkennung von Osteopathen. Nach § 1 Abs. 2 WPO-Osteo können entweder Personen, die eine Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Physiotherapeutin oder Physiotherapeut, Masseurin und medizinische Bademeisterin oder Masseur und medizinischer Bademeister nach § 1 Abs. 1 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes besitzen oder Personen, die eine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach § 1 des Heilpraktikergesetzes besitzen, an der Weiterbildung in der Osteopathie teilnehmen. Wer als Masseurin und medizinische Bademeisterin oder als Masseur und medizinischer Bademeister die Weiterbildung absolvieren möchte, muss eine Zusatzausbildung in Manueller Therapie von mindestens 260 Unterrichtsstunden mit erfolgreicher Abschlussprüfung nachweisen können. Nach § 1 Abs. 2 WPO-Osteo vermittelt die Weiterbildung theoretisches Wissen und fachpraktische Fähigkeiten, durch die berufliche Handlungskompetenzen weiterentwickelt werden, die dazu befähigen, osteopathische Behandlungen eigenverantwortlich durchzuführen. Gemäß § 2 Abs. 1 WPO-Osteo wird die Weiterbildung in einem Lehrgang von mindestens 1 350 theoretischen und praktischen Unterrichtsstunden je 45 Minuten in acht Themenbereichen an einer nach § 5 Abs. 1 WPO-Osteo staatlich anerkannten Weiterbildungseinrichtung durchgeführt. Die Weiterbildung kann als Voll- oder Teilzeitunterricht angeboten werden. Im Falle des Teilzeitunterrichts darf die Weiterbildung die Dauer von vier Jahren nicht überschreiten (§ 2 Abs. 2 WPO-Osteo). Gemäß § 17 Abs. 1 WPO-Osteo erhält die staatliche Erlaubnis zur Führung der Weiterbildungsbezeichnung "Osteopathin" oder "Osteopath", wer die nach dieser Verordnung vorgeschriebene Weiterbildung absolviert und die staatliche Prüfung bestanden hat.

Der Antragsteller hat am 11. Dezember 2008den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Er sei seit langen Jahren als Heilpraktiker tätig und biete unter anderem auch chiropraktische und osteopathische Behandlungen an. Der Antragsteller ist der Ansicht, die WPO-Osteo verstoße gegen höherrangiges Recht. Dem Land Hessen fehle die Gesetzgebungskompetenz für den Erlass der Verordnung. Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach den Art. 72 Abs. 1, 74 Abs. 1 Nr. 19 GG erstrecke sich für den Bereich der Ärzte und der Heilberufe auf die Zulassung zu diesen Berufen. Der Bund habe in dem Bereich des Berufszulassungsrechts für diese Berufe durch den Erlass der Bundesärzteordnung, des Zahnheilkundegesetzes, des Physiotherapeutengesetzes und des Heilpraktikergesetzes von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Das Berufszulassungsrecht sei deshalb in diesem Bereich Bundessache und erst das Berufsausübungsrecht Ländersache. Mit dem Abschluss der Weiterbildung und der Erteilung der Erlaubnis nach § 17 WPO-Osteo erhalte ein Physiotherapeut oder Masseur und medizinischer Bademeister, der nur einen Heilhilfsberuf ausübe, faktisch die Zulassung zu einem Heilberuf, nämlich dem des Osteopathen. Nach § 1 Abs. 2 WPO-Osteo strebten die weitergebildeten Physiotherapeuten oder Masseure und medizinischen Bademeister eindeutig die eigenverantwortliche Ausübung der osteopathischen Behandlung an. Zur eigenständigen Ausübung der Heilkunde, also auch der Osteopathie, seien aber nur Ärzte und Heilpraktiker berechtigt. § 16 Abs. 1 und 2 des Hessischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (HGöGD) könne deshalb nicht Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Verordnung sein. § 16 HGöGD ermächtige nämlich nur zur Regelung der Ausbildung der medizinischen Fachberufe, nicht aber zur Schaffung neuer medizinischer Fachberufe. Zu beachten sei auch, dass es für Physiotherapeuten bereits eine bundeseinheitliche Ausbildungs- und Prüfungsverordnung gebe. Ausschließlich für Hessen solle ein weiterer Beruf des "Osteopathen" geschaffen werden.

Bereits jetzt dürfe sich ein Heilpraktiker, der osteopathische Leistungen anbiete, Heilpraktiker und/oder Osteopath nennen. Einer besonderen Qualifikation über eine landesrechtliche Weiterbildung bedürfe er dafür nicht. Damit werde in vorhandene Berufsausübungsrechte eingegriffen. Dem stehe die so genannte Drei-Stufen-Theorie des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 des Grundgesetzes entgegen. Diese im "Apothekenurteil" entwickelte Stufenlehre unterscheide die Stufen der Regelung der Berufsausübung, subjektive Zulassungsvoraussetzungen und objektive Zulassungsschranken als drei Stufen zunehmender Eingriffsintensität. Mit der Rechtsverordnung würden subjektive Zulassungsvoraussetzungen für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit von Heilpraktikern auf dem Gebiet der Osteopathie geschaffen. Im Gegensatz zur jetzigen Rechtslage dürfe sich nur Osteopath nennen, wer die Weiterbildung nach der Rechtsverordnung durchlaufen habe. Alle anderen Heilpraktiker wären bundesweit von dieser Berufsbezeichnung ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines solchen Eingriffs zunächst, dass mit der Regelung ein legitimer Zweck verfolgt werde und der Eingriff zur Erreichung dieses Zweckes objektiv geeignet sei. Sinn und Zweck der Weiterbildungsordnung sei ausweislich der Begründung die Sicherung und Steigerung der Qualität in der osteopathischen Behandlung in Anbetracht angeblich verstärkter Nachfrage nach derartigen Behandlungen. Abgesehen davon, dass nicht verstärkt nach osteopathischen Behandlungen nachgefragt werde, könne eine Qualitätssicherung bei dieser Behandlungsmethode nicht erreicht werden, da ihr bislang jegliche wissenschaftliche Anerkennung fehle, beispielsweise nach Aussage des Geschäftsleiters Jörg Rüdiger der Swiss Association of Osteopathic medicine (SAOM) allein vierzig verschiedene Ansätze für die Migränebehandlung vorhanden seien und das Besondere an der Osteopathie gerade in der individuellen Behandlung gesehen werde. Es fehle auch bislang jeder wissenschaftliche Beweis dafür, dass Osteopathie mehr als ein Placebo sei.

Nach der Dreistufentheorie sei auf der zweiten Stufe die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu prüfen. Subjektive Zulassungsvoraussetzungen seien danach nur gerechtfertigt, wenn die Ausübung des Berufes ohne Erfüllung der Voraussetzungen unmöglich oder unsachgemäß wäre und auch, wenn sie Gefahren oder Schäden für die Allgemeinheit mit sich brächte. Diese Voraussetzungen seien offensichtlich nicht gegeben. Die Ausübung der osteopathischen Behandlung ohne Absolvierung der Weiterbildung brächte keine Gefahren oder Schäden für die Allgemeinheit mit sich. Bislang übten unbeaufsichtigt nur approbierte Ärzte und staatlich geprüfte Heilpraktiker die Osteopathie aus. Die Osteopathie sei an sich keine mit besonderen Risiken behaftete Behandlungsmethode, die Gefahr für die Patienten bestehe aber darin, dass bei den ausschließlich manuellen Untersuchungstechniken für den Patienten bedenkliche Erkrankungen übersehen werden könnten. Diese Gefahr sei bisher durch die Überprüfungsinhalte nach dem Heilpraktikergesetz ausgeschlossen. Die Weiterbildungsordnung strebe dagegen eine berufliche Eigenständigkeit der so genannten Osteopathen unter Umgehung des Heilpraktikergesetzes an. Die eigenständige Ausübung der Osteopathie durch Physiotherapeuten und Masseure/medizinische Bademeister stelle daher eine Straftat nach § 5 Heilpraktikergesetz dar.

Weiterhin stellten sich auch wettbewerbsrechtliche Fragen aus dem Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens. Außerhalb der Fachkreise dürfe mit fremd- oder fachsprachlichen Bezeichnungen für Verfahren und Behandlungen nicht geworben werden, soweit sie nicht in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen seien. In diesem Zusammenhang sei auch das Problem eines drohenden Weiterbildungstourismus zu sehen. Antragsteller, die sich in Hessen weiterbildeten, aber außerhalb Hessens praktizierten, würden sich gegenüber anderen Heilpraktikern oder Ärzten, die osteopathisch tätig seien, einen nach dem Heilmittelwerbegesetz wohl rechtswidrigen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Es sei nicht klar, wie in einem bundesrechtlich geregelten Beruf in Anbetracht bundesrechtlicher Wettbewerbsbeschränkungen landesrechtliche legitimierte Wettbewerbsvorteile begründet werden könnten.

Der Antragsteller beantragt,

die Verordnung einer Weiterbildungs- und Prüfungsordnung im Bereich der Osteopathie (WPO-Osteo) vom 4. November 2008 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, die Behauptung des Antragstellers, dem Land Hessen sei es aufgrund der vermeintlich abschließenden Bundeskompetenz verwehrt, Normen mit heilpraktischem Bezug zu erlassen, treffe nicht zu. Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 i. V. m. Art. 72 Abs. 1 GG erstrecke sich die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Bereich der Ärzte und der anderen Heilberufe nur auf die Zulassung zu diesen Berufen. Folgerichtig sei mit dem Heilpraktikergesetz und der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz die Zulassung zum Heilpraktikerberuf in Form der Berufserlaubnis abschließend geregelt. Dem Land Hessen stehe somit unbestritten für den Bereich der Zulassung zum Heilpraktikerberuf aufgrund der Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG keine Gesetzgebungskompetenz zu. In der angegriffenen Verordnung würden jedoch weder die Zulassung zum Heilpraktikerberuf noch die dazu führenden Voraussetzungen in irgendeiner Form geregelt. Es werde lediglich in § 17 Abs. 1 WPO-Osteo geregelt, dass die Weiterbildungsbezeichnung "Osteopathin" oder "Osteopath" nur führen dürfe, wer die dort festgelegte Weiterbildung absolviert und die darauf basierende Prüfung bestanden habe. Bei der Ankündigung einer Weiterbildungsbezeichnung als beruflicher Außendarstellung handele es sich ebenso wie bei der ärztlichen Weiterbildung um eine Berufsausübungsregelung, für die die Sperrwirkung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 i. V. m. Art. 72 Abs. 1 GG nicht greife.

Heilpraktikern bleibe es auch weiterhin gestattet, osteopathisch tätig zu werden. Die Weiterbildung nach der WPO-Osteo sei dafür keine Voraussetzung. Lediglich die Ankündigung der Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath", die dem Wesen einer Weiterbildungsbezeichnung nach mit dem Grundberuf zu erfolgen habe, werde durch § 17 Abs. 1 WPO-Osteo staatlich geschützt. § 16 HGöGD sei auch eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Weiterbildungs- und Prüfungsordnung. Die Vorschrift ermächtige dazu, durch Rechtsverordnung Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Prüfungsordnungen für Fachberufe des Gesundheitswesens zu erlassen und die entsprechenden Einzelheiten zu regeln. Der Begriff "Fachberufe des Gesundheitswesens" sei weder bundes- noch landesrechtlich legal definiert und daher als unbestimmter Rechtsbegriff der Auslegung zugänglich. Das Grundgesetz spreche lediglich von ärztlichen und anderen Heilberufen. Unter die "anderen Heilberufe" würden sowohl die Heilpraktiker als auch die so genanten "Heilhilfsberufe" subsumiert. Durch die WPO-Osteo würde kein neues Berufsbild implementiert. So könnten etwa in einem ärztlichen Fachgebiet weitergebildete Ärzte Facharztbezeichnungen in substantivierter Form (z. B. "Internist") führen, ohne dass man hieraus die Schaffung eines neuen Heilberufs ableiten würde. Nicht anderes gelte für die Bezeichnung "Osteopath". Durch die WPO-Osteo würde es auch den Physiotherapeuten und den Masseuren/medizinischen Bademeistern nicht unter Umgehung des HPG gestattet, selbständig die Osteopathie als Heilkunde auszuüben. Die in § 1 Abs. 2 WPO-Osteo statuierte Befähigung zur eigenverantwortlichen Durchführung osteopathischer Behandlungen bedeute lediglich, dass die Physiotherapeuten und Masseure/-medizinische Bademeister im Rahmen einer Anweisung oder Verordnung durch einen Arzt oder Heilpraktiker dazu befähigt seien, eigenverantwortlich osteopathisch tätig zu werden.

Eine Verletzung der Berufsfreiheit des Antragstellers liege nicht vor. Unter Berücksichtigung der Drei-Stufen-Theorie des Bundesverfassungsgerichts müssten Berufswahl und Berufsausübungsregelungen unterschieden werden. Bei der beruflichen Außendarstellung handele es sich um eine Berufsausübungsregelung, die auch nicht als derart gravierend erscheine, dass sie hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs entsprechend einer Berufswahlregelung gewertet werden müsste. Der Zweck der Verordnung bestehe in der Qualitätssicherung der osteopathischen Behandlung und diene somit dem Schutz der Volksgesundheit. Aus diesem Grund enthalte die Verordnung Vorgaben zur Zulassung und zu Mindestanforderungen der Weiterbildung hinsichtlich der Dauer, Struktur sowie der personellen und inhaltlichen Gestaltung. Die Behauptung, eine Qualitätssicherung sei schon deshalb nicht möglich, da es im Bereich der Osteopathie keine einheitlichen Qualitätsstandards gebe, gehe an der Sache vorbei. Mit der Verordnung würden zum Schutz der Volksgesundheit erstmals Anforderungen definiert, welche geeignet und erforderlich seien, einen Mindestqualitätsstandard für den osteopathischen Bereich zu implementieren.

Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sei gegeben. Reine Berufsausübungsbeschränkungen seien nach der Drei-Stufen-Theorie dann legitimiert, wenn sie durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gerechtfertigt seien, wobei der Gesetzgeber Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit in den Vordergrund stellen dürfe. Heilpraktiker stellten bereits bisher die größte an der bislang nicht reglementierten Weiterbildung in der Osteopathie teilnehmende Berufsgruppe dar. Durch ihre Einbeziehung in den Anwendungsbereich der Verordnung werde die Qualität der Weiterbildung staatlich gewährleistet. Die Osteopathie als alternative Heilkunde habe insbesondere die Prävention sowie die Heilung von Krankheiten zum Ziel. Sie werde in Deutschland immer häufiger nachgefragt. Nach osteopathischen Selbstverständnis können Störungen und Bewegungseinschränkungen der Führungsbahnen im Körper (Faszien) und Gelenke auch Symptome an anderen Organen und Körperregionen auslösen. Durch geeignete Grifftechniken behandelten Osteopathen daher auch Probleme wie Bluthochdruck und Kopfschmerzen. Die Grifftechnik aktiviere zudem die körpereigenen Selbstheilungskräfte des Patienten.

Ein Verstoß gegen das Heilmittel-Werbegesetz werde durch die Führung der Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath" nicht eintreten. Das Heilmittelwerbegesetz verbiete lediglich die Werbung mit fremd- oder fachsprachlichen Bezeichnungen, soweit sie nicht in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen seien. Es sei nicht davon auszugehen, das der Begriff "Osteopath" dem Verbraucher fremd sei, da in den letzten Jahren - ohne Berücksichtigung von Kurzmeldungen - etwa 1 200 Veröffentlichungen pro Jahr in regionalen und überregionalen Presseerzeugnissen erschienen seien.

Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung sind auch vier Hefte Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners gewesen. Auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Die WPO-Osteo ist eine andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, über deren Gültigkeit der Hessische Verwaltungsgerichtshof auf Antrag entscheidet, soweit das Landesrecht dies bestimmt. Eine entsprechende Bestimmung enthält § 15 Abs. 1 HessAGVwGO. Allerdings ist zu beachten, dass das Oberverwaltungsgericht die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht prüft, soweit gesetzlich vorgeschrieben ist, dass die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist (§ 47 Abs. 3 VwGO). Art. 132 der Hessischen Verfassung (HV) bestimmt, dass nur der Staatsgerichtshof die Entscheidung darüber trifft, ob ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung mit der Verfassung im Widerspruch steht. Zu den Rechtsverordnungen, die vom Hessischen Staatsgerichtshof auf ihre Vereinbarkeit mit der Hessischen Verfassung geprüft werden, gehören die gesetzesvertretenden Verordnungen nach Art. 118 HV und die in Art. 107 HV genannten Ausführungsverordnungen der Landesregierung und der Minister (vgl. Hess. StGH, Urt. v. 03.12.1969 - P. St. 569 - ESVGH 20, 217, 222). Die Rechtmäßigkeit einer Verordnung eines hessischen Ministeriums wird aber nicht ausschließlich durch den Hessischen Staatsgerichtshof geprüft. Nur die Prüfung der Gültigkeit hessischer Gesetze und Verordnungen am Maßstab der hessischen Verfassung ist durch Art. 132 HV dem Staatsgerichtshof vorbehalten. In Normenkontrollverfahren kann die Rechtmäßigkeit der Rechtsvorschrift daher an anderem höherrangigen Recht als den Bestimmungen der Hessischen Verfassung geprüft werden, auch wenn durch das Grundgesetz (GG) gewährte Grundrechte zur Überprüfung herangezogen werden, die inhaltsgleich durch die Hessische Verfassung gewährt werden (vgl. Hess. VGH, B. v. 01.10.1991 - 6 N 1621/86 - ESVGH 42, 62; Hess. VGH, Urt. v. 24.11.2006 - 7 N 1420/05 - ESVGH 57, 129). Dem Senat ist es im vorliegenden Normenkontrollverfahren somit lediglich verwehrt, die WPO-Osteo auf die Vereinbarkeit mit Bestimmungen der Hessischen Verfassung zu überprüfen.

Die einjährige Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten. Der Antragsteller ist auch antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Es ist möglich, dass der Antragsteller jedenfalls dadurch in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit beeinträchtigt ist, dass er die Bezeichnung "Osteopath" künftig nicht mehr ohne die jetzt vorgeschriebene Ausbildung und Prüfung führen kann.

Der Nomenkontrollantrag ist nicht begründet. Die WPO-Osteo verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

Mit dem Erlass der WPO-Osteo hat der Verordnungsgeber lediglich in verfassungsrechtlich gerechtfertigter Weise in das dem Antragsteller und anderen Heilpraktikern durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Grundrecht der Berufsfreiheit eingegriffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. grundlegend BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377 ["Apothekenurteil"]) gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG ein einheitliches Grundrecht der Berufswahl und der Berufsausübung, in das durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingriffen werden kann. Durch die WPO-Osteo werden weder objektive Zulassungsschranken noch subjektive Zulassungsvoraussetzungen für den Beruf des "Osteopathen", den der Antragsteller und andere Heilpraktiker ausüben oder künftig ausüben wollen, aufgestellt. Die Ausübung des schon bislang vom dem Antragsteller und anderen Heilpraktikern ausgeübten Berufs des Heilpraktikers wird vielmehr durch eine auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhenden Verordnung eines hessischen Ministeriums näher geregelt.

Die Zulassung zu dem Beruf des Heilpraktikers Heist durch das Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) vom 17. Februar 1939 (RGBl I S. 251, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Oktober 2001, BGBl I S. 2702) geregelt. Nach § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestellt zu sein, ausüben will. Nähere Einzelheiten über die Erteilung der Erlaubnis sind in der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 18. Februar 1939 (RGBl I S. 259, zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Dezember 2002, BGBl I S. 4456) bestimmt. Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Erlass des Heilpraktikergesetzes von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG Gebrauch gemacht. Über die Zulassung zum Beruf des Heilpraktikers hinaus hat der Bundesgesetzgeber die Zulassung zu den ärztlichen Berufen des Arztes, Zahnarztes und Tierarztes durch den Erlass der Bundesärzteordnung, der Bundes-Tierärzteordnung und des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde geregelt. Auch die Zulassung zu den so genanten Heilhilfsberufen ist bundesgesetzlich geregelt, etwa für die Masseure und medizinischen Bademeister sowie die Physiotherapeuten durch das Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz - MPhG). Für Fragen der Zulassung zu diesen Berufen steht dem hessischen Landesgesetzgeber keine Regelungskompetenz zu, weil der Bund von seiner Regelungskompetenz Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG).

Durch die WPO-Osteo wird entgegen der Annahme des Antragstellers kein eigenständiger Beruf des "Osteopathen" geschaffen. Mit dem Erlass der WPO-Osteo hat der Verordnungsgeber dieses Ziel schon nicht verfolgt. Die Regelungen der WPO-Osteo bewirken auch nicht, dass ein eigenständiger Beruf "Osteopath" entsteht. Die WPO-Osteo ist eine Verordnung einer Landesministerin, die die Weiterbildung in der Osteopathie, die durch eine Prüfung abgeschlossen wird, regelt. Nach Bestehen der Prüfung erhält der Prüfling die staatliche Erlaubnis zur Führung der Weiterbildungserlaubnis "Osteopath" (§ 17 Abs. 1 WPO-Osteo). Die damalige hessische Sozialministerin wollte somit keinen neuen eigenständigen Gesundheitsberuf des "Osteopathen" schaffen, sondern lediglich die Weiterbildung in der Osteopathie regeln. Eine Weiterbildungsbezeichnung kann auch mit einer Berufsbezeichnung nicht gleichgesetzt werden. Der Antragsteller legt auch nicht näher dar, warum Physiotherapeuten, Masseure und medizinische Bademeister oder Heilpraktiker, die die Weiterbildung in der Osteopathie erfolgreich abgeschlossen haben, durch die Führung der Weiterbildungserlaubnis "Osteopath" einen eigenständigen Beruf ausüben sollen. Ihr Beruf bleibt der eines Physiotherapeuten, eines Masseurs und medizinischen Bademeisters oder eines Heilpraktikers, auch wenn sie sich zusätzlich als "Osteopath" bezeichnen.

Da durch die Einführung der Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath" kein eigenständiger Beruf geschaffen wird, stellt die WPO-Osteo keine objektiven Zulassungsschranken für einen solchen Beruf auf und sie enthält mit ihren Vorschriften über den Inhalt, die Dauer und die Durchführung der Weiterbildung, über die abschließende Prüfung und die Erteilung der Weiterbildungsbezeichnung auch keine subjektiven Zulassungsvoraussetzungen für einen solchen Beruf. Sie regelt lediglich die Berufsausübung von Physiotherapeuten, Masseuren und medizinischen Bademeistern und von Heilpraktikern.

Als Berufsausübungsregelung beruhen die Regelungen der WPO-Osteo auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage und entsprechen den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an einen verfassungsgemäßen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit. Der Bund hat für die ärztlichen und anderen Heilberufe gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG lediglich die Kompetenz, Regelung über die Zulassung zu diesen Berufen zu treffen. Regelungen etwa über die ärztliche Weiterbildung nach Erteilung der Approbation und damit die gesamte Regelung des Facharztwesens gehören zur ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit der Länder (vgl. BVerfG, B. v. 09.05.1972 - 1 BvR 518/62, 1 BvR 308/64 - BVerfGE 33, 125). Auch für die Weiterbildung der Physiotherapeuten, Masseure und medizinischen Bademeister und der Heilpraktiker hat das Land Hessen somit eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz. In § 16 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (HGöGD) hat es in Ausübung dieser Gesetzgebungskompetenz die für den öffentlichen Gesundheitsdienst zuständigen Ministerin oder den dafür zuständigen Minister ermächtigt, durch Rechtsverordnung Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Prüfungsordnungen für die Fachberufe des Gesundheitswesens zu erlassen sowie Einzelheiten zu den Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung der Aus- und Weiterbildungsstätten der Fachberufe des Gesundheitswesens zu treffen. § 16 Abs. 2 HGöGD trifft nähere Bestimmungen darüber, welche Regelungen im Besonderen in den Rechtsverordnungen vorgesehen werden können. Die WPO-Osteo beruht auf dieser Ermächtigungsgrundlage. In ihr sind keine Bestimmungen enthalten, zu deren Erlass die damalige hessische Sozialministerin nicht durch § 16 Abs. 1 und 2 HGöGD ermächtigt war.

In dem Erlass der WPO-Osteo liegt ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers und anderer Heilpraktiker. Die WPO-Osteo enthält keine Verpflichtung für Heilpraktiker, sich in der Osteopathie weiterzubilden. Es handelt sich lediglich um ein Angebot, sich in der Osteopathie weiterzubilden, in dem kein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung liegt. Nach § 17 Abs. 1 WPO-Osteo erhält aber derjenige, der die nach der WPO-Osteo vorgeschriebene Weiterbildung absolviert und die staatliche Prüfung bestanden hat, die staatliche Erlaubnis zur Führung der Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath". Über die Erlaubnis zum Führen dieser Bezeichnung wird eine Urkunde ausgestellt (§ 17 Abs. 2 WPO-Osteo). Der Antragsteller und andere Heilpraktiker sind deshalb künftig daran gehindert, die Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath" ohne Teilnahme an der Weiterbildung und Bestehen der Prüfung zu führen. Der Zweck der in § 17 Abs. 1 WPO vorgesehenen staatlichen Erlaubnis zum Führen dieser Weiterbildungsbezeichnung besteht darin, dass künftig nur derjenige sich als "Osteopath" bezeichnen kann, der an der Weiterbildung teilgenommen und die Prüfung bestanden hat. Allerdings ist zu beachten, dass die WPO-Osteo in der derzeitigen Fassung - anders als die ersten Entwürfe der Verordnung - weder eine Ermächtigung zur Untersagung der unberechtigten Führung der Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath" enthält noch die unberechtigte Führung dieser Bezeichnung zur Ordnungswidrigkeit erklärt. Grund für die Streichung dieser Vorschriften war, dass das HGöGD in der derzeitigen Fassung keine Ermächtigung zum Erlass solcher Bestimmungen enthält. Im Ministerium besteht jedoch die Absicht, das HGöGD entsprechend zu ergänzen (vgl. Vermerk vom 19. Mai 2008, Bl. 104 des Verwaltungsvorgangs "Verordnungsverfahren I"). Ermächtigungsgrundlage für ein behördliches Einschreiten gegen die unberechtigte Verwendung der Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath" kann daher zur Zeit allenfalls § 11 HSOG sein. Unabhängig davon dürfte ein erfolgreicher Absolvent der Weiterbildung zum "Osteopathen" gegen die unberechtigte Führung dieser Weiterbildungsbezeichnung wettbewerbsrechtlich vorgehen können (§§ 8, 3 UWG), so dass darin, dass sich der Antragsteller und andere Heilpraktiker - solange die entsprechende Weiterbildung nicht erfolgreich absolviert wird - nicht mehr als "Osteopath" bezeichnen können, ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit liegt.

Dieser Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers und anderer Heilpraktiker ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Eingriffe in die Berufsausübung bedürfen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Die gesetzlichen Grundlagen sind dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und wenn sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, wenn also das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, B. v. 22.01.1997 - 2 BvR 1915/91 - BVerfGE 95, 173, 183).

In der Begründung der Verordnung wird ausgeführt, dass der Erlass der Verordnung der Qualitätssicherung der Gesundheitsversorgung dient. Da osteopathische Behandlungen immer häufiger von den Menschen nachgefragt würden, sei es angemessen, die für die Osteopathie erforderlichen Qualifikationen zu regeln. Dazu werden in der Verordnung im Einzelnen Anforderungen an die theoretische und praktische Ausbildung in der Weiterbildung aufgestellt und die Durchführung der schriftlichen, praktischen und mündlichen Prüfung geregelt.

Die Sicherung der Qualität in der Gesundheitsversorgung und die Regelung der für die Osteopathie erforderlichen Qualifikationen sind ausreichende Gründe des Gemeinwohls, die den Verordnungsgeber berechtigten, eine Weiterbildungs- und Prüfungsordnung im Bereich der Osteopathie zu erlassen. Soweit letzte Beweise für die Wirksamkeit der Methoden der Osteopathie fehlen, verletzt der Verordnungsgeber seinen insoweit bestehenden Beurteilungsspielraum nicht, wenn er sich dennoch dazu entschließt, die Weiterbildung in der durchaus stärker nachgefragten Osteopathie staatlich zu reglementieren. Das gewählte Mittel ist geeignet, den verfolgten Zweck zu erreichen. Durch die Definition der Ausbildungsinhalte der Weiterbildung, durch das Erfordernis einer Prüfung und die Verleihung einer Weiterbildungsbezeichnung wird der verfolgte Zweck erreicht. Das gewählte Mittel ist auch erforderlich, da ein anderes, gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Zwecks nicht zur Verfügung steht.

Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, die Zumutbarkeit, ist gegeben. Die Berufsausübungsfreiheit darf nach der angeführten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ("Drei-Stufen-Theorie", Urt. v. 11.06.1958, a. a. O.) beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls dies zweckmäßig erscheinen lassen. Es ist eine vernünftige Erwägung des Allgemeinwohls, zur Regelung der erforderlichen Qualifikationen und zur Steigerung der Qualität der Gesundheitsversorgung eine Weiterbildung in der Osteopathie einzuführen. Die in dem Umstand, die Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath" nicht weiter verwenden zu können, liegende Beeinträchtigung der Berufsausübung des Antragstellers und anderer Heilpraktiker ist als eher geringfügig anzusehen. Insgesamt erscheint daher der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Antragsstellers und anderer Heilpraktiker als durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gerechtfertigt.

Auch die Bestimmung des § 1 Abs. 2 WPO-Osteo ist verfassungsgemäß. Es heißt in § 1 Abs. 2 WPO-Osteo, dass die Weiterbildung theoretisches Wissen und fachpraktische Fähigkeiten vermittele, durch die berufliche Handlungskompetenzen weiterentwickelt würden, die dazu befähigten, osteopathische Behandlungen eigenverantwortlich durchzuführen. Zwar geben nach wohl vorherrschender Ansicht Physiotherapeuten und Masseure/medizinische Bademeister nach ihrem beruflichen Selbstverständnis, wie es in den §§ 3 und 8 MPhG zum Ausdruck kommt, lediglich "Hilfen" bei bestimmten gesundheitlichen Problemlagen, wobei die "Hilfen" im Regelfall nach Maßgabe einer medizinischen Diagnose und aufgrund einer ärztlichen Heilmittelverordnung entfaltet werden. Die berufliche Tätigkeit eines Heilpraktikers wird demgegenüber in voller diagnostischer und therapeutischer Autonomie verrichtet (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 21.11.2006 - 6 A 10271/06 - MedR 2007, 496; a. A. VGH Mannheim, Urt. v. 19.03.2009 - 9 S 1413/08 - GewArch 2009, 671). Durch § 1 Abs. 2 WPO-Osteo soll die bundesgesetzlich vorgegebene Aufgabenverteilung zwischen Arzt bzw. Heilpraktiker einerseits und Physiotherapeuten bzw. Masseuren und medizinischen Bademeistern andererseits aber nicht verändert werden. Die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 16 Abs. 1 und 2 HGöGD beruhende WPO-Osteo bezweckt als Weiterbildungs- und Prüfungsordnung keine Veränderung dieser Aufgabenverteilung. Nur Ärzte und Heilpraktiker sollen in voller diagnostischer und therapeutischer Autonomie die Heilkunde ausüben, während Physiotherapeuten und Masseure/medizinische Bademeister als Angehörige eines Heilhilfsberufs zur Ausübung ihrer Tätigkeit, die allerdings ebenfalls eine Heilbehandlung darstellt, einer Anordnung oder Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers bedürfen. Erfolgt eine osteopathische Behandlung aufgrund einer Anordnung oder Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers durch einen Physiotherapeuten oder Masseur/medizinischen Bademeister, kann darin kein Verstoß gegen die Strafvorschrift des § 5 Heilpraktikergesetz liegen. Eine Heilbehandlung durch eine Person, die gemäß § 1 Abs. 1 MPhG die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Physiotherapeut" oder "Masseur und medizinischer Bademeister" erhalten hat, kann nicht strafbar sein, wenn sie aufgrund einer Anordnung oder Verordnung eines Arztes erfolgt.

In den übrigen Vorschriften der WPO-Osteo liegt ebenfalls kein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit von Heilpraktikern, der nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt wäre. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die Regelungen über Inhalt, Dauer und Durchführung der Weiterbildung, die insbesondere in § 2 WPO-Osteo in Verbindung mit der Anlage 1 der Verordnung getroffen werden, nicht auf vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls beruhen. Das Gleiche gilt für die Vorschriften über die Prüfung im zweiten Abschnitt der Verordnung. Auch die Regelungen des § 17 Absätze 3 bis 15 WPO-Osteo über die Erteilung der Erlaubnis zur Führung der Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath" an Personen, die nicht die Weiterbildung und die Prüfung nach der WPO-Osteo absolviert haben, beruhen auf vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird insbesondere dadurch entsprochen, dass Absolventen einer bislang nicht staatlich geregelten Aus- und Weiterbildung in der Osteopathie durch § 17 Abs. 4 WPO-Osteo die Möglichkeit eröffnet wird, die Erlaubnis zur Führung der Weiterbildungsbezeichnung zu erhalten, und dass in den Absätzen 5 bis 17 des § 17 WPO-Osteo Regelungen über die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Weiterbildungsbezeichnung für Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum getroffen werden.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bestimmungen der WPO-Osteo gegen andere durch das Grundgesetz gewährleistete Grundrechte als Art. 12 Abs. 1 GG verstoßen.

In der staatlichen Erlaubnis zur Führung der Weiterbildungsbezeichnung "Osteopath", die § 17 Abs. 1 WPO-Osteo enthält, liegt auch kein Verstoß gegen das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (HWG). Nach § 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG darf außerhalb der Fachkreise für Verfahren und Behandlungen nicht mit fremd- oder fachsprachlichen Bezeichnungen geworben werden, soweit sie nicht in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind. Es kann dahinstehen, ob der Begriff "Osteopath" schon in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen ist, da jedenfalls die Führung einer Weiterbildungsbezeichnung noch nicht direkt eine Werbung für ein bestimmtes Verfahren oder eine bestimmte Behandlung darstellt. Darüber hinaus kann die Verwendung einer Weiterbildungsbezeichnung, die nach einer Verordnung eines Landesministers geführt werden darf, die auf einer wirksamen landesgesetzlichen Grundlage beruht, nicht zugleich einen Verstoß gegen das HWG darstellen. Dem Bundesgesetzgeber ist es nämlich verwehrt, das Führen von Bezeichnungen, die der Landesgesetzgeber einführen darf, zu untersagen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.






Hessischer VGH:
Urteil v. 18.06.2009
Az: 3 C 2604/08.N


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/341d3a7a7b16/Hessischer-VGH_Urteil_vom_18-Juni-2009_Az_3-C-2604-08N




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