Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. November 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 218/02
(BPatG: Beschluss v. 12.11.2003, Az.: 32 W (pat) 218/02)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 10. April 2002 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
Gründe
I.
Die Anmeldung der Wortmarkegpswurde vom Deutschen Patent- und Markenamt teilweise und zwar hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische (soweit in Klasse 9 enthalten), photographische, Film-, optische, Wäge-, Meß-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten; Datenträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computerperipheriegeräte; Software, Druckereierzeugnisse, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Ausbildung; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung;
wegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass "gps" für "globalpositioningsystem" stehe, welches ein satellitenbasierendes System zur Orts- und Geschwindigkeitsbestimmung benennt. Für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen stelle dieser Begriffsinhalt eine im Vordergrund stehende Sachangabe dar.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beschränkt die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf:
Klasse 9 Wissenschaftliche, elektrische (soweit in Klasse 9 enthalten), photographische, Film-, optische, Wäge- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten, Datenträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Computerperipheriegeräte, Software, alle vorgenannten Waren nicht für globale Positionierungssysteme; Feuerlöschgeräte;
16 Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke, Druckereierzeugnisse, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), außer für globale Positionierungssysteme;
28 Spiele, elektronische Spiele; Spielkarten; Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck;
35 Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Personal- und Managementberatung, Personal- und Stellenvermittlung; Qualitätsmanagement; Erstellung von Geschäftsgutachten;
38 Telekommunikation und Dienstleistungen eines Online-Anbieters, nämlich Sammeln, Bereitstellen und Übermittlung von Informationen, Texten, Zeichnungen und Bildern, alle vorgenannten Dienstleistungen nicht für globale Positionierungssysteme;
41 Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften;
42 Rechtsberatung und -vertretung; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Personalauswahl mit Hilfe von Eignungstests; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, vorgenannte Dienstleistungen nicht für globale Positionsierungssysteme.
Somit ist noch die Zurückweisung der Anmeldung hinsichtlich der nachfolgenden Waren und Dienstleistungen Gegenstand des Beschwerdeverfahrens:
Wissenschaftliche, elektrische (soweit in Klasse 9 enthalten), photographische, Film-, optische, Wäge- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten, Datenträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Computerperipheriegeräte, Software, alle vorgenannten Waren nicht für globale Positionierungssysteme;
Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), außer für globale Positionierungssysteme;
Ausbildung; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften;
wissenschaftliche und industrielle Forschung;
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, vorgenannte Dienstleistungen nicht für globale Positionierungssysteme.
Die Anmelderin macht geltend, dass zumindest mit dem geänderten Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Eintragung der Marke kein Schutzhindernis mehr entgegenstehe.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht in der beanspruchten Fassung weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
1. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h., jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die erwähnte Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH, BlPMZ 2003, 183, 184 - Buchstabe Z).
Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen richten sich zum Teil an die allgemeinen deutschen Verkehrskreise und zum Teil an verschiedene Fachkreise. Deren genaue Einordnung kann dahinstehen. Hinsichtlich der Waren "Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungsapparate und Instrumente" sind dies jedenfalls Fachkreise, die den Begriff "gps" als Abkürzung für "global positioning system" für ein weltumspannendes Satellitensystem zur genauen Ortung, Navigation und Zeitverteilung kennen. Da jedoch auch bei diesen Waren der Bereich dieser globalen Positionierungssysteme nicht mehr beansprucht wird, liegt in der Marke "gps" auch insoweit keine im Vordergrund stehende Sachangabe. Hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen kann der Senat nicht feststellen, dass "gps" eine im Vordergrund stehende Sachangabe darstellt. Zum Teil richten sich die Waren und Dienstleistungen an die allgemeinen Verkehrskreise und zum Teil an Fachkreise, wo - soweit feststellbar - globale Positionierungssysteme keine im Vordergrund stehende Rolle spielen. Soweit in diesen Bereichen "gps" zur Kennzeichnung Verwendung findet, kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Verkehrskreise diese Bedeutung nicht kennt und "gps" für eine kennzeichnungskräftige Abkürzung halten wird.
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Verkehr die Buchstabenfolge "gps" - beispielsweise wegen einer Verwendung durch viele Anbieter nicht mehr als Unterscheidungsmittel der betrieblichen Herkunft versteht. Bei der Eingabe des Begriffs in übliche Suchmaschinen des Internets (z.B. Wiley ACRONYM FINDER/22.07.2002) findet sich "GPS" auch kennzeichenmäßig etwa für die Grüne Partei der Schweiz, Greater Pittsburg Section, Groupe de Physique des Solides. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass gps stets nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.
2. Die Marke ist auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Wie oben festgestellt, ist "gps" vorrangig die Abkürzung für "global positioning system", einem weltweiten Ortungssystem. Dieses kann im Bereich der wissenschaftlichen Apparate und Instrumente, der Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton- Bild und Daten, Datenträger, Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Computerperipheriegeräte und Software, der Druckereierzeugnisse, der Lehr- und Unterrichtsmittel oder der Dienstleistung des Erstellens von Programmen für die Datenverarbeitung durchaus zur Merkmalsbezeichnung dienen. Insoweit besteht jedoch kein Schutzhindernis, da das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis so eingeschränkt wurde, dass globale Positionierungssysteme keine Rolle spielen können. Für die übrigen noch in Rede stehenden Waren- und Dienstleistungen kann das Dienen von "gps" als Merkmalsbezeichnung nicht festgestellt werden.
Winkler Viereck Sekretaruk Hu
BPatG:
Beschluss v. 12.11.2003
Az: 32 W (pat) 218/02
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