Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. August 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 53/00
(BPatG: Beschluss v. 23.08.2000, Az.: 26 W (pat) 53/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Februar 1998 und vom 4. November 1999 aufgehoben.
Die Löschung der Marke 395 46 125.1 wird angeordnet.
Gründe
I.
Gegen die für
"alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte und Fruchtnektare; Grundstoffe und Essenzen (soweit in Klasse 32 enthalten) für die Herstellung vorgenannter Getränke"
eingetragene Marke 395 46 125.1
"40up"
ist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Marke 2 042 440 siehe Abb. 1 am Endedie für
"Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken"
geschützt ist.
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit den beiden vorgenannten Beschlüssen zurückgewiesen. Trotz Warenidentität und unterstellter erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestehe keine Verwechslungsgefahr. In bildlicher Hinsicht stehe der schlichten Wortmarke "40up" die Wort-Bildmarke "7.UP" gegenüber, die keinerlei Ähnlichkeit aufweise. Das gleiche gelte für die schriftbildliche und für die klangliche Verwechslungsgefahr. Die Gefahr assoziativer Verwechslungen sei ebenfalls ausgeschlossen, denn es mangele an einem gemeinsamen Stammbestandteil. Das Zeichenelement "up" sei hierfür nicht geeignet, denn es sei bei Serienzeichen höchst ungewöhnlich, die Form der Kennzeichnungen stark unterschiedlich zu gestalten. Erhöhten Schutzumfang genieße die Widerspruchsmarke allenfalls für ihre ausgeprägte graphische Gestaltung. Gegen die Eignung des Elements "UP" als Stammbestandteil zu dienen, spreche das Argument der Widersprechenden, der Punkt nach der Ziffer "7" könne auch als "O" und mithin die Marke auch "70UP" gelesen werden. Damit könne die Widersprechende selbst nicht sagen, in welcher Form ihre Marke erhöhten Schutz genieße. Schon aus diesem Grunde scheide eine sogenannte assoziative Verwechslungsgefahr aus.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie verweist auf die Identität der beiderseitigen Waren. Die Kennzeichnungskraft der von ihr für Erfrischungsgetränke stark benutzten Marke sei weit überdurchschnittlich. Das prägnante Merkmal der Widerspruchsmarke sei die Kombination einer Zahl mit der Buchstabenfolge "UP". Das gleiche Merkmal kehre in der angegriffenen Marke wieder. Zumindest aus diesem Grund sei eine assoziative Verwechslungsgefahr zu bejahen.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.
Den von der Widersprechenden im Schriftsatz vom 30. April 1998 genannten Umsatz an alkoholfreien Erfrischungsgetränken, die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet werden, bestreite sie nicht, von einer erheblichen Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke könne dennoch nicht ausgegangen werden. Gegen die Annahme einer assoziativen Verwechslungsgefahr spreche bereits, daß die Vergleichsmarken keinen gemeinsamen Stammbestandteil aufwiesen. Das Element "UP" sei hierfür nicht geeignet, denn es sei allein nicht verkehrsbekannt und werde auch nicht als Firmenschlagwort verwendet. Statt dessen sei diese Silbe in den Gesamtbegriff "7.UP" eingebunden.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden erweist sich als begründet, denn angesichts der zumindest hohen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren, der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen besteht eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Beurteilung der markenrechtlich erheblichen Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (vgl dazu EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabel/Puma; BGH MarkenR 5/1999, 154, 156 - Cefallone; BGH GRUR 1995, 216, 219 - Oxygenol II).
Hinsichtlich der Warenähnlichkeit ist im vorliegenden Fall zweifelsfrei von Gleichheit bzw hoher Ähnlichkeit der beiderseitigen Produkte auszugehen. Angesichts der von der Widersprechenden im Schriftsatz vom 30. April 1998 genannten, von der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht bestrittenen, erheblichen Umsatzzahlen geht der Senat von einer intensiven Benutzung und damit einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für alkoholfreie Erfrischungsgetränke aus. Aufgrund dieser Umstände sind an den Markenabstand erhöhte Anforderungen zu stellen, denen die angegriffene Marke entgegen der Auffassung der Markenstelle nicht gerecht wird.
Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (vgl EuGH aaO - Sabel/Puma; BGH GRUR 1996, 774 - Sali Toft). Insoweit weichen die beiden Marken durch ihre unterschiedlichen Anfangselemente ("40" gegenüber "7.") in ihrem klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck so deutlich voneinander ab, daß Verwechslungen hinreichend ausgeschlossen sind.
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Übereinstimmung prägender Markenteile besteht ebenfalls nicht. Zwar kann ausnahmsweise einem Markenbestandteil eine besondere, eine die Kombinationsmarke prägende Wirkung beigemessen werden und dann eine Verwechslungsgefahr auf die Ähnlichkeit dieses Bestandteils mit einer anderen Bezeichnung gestützt werden (BGH aaO - Sali Toft). Eine solche prägende Wirkung eines Zeichenteils, hier der Buchstabenfolge "UP", setzt jedoch regelmäßig voraus, daß er die anderen Bestandteile der Kombinationsmarke an Kennzeichnungskraft überragt und der Verkehr den weiteren Markenteilen daneben keinen besonderen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren entnimmt (BGH GRUR 1996, 198, 200 - Springende Raubkatze). Von einer Prägung beider Zeichen jeweils - allein - durch den Bestandteil "UP" kann nicht ausgegangen werden. Hiergegen spricht vielmehr, daß beide Kennzeichnungen eine aus einer Zahl und einer Buchstabenfolge gebildete Einheit darstellen. Die Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke bezieht sich auch offensichtlich auf diese Gesamtheit.
Dennoch besteht die Gefahr, daß die Marken im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung gebracht und verwechselt werden. Für die Annahme einer derartigen, mittelbaren Verwechslungsgefahr reicht zwar nicht das Vorhandensein eines übereinstimmenden Elements in beiden Marken aus (hier: "UP"), vielmehr ist erforderlich, daß diesem Bestandteil ein Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Art der übrigen abweichenden Markenteile den Gedanken an dieselbe betriebliche Herkunft aufdrängen (vgl dazu Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 182 f mwNachw). Hierfür spricht im vorliegenden Fall, daß die gegenüberstehenden Marken "40up" und "7.UP" nicht nur im Element "up" übereinstimmen, sondern denselben charakteristischen, auffälligen Aufbau aufweisen, indem dem markanten Bestandteil "up" jeweils eine Zahl vorangestellt ist. Gegenüber diesen Übereinstimmungen sind der zusätzliche Punkt nach der Zahl "7" und der bildliche Hintergrund der Widerspruchsmarke als graphische Elemente zu unauffällig, um irrige Herkunftsvorstellungen hinreichend auszuschließen.
Der Beschwerde der Widersprechenden war mithin stattzugeben und die angegriffenen Beschlüsse aufzuheben.
Zu einer Auferlegung von Kosten gemäß § 71 MarkenG bestand keine Veranlassung.
Kraft Eder Pagenberg Mr/prö
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BPatG:
Beschluss v. 23.08.2000
Az: 26 W (pat) 53/00
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