Landgericht Duisburg:
Beschluss vom 12. Dezember 2012
Aktenzeichen: 34 Qs-144 Js 151/12-42/12

(LG Duisburg: Beschluss v. 12.12.2012, Az.: 34 Qs-144 Js 151/12-42/12)

Tenor

Die Beschwerde des Beschuldigten L. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 13.09.2012 wird auf Kosten des Beschuldigten L. verworfen.

Gründe

Grün­de

I.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg führt gegen den Beschuldigten L. und den Beschuldigten I. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Urheberrechtsgesetz und gegen das Markengesetz.

Den Beschuldigten wird zur Last gelegt, gemeinschaftlich handelnd als Geschäftsführer (Beschuldigter L.) und Prokurist (Beschuldiger I.) der n. GmbH mit Sitz in Oberhausen im Juli 2012 wissentlich und willentlich mindestens einen unerlaubt hergestellten Datenträger mit der Software „B.“ ohne Zustimmung der Rechteinhaberin über das Internet-Auktionshaus f für einen Preis in Höhe von 179,- EUR als originale und legale Vollversion angeboten und verkauft zu haben.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ordnete das Amtsgericht Duisburg durch Beschluss vom 13.09.2012 die Durchsuchung der Person, der Geschäftsräume und der sonstigen Räume einschließlich der dazugehörigen Sachen und Behältnisse, Nebengelasse, Kraftfahrzeuge und Garagen der Beschuldigten unter den Anschriften Im Lipperfeld 25, 46047 Oberhausen und Feldstraße 22, 46149 Oberhausen. Unter der erstgenannten Anschrift befanden sich die Büroräume der n. GmbH, unter der zweiten Anschrift sollten sich Lagerräume befinden.

Am 25.09.2012 wurden die Geschäftsräume der n. GmbH unter der Anschrift Im M.-feld, 46047 Oberhausen, durchsucht und zwei Datenträger mit der Software B., ein Bestellformular und ein Bildschirmausdruck sichergestellt. Unter der Anschrift Feldstraße 22, 46149 Oberhausen, wurde keine Durchsuchung durchgeführt, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die n. GmbH unter dieser Anschrift bereits seit ca. einem Jahr kein Lager oder sonstige Geschäftsräume betrieb.

Mit seiner durch Verteidigerschriftsatz vom 27.09.2012 eingelegten Beschwerde wendet sich der Beschuldigte L. gegen den Durchsuchungsbeschluss und rügt im Wesentlichen eine fehlende Konkretisierung des Tatverdachts und eine mangelhafte Angabe der Beweismittel.

II.

Die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss vom 13.09.2012 ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, darf die Beschwerde gegen eine richterliche Durchsuchungsanordnung im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes, nicht deswegen, weil die Durchsuchung vollzogen und sich die Maßnahme deshalb erledigt hat, wegen prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden (BVerfG, Beschl. v. 30.04.1997, 2 BvR 817/90 u.a., NJW 1997, 2163 ff.).

2.

Die Beschwerde ist unbegründet.

a)

Die Anordnung der Durchsuchung beruht auf §§ 102, 105, 94 Abs. 1 StPO.

Der Beschuldigte L. war zum Zeitpunkt des Erlasses des Durchsuchungsbeschlusses und ist auch weiterhin als Geschäftsführer der n. GmbH verdächtig, gemeinschaftlich handelnd mit dem Beschuldigten I. durch den Vertrieb mindestens eines unerlaubt hergestellten, als Original angepriesenen Vervielfältigungsstücks der Software „B.“ eine gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung eines urheberrechtlich geschützten Werkes gemäß §§ 106 Abs. 1, 108a UrhG in Tateinheit mit einer strafbaren Kennzeichenverletzung gemäß §§ 143 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 und Abs. 2, 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG begangen zu haben.

Hierfür liegen nach vorläufiger Beweiswürdigung hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vor. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen handelt es sich bei dem von der n. GmbH im Juli 2012 über f an den Zeugen X. veräußerten Datenträger mit der Software „B.“ um eine nicht autorisierte Pressung mit mehreren Fälschungsmerkmalen. Dies ergibt sich aus dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen des Zeugen X. vom 23.08.2012, der den Erwerb des Datenträgers von der N. GmbH bestätigt hat, der hierzu erteilten Rechnung Nr. AB54833 der Fa. N. GmbH und - hinsichtlich der Fälschungsmerkmale - aus der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen C., der im Auftrag der B. GmbH als sog. Anti-Piracy Manager den Datenträger auf Fälschungsmerkmale untersucht und solche festgestellt hat.

Die Anpreisung des an den Zeugen X. veräußerten Datenträgers als „originale & legale deutsche Vollversion“ ergibt sich aus dem Ausdruck des bei f eingestellten Angebotstextes. Dass es sich hierbei um ein Angebot der Fa. n. GmbH, deren Geschäftsführer der Beschuldigte L. ist, handelte und dass der gefälschte Datenträger von ihr an den Zeugen X. versandt wurde, ergibt sich aus dessen schriftlicher Aussage sowie aus der ihm erteilten Rechnung der Fa. n. GmbH.

Nach dem derzeitigem Stand der Ermittlungen besteht auch der Verdacht, dass die Beschuldigten vorsätzlich handelten. Dafür spricht, dass sie sich anlässlich der Durchsuchung dahingehend eingelassen haben, dass sie lediglich Zwischenhändler seien und die Software in der Vergangenheit nur in geringer Stückzahl verkauft hätten. Die genaue Herkunft der Software und deren Authentizität war den Beschuldigten daher nicht bekannt. Zudem lag der von ihnen verlangte Verkaufspreis von 179,00 EUR deutlich unter dem Preis, zu dem die Rechteinhaberin nach den Angaben ihrer Verfahrensbevollmächtigten ein Originalvervielfältigungsstück der Software veräußert (415,31 EUR).

Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Beschuldigten vorsätzlich handelten, ergibt sich zudem daraus, dass der Beschuldigte I. ausweislich der Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts Oberhausen vom 31.07.2012, Az. 23 Cs 143 Js 454/10 (419/12), rechtskräftig seit dem 25.08.2012, bereits im Oktober 2010 gemeinschaftlich mit dem Beschuldigten L. als Verantwortliche der n. GmbH über deren f-Account unerlaubte selbst gebrannte Datenträger des urheberrechtlich geschützten Computerprogramms N.1 vertrieben hat. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschuldigte L. bereits Geschäftsführer bei der Gesellschaft, weshalb es nahe liegt, dass er von den Handlungen des Beschuldigten I. Kenntnis hatte, zumal der Beschuldigte L. wegen der Tat aus Oktober 2010 ebenfalls strafrechtlich verfolgt wird.

Dies begründet nach derzeitigem Ermittlungsstand den Verdacht, dass die Beschuldigten bei der vorliegenden Tat im Juli 2012 wussten, es zumindest aber für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen, dass es sich bei der von ihnen veräußerten Software um eine sog. „Raubkopie“ handelte, sie dadurch ein urheberrechtlich geschütztes Werk unerlaubt verbreiteten und die geschützten Marken „B.“ und „B.1“ unberechtigt benutzten. Der Verdacht, dass die Beschuldigten hierbei gewerbsmäßig handelten, ergibt sich nach derzeitigem Ermittlungsstand insbesondere aus der o.g. einschlägigen Vortat des Beschuldigten I. sowie aus den Einlassungen beider Beschuldigten anlässlich der Durchsuchung, wonach sie als Zwischenhändler die relevante Software bereits in der Vergangenheit verkauft haben. Soweit sich die Beschuldigten darüber hinaus dahingehend eingelassen haben, es sei für sie als Zwischenhändler nicht möglich, eine originale Software von einer Fälschung zu unterscheiden, ist dies nach vorläufiger Beweiswürdigung insbesondere im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe des Beschuldigten I. als Schutzbehauptung zu werten.

Es war zu vermuten, dass bei der angeordneten Durchsuchung weitere Beweismittel, namentlich weitere Software-Datenträger und Geschäftsunterlagen hierzu gefunden werden würden, was ausweislich des Durchsuchungsberichts vom 25.09.2012 auch der Fall war.

b)

Der Durchsuchungsbeschluss ist auch hinreichend bestimmt.

Der Tatvorwurf ist in einer hinreichenden, den Maßgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechenden Weise umschrieben worden, so dass es den Ermittlungsbeamten, die die Durchsuchung durchgeführt haben, ohne weiteres möglich war, den Untersuchungsauftrag zu erkennen und dementsprechend die Gegenstände, die als Beschlagnahmeobjekte in Betracht kamen und in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich bezeichnet worden sind, hinreichend genau zu bestimmen. Für die Verdachtsumschreibung im Durchsuchungsbeschluss kann insbesondere zu Beginn des Ermittlungsverfahrens noch keine genaue Einzelaktbeschreibung gefordert werden; es genügt eine gewisse Konkretisierung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (vgl. BVerfG, Beschl. vom 29.01.2002, 2 BvR 1245/01). Diesen Anforderungen genügt der Durchsuchungsbeschluss.

Die den Beschuldigten zur Last gelegte Tat wird in ihrer äußeren Gestalt konkret umschrieben, nämlich der Vertrieb von „gefälschten Datenträgern (sog. Raubkopien)“ der Software „B. Standard“ seit Juli 2012 über das Internet-Auktionshaus f durch die Beschuldigten als Geschäftsführer und Prokurist der Firma n. GmbH mit Sitz in Oberhausen.

Auch wird das Ziel der Durchsuchung hinreichend konkret beschrieben, nämlich das Auffinden von näher bezeichneten Beweismitteln, namentlich von urheber- und markenrechtswidrig erstellten Datenträgern mit dem Programm „B. Standard“ sowie ggfs. weiterer der Rechteinhaberin zuzuordnender Programme, Geschäftsunterlagen (z.B. Lieferscheine, Käuferlisten, Rechnungen) zum Verkauf der Raubkopien in Papierform und in elektronischer Form auf entsprechenden Datenträgern und PC. Dass die Rechteinhaberin und die betroffenen Marken nicht bezeichnet sind, ist im Hinblick darauf, dass die betroffene Software „B.“ benannt wird, unschädlich. Ausweislich des Durchsuchungsberichts vom 25.09.2012 war das Ziel der Durchsuchung sowohl für die Ermittlungsbeamten als auch für die Beschuldigten ohne weiteres erkennbar. Auch ist angesichts des Bekanntheitsgrades der Software nach derzeitigem Ermittlungsstand davon auszugehen, dass für die Beschuldigten erkennbar war, welche Marken betroffen sein können. So haben die Beschuldigten von sich aus anlässlich der Durchsuchung zwei Datenträger mit der Software B. Standard sowie eine entsprechende Bestellung an die Ermittlungsbeamten herausgegeben.

Einer weiteren Konkretisierung der Tatvorwürfe und des Ziels der Durchsuchung bedurfte es daher nicht.

c)

Die in Betracht kommenden Straftatbestände sind in dem Durchsuchungsbeschluss auch ausreichend konkret bezeichnet, indem aufgeführt ist, dass der „Verdacht des gewerbsmäßigen Verstoßes gegen das Urhebergesetz in Tateinheit mit Verstößen gegen das Markengesetz gemäß §§ 106, 108a, 110 UrhG, 143 MarkenG, §§ 25 Abs. 2, 52, 53 StGB“ bestehe. Bei den vorgenannten Strafvorschriften des UrhG und des MarkenG handelt es sich nicht um Blankettstrafvorschriften. Zusammen mit dem konkret umschriebenen tatsächlichen Tatgeschehen ist die mögliche Strafbarkeit der Taten hinreichend bezeichnet. Einer weitergehenden rechtlichen Würdigung bedurfte es in der Durchsuchungsanordnung nicht, zumal die tatsächlichen Tatvorwürfe zum Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsanordnung noch nicht vollständig aufgeklärt waren, sondern - wie z.B. die Frage, ob die Beschuldigten das vertriebene Vervielfältigungsstück selbst unerlaubt hergestellt haben - durch das Auffinden von weiteren Beweismitteln aufzuklären war.

d)

Die Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume war im Hinblick auf den Tatvorwurf insbesondere vor dem Hintergrund einer möglichen gewerbsmäßigen Begehungsweise und angesichts der Schwere des Tatverdachts auch nicht unverhältnismäßig.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.






LG Duisburg:
Beschluss v. 12.12.2012
Az: 34 Qs-144 Js 151/12-42/12


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