Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. April 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 125/00
(BPatG: Beschluss v. 04.04.2001, Az.: 26 W (pat) 125/00)
Tenor
1. Der Markeninhaberin wird wegen der Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
2. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. August 1998 und 31. Januar 2000 sind wirkungslos.
I.
Gegen die Eintragung der Marke 396 36 832 Bayerwald-Dieselfür
"Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)"
ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 396 03 785.2 DIESEL, die u.a. für die Waren
"Alkoholische Getränke einschließlich alkoholischer Milchmischgetränke (ausgenommen Biere)"
eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet sowie mit weiterem Beschluß die Erinnerung der Markeninhaberin zurückgewiesen. Der im Erinnerungsverfahren ergangene Beschluß der Markenstelle ist den Vertretern der Markeninhaberin mit Empfangsbekenntnis am 23. Februar 2000 zugestellt worden. Gegen diesen Beschluß hat die Markeninhaberin am 23. März 2000 Beschwerde eingelegt. Die mittels Überweisung gezahlte Beschwerdegebühr ist auf dem Konto der Zahlstelle des Deutschen Patent- und Markenamts am 4. April 2000 gutgeschrieben worden.
Die Markeninhaberin hat am 6. April 2000 Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Zur Begründung ihres Antrags trägt sie vor, ihr Vertreter habe die Frist für die Zahlung der Beschwerdegebühr sowohl im Fristenkalender als auch in der Handakte notiert und zusätzlich jeweils eine Vorfrist zum 16. März 2000 eingetragen. Nach Vorlage der Akten am 16. März 2000 habe er die in der Kanzlei für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs zuständige Rechtsanwaltsfachangestellte mit der Überweisung der Beschwerdegebühr beauftragt. Diese Verfügung sei noch am gleichen Tag ausgeführt worden. Dies sei dadurch geschehen, daß mittels elektronischer Datenverarbeitung ein Überweisungsauftrag mit dem von der Bank zur Verfügung gestellten Programm erstellt und auf einer Diskette zur Bank gegeben worden sei. Bei der Erstellung des Auftrages am Computer in der Kanzlei sei keine Fehlermeldung erschienen, was im Falle der Überspielung von Daten auf eine fehlerhafte Diskette normalerweise geschehe. Auch der danach erfolgte Ausdruck der Bankliste und des Begleitzettels zur Diskette habe keinen Fehler erkennen lassen. Am 30. März 2000 sei die Diskette von der Bank zurückgegeben worden, verbunden mit der Mitteilung, daß eine Ausführung der darauf enthaltenen Überweisungsaufträge nicht möglich gewesen sei, weil die Diskette fehlerhaft gewesen sei. Zur Glaubhaftmachung dieses Sachverhalts hat die Markeninhaberin u.a. eine anwaltliche Versicherung dieses Sachverhalts, eine eidesstattliche Versicherung der für den Zahlungsverkehr zuständigen Kanzleimitarbeiterin sowie ein Schreiben der mit der Überweisung beauftragten Bank vorgelegt, in dem diese bestätigt, daß die mit Diskette am 16. März 2000 von den Vertretern der Markeninhaberin vorgelegten Überweisungsaufträge wegen eines Defekts der Diskette nicht ausgeführt werden konnten.
Die Markeninhaberin beantragt, ihr Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren sowie die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. August 1998 und vom 31. Januar 2000 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 396 03 785 zurückzuweisen.
Die Widersprechende hat ihren Widerspruch zurückgenommen.
II.
Die Beschwerde gilt als zulässig.
Zwar hat die Markeninhaberin die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der hierfür bestimmten Frist des § 66 Abs. 5 S. 2, Abs. 2 MarkenG entrichtet, die am 23. März 2000 endete. Als Einzahlungstag gilt bei Banküberweisungen gemäß § 3 Nr. 4 PatGebZV der Tag, an dem der Betrag bei der Zahlstelle des Deutschen Patent- und Markenamts eingeht oder deren Konto gutgeschrieben wird. Die Gutschrift der Beschwerdegebühr erfolgte im vorliegenden Fall erst am 4. April 2000, also nach Fristablauf.
Der Markeninhaberin war jedoch auf ihren zulässigen Antrag hin Wiedereinsetzung in die versäumte Zahlungsfrist gemäß § 91 MarkenG zu bewilligen, da sie glaubhaft gemacht hat, daß sie die fragliche Frist ohne eigenes Verschulden und ohne Verschulden ihrer Vertreter versäumt hat, und sie die versäumte Zahlung der Beschwerdegebühr innerhalb der hierfür bestimmten Frist des § 91 Abs. 2 und 4 MarkenG nachgeholt hat.
Durch den anwaltlich versicherten Sachvortrag des Vertreters der Markeninhaberin in Verbindung mit der eidesstattlichen Versicherung seiner für die Durchführung der Überweisung zuständigen Kanzleimitarbeiterin sowie der Bescheinigung der mit der Überweisung beauftragten Bank steht für den Senat mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit fest, daß der auch mit der Zahlung der Beschwerdegebühr beauftragte anwaltliche Vertreter alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hatte, um die rechtzeitige Gutschrift der Gebühr auf dem Konto der Zahlstelle des Deutschen Patent- und Markenamts sicherzustellen.
Er durfte sich hierfür der heute allgemein üblichen Möglichkeit einer Übermittlung von Überweisungsaufträgen auf elektronischem Wege bedienen. Zwar bringt der Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung bei der Erteilung eines Überweisungsauftrages - wie auch sonst - nach allgemeiner Lebenserfahrung gegenüber der Weitergabe eines solchen Auftrages in Papierform das Risiko eines Datenverlustes auf dem Übermittlungsweg mit sich. Dies schließt die Nutzung dieses neuen Weges für den Zahlungsverkehr jedoch nicht generell aus. Jedoch trifft den Nutzer des elektronischen Zahlungsverkehrs auch insoweit die Verpflichtung, die übliche Sorgfalt aufzuwenden, deren Beachtung im Einzelfall nach den subjektiven Verhältnissen des Betroffenen zumutbar war (BPatG BlPMZ 1982, 160, 161). Diese Sorgfalt haben die Vertreter der Markeninhaberin beachtet. Sie durften einer ausgebildeten Rechtsanwaltsfachgehilfin die Erstellung des elektronischen Überweisungsauftrages übertragen, da es sich insoweit um eine einfache routinemäßige Tätigkeit ohne rechtliche Probleme handelte. Auch die sonstige Organisation des elektronischen Überweisungsverkehrs in der Kanzlei der Markeninhabervertreter läßt keine Sorgfaltspflichtverletzungen erkennen. Mit dem Ausdruck einer für die eigenen Unterlagen bestimmten Bankliste und eines Begleitzettels zur Diskette mit den Überweisungsaufträgen haben sie die Einrichtung eines Kontrollmechanismus glaubhaft gemacht, der als geeignet erscheint, im Regelfall das Auftreten von Fehlern und Versäumnissen erkennbar und damit behebbar zu machen. Es spricht nach alledem eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, daß die zur Durchführung des Überweisungsauftrages notwendigen Daten auf der von den Vertretern der Markeninhaberin erstellten Diskette bei der Weiterleitung an die beauftragte Bank vollständig und richtig enthalten waren und die fehlende Lesbarkeit der Diskette auf einem Umstand beruht, der nicht im Einfluß- und Verantwortungsbereich der Markeninhabervertreter zu suchen ist.
Da die Markeninhaberin bzw. ihre Vertreter mit der rechtzeitigen Weiterleitung des Überweisungsauftrages an ihre Bank das Notwendige dafür getan haben, daß der Auftrag zur Ausführung kommen konnte, bestand für sie - ebenso wie bei der Weiterleitung schriftlicher Überweisungsträger - keine Verpflichtung mehr, die Ausführung des Auftrages danach nochmals gesondert zu überprüfen. Auch muß sich die Markeninhaberin ein eventuelles Verschulden der beauftragten Bank nicht zurechnen lassen.
Auf die somit zulässige Beschwerde der Markeninhaberin waren die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamtes gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG iVm § 269 Abs. 3 S. 1 und 3 ZPO für wirkungslos zu erklären, nachdem dem Widerspruchsverfahren durch die Zurücknahme des Widerspruchs aus der Marke 396 03 785 die verfahrensrechtliche Grundlage entzogen worden ist (BGH Mitt 1998, 264 f. - Puma).
Es bestand keine Veranlassung, die Kosten des Widerspruchsverfahrens einer der Beteiligten aus Gründen der Billigkeit ganz oder teilweise aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Beschluss v. 04.04.2001
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