Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. April 2007
Aktenzeichen: 29 W (pat) 192/03

(BPatG: Beschluss v. 17.04.2007, Az.: 29 W (pat) 192/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke 399 48 505 Im FOCUS: Erfolgist eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35 und 41

"Druckereierzeugnisse, Druckschriften, Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Buchbinderartikel, Poster, Aufkleber, Kalender, Schilder, Modelle, Fotografien und Lichtbilderzeugnisse, Papier, Pappe, Schreibwaren und Büroartikel, Lehr- und Unterrichtsmittel (soweit in Klasse 16 enthalten); Werbung und Dienstleistungen einer Werbeagentur; Hörfunk- und Fernsehwerbesendungen sowie Print- und Internetwerbung; Marketing; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Verkaufsförderung; Durchführung von Werbeveranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern sowie von Lehr- und Informationsmaterial einschließlich gespeicherter Ton- und Bildinformation, Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger; Vorführung und Vermietung von Ton- und Bildaufzeichnungen; Unterhaltung, Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen; Durchführung von Schulungsveranstaltungen, Durchführung von Bildungsveranstaltungen und kulturellen Aktivitäten, soweit in Klasse 41 enthalten".

Dagegen hat die A... KG Widerspruch erhoben aus der älteren Wort- marke1 063 539 Focusdie eingetragen ist für die Waren der Klasse 16

"Papier, Pappe (Karton), Papier- und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten)".

Der Widerspruch richtet sich nur gegen die Waren "Papier, Pappe" der jüngeren Marke.

Mit Beschlüssen vom 12. Dezember 2000 und vom 19. Mai 2003 hat die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch und die Erinnerung mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Den aufgrund der Identität der Waren und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erforderlichen erheblichen Abstand halte die jüngere Marke ein. Die Vergleichszeichen unterschieden sich in ihrem Gesamteindruck sowohl in klanglicher, schriftbildlicher als auch in begrifflicher Hinsicht erheblich. Der Bestandteil "Focus" sei nicht prägend, vielmehr sei von einer Gleichwertigkeit sämtlicher Bestandteile der jüngeren Marke auszugehen. Für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr fehle es an einer Zeichenserie der Widersprechenden.

Mit ihrer Beschwerde vom 23. Juni 2003 verfolgt die Widersprechende ihr Löschungsbegehren weiter. Sie trägt vor, die jüngere Marke werde durch den Bestandteil "FOCUS" geprägt. Für den zweiten Markenbestandteil "Erfolg" ergebe sich eine Kennzeichnungsschwäche, da er im Sinne von "Papier, das zum Erfolg führt" verstanden werde. Auch seien die neben "FOCUS" enthaltenen Bestandteile bloße Füllsel aus hinsichtlich der betroffenen Waren unsinnigen Allerweltswörtern, die bedeutungslos nebeneinander stünden. Da "Im FOCUS: Erfolg" in Bezug auf "Papier, Pappe" keinerlei sinnvolle Bedeutung habe, könne die Wortfolge nicht als Gesamtaussage angesehen werden. Unabhängig davon habe der Begriff "FO-CUS" in der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung. Demnach könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Verkehr die jüngere Marke für eine Variante der älteren Marke "Focus" halte. Gerade auf dem Papiersektor sei es üblich, auf verschiedene Eigenschaften der Papiersorte durch das Hinzufügen von weiteren Bestandteilen zu einer Dachmarke hinzuweisen. Dass "FOCUS" aufgrund einer intensiven Benutzung für Zeitschriften und Druckereierzeugnisse eine starke Marke sei, sei unerheblich. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft sei aus Rechtsgründen nur bei der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen.

Die Widersprechende beantragt:

die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Dezember 2000 und vom 19. Mai 2003 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Papier, Pappe" anzuordnen.

Sie regt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof sowie hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht bestehe. Der Bestandteil "FOCUS" präge die jüngere Marke nicht. Die Zweiteilung des Gesamtzeichens habe nicht zur Folge, dass nur einer der isolierten Bestandteile kennzeichenprägend sei. Vielmehr seien beide gleichgewichtig, der Doppelpunkt führe eher zur Betonung des ihm nachgestellten Elements. Auch der Bestandteil "Im" werde nicht verschluckt oder undeutlich ausgesprochen. Durch ihn erhalte das Gesamtzeichen seinen Sinngehalt. Ebenfalls nicht ersichtlich sei, weshalb der Bestandteil "Erfolg" zurücktreten solle. Die Bedeutung von "Papier, das zum Erfolg führt", erscheine abwegig, da dem Zeichen eindeutig der Sinngehalt zukomme, dass im Brennpunkt (des Interesses) der Erfolg stehe. Darüber hinaus verbinde der Verkehr mit "FOCUS" das von der Markeninhaberin herausgegebene Nachrichtenmagazin. Sie beruft sich hierzu auf mehrere Umfragegutachten. Außerdem verfüge sie über 12 Marken, die im Anschluss an "Im FOCUS" einen bestimmten Themenbereich nennen. Bei Serienzeichen komme dem abweichenden Bestandteil kennzeichenprägende Kraft zu. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheide aus, da die Widersprechende keine Zeichenserie mit dem Stammbestandteil "Focus" habe. Eine selbständige kennzeichnende Stellung innerhalb des Gesamtzeichens komme dem Bestandteil "FOCUS" nicht zu.

Über das Vermögen der ursprünglichen Widersprechenden wurde am 27. Juni 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Dieser hat am 23. November 2004 das Verfahren aufgenommen und die Widerspruchsmarke mit Wirkung zum 1. Dezember 2004 an die B... GmbH & Co. KG veräußert. Diese hat sie weiter übertragen auf die C... GmbH & Co. KG, auf die die Widerspruchsmarke mit Verfügung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Dezember 2005 umgeschrieben wurde und die das Verfahren übernommen hat.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, Die Markenstelle hat den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen. Die Gefahr, dass die einander gegenüberstehenden Marken i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG miteinander verwechselt werden, besteht unter keinem Gesichtspunkt.

A. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Zulässigkeit der Beschwerde wird durch die Insolvenz der ursprünglichen Widersprechenden nicht berührt. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Mai 2003 ist am 23. Mai 2003 zugestellt worden. Die Beschwerde ist am 23. Juni 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, also noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 27. Juni 2003. Das Insolvenzverfahren führte somit lediglich zu einer Unterbrechung des Beschwerdeverfahrens gem. § 240 S. 1 ZPO. Nach dem Verkauf der Widerspruchsmarke war die Insolvenzmasse nicht mehr betroffen, so dass das Beschwerdeverfahren fortgesetzt werden konnte. Es ist mit Schriftsatz vom 26. April 2005 durch die jetzige Markeninhaberin als Rechtsnachfolgerin gem. § 28 Abs. 2 S. 1, S. 2 MarkenG übernommen worden.

B. Die Beschwerde ist aber nicht begründet, da für die angesprochenen Verkehrskreise zwischen den Vergleichszeichen keine Verwechslungsgefahr i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG).

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und der Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; BGH GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder; GRUR 2006, 60 ff. - Rn. 12 - coccodrillo; GRUR 2006, 859 ff. - Rn. 16 - Malteserkreuz).

1. Da Benutzungsfragen im Verfahren nicht angesprochen sind, ist bezüglich der einander gegenüberstehenden Waren von der Registerlage auszugehen. Der Widerspruch richtet sich nur gegen die Waren "Papier, Pappe" der angegriffenen Marke. Diese Waren sind mit den Waren der Widerspruchsmarke "Papier, Pappe (Karton)" identisch und mit "Papier- und Pappwaren" hochgradig ähnlich, denn sie stammen aus denselben Herstellerbetrieben, sind einander ergänzende Waren und werden regelmäßig in denselben Vertriebsstätten wie Papier- oder Schreibwarengeschäften oder entsprechenden Abteilungen in Warenhäusern angeboten.

Die hier angesprochenen Verkehrskreise sind sowohl die allgemeinen Verbraucher als auch Fachkreise wie Groß- und Einzelhändler im Bereich der Papier- und Pappwaren.

2. Die Widerspruchsmarke ist bezüglich der verfahrensgegenständlichen Waren uneingeschränkt als Herkunftshinweis geeignet und verfügt daher über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Das Wort "Focus" mit den Bedeutungen "Brennpunkt; Krankheitsherd" hat keinerlei beschreibende Beziehung zu den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren "Papier, Pappe (Karton), Papier- und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten)".

Eine gesteigerte oder nachträglich verminderte Kennzeichnungskraft im Entscheidungszeitpunkt besteht nicht. Soweit Markeneintragungen mit dem Bestandteil "FOCUS" vorliegen für Waren und Dienstleistungen gleicher oder eng verwandter Branchen, deren Benutzung vom Markeninhaber aber nicht im Verfahren vorgetragen ist, kann dies allein keine Schwächung begründen (BGH GRUR 2001, 1161 ff. - CompuNet/ComNet; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 9, Rn. 199 m. w. N.).

Ohne Auswirkung auf die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist schließlich die von der Markeninhaberin geltend gemachte Berühmtheit der zu ihren Gunsten eingetragenen Marke "FOCUS". Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es ausschließlich auf die Kennzeichnungskraft der älteren Marke an. Denn Zweck des mit der Eintragung gewährten Schutzes ist es, die Herkunftsfunktion der älteren Marke gegenüber jüngeren, verwechselbar ähnlichen Zeichen zu gewährleisten.

Deshalb sind die von der Markeninhaberin in Bezug genommenen Umfragegutachten nicht entscheidungserheblich. Sie betreffen im Übrigen nur die Bekanntheit des Begriffs "FOCUS" als Titel eines Nachrichtenmagazins. Die Umfrage zu "Im FOCUS: Onkologie" richtet sich darüber hinaus nur an einen geringen Teil der angesprochenen Verkehrskreise.

3. Danach muss die jüngere Marke wegen der Identität bzw. der engen Ähnlichkeit der einander gegenüber stehenden Waren sowie der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke einen erheblichen Abstand einhalten. Diese Anforderung erfüllt die angegriffene Wortfolge.

Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Um die Markenähnlichkeit zu bejahen, reicht in der Regel bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche aus (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 390 Tz. 23 - Sabèl/Puma; BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH GRUR 2006, 60 ff. - coccodrillo). Maßgeblich für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist grundsätzlich der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen (BGH a. a. O. - Malteserkreuz, Rn. 17), weil der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf verschiedene Einzelheiten achtet.

Nach diesen Grundsätzen besteht vorliegend keine unmittelbare Verwechslungsgefahr.

3.1. In klanglicher und in schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die Vergleichszeichen erheblich. Denn die Widerspruchsmarke ist eine Einwortmarke, während die jüngere Marke aus insgesamt drei Wörtern und einem zwischen "Im FOCUS" und dem nachfolgenden Wort "Erfolg" angeordneten Doppelpunkt besteht. Diese Unterschiede werden sowohl akustisch als auch visuell eindeutig wahrgenommen.

Auch in begrifflicher Hinsicht besteht keine Ähnlichkeit. In der angegriffenen Wortfolge "Im FOCUS: Erfolg" liegt die den angesprochenen breiten Verkehrskreisen ohne weiteres verständliche, verkürzt und schlagwortartig formulierte Aussage, dass im Fokus, d. h. im Brennpunkt, der Erfolg steht. Dieser Inhalt und daraus folgend die Eigenschaft als Gesamtaussage ergeben sich aus der Art der Markenbildung: Der erste Teil "Im FOCUS" ist durch die Großschreibung des Wortes "im" als Anfang eines Satzes erkennbar. Dieser Einleitung folgt dann - entsprechend den Regeln der deutschen Zeichensetzung (vgl. DUDEN, Die deutsche Rechtschreibung, 22. Aufl. 2000, K 34) - die durch einen Doppelpunkt hervorgehobene Erklärung dessen, was "im Focus" steht, nämlich "Erfolg". Bedeutungslos, ob eine aus sich heraus verständliche Gesamtaussage vorliegt ist der Umstand, ob sie in Bezug auf die beanspruchten Waren sinnvoll ist.

3.2. Im maßgeblichen Gesamteindruck der jüngeren Marke kommt dem Bestandteil "FOCUS" auch keine allein prägende Wirkung zu. Denn eine solche Prägung setzt voraus, dass die übrigen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck nicht mitbestimmen (vgl. BGH GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang). Davon kann aber bei der Wortfolge "Im FOCUS: Erfolg" nicht die Rede sein. Der Ausdruck "Im Focus" in Verbindung mit einer Sachangabe ist zur Beschreibung eines thematischen Schwerpunkts allgemein üblich, so dass der Verkehr trotz des fehlenden Warenbezugs die jüngere Marke als eine aus sich heraus verständliche Gesamtaussage nach Art einer inhaltlichen Aussage wahrnimmt und keine Veranlassung hat, sich ausschließlich am Bestandteil "FOCUS" zu orientieren.

Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der Bestandteil "Erfolg" der jüngeren Marke - wie von der Widersprechenden vorgetragen - für die verfahrensgegenständlichen Waren eine rein beschreibende Bedeutung aufweist und deshalb am Zeichenvergleich aus Rechtsgründen nicht teilnimmt (vgl. BGH GRUR 2004, 778 - Urlaub direkt).

Soweit die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung darauf abgestellt hat, dass mit dem Begriff "Erfolg" in der angegriffenen Marke lediglich die Gefühle der Verbraucher angesprochen würden, kann dem nicht gefolgt werden. Es erscheint schon zweifelhaft, ob dies in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren angenommen werden könnte, wenn das Wort "Erfolg" in Alleinstellung zu beurteilen wäre. Ein unmittelbarer Zusammenhang von Erfolg einerseits und Papier und Pappe andererseits besteht nicht. Diese Waren eigenen sich weder als Statussymbole, die den Erfolg symbolisieren, wie dies bei wertvollem Schreibgerät der Fall sein kann, noch sind sie aus sich heraus geeignet, zum Erfolg zu führen. Dies gilt erst Recht in Bezug auf die Ware "Pappe". Vorliegend ist "Erfolg" aber nicht in Alleinstellung zu betrachten, sondern ist in eine Gesamtaussage eingebettet, in der sich durch die vorausgehenden Wörter "Im FOCUS" klar ergibt, dass der Erfolg im Brennpunkt steht, also als Thema beleuchtet werden soll. Die Einordnung des Markenbestandteils "Erfolg" als gefühlsbezogene und daher an der kennzeichnenden Wirkung nicht teilnehmende Werbeaussage scheidet folglich aus.

4. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt von Serienzeichen liegt nicht vor (vgl. EuGH GRUR 1998, 387 = WRP 1998, 39 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2002, 542 ff. - BIG). Die Marken stimmen zwar insoweit überein, als die Widerspruchsmarke "Focus" in der Marke "Im FOCUS: Erfolg" als Bestandteil enthalten ist. Dies allein reicht jedoch nicht aus. Ebenso wenig reicht es aus, dass es - wie die Widersprechende behauptet - auf dem Papiersektor üblich ist, auf verschiedene Eigenschaften der Papiersorte durch das Hinzufügen von weiteren Bestandteilen zu einer Dachmarke hinzuweisen. Zum einen enthält die jüngere Marke keinerlei Hinweise auf mögliche Eigenschaften der hier betroffenen Waren. Zum anderen beruht die Rechtsprechung zum Serienzeichen gerade auf der dem Verkehr bekannten Übung mancher Unternehmen, sich eines Stammzeichens für alle ihre Waren zu bedienen und dieses - dabei als solches erkennbar bleibende - Stammzeichen für einzelne Warenarten zu deren Kennzeichnung abzuwandeln. Dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise ein Zeichen als eine solche Abwandlung ansehen, müssen zusätzliche Kriterien erfüllt sein. Anlass zu einer solchen Schlussfolgerung kann vor allem dann bestehen, wenn ein Unternehmen mit demselben Wortstamm innerhalb mehrerer Zeichen bereits im Verkehr aufgetreten ist. Dies ist bei der älteren Marke "Focus" ersichtlich nicht der Fall. Die Beschwerdeführerin hat zwar im parallelen Widerspruchsverfahren gegen die Marke "Im FOCUS: Onkologie" (29 W (pat) 193/03) vorgetragen, sie verfüge über die weitere Marke "Focus Print". Diese ist seit 15. Juli 2003 eingetragen, ihre Benutzung ist aber weder vorgetragen noch amtsbekannt.

Wenn der Verkehr aber noch nicht an mehrere Zeichen mit demselben Wortstamm als Stammzeichen eines Unternehmens gewöhnt ist, sind an die Prüfung, ob die in ihrem Gesamteindruck voneinander abweichenden Vergleichsmarken als Serienzeichen aufgefasst werden, strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG 2. Aufl. 2003, § 14 Rn. 735; Ströbele/Hacker a. a. O. 329 m. w. N.). Die Annahme einer bisher nur singulär aufgetretenen älteren Marke als Stammbestandteil einer möglichen Serie ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich der übereinstimmende Bestandteil auch in seiner herkunftshinweisenden charakteristischen und einprägsamen Eigenart zum Stamm eignen würde, d. h. als solcher Stammbestandteil seine Eigenständigkeit in der angegriffenen Kennzeichnung beibehält (vgl. BGH a. a. O. - BIG; GRUR 1999, 240 - STEPHANSKRONE; GRUR 1998, 927 ff. - COM-PO-SANA; GRUR 1975, 312 ff. - BiBA). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Im Hinblick auf seine Stellung als gleichgeordneter Bestandteil einer Gesamtaussage entspricht der Begriff "FOCUS" in der jüngeren Marke außerdem in keiner Weise wesensmäßig dem Begriff "FOCUS" in Alleinstellung.

5. Auch die Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Markenusurpation i. S. d. der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu "Thomson Life" (GRUR 2005, 1042 ff.) und des Bundesgerichtshofs zu "Malteserkreuz" (GRUR 2006, 859 ff.) ist nicht gerechtfertigt. Eine solche wäre zu bejahen, wenn bei identischen Waren oder Dienstleistungen das streitige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten zum einen und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragene Marke zum anderen gebildet wird und letztere in dem zusammengesetzten Zeichen, ohne allein seinen Gesamteindruck zu prägen, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, dass die innerhalb des vom Dritten in einem zusammengesetzten Zeichen benutzte ältere Marke in der jüngeren eine selbständig kennzeichnende Stellung beibehalten hat, löst der durch das jüngere Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck beim Publikum die Vorstellung aus, die fraglichen Waren oder Dienstleistungen stammten zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen (vgl. EuGH a. a. O. - THOMSON LIFE, Rn. 30 und 31).

Bei dem angegriffenen Zeichen "Im FOCUS: Erfolg" handelt es sich aber um eine Wortfolge, die eine Gesamtaussage ist. In ihr wirken sämtliche Einzelelemente zusammen und bilden einen in sich schlüssigen und in den Einzelwörtern aufeinander bezogenen normalen deutschen - verkürzten - Aussagesatz, aus dem ein Wort herauszunehmen nicht möglich ist, ohne dass er insgesamt seinen Sinn verlieren würde. Ähnliche Aussagen sind dem Publikum aus den Medien bekannt, wenn vertieft auf ein ganz bestimmtes Thema hingewiesen oder es angesprochen und konzentriert behandelt werden soll, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde. Damit fehlt dem einzelnen Wort "FOCUS" innerhalb der jüngeren Marke jegliche eigenständige kennzeichnende Relevanz.

Etwas anderes folgt auch nicht aus dessen optischer Hervorhebung infolge der Verwendung von Großbuchstaben. Hierdurch wird lediglich betont, dass im Fokus, im Blickpunkt, ein bestimmtes Thema steht. Eine selbständig kennzeichnende Stellung ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich bei "FOCUS" um das Firmenschlagwort der Inhaberin der jüngeren Marke handelt. Denn "FOCUS" wird von den angesprochenen Verkehrskreisen in der jüngeren Marke innerhalb der Gesamtaussage in dieser hinweisenden Eigenschaft nicht wahrgenommen, sondern lediglich in seiner hier unselbständigen allgemeinen Bedeutung "Blickpunkt". Daher geht das Wort "FOCUS" im Bedeutungsgehalt der jüngeren Marke auf (vgl. auch BPatG Jahresbericht 2003, GRUR 2004, 279, Mitt. 2004, 316 - XtraEASY). In diesem Sinne sind auch die Entscheidungen des Europäischen Gerichts erster Instanz vom 23. Februar 2006, T - 194/03 - Bainbridge/Bridge (ABl.HABM 2006, 873 ff.; GRUR Int. 2006, 404 ff.) und vom 22. Juni 2005, T- 34/04 - Turkish Power/Power (GRUR Int. 2005, 938) ergangen. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt wesentlich von dem im Verfahren zu FOCUS Radio./.Focus (R 268/2005-4) des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt. In dem von der Widersprechenden vorgelegten Beschluss der 4. Beschwerdekammer vom 18. Oktober 2006 wird in Rn. 30 ausdrücklich betont, dass es sich bei "FOCUS Radio" nicht um einen Gesamtbegriff handelt. Gleiches gilt bei der zwischen den Beteiligten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ergangenen Entscheidung des HABM R 319/2005-4 - TOMORROW FO-CUS./.Focus.

C) Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen war nicht veranlasst, § 71 Abs. 1 MarkenG.

D) Der Senat sieht keinen Anlass für eine Vorlage zum Europäischen Gerichtshof. Die von der Beschwerdeführerin unter 1.1. ihrer Anregung formulierte Vorlagefrage stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht, da der in den Vergleichsmarken übereinstimmende Bestandteil, der sowohl der älteren Marke entspricht als auch das Firmenschlagwort der Inhaberin der jüngeren Marke ist, in der jüngeren Marke keine selbständige kennzeichnende Stellung hat. Die Frage, ob ein Bestandteil diese für die Verwechslungsgefahr erforderliche selbständig kennzeichnende Stellung hat, betrifft nicht die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 lit. b der Richtlinie, sondern hängt von der konkret zu betrachtenden Marke jeweils im Einzelfall ab und ist Tatfrage. Gleiches gilt hinsichtlich einer sich möglicherweise aus der Zusammenschau der beiden Vorlagefragen der Beschwerdeführerin ergebenden abstrakten Fragestellung, ob eine selbständig kennzeichnende Stellung immer dann anzunehmen ist, wenn der übereinstimmende Teil das Firmenschlagwort oder jedenfalls ein für ein anderes Warensegment bekanntes Firmenschlagwort ist.

Auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst. Die vorliegende Entscheidung weicht nicht von in der neueren Rechtsprechung gegebenen Rechtsgrundsätzen ab.






BPatG:
Beschluss v. 17.04.2007
Az: 29 W (pat) 192/03


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