Bundesgerichtshof:
Urteil vom 20. Mai 2009
Aktenzeichen: I ZR 220/06
(BGH: Urteil v. 20.05.2009, Az.: I ZR 220/06)
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. November 2006 aufgehoben.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München I, 33. Zivilkammer, vom 30. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Parteien streiten, soweit das Verfahren in die Rechtsmittelinstanzen gelangt ist, noch um die Frage, ob die Verwendung der Bezeichnung "Vorsorge- und Versicherungsberater" für Mitarbeiter eines Konzernunternehmens der Beklagten wettbewerbswidrig ist.
Der Kläger zu 1 ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragener gemeinnütziger Verbraucherschutzverband auf dem Gebiet des Versicherungswesens. Beim Kläger zu 2 handelt es sich um einen Bundesverband, in dem rund 150 zugelassene Versicherungsberater organisiert sind.
Die Beklagte, eine Europäische Aktiengesellschaft (SE), betreibt über unter ihrer einheitlichen Leitung stehende Unternehmen Versicherungs- und Bankgeschäfte. Zu den Konzernunternehmen gehörte im Jahr 2005 die D. Bank AG, eine früher selbständige deutsche Großbank. In deren Filialen wurden Mitarbeiter von auf dem Gebiet der Versicherungswirtschaft tätigen Konzerngesellschaften eingesetzt, um Versicherungen zu vermitteln. Die Beklagte bezeichnete diese Mitarbeiter, die über keine Erlaubnis zur Rechtsberatung nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügten, in ihrem Internetangebot als Versicherungsberater. Ein Mitglied des Vorstands der Beklagten bezeichnete die Mitarbeiter zudem in folgender Form als "Vorsorge- und Versicherungsberater":
"In den Filialen der D. Bank haben wir fast 1.000 Vorsorge- und Versicherungsberater der [Beklagten] eingesetzt, die gut in den Bankbetrieb integriert sind und von der Kundschaft als selbstverständliche Mitglieder des Finanzteams angesehen werden.
...
In den Filialen der Bank gibt es Spezialisten, die den Kunden die ganze Palette an Versicherungsprodukten der [Beklagten] anbieten können. Diese insgesamt 1.000 Vorsorge- und Versicherungsberater sind schon lange selbstverständliche Mitglieder des Filialteams der Bank."
Die Kläger haben die Verwendung der Bezeichnung "Versicherungsberater" für die in den Filialen der D. Bank AG eingesetzten Mitarbeiter der Konzerngesellschaften als irreführend und als Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz beanstandet. Sie haben beantragt, es der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Mitarbeiter/innen der A.-Versicherungsgesellschaften (einschließlich der nicht abhängig beschäftigten Versicherungsvertreter und Versicherungsvermittler) als "Versicherungsberater" oder "Vorsorge- und Versicherungsberater" zu bezeichnen.
Das Landgericht hat es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Mitarbeiter/innen der A.-Versicherungsgesellschaften als "Versicherungsberater" zu bezeichnen, und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die Beklagte hat ihre teilweise Verurteilung durch das Landgericht hingenommen. Die Berufung der Kläger hat zur Stattgabe der Klage auch in dem Umfang, in dem das Landgericht sie abgewiesen hatte, geführt (OLG München Rbeistand 2007, 23).
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat das von den Klägern im zweiten Rechtszug weiterhin erstrebte Verbot der Bezeichnung von Mitarbeitern der Konzerunternehmen der Beklagten als "Vorsorge- und Versicherungsberater" für begründet erachtet und dazu ausgeführt:
Das Landgericht habe zwar mit Recht entschieden, dass die Verwendung der Bezeichnung "Versicherungsberater" keine Irreführungsgefahr begründe. Der Durchschnittsverbraucher verbinde mit diesem Begriff keine besonderen Eigenschaften, weil ihm die gesetzliche Ausprägung mit bestimmten Anforderungen weitestgehend unbekannt sei.
Die angegriffene Werbung sei jedoch gemäß § 4 Nr. 11 UWG (in der Fassung, in der dieses Gesetz bis zum Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 [BGBl. I S. 2949] am 30. Dezember 2008 gegolten hat; im Weiteren: UWG 2004) i.V. mit Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG unlauter und gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 UWG 2004 zu unterlassen. Das Landgericht sei mit Recht davon ausgegangen, dass die in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RBerG angeordnete Erlaubnispflichtigkeit der Versicherungsberatung nach ihrem Sinn und Zweck das Verbot einschließe, beim Fehlen dieser Erlaubnis die Berufsbezeichnung "Versicherungsberater" zu führen. Unrichtig sei aber seine Annahme, die Bezeichnung "Vorsorge- und Versicherungsberater" enthalte die Aussage, die Mitarbeiter der Beklagten seien etwas anderes als Versicherungsberater. Die längere Bezeichnung besage vielmehr, dass die Mitarbeiter Versicherungsberater mit einer zusätzlichen Qualifikation seien.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Klage ist, soweit der Rechtsstreit in die Rechtsmittelinstanzen gelangt ist, zwar zulässig (unten unter II 1), aber nicht begründet (unten unter II 2).
1. Einer sachlichen Entscheidung über den hier noch zu beurteilenden Unterlassungsantrag steht nicht das Prozesshindernis der Rechtskraft entgegen, das im gesamten Verfahren und damit auch noch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BGHZ 166, 253 Tz. 22 - Markenparfümverkäufe, m.w.N.).
a) Bei der Bestimmung der Reichweite eines in einer rechtskräftigen Entscheidung enthaltenen Verbots ist in erster Linie die Urteilsformel der Entscheidung maßgeblich. Nur soweit danach Zweifel verbleiben, sind zu ihrer Auslegung der Tatbestand und die Gründe der Entscheidung heranzuziehen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 124, 164, 166; BGH, Urt. v. 14.2.2008 - I ZR 135/05, GRUR 2008, 933 Tz. 13 = WRP 2008, 1227 - Schmiermittel, jeweils m.w.N.).
b) Das vom Landgericht erlassene Verbot erfasst, wie die zugleich vorgenommene teilweise Abweisung der Klage und die Ausführungen dazu in den Entscheidungsgründen eindeutig erkennen lassen, allein die Bezeichnung der Mitarbeiter der Beklagten als Versicherungsberater, soweit diese Bezeichnung in Alleinstellung gebraucht wird: Die Verwendungsform "Vorsorge- und Versicherungsberater" sei nach kennzeichenrechtlichen Kriterien zu beurteilen und falle damit, weil der Zusatz "Vorsorge" über eine eigene originäre Bedeutung verfüge, nicht in den Schutzbereich des Verbots. Diese Einschränkung des Verbots ist für die Reichweite des Titels und den sich danach bestimmenden Umfang seiner Rechtskraft auch insoweit maßgeblich, als sie rechtsfehlerhaft begründet sein sollte.
2. Die Klage ist in dem Umfang, in dem der Rechtsstreit in die Rechtsmittelinstanzen gelangt ist, nicht begründet.
a) Die Kläger haben ihr Unterlassungsbegehren auf Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG 2004 gestützt und sich dazu auf Werbeaussagen bezogen, die die Beklagte im Jahr 2005 gemacht hat. Da das Unterlassungsbegehren in die Zukunft gerichtet ist, sind darauf die im Zeitpunkt der Revisionsverhandlung geltenden Rechtsvorschriften und daher insbesondere die aufgrund des Ersten Änderungsgesetzes am 30. Dezember 2008 in Kraft getretenen Vorschriften des geänderten Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (im Weiteren: UWG 2008) anzuwenden. Der Unterlassungsanspruch besteht aber nur, wenn das beanstandete Verhalten auch schon im Jahr 2005 nach der Beurteilung auf der Grundlage des UWG 2004 und der seinerzeit geltenden berufsrechtlichen Vorschriften wettbewerbswidrig war. Dies war entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts im Blick auf die damals noch geltenden Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes nicht der Fall, so dass die Beklagte nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG 2004 verstoßen hat (vgl. unten unter II 2 b). Ebenso wenig ist die beanstandete Werbung der Beklagten als irreführend anzusehen (dazu unten unter II 2 c).
b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Bezeichnung der Mitarbeiter der Beklagten als Vorsorge- und Versicherungsberater gegen das Rechtsberatungsgesetz verstieß.
aa) Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG durfte die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nur von Personen geschäftlich betrieben werden, denen die zuständige Behörde die Erlaubnis dazu erteilt hatte. Versicherungsberatern konnte diese Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RBerG für die Beratung von Versicherungsnehmern und die außergerichtliche Vertretung gegenüber Versicherern bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen und bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag im Versicherungsfall erteilt werden. Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 3 RBerG durften diese Tätigkeiten nur unter der der Erlaubnis entsprechenden Berufsbezeichnung ausgeübt werden. Diese Regelungen bezweckten, zum Schutz der Rechtsuchenden sowie im Interesse einer reibungslosen Abwicklung des Rechtsverkehrs fachlich ungeeignete und unzuverlässige Personen von der geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten fernzuhalten (BVerfG, Kammerbeschl. v. 20.2.2002 - 1 BvR 423/99 u.a., NJW 2002, 1190 m.w.N.; BGH, Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, GRUR 2003, 886, 887 = WRP 2003, 1103 - Erbenermittler).
bb) Nach dem Vortrag der Kläger dürfen die Mitarbeiter der Beklagten nicht als "Vorsorge- und Versicherungsberater" bezeichnet werden, weil sie als Mitarbeiter der Versicherungswirtschaft nicht unabhängig sind und daher nicht die Interessen der Versicherten wahrnehmen, sondern im eigenen Provisionsinteresse Versicherungsverträge vermitteln. Es geht den Klägern danach um den Schutz der Berufsbezeichnung und des Berufsbildes der Versicherungsberater. Dieses ist - anders als das der Versicherungsvermittler - durch die Unabhängigkeit von der Versicherungswirtschaft geprägt, so dass eine Beratung objektiv und neutral zu erfolgen hat und, soweit eine entsprechende Erlaubnis erteilt ist, eine Rechtsberatung einschließt (vgl. BVerfGE 75, 284, 292 ff. und die nunmehr in § 34e GewO enthaltene gesetzliche Regelung sowie dazu Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts, BT-Drucks. 16/1935, S. 21, 23; vgl. auch § 42a Abs. 4 VVG a.F. und dazu den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes, BT-Drucks. 16/3655, S. 41; vgl. ferner BVerfG, Kammerbeschl. v. 8.5.2007 - 1 BvR 999/07, NJW 2007, 2537 f.). Das Rechtsberatungsgesetz regelte jedoch nicht das vollständige Berufsbild des Versicherungsberaters, sondern lediglich den Teilaspekt der von diesem vorzunehmenden Rechtsberatung, wobei Versicherungsangestellten nach dem Willen des Gesetzgebers mangels persönlicher Eignung keine solche Erlaubnis erteilt werden sollte (vgl. Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte, BT-Drucks. 11/3253, S. 31).
cc) Im Streitfall geht es allerdings nicht um das Angebot einer unzulässigen Rechtsberatung, sondern um den Schutz einer Berufsbezeichnung. Diese Frage war im Jahr 2005 weder im Rechtsberatungsgesetz noch in einem sonstigen Gesetz geregelt. Den in den Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft enthaltenen Bestimmungen fehlte die erforderliche normative Verbindlichkeit (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1990 - I ZR 48/89, GRUR 1991, 462, 463 - Wettbewerbsrichtlinie der Privatwirtschaft; BGHZ 166, 154 Tz. 19 - Probeabonnement), so dass ein möglicher Verstoß gegen sie nicht zur Unlauterkeit des Verhaltens nach § 4 Nr. 11 UWG 2004 führte. Die Bestimmung des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 3 RBerG enthielt lediglich das Gebot, erlaubnispflichtige Rechtsberatung unter der jeweils genannten Berufsbezeichnung zu erbringen, nicht dagegen das Verbot, die Bezeichnung außerhalb der erlaubnispflichtigen Tätigkeit zu benutzen. Die Regelungen für Rechtsbeistände in § 4 Abs. 5 der 2. Ausführungsverordnung zum Rechtsberatungsgesetz sowie im inzwischen geltenden § 11 Abs. 4 RDG, wonach das Führen der dort genannten Berufsbezeichnungen den jeweiligen Erlaubnisinhabern vorbehalten war bzw. ist, waren im Jahr 2005 nicht mehr bzw. noch nicht anwendbar.
c) Die Klage erweist sich in dem Umfang, in dem der Rechtsstreit in die Rechtsmittelinstanzen gelangt ist, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Irreführung als gemäß §§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 8 Abs. 1 UWG 2004, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1 UWG 2008 begründet, weil die streitgegenständliche Werbung in Bezug auf die beruflichen Fähigkeiten und Möglichkeiten der Mitarbeiter, die bei der seinerzeit dem Konzern der Beklagten angehörenden D. Bank AG für die Beratung der Kunden in Versicherungsangelegenheiten zuständig waren, eine unrichtige und für die Entschließung des mit ihr angesprochenen Publikums auch relevante Angabe enthielt.
aa) Die Kläger haben die Bezeichnung der Mitarbeiter der Beklagten als "Vorsorge- und Versicherungsberater" mit der Begründung als irreführend beanstandet, sie erwecke bei den angesprochenen Verbrauchern den unzutreffenden Eindruck, die Mitarbeiter würden objektive und neutrale Beratungen erbringen, während sie tatsächlich in eigenem Provisionsinteresse handelten. Darüber hinaus erwecke die Bezeichnung den unzutreffenden Eindruck, die Mitarbeiter der Beklagten verfügten über eine Erlaubnis zur Führung dieser geschützten Berufsbezeichnung. Damit lässt sich eine Irreführung der Kunden nicht begründen.
Es fehlt insoweit an der für eine Irreführung erforderlichen Fehlvorstellung der angesprochenen Verbraucher. Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen verband der informierte, verständige und situationsadäquat aufmerksame Verbraucher im Jahr 2005 mit dem Begriff des "Versicherungsberaters" keine besonderen Eigenschaften. Es war ihm weitgehend unbekannt, dass der Begriff eine gesetzliche Ausprägung mit bestimmten Anforderungen erfahren hatte. Aus diesem Grund rief die Verwendung des Begriffs "Vorsorge- und Versicherungsberater" bei ihm auch keine Fehlvorstellung in Bezug auf die zu erbringende Dienstleistung oder die fachliche Qualifikation hervor (vgl. BGH, Urt. v. 16.2.1989 - I ZR 72/87, GRUR 1989, 516, 517 = WRP 1989, 488 - Vermögensberater; Urt. v. 25.1.1990 - I ZR 182/88, NJW-RR 1990, 678, 679 - Buchführungshelfer).
bb) Keinen Erfolg hat auch die von der Revisionserwiderung erhobene Gegenrüge, im Jahr 2005 habe das Berufsbild des Versicherungsberaters sich im öffentlichen Bewusstsein zwar noch nicht verfestigt, es habe aber bereits eine große Zahl von Verbrauchern gegeben, die zutreffende Vorstellungen von dessen Tätigkeit gehabt habe. Dieses Vorbringen steht in Widerspruch zu dem von den Klägern in den Tatsacheninstanzen gehaltenen Sachvortrag, der Beruf des Versicherungsberaters sei seinerzeit bedauerlicherweise relativ unbekannt gewesen.
cc) Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Verkehrsauffassung insoweit durch gesetzliche Vorschriften geläutert war. Allerdings kann die Verkehrsauffassung durch gesetzliche Vorschriften grundsätzlich in der Form beeinflusst werden, dass sie den bestehenden Normen entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 13.7.1962 - I ZR 23/61, GRUR 1963, 36, 38 = WRP 1962, 364 - Fichtennadelextrakt; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5 Rdn. 2.91). Insoweit kommen allerdings wiederum allein die Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes in Betracht. Diese regelten jedoch lediglich den Teilbereich der Rechtsberatung, nicht dagegen das Berufsbild oder die darauf bezogene Berufsbezeichnung (vgl. oben unter II 2 a cc). Aus der im Rechtsberatungsgesetz enthaltenen Regelung erschloss sich insbesondere nicht, warum ein Mitarbeiter einer Versicherung dem Berufsbild eines Versicherungsberaters nicht entsprach und keine Erlaubnis zur Rechtsberatung erhalten konnte. Da es sich bei der Bezeichnung "Versicherungsberater" zudem um einen der Umgangssprache nahe stehenden Begriff handelte und der Verkehr mit dieser Bezeichnung keine Vorstellung über die Qualität der Dienstleistung oder einer besonderen Qualifikation verband, schied eine Irreführung auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit eines durch gesetzliche Regelungen gesteuerten Verkehrsverständnisses aus.
dd) Das Landgericht hat im Übrigen zutreffend ausgeführt, die Verwendung des Begriffs "Vorsorge- und Versicherungsberater" durch ein Vorstandsmitglied der Beklagten sei in derart engem Zusammenhang mit dem Versicherungsangebot der Beklagten gestanden, dass sie nicht den Eindruck habe erwecken können, die Mitarbeiter der Beklagten erbrächten eine neutrale, objektive und unabhängige Beratung ohne eigene Provisionsinteressen.
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage, soweit sie sich gegen die Verwendung der Bezeichnung "Vorsorge- und Versicherungsberater" richtet, abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bergmann Pokrant Büscher Schaffert Koch Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 30.05.2006 - 33 O 12745/05 -
OLG München, Entscheidung vom 16.11.2006 - 29 U 3771/06 -
BGH:
Urteil v. 20.05.2009
Az: I ZR 220/06
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