Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2004
Aktenzeichen: 21 W (pat) 13/03
(BPatG: Beschluss v. 27.01.2004, Az.: 21 W (pat) 13/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss aufgehoben und die Sache aufgrund des in der mündlichen Verhandlung überreichten Anspruchs 1 zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Patentanmeldung wurde am 27. November 1998 unter der Bezeichnung "Automatische optimierte Einblendung bei einem Lungenarbeitsplatz durch Patientenvermessung" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 15. Juni 2000.
Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B hat mit Beschluss vom 13. Februar 2002 die Anmeldung auf Grund mangelnder Patentfähigkeit des Gegenstandes nach Anspruch 1 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Der geltende, in der mündlichen Verhandlung am 27. Januar 2004 eingereichte Patentanspruch 1 lautet:
"Röntgenaufnahmeplatz für die Lungendiagnostik mit einem dem Lungenaufnahmestativ gegenüberstehenden Röntgenstrahlerstativ mit einem Strahler und einer davor angeordneten verstellbaren, ggf. mit einem Organprogramm zur Voreinstellung verbundenen Blende, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß am Röntgenstrahlerstativ (3) eine den vor dem Lungenaufnahmestativ (1) stehenden Patienten (2) optisch abtastende Vermessungseinrichtung angeordnet ist, die nach Maßgabe der ermittelten Patientenabmessungen die optimale Blendeneinstellung bei der nur der aufzunehmende Lungenbereich durchleuchtet wird, vornimmt."
Dem Anmeldungsgegenstand liegt die Aufgabe zugrunde, einen Röntgenaufnahmeplatz für die Lungendiagnostik so auszugestalten, dass eine vollautomatische optimierte Blendeneinstellung unter Berücksichtigung der physiologischen Größenunterschiede der Patienten stattfindet (vgl. S. 1, Z. 34 bis S. 2, Z. 2 der Beschreibung vom Anmeldetag).
Im Verfahren befinden sich folgende Druckschriften:
(1) US 5 485 500
(2) DE 38 24 135 C2 Die Anmelderin hält den Gegenstand des Patentanspruchs 1 für neu und erfinderisch. Sie führt dazu aus, dass aus der Druckschrift (1) ein gattungsbildender Röntgenaufnahmeplatz bekannt sei, der weder eine verstellbare Blende noch eine optische Vermessungseinrichtung aufweise und bei dem zudem das Gesamtbild der Lunge aus Teilbildern zusammengesetzt werde. Auch die Druckschrift (2) könne die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 nicht in Frage stellen, da dort vor dem Patienten keine Blende vorgesehen sei und lediglich über eine Irisblende das vom Röntgenbildverstärker kommende Licht vor der Fernsehkamera in Abhängigkeit von der Bildhelligkeit gesteuert werde.
Die Anmelderin stellt den Antrag:
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache aufgrund des in der mündlichen Verhandlung überreichten Anspruchs 1 zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet. Das im Beschwerdeverfahren geänderte Patentbegehren hat eine neue Sachlage ergeben, gegenüber der einerseits die den angefochtenen Beschluss tragenden Gründe nicht mehr durchgreifen und die andererseits vom Deutschen Patent- und Markenamt noch nicht ausreichend geprüft werden konnte (PatG § 79 Abs. 3, Satz 1 Nr. 3).
Der Patentanspruch 1 ist formal zulässig. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist in dem am Anmeldetag eingereichten Patentanspruch 1 und der am Anmeldetag eingereichten Beschreibung S. 1, Z. 12-20 sowie S. 2, Z. 11-16 offenbart.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem bisher im Verfahren befindlichen Stand der Technik gemäß den Druckschriften (1) und (2) neu, denn keiner der entgegengehaltenen Druckschriften ist ein Röntgenaufnahmeplatz mit einer am Lungenstrahlerstativ angeordneten, einen Patienten optisch abtastenden Vermessungseinrichtung zu entnehmen.
Der Röntgenaufnahmeplatz für die Lungendiagnostik nach dem Anspruch 1 beruht gegenüber dem bisher bekannt gewordenen Stand der Technik auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Aus der Druckschrift (1) ist ein gattungsgemäßer Röntgenaufnahmeplatz für die Lungendiagnostik (vgl. Sp. 3, Z. 19-27) bekannt, miteinem dem Lungenaufnahmestativ gegenüberstehenden Röntgenstrahlerstativ (vgl. Sp. 4, Z. 44 bis Sp. 5, Z. 8), undeinem Strahler 3 und einer davor angeordneten, verstellbaren Blende 5 (vgl. Sp. 4, Z. 44-57 und im Hinblick auf die räumliche Verstellbarkeit der Blende die unterschiedlichen Positionen der Blende in den beiden Strahlengängen der Fig. 10).
Dieser gattungsgemäße Röntgenaufnahmeplatz ist so aufgebaut, dass z.B. von den beiden Lungenflügeln zwei getrennte Aufnahmen erzeugt werden, die anschließend zu einer Gesamtaufnahme zusammengesetzt werden (vgl. Sp. 2, Z. 50-57 in Verbindung mit Sp. 3, Z. 9-18). Dazu wird nach einer ersten Aufnahme entweder der Röntgendetektor zusammen mit der Blende verschoben und eine zweite Aufnahme erzeugt (vgl. Fig. 10 in Verbindung mit Sp. 10, Z. 40-67), oder es wird ausschließlich der Patient vor der zweiten Aufnahme verschoben (vgl. Fig. 11 in Verbindung mit Sp. 11, Z. 1-15). Durch diese getrennten Aufnahmen kann jeder Teilbereich der Lunge unter optimalen Bedingungen detektiert werden, wobei sich in (1) keinerlei Anregungen finden, die Blende 5 in Abhängigkeit der Patientenabmessung so einzustellen, dass nur der aufzunehmende Lungenbereich durchleuchtet wird und eine den Patienten optisch abtastende Vermessungseinrichtung gänzlich fehlt.
Die Druckschrift (2) beschreibt eine Röntgenstrahl-Durchleuchtungsvorrichtung, bei der innerhalb eines Röntgendetektors zwischen Bildverstärkerröhre 12 und Fernsehkamera 16 einerseits eine Irisblende 15 und andererseits ein Photoaufnehmer 13a angeordnet sind. Mit Hilfe des Photoaufnehmers 13a und einem nachgeschalteten Photoelektronenvervielfacher 14 wird ein Signal für eine Helligkeitssteuerung 4 erzeugt, die in Abhängigkeit vom Signal des Photoaufnehmers entweder den Hochspannungsgenerator oder die Irisblende 15 steuert. Damit ist es möglich, unabhängig vom unterschiedlich großen Körperumfang der Patienten und der damit verbundenen unterschiedlichen Röntgenstrahlabsorption, stets eine gewünschte Bildhelligkeit zu erreichen (vgl. Fig. 1 in Verbindung mit Sp. 1, Z. 59 bis Sp. 2, Z. 5 und Sp. 2, Z. 35-42 sowie Sp. 3, Z. 17-29). Das Vorsehen einer Blende zwischen Röntgenstrahlröhre 10 und Patient ist nicht vorgesehen. Es wird also in (2) der vom Anmeldungsgegenstand völlig wegweisende Weg aufgezeigt, die Irisblende wie auch die Gewinnung eines Signals für die Abmessungen eines Patienten innerhalb des Röntgendetektors und damit in Röntgenstrahlrichtung hinter dem Patienten vorzusehen, wobei das Signal für die Abmessungen direkt aus dem detektierten Röntgenbild gewonnen wird.
Auch eine Zusammenschau der Druckschriften (1) und (2) kann nicht zum Gegenstand nach Patentanspruch 1 führen, da sich in beiden Druckschriften keine Anregungen finden, am Strahler 3 oder der Röntgenstrahlröhre 10 und damit in Richtung des Röntgenstrahlengangs vor dem Patienten eine den Patienten optisch abtastende Vermessungseinrichtung vorzusehen, die wiederum nach Maßgabe der ermittelten Patientenabmessungen die zwischen Strahler und Patient angeordnete Blende so einstellt, dass nur der aufzunehmende Lungebereich durchleuchtet wird.
Die Anmelderin führt in der Beschreibungseinleitung aus, dass eine manuelle Verstellung der Blende zum Schutz des Patienten vor unnötiger Strahlung bereits bekannt sei. Selbst bei dieser Voraussetzung finden sich im bekannt gewordenen Stand der Technik keine Anregungen, für eine Automatisierung dieser Verstellung der Blende eine den Patienten optisch abtastende Vermessungseinrichtung zu verwenden.
Damit lässt sich mit den bisher im Verfahren befindlichen Druckschriften die Zurückweisung der Anmeldung nicht begründen.
Da jedoch nicht auszuschließen ist, dass bei weiterer Recherche bezüglich der gegenüber dem der Zurückweisung zugrundeliegenden Anspruch 1 neu in den geltenden Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale hinsichtlich der optisch abtastenden Vermessungseinrichtung und einer Blende, die so einstellbar ist, dass nur der aufzunehmende Lungenbereich durchleuchtet wird, die bislang noch nicht Gegenstand einer Prüfung waren, weil sie im wesentlichen der Beschreibung entnommen worden sind, noch relevanter Stand der Technik ermittelt wird, war die in das Ermessen des Senates gestellte und der Antragsbindung nicht unterworfene Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zu beschließen.
Angesichts der Notwendigkeit einer weiteren Prüfung wurde seitens des Senats von einer Prüfung und Überarbeitung der Unteransprüche sowie der übrigen Unterlagen abgesehen.
Dr. Winterfeldt Klosterhuber Dr. Franz Dr. Strößner Pr
BPatG:
Beschluss v. 27.01.2004
Az: 21 W (pat) 13/03
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