Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Dezember 2009
Aktenzeichen: 24 W (pat) 13/08
(BPatG: Beschluss v. 01.12.2009, Az.: 24 W (pat) 13/08)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke Sensitive Balanceist für die Waren
"Mittel zur Körperund Schönheitspflege, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Seifen, Zahnputzmittel"
zur Eintragung in das vom Deutschen Patentund Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden. Mit Beschluss vom 19. Dezember 2007 hat die mit einer Beamtin im höheren Dienst besetzte Markenstelle für Klasse 3 des DPMA die Anmeldung teilweise, nämlich im Umfang der Waren
"Mittel zur Körperund Schönheitspflege, ätherische Öle, Seifen, Zahnputzmittel", wegen des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 und 5 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der Wortkombination "Sensitive Balance" fehle deshalb im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG jegliche Unterscheidungskraft, weil diese Angabe vom Verkehr nicht als Hinweis auf ein Unternehmen, sondern warenbeschreibend verstanden werde. Die Angabe "Sensitive Balance" enthalte den Hinweis, dass entsprechend gekennzeichnete Produkte eine ausgleichende Wirkung hätten, somit die Haut nicht reizten und z. B. keine allergischen Reaktionen hervorriefen. Zwar sei die Wortkombination nicht lexikalisch nachweisbar, jedoch sei das der englischen Sprache entstammende Wort "Balance" mit der Bedeutung "Ausgeglichenheit" auch im deutschen Sprachraum geläufig; das Wort "sensitive" würde im Sinne von "sensibel" oder "empfindlich" verstanden werden. Maßgeblich sei nicht, welche Bedeutung die Anmelderin der Wortkombination "Sensitive Balance" beilege, sondern wie der Verkehr diese verstehe. Der Verkehr entnehme aber der Wortkombination "Sensitive Balance", ohne eine Analyse des Begriffs vornehmen zu müssen, die vorstehend genannte Bedeutung. Aus den Voreintragung jener Marken, die die Anmelderin als Belege für die Schutzfähigkeit der Bezeichnung "Sensitive Balance" beispielhaft genannt habe, nämlich z. B. "SIMPLY SENSITIVE", "AQUA SENSITIVE", "SENSITIVE PREMIUM", "nanosensitive" oder "Rapid White Sensitive", ergebe sich deshalb für den vorliegenden Fall keine andere Einschätzung, weil die Schutzfähigkeit dieser Wortkombinationen bereits mangels sinnvoller, warenbeschreibender Aussagen anders zu beurteilen sei. Ob auch ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege, könne wegen des offensichtlich bestehenden Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft dahingestellt bleiben. Hinsichtlich der Waren "Parfümeriewaren" bestehe dagegen kein Schutzhindernis, da die Bezeichnung "Sensitive Balance" insoweit hinreichend fantasievoll sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, ein Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft könne der Bezeichnung "Sensitive Balance" nicht attestiert werden. Entgegen der Auffassung der Markenstelle sei die als Marke angemeldete Bezeichnung auch im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren hinreichend unterscheidungskräftig. Die Unterscheidungskraft sei nur solchen Zeichen abzusprechen, bei denen eine kennzeichnende Herkunftsfunktion schlechterdings undenkbar erscheine. Die Bezeichnung "Sensitive Balance" vermittle dagegen allenfalls einen vagen Bedeutungsgehalt, der zudem über die bloße Summe der Einzelteile hinausgehe. Das Wort "Balance" stamme entgegen der Auffassung der Markenstelle auch nicht aus dem Englischen, sondern aus dem Französischen und könne in der deutschen Sprache eine Vielzahl vollkommen unterschiedlicher Bedeutungen annehmen. Ohne eine analysierende Betrachtungsweise könne der Verkehr der Bezeichnung "Sensitive Balance" keinen klaren und eindeutigen Sinngehalt entnehmen. Die Verbraucher würden zudem erkennen, dass "sensitiv" keine Eigenschaft eines Produkts, sondern die eines Körperteils oder -organs bezeichne, auf die das Produkt einwirke. Ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG könne bei der Wortkombination "Sensitive Balance" ebenfalls nicht festgestellt werden. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb die Mitbewerber der Anmelderin zur Kennzeichnung ihrer Produkte auf die Verwendung einer interpretationsbedürftigen und nicht beschreibenden Kombination zweier mehrdeutiger Wörter angewiesen sein sollten. Auch die von der Markenstelle durch Internet-Auszüge nachgewiesenen Verwendungen der Bezeichnung "Sensitive Balance" zeigten keine glatt beschreibende Verwendung.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss des DPMA -Markenstelle für Klasse 3 -vom 19. Dezember 2007 aufzuheben und die Eintragung der Anmeldemarke "Sensitive Balance" in vollem Umfang zu beschließen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Anmelderin wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat keinen Erfolg. Der als Marke angemeldeten Bezeichnung "Sensitive Balance" muss im streitgegenständlichen Umfang jedenfalls wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG die Eintragung versagt bleiben.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 40) "Linde, Winward u. Rado"; GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 48) "Henkel"; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) "EUROHYPO"; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 18) "FUSSBALL WM 2006"; GRUR 2008, 71, 73 (Nr. 23) "Fronthaube"; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) "My World"). Ausgehend hiervon besitzt eine Wortmarke dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihr die maßgeblichen Verkehrskreise, nämlich die Händler und/oder die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der beanspruchten Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nrn. 24 ff.) "Matratzen Concord/Hukla"), im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nrn. 81 u. 86) "Postkantoor"; GRUR 2008, 608, 611 (Nrn. 56 ff.) "EUROHYPO"; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2006, 850, 854 (Nrn. 18 f.) "FUSSBALL WM 2006"; GRUR 2009, 952, 953 (Nr. 10) " DeutschlandCard"). Dies trifft auf die vorliegende Wortkombination "Sensitive Balance", bezogen auf die streitgegenständlichen Waren, in vollem Umfang zu.
Bei der Wortkombination "Sensitive Balance" handelt es sich um eine Bezeichnung, deren beide Wortbestandteile "Sensitive" und "Balance" jeweils Elemente einer werbetypischen Formelsprache sind, die sich auf dem Gebiet der Mittel zur Körperund Schönheitspflege herausgebildet hat. Die Worte "Sensitive" und "Balance" haben -entgegen der von der Anmelderin vertretenen Auffassung - auf dem Gebiet der Mittel zur Körperund Schönheitspflege jeweils einen eindeutigen Bedeutungsinhalt, wobei auch die Kombination der beiden Worte wiederum zu einem Wortgebilde mit klaren begrifflichen Konturen führt. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2009, 411 (Nr. 9) "STREETBALL"; GRUR 2009, 952, 953 (Nr. 10) "DeutschlandCard").
Das Wort "Sensitive" (= sensitiv) findet bei vielen Haarund Hautreinigungsmitteln sowie Zahnputzmitteln als beschreibende Angabe Verwendung und hat dort die Bedeutungen von "sanft reinigend" oder "beruhigend". Eine beschreibende Bedeutung hat auch das Wort "Balance", das mit der allgemeinen Bedeutung "Gleichgewicht" in den deutschen Sprachschatz übergegangen ist (vgl. Duden -Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl., [CD-ROM], Mannheim 2007). Auch gemäß der auf dem Gebiet der Mittel zur Körperund Schönheitspflege zu Grunde zu legenden, werbetypischen Formelsprache wird das Wort "Balance" von den Verkehrskreisen mit der Bedeutung "ins Gleichgewicht bringend" und im übertragenen Sinne als "wohltuend" verstanden. Hiernach wird die Wortkombination "Sensitive Balance" von den einschlägigen Verkehrskreisen ohne weiteres im Sinne von "sanft reinigend" und/oder "ins Gleichgewicht bringend, beruhigend und wohltuend" verstanden.
Auf die Wortkombination "Sensitive Balance" trifft damit der allgemeine Grundsatz zu, dass die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst für diese Merkmale beschreibend im Sinne der Schutzausschließungsgründe des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG bleibt (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 39) "BIOMILD"; BGH GRUR 2009, 949, 950 (Nr. 13) "My World"). Wie sich insbesondere anhand jener Internet-Nachweise, deren Ausdrucke der Senat der Vertreterin der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung übergeben hat, zeigt, lassen sich im Bereich der hier streitgegenständlichen Waren auch Kombinationen der Begriffe "balance(d)" und "sensitiv(e)" finden, die im vorstehend aufgezeigten Sinne beschreibend verwendet werden. So ist z. B. ein Produkt mit der Bezeichnung "Wella Lifetex Balanced Sensitive Mask" nachweisbar, das ein "Wohlfühlprogramm für die Kopfhaut" sein soll und nach deren Anwendung "sich sensible Kopfhaut und strapazierte Haare wieder rundum wohl fühlen" (vgl. unter: "http://www.cosmotv.de /news/1346/..."). Bei einem weiteren Produkt handelt es sich um ein "Balance sensitive scalp Shampoo" von Lifetex/Wella, das seiner Bezeichnung entsprechend folgende, einschlägige Produkteigenschaft haben soll: "Der stabilisierende Nährstoff-Komplex dringt tief in die Kopfhaut ein und reinigt das Haar sanft. Die duftund farbstofffreien Wirkstoffe beruhigen und regenerieren die sensible Kopfhaut. Sie wirken entzündungshemmend und mindern den Juckreiz" (vgl. unter: "http://yatego.com/frisiersalon/...").
Nachdem eine Eintragung der Wortkombination "Sensitive Balance" wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht in Frage kommt, kann dahingestellt bleiben, ob zusätzlich noch von einem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgegangen werden muss.
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BPatG:
Beschluss v. 01.12.2009
Az: 24 W (pat) 13/08
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