Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juni 2005
Aktenzeichen: 17 W (pat) 26/03
(BPatG: Beschluss v. 21.06.2005, Az.: 17 W (pat) 26/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung:
"Vorrichtung zur graphischen Darstellung einer vorausliegenden Straße"
ist am 4. September 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.
Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom 6. November 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in den beantragten Fassungen mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent zu erteilen 1) nach Hauptantrag mit folgenden Unterlagen:
Patentansprüche 1 bis 31, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung Seiten 1, 2, 5 bis 10, 12 bis 15 vom Anmeldetag, Beschreibung Seite 3 vom 10. August 1999, eingegangen am 13. August 1999, Beschreibung Seiten 4, 4a und 11, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Blatt Zeichnung mit Figur 1 vom Anmeldetag;
2) nach Hilfsantrag 1) mit folgenden Unterlagen:
Patentansprüche 1 bis 28, überreicht in der mündlichen Verhandlung, sowie daran anzupassende Beschreibung gemäß Hauptantrag und 1 Blatt Zeichnung mit Figur 1 vom Anmeldetag;
3) nach Hilfsantrag 2) mit folgenden Unterlagen:
Patentansprüche 1 bis 29, überreicht in der mündlichen Verhandlung, i. ü. wie Hilfsantrag 1.
Der Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hauptantrag lautet:
"Vorrichtung zur graphischen Darstellung einer vorausliegenden Straße, insbesondere zum Einsatz in einem Fahrzeug, umfassendeine Datenbasis, ein System zur Ermittlung von Fahrzeugposition und Fahrtrichtung, einen die Daten der Datenbasis unter Berücksichtigung von Fahrzeugposition und Fahrtrichtung auswertenden Graphikgenerator undeinen mit dem Graphikgenerator verbundenen, die Darstellung zeigenden Bildschirm, dadurch gekennzeichnet, dass der Graphikgenerator aus den Daten, welche die Geometrie des Straßenverlaufs beinhalten, die Darstellung für den Bildschirm fortlaufend in der Weise erzeugt, dass im wesentlichen lediglich der zu durchfahrende Straßenverlauf im Fahrbereich in topographischer Form abgebildet wird."
Der Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1 lautet:
"Vorrichtung zur graphischen Darstellung einer vorausliegenden Straße, insbesondere zum Einsatz in einem Fahrzeug, umfassendeine Datenbasis, ein System zur Ermittlung von Fahrzeugposition und Fahrtrichtung, einen die Daten der Datenbasis unter Berücksichtigung von Fahrzeugposition und Fahrtrichtung auswertenden Graphikgenerator undeinen mit dem Graphikgenerator verbundenen, die Darstellung zeigenden Bildschirm, dadurch gekennzeichnet, dass der Graphikgenerator aus den Daten, welche die Geometrie des Straßenverlaufs beinhalten, die Darstellung für den Bildschirm fortlaufend in der Weise erzeugt, dass im wesentlichen lediglich der zu durchfahrende Straßenverlauf im Fahrbereich in topographischer Form abgebildet wird, wobei der Graphikgenerator ein Modul zur Straßenabschnittsabgrenzung enthält, der einen Straßenabschnitt als darzustellenden Fahrbereich ausgrenzt, wobei die Länge des auszugrenzenden Straßenabschnitts einer Strecke entspricht, für die der durchschnittliche Fahrer vorausschauend Steuerhandlungen vorsieht."
Der Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 lautet:
"Vorrichtung zur graphischen Darstellung einer vorausliegenden Straße, insbesondere zum Einsatz in einem Fahrzeug, umfassendeine Datenbasis, ein System zur Ermittlung von Fahrzeugposition und Fahrtrichtung, einen die Daten der Datenbasis unter Berücksichtigung von Fahrzeugposition und Fahrtrichtung auswertenden Graphikgenerator undeinen mit dem Graphikgenerator verbundenen, die Darstellung zeigenden Bildschirm, dadurch gekennzeichnet, dass der Graphikgenerator aus den Daten, welche die Geometrie des Straßenverlaufs beinhalten, die Darstellung für den Bildschirm fortlaufend in der Weise erzeugt, dass im wesentlichen lediglich der zu durchfahrende Straßenverlauf im Fahrbereich derart abgebildet wird, dass der Graphikgenerator eine Straßendarstellung in Form eines ausgefüllten oder aus zwei im wesentlichen parallelen Linien bestehendes Band erzeugt, wobei das Band der Mittellinie der Straße oder der Fahrbahn folgt ."
Hinsichtlich der weiteren Ansprüche wird auf die Akten verwiesen.
In der Begründung ihrer Beschwerde erläutert die Anmelderin zunächst, dass die beanspruchte Vorrichtung dazu diene, dem Fahrer eines Fahrzeugs den voraus liegenden Straßenverlauf per Bildschirmtechnik zu visualisieren. Dies diene der Unterstützung des Fahrers, falls die direkte Sicht auf den vorausliegenden Straßenverlauf durch Dunkelheit, Nebel, eingebettete Kurven, Fahrten hinter Großfahrzeugen o. ä. vermindert sei. Andererseits solle die Darstellung am Bildschirm den Fahrer möglichst wenig von der direkten Beobachtung der Fahrszene ablenken. Hierzu schlage der Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag vor, lediglich den zu durchfahrenden Straßenverlauf im Fahrbereich in topografischer Form, dh seinem geometrischen Verlauf darzustellen. Eine solche Darstellung sei durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht nahegelegt. Die Druckschrift 1 lehre die Darstellung des Planungsbereiches und nicht nur die des Fahrbereichs und die Druckschrift 2 betreffe ein Zielführungssystem, also eine andere Art von Systemen. In der Fassung des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 1 sei klargelegt, dass die Abgrenzung des zu durchfahrenden Straßenverlaufs von einem Modul des Grafikgenerators vorgenommen werde, der die Länge des auszugrenzenden Straßenabschnittes aus der Strecke bestimme, die der durchschnittliche Fahrer für Steuerhandlungen benötige. Mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 werde zur weiteren Entlastung des Fahrers eine Darstellung der zu durchfahrenden Straße als ausgefülltes oder durch zwei Linien abgegrenztes Band vorgeschlagen.
II.
Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des Patents in den beantragten Fassungen, jedenfalls was seine technischen Aspekte anbelangt, entweder nicht neu ist oder nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (§§ 1, 3, 4 PatG).
1. Zum Hauptantrag Der Patentanspruch 1 bezieht sich auf eine Vorrichtung zur grafischen Darstellung einer vorausliegenden Straße im Fahrbereich.
Eine Vorrichtung dieser Art ist in der vorveröffentlichten DE 195 44 921 A1 (D1) beschrieben (Fahrzeugnavigationsapparat). Der dort beschriebene Apparat besitzt in Übereinstimmung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 eine Datenbasis (Speichereinheit mit Daten für Straßenkartendaten, CDROM 8), ein System zur Ermittlung von Fahrzeugposition und Fahrtrichtung (GPS-Empfänger 6, Fahrtrichtungssensor 1), einen die Daten der Datenbasis unter Berücksichtigung von Fahrzeugposition und Fahrtrichtung auswertenden Grafikgenerator (CPU 4 mit Steuerprogramm, Grafiksteuerung 11) und einen die Darstellung zeigenden Bildschirm (Anzeige 10), wie aus Figur 1 iVm S 5, Z 60 - S 6, Z 27 der Beschreibung entnehmbar ist.
Der bekannte Apparat sucht eine konventionelle und als nachteilig angesehene zweidimensionale Straßenkartendarstellung durch eine Darstellung in Vogelperspektive zu überwinden, die von einem Betrachter näherungsweise als dreidimensional betrachtet wird (vgl S 2, Z 6 - 11 u 58 - 67). Hierzu bedarf es, wie auf S 2, Z 44 - 46 ausgeführt, wegen der Bewegung des Blickpunktes, aus dem die Straßenkarte gesehen wird, der fortwährenden Aktualisierung der Darstellung. Weiterhin weist die dort vorgeschlagene perspektivische Darstellung die Eigenheit auf, dass der zu durchfahrende Straßenverlauf einen wesentlichen Bereich der Darstellung auf dem Bildschirm einnimmt. Denn die perspektivische Darstellung bedingt, dass von den in der Datenbasis insgesamt enthaltenen (Straßenkarten-) Daten lediglich ein dem momentanen Blickpunkt E eines Betrachters entsprechender Ausschnitt ABCD auf den gesamten Bereich abcd des Bildschirms abgebildet wird (vgl Fig 2 iVm S 6, Z 28 - 42). Der in der D1 beschriebene Apparat weist sonach alle Merkmale der Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 auf.
Die Anmelderin führt hiergegen an, dass bei dem bekannten Apparat nicht nur der Fahrbereich abgebildet wird, dh der Bereich in dem ein Fahrer Steuerungshandlungen vornimmt, sondern auch der Planungsbereich, also der gesamte Bereich bis zu einem Ziel.
Hierzu ist darauf zu verweisen, dass der Wortlaut des Anspruchs, dass "im Wesentlichen lediglich der zu durchfahrende Straßenverlauf im Fahrbereich" abgebildet wird, zum Ausdruck bringt, dass die Abbildung auch noch andere Bereiche umfassen kann, soweit sie nicht einen wesentlichen Teil der Darstellung ausmachen. Dieses Kriterium erfüllt aber auch der bekannte Apparat. Denn bei der dort vorgeschlagenen Art der perspektivischen Darstellung nimmt sowohl der Grad an dargestellten Einzelheiten als auch der für die Darstellung am Bildschirm zur Verfügung gestellte Bereich mit der Entfernung vom Blickpunkt ab (vgl Anspruch 1, Merkmal b) und Anspruch 8 iVm Fig 5 der D1), so dass auch hier der den Fahrer interessierende Fahrbereich den wesentlichen Bereich des am Bildschirm dargestellten Straßenverlaufs ausmacht.
Der in der D 1 beschriebene Apparat weist sonach alle Merkmale der Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 auf. Die Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 ist daher nicht neu. Dem Hauptantrag war daher nicht zu folgen.
2. Zum Hilfsantrag 1 Der Anspruch 1 in dieser Fassung unterscheidet sich von der Fassung nach dem Hauptantrag dadurch, dass er als zusätzliches Merkmal einen Grafikgenerator nennt, der aus den Daten, welche die Geometrie des Straßenverlaufs beinhalten, die Darstellung für den Bildschirm in der erläuterten Weise erzeugt. Dieser Graphikgenerator enthält ein Modul zur Straßenabschnittsbegrenzung, das einen Straßenabschnitt als darzustellend ausgrenzt. Dabei soll die Länge des auszugrenzenden Straßenabschnitts der Strecke entsprechen, für die ein durchschnittlicher Fahrer vorausschauend Steuerhandlungen vorsieht.
Über einen Graphikgenerator mit einem Modul zur Ausgrenzung des am Bildschirm darzustellenden Fahrbereichs verfügt auch der bekannte Apparat. Wie zum Hauptantrag zu Figur 2 iVm S 6, Z 28 - 42 erläutert, wird von den dort in der Datenbasis enthaltenen Straßenkartendaten nur ein Bereich ABCD auf dem Bildschirm angezeigt. Aus dieser Angabe schließt der Fachmann, dass ein Modul vorhanden sein muss, das unter den Straßenkartendaten diejenigen auszugrenzen vermag, die am Bildschirm angezeigt werden sollen.
Ein unmittelbarer Hinweis darauf, die Länge des auszugrenzenden Straßenabschnitts nach einer Strecke zu bemessen, für die ein durchschnittlicher Fahrer vorausschauend Steuerhandlungen vorsieht, findet sich in der D 1 hingegen nicht. Allerdings wird der zuständige Fachmann, ein Elektronikingenieur mit praktischer Erfahrung auf dem Gebiet der Kraftfahrzeugtechnik, aufgrund seines Fachwissens eine solche Bemessung vornehmen. Denn ihm ist bekannt, dass der Fahrer eines Fahrzeugs aus Gründen der Sicherheit durch die in Rede stehende Vorrichtung möglichst wenig von der Betrachtung des realen Verkehrsgeschehens abgelenkt werden soll. Dieser ergonomischen Forderung wird er dadurch entsprechen, dass er die zur Unterstützung des Fahrers angezeigten Daten auf das notwendige Maß beschränkt und den Fahrer nicht mit unerheblichen Informationen belastet. Er wird daher die Darstellung des Straßenabschnitts auf eine Länge begrenzen, die für Handlungen des Fahrers momentan von Bedeutung sind.
Die Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 ist dem Fachmann daher aus dem Stand der Technik nahegelegt. Dem Hilfsantrag war daher ebenfalls nicht stattzugeben. Deshalb konnte ausnahmsweise dahingestellt bleiben, ob die Formulierung des Hilfsantrags 1 hinreichend bestimmt bzw. mittels Auslegung hinreichend bestimmbar ist.
3. Zum Hilfsantrag 2 Der Patentanspruch 1 in dieser Fassung ist gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag lediglich um das Merkmal ergänzt, dass der Graphikgenerator eine Straßendarstellung in Form eines ausgefüllten oder aus zwei im wesentlichen parallelen Linien bestehendes Band erzeugen soll, das der Straße folgt.
In Hinsicht darauf, wie eine solche Darstellung mit technischen Mitteln erzeugt wird, lassen sich weder dem Anspruch noch den übrigen Unterlagen konkrete Hinweise entnehmen. Während die Angaben in den vorhergehenden Anspruchsfassungen als technische Handlungsanweisungen interpretiert werden konnten - bspw schloss der Fachmann aus der Anweisung, dass die Länge des darzustellenden Straßenabschnittes einer Strecke entsprechen soll, die der durchschnittliche Fahrer für Steuerhandlungen benötigt, dass hierzu eine Auswertung der momentanen Fahrgeschwindigkeit erforderlich war - kann in dem ergänzten Merkmal keine auf technischem Gebiet liegende Anweisung erkannt werden. Dieses Merkmal lehrt lediglich eine bestimmte Form der Darstellung, die für sich als Wiedergabe von Informationen nach § 1 Abs 3 Nr 4 und Abs 4 PatG nicht als Erfindung anzusehen ist und auch das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen kann (vgl BGH in PMZ 2004, 428, 430 - Elektronischer Zahlungsverkehr -).
Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 in dieser Fassung ist deshalb, jedenfalls was ihre technischen Aspekte anbelangt, nicht anders zu bewerten als die Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und somit nicht neu gegenüber dem in der Druckschrift 1 beschriebenen Apparat. Zur Bestimmtheit des Antrags wird auf das zu Hilfsantrag 1 Gesagte verwiesen.
Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts zurückzuweisen.
Dr. Fritsch Prasch Eder Baumgardt WA
BPatG:
Beschluss v. 21.06.2005
Az: 17 W (pat) 26/03
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